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Social-politische Blätter. 2. Jahrgang, 12. Lieferung, Nr. 4. Berlin, 26. Dezember 1874.

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12. Lief. Nr. 4.Berlin, 26. December 1874.2. Jahrgang.
Social-politische Blätter
zur
Unterhaltung u Belehrung
für
die deutschen Arbeiter


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nehmen alle Postanstalten an; in Berlin
wird bei den Zeitungsspediteuren und
dem Verleger, C. Jhring's Nfgr., Dres-
denerstraße 84, abonnirt.

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Eigenthum der Lassalleaner.

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Diese Blätter
erscheinen regelmäßig jeden Sonnabend
und kosten auf der Post bestellt pro Quar-
tal 10 Sgr.; ein Monatsheft durch Col-
portage bezogen 4 Sgr.

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Weihnachten bei unseren Vorfahren.

Schon die Kelten und Germanen betrachteten die Weih-
nachtszeit als eine hochheilige Festzeit. Die Germanen
feierten zur Wintersonnenwende ihr Julfest. Es war der
Umkehr des feurigen Sonnenrades gewidmet und umfaßte
die "zwölf Nächte" vom 25. December bis 6. Januar rei-
chend. Weihnachten selbst hieß die "Mutternacht" ( Modra-
night )
bei den Angelsachsen. Man nahm an, daß in ihnen
das neue Jahr geboren werde, und der alte Volksglauben
meint, in diesen zwölf Tagen seien sinnbildlich die zwölf
Monate des kommenden Jahres vorgestellt, welche mit ihrem
Wetter je einem der zwölf Tage entsprächen, d. h. "der Ka-
lender werde jetzt gemacht," hat daher seinen Ursprung.
Die älteste nordische Mythe läßt in dieser Zeit Wodan oder
Odin, den höchsten Gott selbst ( nach einigen Traditionen
bis dahin schlafend ) , aus seinem Wolkenberge hervorbrechen
und mit seinem Göttergefolge der Geliebten, der Göttin
Frigg, im Sturme nachjagen, die er zu seiner Gemahlin
freien will, und mit welcher er dann in den zweiten "zwölf
Nächten," im Mai, seine Hochzeit feiert. Es ist die wieder-
erwachende Natur selbst, welche hier personificirt ist im
Hinblick auf die bevorstehende Zeit des Frühlings, wo neues
Leben, die künftige Fruchtbarkeit der Erde, Freude und
Wohlbehagen den Tod und die Kälte der friedlichen Winter-
mächte verdrängen werden. Später trat das Fest von Frey
oder Freyr, dem Odins=Sohne, dem Gotte des Frühjahrs,
der Sonne und der Fruchtbarkeit, an die Stelle der Tra-
dition von Odin selbst, nachdem sich die ursprünglichere
einfachere Mythe und ihr Personenkreis immer weiter und
reicher ausgebildet hatten. Die Sage von der stürmischen
Brautwerbung trat zurück, die Götter wandelten in fried-
fertiger Weise auf der Erde und mischten sich unter die
[Spaltenumbruch] Menschen. Die Werbung um die Götter aber blieb. Aber
es war nun Gerda, die sich dem Freyr "nach drei Näch-
ten," worunter man die drei Wintermonate zu verstehen
hat, verhieß, und deren Vermählung nun auf Walpurgistag
stattfinden sollte. Die Bedeutung, daß mit der rückgewen-
deten Sonnenwende die Bürgschaft ( Gerda's Verlobung )
gegeben war für Rückkehr der goldenen Frühlingszeit, blieb
also bestehen.

Freyr ( oder auch Fr o ) , der freie und frohe Gott des
Lichtes, wollte, daß in der ihm geweihten Festzeit überall
Frieden, Freude herrsche, und so zogen Herolde im Lande
herum, dreiwöchentlichen Julfrieden zu gebieten. Den Ge-
fangenen nahm man für diese Zeit die Fesseln ab. "Friede
sei auf Erden."

Diese Zeit wurde dann eröffnet durch ein feierliches
Opfer um Frieden und Fruchtbarkeit. -- Dann wurde das
Julfeuer angezündet. Jn allen Haushaltungen wurde das
alte Herdfeuer sorgfältig gelöscht. Man zog hinaus und
entzündete auf folgende Art das neue heilige Feuer. Auf
einen Baumpfahl war ein Rad mit neun Speichen be-
festigt mit Stroh umwickelt, das Symbol der Sonnen-
scheibe. Man drehte dasselbe durch eine Vorrichtung mit
Stricken so lange heftig hin und her, bis seine Axe, die in
den Stamm eingelassen war, durch diese heftige Reibung zu
glühen und zu brennen begann. Unter Jubelruf schichtete
man nun Holz und Stroh zu Hauf um den Baum, dessen
Asche auf die Felder gestreut wurde, und zündete an diesem
Feuer Fackeln an, mit welchen nach Hause kehrend, man
das Herdfeuer neu entzündete. Hier spielt der "Julblock"
seine Rolle, ein starker Holzblock, den man nicht zu Ende
abbrennen ließ, sondern das Jahr über bewahrte, weil er
segenspendende Kraft besaß. Und jetzt erglänzten weithin
freudige Lichter. Jn der Halle strahlten Fackeln und Lam-
pen, und dem Vieh im Stalle selbst wurde über der
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Weihnachten bei unseren Vorfahren.

