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Sonntags-Blatt. Nr. 29. Berlin, 19. Juli 1868.

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[Beginn Spaltensatz] sie an der Eberjagd Theil nehmen sollten, um sie vor der grimmigen Ver-
theidigung des wilden Thieres zu schützen.

Wer die moralischen Typen des Hundegeschlechts genau studiren will,
der lese die Romane Walter Scotts. Mit Recht hat man gesagt, daß der
Dichter des Waverley und der Dame vom See vorzugsweise der Edel-
mann der Literatur gewesen und mit allen Neigungen des alten Ritter-
thums geboren sei. Der Hund, das freundschaftlichste unter den Thieren,
weiß auch Diejenigen zu würdigen, welche ihm zugethan sind, und die
vollkommenste Gegenseitigkeit der Freundschaft besteht vielleicht nur zwischen
einem Hunde und seinem Herrn.



Die neuesten Forschungsreisen und Entdeckungen in Afrika.
Mittheilungen über Land und Leute unter dem Aequator und in
den Küstenregionen.
( Fortsetzung ) .

Werner Munzinger erklärt Abessynien für das schönste Land
Afrika's; dasselbe thut auch Speke in Bezug auf die Aequator-
Region am Victoriasee. Fast jeder Reisende findet in den ver-
schiedenen Zonen dieses Erdtheils wahrhaft paradiesische Gefilde
neben öden Sand= und Sumpfgegenden. Munzinger schreibt: "Wer
je Abessynien gesehen hat, wird immer mit Bewunderung an diese
afrikanische Schweiz zurückdenken". Obgleich ein kalter Denker,
bricht er dennoch sehr oft über die Naturschönheiten und die überreiche
Vegetation in enthusiastische Worte der Bewunderung aus, schildert
die Volksstämme, die Sprachen und die ganzen staatlichen Ver-
hältnisse so ausführlich und gründlich, wie noch nie ein Reisender
jener Länder gethan hat. Hoffentlich wird uns die englische Kriegs-
expedition auch eine wissenschaftliche Ausbeute über das schöne Land
bringen.

Nördlich von Abessynien liegt Nubien, sodann Aegypten. Beide
Länder sind uns bekannter. Jch erwähne jetzt die wichtigen For-
schungsreisen, welche im Jnnern des nördlichen Afrika gemacht wurden.
Dieselben beginnen schon im Mittelalter, und werden noch gegen-
wärtig fortgesetzt; fast jedes Jahr gehen Europäer nach Algerien,
Marokko, in den Sudan und weiter.

Die brittische Regierung sandte 1822 eine große Expedition unter
Major Denham, Clapperton und Sudney nach Borun. Obgleich
Mehrere dem Klima erlagen, ward dennoch der mittlere Theil des
Sudan mit dem Tsadsee und die Wüste zwischen dem Sudan und
Fessan bekannt. Clapperton ging auf einer zweiten Reise von Ober-
Guinea bis Sakoto, starb aber hier mit fünf seiner Begleiter. Sein
Diener Lander kehrte mit den Tagebüchern nach Europa zurück, trat
1830 mit seinem Bruder eine neue Reise nach dem Niger an und
entdeckte, daß dieser Strom sich in die Bai von Benin ergießt.
Major Laing reiste 1826 vom Norden aus nach Timbuctu, während
Cailli e 1827 diese Stadt von Westen, von Nuney aus, erreichte,
dann nördlich durch die Wüste und durch Marokko reiste -- eine der
wichtigsten, aber auch gefahrvollsten Touren. Leider ward auch Laing
bei Timbuctu ermordet.

