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Sonntags-Blatt. Nr. 17. Berlin, 26. April 1868.

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[Beginn Spaltensatz] über. "Wenn wir, uns von der Wirklichkeit zu dem Gedanken auf-
schwingend, welcher die Zukunft erschaut, das Volk erblicken, wie es
sich herrlich erhebt, verbrüdert zu einem einzigen Glauben, zu einem
einzigen Bündniß der Gleichheit und Liebe, zu einem einzigen Streben
nach fortschreitender, großer, starker, mächtiger Entwicklung, schön
durch vaterländische Tugenden, nicht verderbt durch Luxus, nicht
[Spaltenumbruch] gereizt durch das Elend, würdig durch das Bewußtsein seiner Rechte
und Pflichten -- dann fühlen wir das Herz klopfen, dann schlägt es
seufzend über die Gegenwart und stolz über die Zukunft, und wir
bemitleiden jene Männer, die ein Volk neu zu schaffen haben, und
anstatt dessen sich zu einem Fürsten, zu einer Familie, zu einer einzigen
Klasse verirren."

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Lose Blätter.
[Beginn Spaltensatz]

J. Die dauerhaftesten Denkmäler. Dies sind nicht, wie man meinen
sollte, die von Erz und Stein, sondern die Denkmäler von Papier;
andere von ewiger Dauer giebt es gar nicht. Welche Denkmäler erinnern
denn an Alexander und Cäsar, an Karl den Großen und Alfred von
England, an Sokrates und Plato, an Homer und Virgil? Wenn es nicht
die papiernen wären, hätte man jene Männer längst vergessen! Monu-
mente von Erz und Stein vergehen mit der Zeit, die guten papiernen
dagegen erstehen immer wieder aufs Neue. Luther z. B. ist nicht in die
"Walhalla" an der Donau gekommen, ja man hat bei der Einweihung
dieser "nationalen Ruhmeshalle" nicht einmal seinen Namen genannt;
aber die "Walhalla" und ihr Erbauer werden Staub und Moder werden
und der Vergessenheit anheimfallen; der kühne Mönch von Wittenberg
dagegen wird leben und nimmer vergessen werden, da so viel papierne
Denkmäler von ihm zeugen. Die Fürsten aber sollten stets dessen eingedenk
sein, daß diese Monumente alles das enthalten, was die ehernen und
marmornen verschweigen, und daher eifrig dafür sorgen, daß nicht Etwas
hinein komme, was ihnen nicht zum Ruhme gereicht.



M. L. Aehnlich wie sein Vater Friedrich Wilhelm I. liebte es be-
kanntlich auch Friedrich der Große, kurze Antworten auf eingegangene Ge-
suche zu ertheilen. Wir lassen einige folgen, wie er sie dem vortragenden
Kabinetsrath gab.

Die Stadt Frankfurt beklagt sich über die schwere Einquartierung.

"Kann ich denn das ganze Regiment in die Rocktasche stecken?"

Der Kamerherr von Held zeigt an, daß er vom Prinzen von Dänemark
für seine Schrift über Genealogie einen Brillantring erhalten hat."

"Jch gratulire, daß die Bettelei so gut reussirt."

Der Meistergeselle Eichel bittet um das Meisterrecht in Berlin.

"Sind nicht Meister genug da, kann man ihn nehmen, wenn er nicht
so faul ist, wie die Berliner."

Der Landrath von Wobesse zu Landsberg bittet um Vergütung der
beim Bombardement von Cüstrin eingebüßten Habseligkeiten.

"Am jüngsten Tage erhält Jeder wieder, was er in diesem Leben ver-
loren hat."

Der Weinhändler V. in Berlin bittet um Schadenersatz wegen der bei
der Okkupation der Russen ihm genommenen 82 Fässer Wein.

"Warum nicht auch wegen des Schadens, den er bei Noahs Zeiten
erlitten, wo seine Weinkeller unter Wasser standen?"

Der Landwirth Flegel aus Grätz bittet um die Erlaubniß, in Preußen
ein Gut ankaufen zu dürfen.