Schon die Kelten und Germanen betrachteten die Weih-
nachtszeit als eine hochheilige Festzeit. Die Germanen
feierten zur Wintersonnenwende ihr Julfest. Es war der
Umkehr des feurigen Sonnenrades gewidmet und umfaßte
die „zwölf Nächte“ vom 25. December bis 6. Januar rei-
chend. Weihnachten selbst hieß die „Mutternacht“ ( Modra-
night )
bei den Angelsachsen. Man nahm an, daß in ihnen
das neue Jahr geboren werde, und der alte Volksglauben
meint, in diesen zwölf Tagen seien sinnbildlich die zwölf
Monate des kommenden Jahres vorgestellt, welche mit ihrem
Wetter je einem der zwölf Tage entsprächen, d. h. „der Ka-
lender werde jetzt gemacht,“ hat daher seinen Ursprung.
Die älteste nordische Mythe läßt in dieser Zeit Wodan oder
Odin, den höchsten Gott selbst ( nach einigen Traditionen
bis dahin schlafend ) , aus seinem Wolkenberge hervorbrechen
und mit seinem Göttergefolge der Geliebten, der Göttin
Frigg, im Sturme nachjagen, die er zu seiner Gemahlin
freien will, und mit welcher er dann in den zweiten „zwölf
Nächten,“ im Mai, seine Hochzeit feiert. Es ist die wieder-
erwachende Natur selbst, welche hier personificirt ist im
Hinblick auf die bevorstehende Zeit des Frühlings, wo neues
Leben, die künftige Fruchtbarkeit der Erde, Freude und
Wohlbehagen den Tod und die Kälte der friedlichen Winter-
mächte verdrängen werden. Später trat das Fest von Frey
oder Freyr, dem Odins=Sohne, dem Gotte des Frühjahrs,
der Sonne und der Fruchtbarkeit, an die Stelle der Tra-
dition von Odin selbst, nachdem sich die ursprünglichere
einfachere Mythe und ihr Personenkreis immer weiter und
reicher ausgebildet hatten. Die Sage von der stürmischen
Brautwerbung trat zurück, die Götter wandelten in fried-
fertiger Weise auf der Erde und mischten sich unter die
[Spaltenumbruch] Menschen. Die Werbung um die Götter aber blieb. Aber
es war nun Gerda, die sich dem Freyr „nach drei Näch-
ten,“ worunter man die drei Wintermonate zu verstehen
hat, verhieß, und deren Vermählung nun auf Walpurgistag
stattfinden sollte. Die Bedeutung, daß mit der rückgewen-
deten Sonnenwende die Bürgschaft ( Gerda's Verlobung )
gegeben war für Rückkehr der goldenen Frühlingszeit, blieb
also bestehen.

Freyr ( oder auch Fr ô ) , der freie und frohe Gott des
Lichtes, wollte, daß in der ihm geweihten Festzeit überall
Frieden, Freude herrsche, und so zogen Herolde im Lande
herum, dreiwöchentlichen Julfrieden zu gebieten. Den Ge-
fangenen nahm man für diese Zeit die Fesseln ab. „Friede
sei auf Erden.“

Diese Zeit wurde dann eröffnet durch ein feierliches
Opfer um Frieden und Fruchtbarkeit. — Dann wurde das
Julfeuer angezündet. Jn allen Haushaltungen wurde das
alte Herdfeuer sorgfältig gelöscht. Man zog hinaus und
entzündete auf folgende Art das neue heilige Feuer. Auf
einen Baumpfahl war ein Rad mit neun Speichen be-
festigt mit Stroh umwickelt, das Symbol der Sonnen-
scheibe. Man drehte dasselbe durch eine Vorrichtung mit
Stricken so lange heftig hin und her, bis seine Axe, die in
den Stamm eingelassen war, durch diese heftige Reibung zu
glühen und zu brennen begann. Unter Jubelruf schichtete
man nun Holz und Stroh zu Hauf um den Baum, dessen
Asche auf die Felder gestreut wurde, und zündete an diesem
Feuer Fackeln an, mit welchen nach Hause kehrend, man
das Herdfeuer neu entzündete. Hier spielt der „Julblock“
seine Rolle, ein starker Holzblock, den man nicht zu Ende
abbrennen ließ, sondern das Jahr über bewahrte, weil er
segenspendende Kraft besaß. Und jetzt erglänzten weithin
freudige Lichter. Jn der Halle strahlten Fackeln und Lam-
pen, und dem Vieh im Stalle selbst wurde über der
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Zitationshilfe: Social-politische Blätter. 2. Jahrgang, 12. Lieferung, Nr. 4. Berlin, 26. Dezember 1874, S. [349]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_social1204_1874/1>, abgerufen am 21.11.2024.