Wiederum schickte die englische Regierung 1849 eine Erpedition
unter Richardson, Barth und Overweg in das Jnnere, welcher 1853
Eduard Vogel nachgesandt ward, von der aber nur der unermüdliche
Barth die Heimath wieder erreichte. Richardson starb 1851 zu Ngu-
rutua in Borun, Overweg 1822 zu Maduari am Tsadsee. Ueber
des bereits todt geglaubten Vogel Schicksale sind neuerdings beruhi-
gende Mittheilungen eingelaufen. Diese Reise ging von Tripoli an
der Nordküste bis zum Niger und Benue, und von Timbuctu bis
Wadai, wodurch uns jene Region und deren Bewohner etwas näher
bekannt wurden. Die Zukunft wird sie uns hoffentlich noch spezieller
kennen lehren. So viel geht aus allen diesen Reiseberichten hervor,
daß die im Jnnern höher liegenden Gegenden, trotz der Hitze, viel
gesunder sind, als die sumpfigen Küstenstriche. Nur wo die Küsten-
regionen hoch liegen, wie an der Nord= und Südküste, zum Theil
auch am Rothen Meer, ist das Klima gesunder.

Central=Afrika bewohnen die kräftigsten Volksstämme, aber ihre
sozialen und staatlichen Verhältnisse befinden sich noch im wildesten Ur-
zustand. Dies ist das größte Hinderniß der europäischen Touristen
und Ansiedler. Reich, ja überreich ist das Land an den schönsten Pro-
dukten der Erde. Man erntet dort, ohne gesäet und gearbeitet zu haben.
Der Kaffeebaum wächst in Abessynien wild und bildet große Wälder, wie
bei uns Buchen und Tannen. Auch Zuckerrohr, Jndigo, Baumwolle
und noch viele andere Nahrungspflanzen wachsen wild. Durra, Hirse,
Banien, Mais, Yams, Bananen, Maniok, Erdnüsse, Guronüsse,
Dattelpalmen, Kokospalmen gedeihen in Ueberfluß und spenden reich-
liche Nahrung. Hinsichtlich des Thierreichs ist Afrika ebenfalls das
reichste Land, ein wahrer Jagdpark. Wir finden dort unsere Rinder
und Schafe, das Kameel, Antilopen in sechszig Arten, große Heerden
[Spaltenumbruch] von Elephanten, Büffelheerden zu Hunderten, Zebra's, Giraffen, das
sonderbar gestaltete Gnu, das Nilpferd, viele Affenarten, das Rhino-
ceros in sechs Arten. Auch ist es eben so reich an Raubthieren; Löwe,
Panther, Schakal, Hyäne, gefährliche Schlangen und noch andere
blutgierige Bestien machen Wälder und Fluren unsicher. Von wun-
derbarer Schönheit und wahrhaft zauberischer Farbenpracht ist das Reich
der Vögel, an der Spitze König Strauß. Daher wird Afrika von
allen Jagdfreunden als ein Wildpark im wahren Sinne des Worts
bezeichnet. Monate lang streichen sie durch die Wälder, schießen,
braten und essen; die wild wachsenden schönen Obstarten liefern ihnen
Brot, Salat und Zukost.

Aber dennoch kann man Landwirthen das Land, außer Algier
und dem Cap der guten Hoffnung, nicht zur Ansiedlung empfehlen,
weil die schwarzen Einwohner zu sehr auf die Weißen erbittert sind,
denn sie kennen dieselben nur als Sklavenjäger. Jn den inneren Re-
gionen, am Victoria=See, wo die Europäer noch keine Neger zur
Sklaverei entführt haben, ist die barbarische Wildheit das unüber-
windlichste Hinderniß der europäischen Ansiedlungen. Nur in und bei
den Küstenstädten, wie in Aden, Zanzibar und anderen, wo europäische
Konsuln und zahlreiche Europäer schon seit vielen Jahren residiren,
können Kolonisationsversuche gemacht werden. Dies ist auch schon
mit mehr und weniger günstigem Erfolg geschehen.