"Flegel haben wir genug im Lande."



R. Wieder eine wohlthätige Erfindung. Es ist eine ebenso be-
kannte als betrübende Thatsache, daß zahlreiche Metallarbeiter an häufigen
Augenverletzungen durch abspritzende Gußspähne, Feil= und Drehspähne
zu leiden haben. Dr. Kohn in Breslau, der in sechs Fabriken eine große
Anzahl solcher Augenleidenden untersucht hat, theilte in einem Vortrag
im Breslauer Gewerbeverein darüber folgende bemerkenswerthe Angaben
mit: Von 1283 Augenkranken waren viele zu verschiedenen Malen in
ärztlicher Behandlung gewesen; 354 waren bald geheilt oder brauchten
doch ihre Arbeit nicht einzustellen, 279 dagegen mußten Tage und Wochen
lang "feiern". Von 100 Arbeitern wurden 22 arbeitsunfähig, und von
100 Verletzten 44 längere Zeit arbeitsuntauglich. Die 279 Augenkranken
haben im Ganzen 4627 Tage, d. h. 12 Jahre, 11 Monate und 11 Tage
an Arbeitszeit und Erwerb verlieren müssen. Von 633 Verletzten wurden
576 vollkommen geheilt, 36 nur so, daß sie einen Theil der Sehkraft ein-
büßten, und 21 blieben ungeheilt. Man kann ziemlich sicher annehmen,
[Spaltenumbruch] daß unter 1000 Arbeitern je 28 einen Theil des Sehvermögens, und je
16 ein Auge völlig einbüßen. Trotz aller dieser häufigen und schweren
Verletzungen tragen diese Arbeiter doch nur in seltenen Fällen Konser-
vations- oder Konvexbrillen, Schutzbrillen aber fast gar nicht, weil nämlich
alle diese gewöhnlichen Brillen einerseits zu leicht zerbrechlich und zu
theuer, und andererseits zu schwer und unbequem sind. Der oben genannte
Augenarzt gelangte nun durch die sogenannten unzerbrechlichen Lampen-
Cylinder aus Glimmer zu der Jdee, aus diesem Stoff auch Schutzbrillen
für Arbeiter machen zu lassen. Der Fabrikant Max Raphael in Breslau
fertigt diese Glimmerbrillen, deren Gläser gebogen, wie die der franzö-
sischen Uhrglasbrillen, in Messingeinfassung genau dem Rande der Augen-
höhle anliegen und, bei ganz geringer, für den Feuerarbeiter gewiß nur
vortheilhafter Graufärbung, wie klares Glas erscheinen, für sechs Silber-
groschen das Stück an. Bedenkt man, daß diese Glimmerbrillen nicht
zerbrechen, nur halb so schwer als gläserne sind, das Auge kühl halten und
sicher gegen die Splitter schützen, so kann man ihre Verallgemeinerung nur
dringend wünschen.



+ Die amerikanische Moschusratte, ein sehr geschätztes Pelzthier, hat
eine merkwürdige Art, weithin unter dem Eis zu wandern. Auf ihren
Winterausflügen nach den Nahrungsstätten, welche sich nicht selten weit
von ihren gewöhnlichen Schlupfwinkeln befinden, ziehen sie beim Antreten
der Wanderung Athem ein, und bleiben unter Wasser, so lange sie können.
Dann steigen sie ans Eis empor und athmen die Luft aus, welche in
Blasen an der untern Fläche des Wassers hängen bleibt. Sie warten nun,
bis diese Luft neuen Sauerstoff aus dem Wasser und dem Eise auf-
genommen hat, ziehen sie dann wieder ein und setzen ihren Weg fort. Auf
diese Weise können sie auf weite Entfernung wandern und beliebig lange
Zeit unter dem Eise verweilen. Die Pelzjäger ziehen aus dieser Gewohn-
heit der Moschusratte Vortheil. Wenn die Teiche, worin die Thiere leben,
mit dem ersten durchsichtigen Eis überzogen sind, so sieht der Jäger nicht
selten eine ganze Moschusrattenfamilie unter dem Eise dahinschwimmen.
Er folgt nun derselben eine Strecke weit, bis sie emporsteigt, um ihren
Athem zu erneuern. Ehe das Thier Zeit hat, die Luftblase wieder ein-
zuathmen, schlägt der Jäger mit einem Beil auf das Eis und treibt die
Ratte von ihrem Athem hinweg. Sie schwimmt eine Strecke weiter und
ertrinkt, weil sie keine Luft findet; der Jäger haut dann ein Loch in das
Eis und holt sich seine Beute.



M. Findelhäuser auf den Azoren. Auf einigen dieser Jnseln besteht
eine seltsame Sitte, für das Unterkommen der Kinder zu sorgen. Die be-
treffende Mutter legt nämlich den Neugeborenen in einen Korb und trägt
denselben, wenn Alles schläft, vor die Thür ihres Nachbarn. Schreit das
Kind, was unter solchen Umständen wohl nicht ausbleibt, so steht der
Nachbar auf, öffnet die Thür und trägt den Korb in aller Stille vor die
nächste Thür, wo vielleicht dasselbe geschieht und der Korb ein Haus weiter
getragen wird. So kann das Kind, wenn es sehr unruhigen Naturells
ist, durch das ganze Dorf von Haus zu Haus getragen werden; die Person
aber, vor deren Thür dasselbe früh gefunden wird, muß es aufnehmen und
erziehen, kann aber von der Behörde eine fortlaufende kleine Geldunter-
stützung verlangen.



Briefkasten.

E. M. in B.: Die beiden Artikel sind angenommen und werden mög-
lichst bald gedruckt werden. -- W. G. in S.: Wenn Sie uns sehr erheb-
liche Kürzungen gestatten wollen. -- R. v. Z. und N. T. in Berlin:
Zu sentimental und inhaltsleer. -- W. in J.: Nicht geeignet für unser
Blatt. -- Fr. G. in R.: Nicht geeignet.

[Ende Spaltensatz]

Der heutigen Nummer des "Sonntags=Blattes" legen wir die neueste Nummer der "Modenwelt"
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Zur Besprechung die Redaktion betreffender Angelegenheiten ist der Redakteur dieses Blattes jeden Montag und Dienstag von
12 bis 2 Uhr in dem Redaktionsbureau, Potsdamerstraße Nr. 20, anwesend, wohin auch alle Zusendungen erbeten werden.



Druck und Verlag von Franz Duncker in Berlin. -- Verantwortlicher Redakteur: Ernst Dohm in Berlin.

[Beginn Spaltensatz] über. „Wenn wir, uns von der Wirklichkeit zu dem Gedanken auf-
schwingend, welcher die Zukunft erschaut, das Volk erblicken, wie es
sich herrlich erhebt, verbrüdert zu einem einzigen Glauben, zu einem
einzigen Bündniß der Gleichheit und Liebe, zu einem einzigen Streben
nach fortschreitender, großer, starker, mächtiger Entwicklung, schön
durch vaterländische Tugenden, nicht verderbt durch Luxus, nicht
[Spaltenumbruch] gereizt durch das Elend, würdig durch das Bewußtsein seiner Rechte
und Pflichten — dann fühlen wir das Herz klopfen, dann schlägt es
seufzend über die Gegenwart und stolz über die Zukunft, und wir
bemitleiden jene Männer, die ein Volk neu zu schaffen haben, und
anstatt dessen sich zu einem Fürsten, zu einer Familie, zu einer einzigen
Klasse verirren.“