Der Bergbau wird dort nur von Europäern betrieben, im Da-
maraland von den Engländern, in anderen Landstrichen von Portu-
giesen und Franzosen. Auch Amerikaner versuchten Afrika's reiche
Schätze zu heben, denn man findet in Hoch=Afrika Gold, Kupfer,
Eisen, Zinn, Blei und verschiedene Edelsteine. Obgleich man unseren
Auswanderern, namentlich den Ackerbauern, das Land nicht zur An-
siedlung empfehlen kann, so ist es doch für den Kaufmannsstand von
hochwichtiger Bedeutung, denn es bietet unermeßliche Schätze dar,
welche für Kleinigkeiten eingetauscht werden können. Für Glasperlen,
Baumwollstreifen, bunte Zeuge, Messer und andere Nippsachen erhan-
delt man von den Eingeborenen große Elephantenzähne, Gummi,
Straußfedern, Palmöl, Gold, Pfeffer, allerlei Gewürze, Früchte und
noch zahlreiche andere Produkte. Aus diesem Grunde, um Handels-
beziehungen anzuknüpfen, haben die Engländer schon viele kostspielige
Expeditionen dorthin gesandt, und dadurch die Länder= und Völker-
kunde bereichert. Sie werden mit der Zeit Konsulate im Jnnern errich-
ten, um mit den Barbaren Freundschaftsbeziehungen zu unterhalten
und durchreisenden Europäern Schutz zu gewähren. Die siegreiche
Kriegsexpedition nach Abessynien wird den ohnehin großen Respekt
vor den Engländern noch vermehren; und wenn die europäischen
Ansiedlungen von der Nord= und Südspitze, von der Ost= und West-
küste im Verlauf der Jahre allmälig ins Jnnere dringen und die
europäische Geisteskultur auch unter den afrikanischen Völkern ver-
breiten, dann werden diese auch humaner und zugänglicher werden
und die Weißen nicht mehr als Feinde betrachten. Daß auch jene
Schwarzhäute einer höheren Geistesbildung fähig sind, haben viele
Beispiele bewiesen. Missionäre und Kolonisten bilden aus den
rohesten Wilden, aus den Hottentotten sogar Volksschullehrer! Das
Nöthigste und Hochwichtigste für sie ist ein wohlgeordnetes Staats-
wesen; denn nur in einem wohlgeordneten Staat, unter weisen Gesetzen
vermag Bildung, Wohlstand und wahre Humanität zu erblühen.

Jch gebe jetzt einige Resultate aus Livingstone's zweiter Reise,
welche er am 10. März 1858 begann. Er segelte unterm 19. Grad
südl. Br. auf dem Zambesi und Schira an der Ostküste in die inneren
Regionen. Wo der Zambesi an der Ostküste in den Ocean mündet,
bildet er ein Delta, das sich über hundert Meilen landeinwärts
erstreckt. Seine Mündung ins Meer ergießt sich durch vier Arme;
die größten sind der Luabo und Quillimane. Durch seine jährlichen
Ueberschwemmungen befruchtet er das umliegende Land, gleich dem
Nil. Ein großer Nebenfluß des Zambesi ist der Schire, welcher am
linken Ufer hundert englische Meilen vom Meer in denselben fließt.
Livingstone fuhr auf dem Schire hindurch bis zu den Murchison
Cataracts, und ging dann zu Fuß an den Schiara=See, welcher dreißig
Meilen breit, sechszig Meilen lang ist und zwischen hohen Bergen
liegt. Vom Nyassasee ist er durch einen kleinen Landrücken getrennt,
über welchen während der Flutzeit das Schirewasser abläuft. Der
Schire ist schiffbarer als der Zambesi. Er durchströmt ein wunder-
schönes, fruchtbares, von schön bewaldeten Hügeln umzogenes Thal,
welches kultivirter ist als viele andere Gegenden Afrika's. Die Be-
wohner.[unleserliches Material] ernten Mais, Zuckerrohr, Citronen, Tabak, feine Baumwolle
in Ueberfluß, Yam, Hanf, Kürbisse, süße Kartoffeln, Erbsen nebst
zahlreichen anderen Produkten der heißen und gemäßigten Zonen.

Vom Schire reiste Livingstone an den Nyassasee, dessen Südende
14° 25 / südl. Br. liegt und ebenfalls in seiner Umgegend stark be-
völkert und kultivirt ist. Seine Länge beträgt an 200, die Breite
50 Meilen. Die Bevölkerung treibt nicht nur Ackerbau, sondern auch
Jndustrie, verfertigt eiserne Geräthe aller Art, Arm= und Fußbänder;
fast jedes Dorf hat Holzkohlenbrenner, Schmiede und Schmelzhütten.
Jm Allgemeinen steht auch die Sittlichkeit höher, als unter zahl-
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] sie an der Eberjagd Theil nehmen sollten, um sie vor der grimmigen Ver-
theidigung des wilden Thieres zu schützen.

Wer die moralischen Typen des Hundegeschlechts genau studiren will,
der lese die Romane Walter Scotts. Mit Recht hat man gesagt, daß der
Dichter des Waverley und der Dame vom See vorzugsweise der Edel-
mann der Literatur gewesen und mit allen Neigungen des alten Ritter-
thums geboren sei. Der Hund, das freundschaftlichste unter den Thieren,
weiß auch Diejenigen zu würdigen, welche ihm zugethan sind, und die
vollkommenste Gegenseitigkeit der Freundschaft besteht vielleicht nur zwischen
einem Hunde und seinem Herrn.



Die neuesten Forschungsreisen und Entdeckungen in Afrika.
Mittheilungen über Land und Leute unter dem Aequator und in
den Küstenregionen.
( Fortsetzung ) .

Werner Munzinger erklärt Abessynien für das schönste Land
Afrika's; dasselbe thut auch Speke in Bezug auf die Aequator-
Region am Victoriasee. Fast jeder Reisende findet in den ver-
schiedenen Zonen dieses Erdtheils wahrhaft paradiesische Gefilde
neben öden Sand= und Sumpfgegenden. Munzinger schreibt: „Wer
je Abessynien gesehen hat, wird immer mit Bewunderung an diese
afrikanische Schweiz zurückdenken“. Obgleich ein kalter Denker,
bricht er dennoch sehr oft über die Naturschönheiten und die überreiche
Vegetation in enthusiastische Worte der Bewunderung aus, schildert
die Volksstämme, die Sprachen und die ganzen staatlichen Ver-
hältnisse so ausführlich und gründlich, wie noch nie ein Reisender
jener Länder gethan hat. Hoffentlich wird uns die englische Kriegs-
expedition auch eine wissenschaftliche Ausbeute über das schöne Land
bringen.

Nördlich von Abessynien liegt Nubien, sodann Aegypten. Beide
Länder sind uns bekannter. Jch erwähne jetzt die wichtigen For-
schungsreisen, welche im Jnnern des nördlichen Afrika gemacht wurden.
Dieselben beginnen schon im Mittelalter, und werden noch gegen-
wärtig fortgesetzt; fast jedes Jahr gehen Europäer nach Algerien,
Marokko, in den Sudan und weiter.

Die brittische Regierung sandte 1822 eine große Expedition unter
Major Denham, Clapperton und Sudney nach Borun. Obgleich
Mehrere dem Klima erlagen, ward dennoch der mittlere Theil des
Sudan mit dem Tsadsee und die Wüste zwischen dem Sudan und
Fessan bekannt. Clapperton ging auf einer zweiten Reise von Ober-
Guinea bis Sakoto, starb aber hier mit fünf seiner Begleiter. Sein
Diener Lander kehrte mit den Tagebüchern nach Europa zurück, trat
1830 mit seinem Bruder eine neue Reise nach dem Niger an und
entdeckte, daß dieser Strom sich in die Bai von Benin ergießt.
Major Laing reiste 1826 vom Norden aus nach Timbuctu, während
Cailli é 1827 diese Stadt von Westen, von Nuney aus, erreichte,
dann nördlich durch die Wüste und durch Marokko reiste — eine der
wichtigsten, aber auch gefahrvollsten Touren. Leider ward auch Laing
bei Timbuctu ermordet.