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J. Die dauerhaftesten Denkmäler. Dies sind nicht, wie man meinen
sollte, die von Erz und Stein, sondern die Denkmäler von Papier;
andere von ewiger Dauer giebt es gar nicht. Welche Denkmäler erinnern
denn an Alexander und Cäsar, an Karl den Großen und Alfred von
England, an Sokrates und Plato, an Homer und Virgil? Wenn es nicht
die papiernen wären, hätte man jene Männer längst vergessen! Monu-
mente von Erz und Stein vergehen mit der Zeit, die guten papiernen
dagegen erstehen immer wieder aufs Neue. Luther z. B. ist nicht in die
„Walhalla“ an der Donau gekommen, ja man hat bei der Einweihung
dieser „nationalen Ruhmeshalle“ nicht einmal seinen Namen genannt;
aber die „Walhalla“ und ihr Erbauer werden Staub und Moder werden
und der Vergessenheit anheimfallen; der kühne Mönch von Wittenberg
dagegen wird leben und nimmer vergessen werden, da so viel papierne
Denkmäler von ihm zeugen. Die Fürsten aber sollten stets dessen eingedenk
sein, daß diese Monumente alles das enthalten, was die ehernen und
marmornen verschweigen, und daher eifrig dafür sorgen, daß nicht Etwas
hinein komme, was ihnen nicht zum Ruhme gereicht.



M. L. Aehnlich wie sein Vater Friedrich Wilhelm I. liebte es be-
kanntlich auch Friedrich der Große, kurze Antworten auf eingegangene Ge-
suche zu ertheilen. Wir lassen einige folgen, wie er sie dem vortragenden
Kabinetsrath gab.

Die Stadt Frankfurt beklagt sich über die schwere Einquartierung.

„Kann ich denn das ganze Regiment in die Rocktasche stecken?“

Der Kamerherr von Held zeigt an, daß er vom Prinzen von Dänemark
für seine Schrift über Genealogie einen Brillantring erhalten hat.“

„Jch gratulire, daß die Bettelei so gut reussirt.“

Der Meistergeselle Eichel bittet um das Meisterrecht in Berlin.

„Sind nicht Meister genug da, kann man ihn nehmen, wenn er nicht
so faul ist, wie die Berliner.“

Der Landrath von Wobesse zu Landsberg bittet um Vergütung der
beim Bombardement von Cüstrin eingebüßten Habseligkeiten.

„Am jüngsten Tage erhält Jeder wieder, was er in diesem Leben ver-
loren hat.“

Der Weinhändler V. in Berlin bittet um Schadenersatz wegen der bei
der Okkupation der Russen ihm genommenen 82 Fässer Wein.

„Warum nicht auch wegen des Schadens, den er bei Noahs Zeiten
erlitten, wo seine Weinkeller unter Wasser standen?“

Der Landwirth Flegel aus Grätz bittet um die Erlaubniß, in Preußen
ein Gut ankaufen zu dürfen.

„Flegel haben wir genug im Lande.“



R. Wieder eine wohlthätige Erfindung. Es ist eine ebenso be-
kannte als betrübende Thatsache, daß zahlreiche Metallarbeiter an häufigen
Augenverletzungen durch abspritzende Gußspähne, Feil= und Drehspähne
zu leiden haben. Dr. Kohn in Breslau, der in sechs Fabriken eine große
Anzahl solcher Augenleidenden untersucht hat, theilte in einem Vortrag
im Breslauer Gewerbeverein darüber folgende bemerkenswerthe Angaben
mit: Von 1283 Augenkranken waren viele zu verschiedenen Malen in
ärztlicher Behandlung gewesen; 354 waren bald geheilt oder brauchten
doch ihre Arbeit nicht einzustellen, 279 dagegen mußten Tage und Wochen
lang „feiern“. Von 100 Arbeitern wurden 22 arbeitsunfähig, und von
100 Verletzten 44 längere Zeit arbeitsuntauglich. Die 279 Augenkranken
haben im Ganzen 4627 Tage, d. h. 12 Jahre, 11 Monate und 11 Tage
an Arbeitszeit und Erwerb verlieren müssen. Von 633 Verletzten wurden
576 vollkommen geheilt, 36 nur so, daß sie einen Theil der Sehkraft ein-
büßten, und 21 blieben ungeheilt. Man kann ziemlich sicher annehmen,
[Spaltenumbruch] daß unter 1000 Arbeitern je 28 einen Theil des Sehvermögens, und je
16 ein Auge völlig einbüßen. Trotz aller dieser häufigen und schweren
Verletzungen tragen diese Arbeiter doch nur in seltenen Fällen Konser-
vations- oder Konvexbrillen, Schutzbrillen aber fast gar nicht, weil nämlich
alle diese gewöhnlichen Brillen einerseits zu leicht zerbrechlich und zu
theuer, und andererseits zu schwer und unbequem sind. Der oben genannte
Augenarzt gelangte nun durch die sogenannten unzerbrechlichen Lampen-
Cylinder aus Glimmer zu der Jdee, aus diesem Stoff auch Schutzbrillen
für Arbeiter machen zu lassen. Der Fabrikant Max Raphael in Breslau
fertigt diese Glimmerbrillen, deren Gläser gebogen, wie die der franzö-
sischen Uhrglasbrillen, in Messingeinfassung genau dem Rande der Augen-
höhle anliegen und, bei ganz geringer, für den Feuerarbeiter gewiß nur
vortheilhafter Graufärbung, wie klares Glas erscheinen, für sechs Silber-
groschen das Stück an. Bedenkt man, daß diese Glimmerbrillen nicht
zerbrechen, nur halb so schwer als gläserne sind, das Auge kühl halten und
sicher gegen die Splitter schützen, so kann man ihre Verallgemeinerung nur
dringend wünschen.



Die amerikanische Moschusratte, ein sehr geschätztes Pelzthier, hat
eine merkwürdige Art, weithin unter dem Eis zu wandern. Auf ihren
Winterausflügen nach den Nahrungsstätten, welche sich nicht selten weit
von ihren gewöhnlichen Schlupfwinkeln befinden, ziehen sie beim Antreten
der Wanderung Athem ein, und bleiben unter Wasser, so lange sie können.
Dann steigen sie ans Eis empor und athmen die Luft aus, welche in
Blasen an der untern Fläche des Wassers hängen bleibt. Sie warten nun,
bis diese Luft neuen Sauerstoff aus dem Wasser und dem Eise auf-
genommen hat, ziehen sie dann wieder ein und setzen ihren Weg fort. Auf
diese Weise können sie auf weite Entfernung wandern und beliebig lange
Zeit unter dem Eise verweilen. Die Pelzjäger ziehen aus dieser Gewohn-
heit der Moschusratte Vortheil. Wenn die Teiche, worin die Thiere leben,
mit dem ersten durchsichtigen Eis überzogen sind, so sieht der Jäger nicht
selten eine ganze Moschusrattenfamilie unter dem Eise dahinschwimmen.
Er folgt nun derselben eine Strecke weit, bis sie emporsteigt, um ihren
Athem zu erneuern. Ehe das Thier Zeit hat, die Luftblase wieder ein-
zuathmen, schlägt der Jäger mit einem Beil auf das Eis und treibt die
Ratte von ihrem Athem hinweg. Sie schwimmt eine Strecke weiter und
ertrinkt, weil sie keine Luft findet; der Jäger haut dann ein Loch in das
Eis und holt sich seine Beute.



M. Findelhäuser auf den Azoren. Auf einigen dieser Jnseln besteht
eine seltsame Sitte, für das Unterkommen der Kinder zu sorgen. Die be-
treffende Mutter legt nämlich den Neugeborenen in einen Korb und trägt
denselben, wenn Alles schläft, vor die Thür ihres Nachbarn. Schreit das
Kind, was unter solchen Umständen wohl nicht ausbleibt, so steht der
Nachbar auf, öffnet die Thür und trägt den Korb in aller Stille vor die
nächste Thür, wo vielleicht dasselbe geschieht und der Korb ein Haus weiter
getragen wird. So kann das Kind, wenn es sehr unruhigen Naturells
ist, durch das ganze Dorf von Haus zu Haus getragen werden; die Person
aber, vor deren Thür dasselbe früh gefunden wird, muß es aufnehmen und
erziehen, kann aber von der Behörde eine fortlaufende kleine Geldunter-
stützung verlangen.



Briefkasten.

E. M. in B.: Die beiden Artikel sind angenommen und werden mög-
lichst bald gedruckt werden. — W. G. in S.: Wenn Sie uns sehr erheb-
liche Kürzungen gestatten wollen. — R. v. Z. und N. T. in Berlin:
Zu sentimental und inhaltsleer. — W. in J.: Nicht geeignet für unser
Blatt. — Fr. G. in R.: Nicht geeignet.

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Der heutigen Nummer des „Sonntags=Blattes“ legen wir die neueste Nummer der „Modenwelt“
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☞ Zur Besprechung die Redaktion betreffender Angelegenheiten ist der Redakteur dieses Blattes jeden Montag und Dienstag von
12 bis 2 Uhr in dem Redaktionsbureau, Potsdamerstraße Nr. 20, anwesend, wohin auch alle Zusendungen erbeten werden.



Druck und Verlag von Franz Duncker in Berlin. — Verantwortlicher Redakteur: Ernst Dohm in Berlin.

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[136/0008] 136 über. „Wenn wir, uns von der Wirklichkeit zu dem Gedanken auf- schwingend, welcher die Zukunft erschaut, das Volk erblicken, wie es sich herrlich erhebt, verbrüdert zu einem einzigen Glauben, zu einem einzigen Bündniß der Gleichheit und Liebe, zu einem einzigen Streben nach fortschreitender, großer, starker, mächtiger Entwicklung, schön durch vaterländische Tugenden, nicht verderbt durch Luxus, nicht gereizt durch das Elend, würdig durch das Bewußtsein seiner Rechte und Pflichten — dann fühlen wir das Herz klopfen, dann schlägt es seufzend über die Gegenwart und stolz über die Zukunft, und wir bemitleiden jene Männer, die ein Volk neu zu schaffen haben, und anstatt dessen sich zu einem Fürsten, zu einer Familie, zu einer einzigen Klasse verirren.“ Lose Blätter. J. Die dauerhaftesten Denkmäler. Dies sind nicht, wie man meinen sollte, die von Erz und Stein, sondern die Denkmäler von Papier; andere von ewiger Dauer giebt es gar nicht. Welche Denkmäler erinnern denn an Alexander und Cäsar, an Karl den Großen und Alfred von England, an Sokrates und Plato, an Homer und Virgil? Wenn es nicht die papiernen wären, hätte man jene Männer längst vergessen! Monu- mente von Erz und Stein vergehen mit der Zeit, die guten papiernen dagegen erstehen immer wieder aufs Neue. Luther z. B. ist nicht in die „Walhalla“ an der Donau gekommen, ja man hat bei der Einweihung dieser „nationalen Ruhmeshalle“ nicht einmal seinen Namen genannt; aber die „Walhalla“ und ihr Erbauer werden Staub und Moder werden und der Vergessenheit anheimfallen; der kühne Mönch von Wittenberg dagegen wird leben und nimmer vergessen werden, da so viel papierne Denkmäler von ihm zeugen. Die Fürsten aber sollten stets dessen eingedenk sein, daß diese Monumente alles das enthalten, was die ehernen und marmornen verschweigen, und daher eifrig dafür sorgen, daß nicht Etwas hinein komme, was ihnen nicht zum Ruhme gereicht. M. L. Aehnlich wie sein Vater Friedrich Wilhelm I. liebte es be- kanntlich auch Friedrich der Große, kurze Antworten auf eingegangene Ge- suche zu ertheilen. Wir lassen einige folgen, wie er sie dem vortragenden Kabinetsrath gab. Die Stadt Frankfurt beklagt sich über die schwere Einquartierung. „Kann ich denn das ganze Regiment in die Rocktasche stecken?“ Der Kamerherr von Held zeigt an, daß er vom Prinzen von Dänemark für seine Schrift über Genealogie einen Brillantring erhalten hat.“ „Jch gratulire, daß die Bettelei so gut reussirt.“ Der Meistergeselle Eichel bittet um das Meisterrecht in Berlin. „Sind nicht Meister genug da, kann man ihn nehmen, wenn er nicht so faul ist, wie die Berliner.“ Der Landrath von Wobesse zu Landsberg bittet um Vergütung der beim Bombardement von Cüstrin eingebüßten Habseligkeiten. „Am jüngsten Tage erhält Jeder wieder, was er in diesem Leben ver- loren hat.“ Der Weinhändler V. in Berlin bittet um Schadenersatz wegen der bei der Okkupation der Russen ihm genommenen 82 Fässer Wein. „Warum nicht auch wegen des Schadens, den er bei Noahs Zeiten erlitten, wo seine Weinkeller unter Wasser standen?“ Der Landwirth Flegel aus Grätz bittet um die Erlaubniß, in Preußen ein Gut ankaufen zu dürfen. „Flegel haben wir genug im Lande.“ R. Wieder eine wohlthätige Erfindung. Es ist eine ebenso be- kannte als betrübende Thatsache, daß zahlreiche Metallarbeiter an häufigen Augenverletzungen durch abspritzende Gußspähne, Feil= und Drehspähne zu leiden haben. Dr. Kohn in Breslau, der in sechs Fabriken eine große Anzahl solcher Augenleidenden untersucht hat, theilte in einem Vortrag im Breslauer Gewerbeverein darüber folgende bemerkenswerthe Angaben mit: Von 1283 Augenkranken waren viele zu verschiedenen Malen in ärztlicher Behandlung gewesen; 354 waren bald geheilt oder brauchten doch ihre Arbeit nicht einzustellen, 279 dagegen mußten Tage und Wochen lang „feiern“. Von 100 Arbeitern wurden 22 arbeitsunfähig, und von 100 Verletzten 44 längere Zeit arbeitsuntauglich. Die 279 Augenkranken haben im Ganzen 4627 Tage, d. h. 12 Jahre, 11 Monate und 11 Tage an Arbeitszeit und Erwerb verlieren müssen. Von 633 Verletzten wurden 576 vollkommen geheilt, 36 nur so, daß sie einen Theil der Sehkraft ein- büßten, und 21 blieben ungeheilt. Man kann ziemlich sicher annehmen, daß unter 1000 Arbeitern je 28 einen Theil des Sehvermögens, und je 16 ein Auge völlig einbüßen. Trotz aller dieser häufigen und schweren Verletzungen tragen diese Arbeiter doch nur in seltenen Fällen Konser- vations- oder Konvexbrillen, Schutzbrillen aber fast gar nicht, weil nämlich alle diese gewöhnlichen Brillen einerseits zu leicht zerbrechlich und zu theuer, und andererseits zu schwer und unbequem sind. Der oben genannte Augenarzt gelangte nun durch die sogenannten unzerbrechlichen Lampen- Cylinder aus Glimmer zu der Jdee, aus diesem Stoff auch Schutzbrillen für Arbeiter machen zu lassen. Der Fabrikant Max Raphael in Breslau fertigt diese Glimmerbrillen, deren Gläser gebogen, wie die der franzö- sischen Uhrglasbrillen, in Messingeinfassung genau dem Rande der Augen- höhle anliegen und, bei ganz geringer, für den Feuerarbeiter gewiß nur vortheilhafter Graufärbung, wie klares Glas erscheinen, für sechs Silber- groschen das Stück an. Bedenkt man, daß diese Glimmerbrillen nicht zerbrechen, nur halb so schwer als gläserne sind, das Auge kühl halten und sicher gegen die Splitter schützen, so kann man ihre Verallgemeinerung nur dringend wünschen. † Die amerikanische Moschusratte, ein sehr geschätztes Pelzthier, hat eine merkwürdige Art, weithin unter dem Eis zu wandern. Auf ihren Winterausflügen nach den Nahrungsstätten, welche sich nicht selten weit von ihren gewöhnlichen Schlupfwinkeln befinden, ziehen sie beim Antreten der Wanderung Athem ein, und bleiben unter Wasser, so lange sie können. Dann steigen sie ans Eis empor und athmen die Luft aus, welche in Blasen an der untern Fläche des Wassers hängen bleibt. Sie warten nun, bis diese Luft neuen Sauerstoff aus dem Wasser und dem Eise auf- genommen hat, ziehen sie dann wieder ein und setzen ihren Weg fort. Auf diese Weise können sie auf weite Entfernung wandern und beliebig lange Zeit unter dem Eise verweilen. Die Pelzjäger ziehen aus dieser Gewohn- heit der Moschusratte Vortheil. Wenn die Teiche, worin die Thiere leben, mit dem ersten durchsichtigen Eis überzogen sind, so sieht der Jäger nicht selten eine ganze Moschusrattenfamilie unter dem Eise dahinschwimmen. Er folgt nun derselben eine Strecke weit, bis sie emporsteigt, um ihren Athem zu erneuern. Ehe das Thier Zeit hat, die Luftblase wieder ein- zuathmen, schlägt der Jäger mit einem Beil auf das Eis und treibt die Ratte von ihrem Athem hinweg. Sie schwimmt eine Strecke weiter und ertrinkt, weil sie keine Luft findet; der Jäger haut dann ein Loch in das Eis und holt sich seine Beute. M. Findelhäuser auf den Azoren. Auf einigen dieser Jnseln besteht eine seltsame Sitte, für das Unterkommen der Kinder zu sorgen. Die be- treffende Mutter legt nämlich den Neugeborenen in einen Korb und trägt denselben, wenn Alles schläft, vor die Thür ihres Nachbarn. Schreit das Kind, was unter solchen Umständen wohl nicht ausbleibt, so steht der Nachbar auf, öffnet die Thür und trägt den Korb in aller Stille vor die nächste Thür, wo vielleicht dasselbe geschieht und der Korb ein Haus weiter getragen wird. So kann das Kind, wenn es sehr unruhigen Naturells ist, durch das ganze Dorf von Haus zu Haus getragen werden; die Person aber, vor deren Thür dasselbe früh gefunden wird, muß es aufnehmen und erziehen, kann aber von der Behörde eine fortlaufende kleine Geldunter- stützung verlangen. Briefkasten. E. M. in B.: Die beiden Artikel sind angenommen und werden mög- lichst bald gedruckt werden. — W. G. in S.: Wenn Sie uns sehr erheb- liche Kürzungen gestatten wollen. — R. v. Z. und N. T. in Berlin: Zu sentimental und inhaltsleer. — W. in J.: Nicht geeignet für unser Blatt. — Fr. G. in R.: Nicht geeignet. Der heutigen Nummer des „Sonntags=Blattes“ legen wir die neueste Nummer der „Modenwelt“ als Probe bei. Bestellungen auf dieselbe wolle man stets da anmelden, wo man auf das „Sonntags=Blatt“ abonnirte; der Quartalpreis beträgt 10 Sgr. oder 36 Kr. rh. oder 1 Fr. 35 Cts. Denjenigen Abonnenten des „Sonntags=Blattes“, welche bei der Post abonnirt sind, können wir wegen der betreffenden Postbestimmungen eine Probe=Nummer der „Modenwelt“ hier nicht beilegen; doch erhalten dieselben auf frankirte Bestellung bei der Expedition der „Modenwelt“ in Berlin eine Probe=Nummer gratis und franco zugesandt. ☞ Zur Besprechung die Redaktion betreffender Angelegenheiten ist der Redakteur dieses Blattes jeden Montag und Dienstag von 12 bis 2 Uhr in dem Redaktionsbureau, Potsdamerstraße Nr. 20, anwesend, wohin auch alle Zusendungen erbeten werden. Druck und Verlag von Franz Duncker in Berlin. — Verantwortlicher Redakteur: Ernst Dohm in Berlin.

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Zitationshilfe: Sonntags-Blatt. Nr. 17. Berlin, 26. April 1868, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_sonntagsblatt17_1868/8>, abgerufen am 18.06.2024.