Wiederum schickte die englische Regierung 1849 eine Erpedition
unter Richardson, Barth und Overweg in das Jnnere, welcher 1853
Eduard Vogel nachgesandt ward, von der aber nur der unermüdliche
Barth die Heimath wieder erreichte. Richardson starb 1851 zu Ngu-
rutua in Borun, Overweg 1822 zu Maduari am Tsadsee. Ueber
des bereits todt geglaubten Vogel Schicksale sind neuerdings beruhi-
gende Mittheilungen eingelaufen. Diese Reise ging von Tripoli an
der Nordküste bis zum Niger und Benue, und von Timbuctu bis
Wadai, wodurch uns jene Region und deren Bewohner etwas näher
bekannt wurden. Die Zukunft wird sie uns hoffentlich noch spezieller
kennen lehren. So viel geht aus allen diesen Reiseberichten hervor,
daß die im Jnnern höher liegenden Gegenden, trotz der Hitze, viel
gesunder sind, als die sumpfigen Küstenstriche. Nur wo die Küsten-
regionen hoch liegen, wie an der Nord= und Südküste, zum Theil
auch am Rothen Meer, ist das Klima gesunder.

Central=Afrika bewohnen die kräftigsten Volksstämme, aber ihre
sozialen und staatlichen Verhältnisse befinden sich noch im wildesten Ur-
zustand. Dies ist das größte Hinderniß der europäischen Touristen
und Ansiedler. Reich, ja überreich ist das Land an den schönsten Pro-
dukten der Erde. Man erntet dort, ohne gesäet und gearbeitet zu haben.
Der Kaffeebaum wächst in Abessynien wild und bildet große Wälder, wie
bei uns Buchen und Tannen. Auch Zuckerrohr, Jndigo, Baumwolle
und noch viele andere Nahrungspflanzen wachsen wild. Durra, Hirse,
Banien, Mais, Yams, Bananen, Maniok, Erdnüsse, Guronüsse,
Dattelpalmen, Kokospalmen gedeihen in Ueberfluß und spenden reich-
liche Nahrung. Hinsichtlich des Thierreichs ist Afrika ebenfalls das
reichste Land, ein wahrer Jagdpark. Wir finden dort unsere Rinder
und Schafe, das Kameel, Antilopen in sechszig Arten, große Heerden
[Spaltenumbruch] von Elephanten, Büffelheerden zu Hunderten, Zebra's, Giraffen, das
sonderbar gestaltete Gnu, das Nilpferd, viele Affenarten, das Rhino-
ceros in sechs Arten. Auch ist es eben so reich an Raubthieren; Löwe,
Panther, Schakal, Hyäne, gefährliche Schlangen und noch andere
blutgierige Bestien machen Wälder und Fluren unsicher. Von wun-
derbarer Schönheit und wahrhaft zauberischer Farbenpracht ist das Reich
der Vögel, an der Spitze König Strauß. Daher wird Afrika von
allen Jagdfreunden als ein Wildpark im wahren Sinne des Worts
bezeichnet. Monate lang streichen sie durch die Wälder, schießen,
braten und essen; die wild wachsenden schönen Obstarten liefern ihnen
Brot, Salat und Zukost.

Aber dennoch kann man Landwirthen das Land, außer Algier
und dem Cap der guten Hoffnung, nicht zur Ansiedlung empfehlen,
weil die schwarzen Einwohner zu sehr auf die Weißen erbittert sind,
denn sie kennen dieselben nur als Sklavenjäger. Jn den inneren Re-
gionen, am Victoria=See, wo die Europäer noch keine Neger zur
Sklaverei entführt haben, ist die barbarische Wildheit das unüber-
windlichste Hinderniß der europäischen Ansiedlungen. Nur in und bei
den Küstenstädten, wie in Aden, Zanzibar und anderen, wo europäische
Konsuln und zahlreiche Europäer schon seit vielen Jahren residiren,
können Kolonisationsversuche gemacht werden. Dies ist auch schon
mit mehr und weniger günstigem Erfolg geschehen.

Der Bergbau wird dort nur von Europäern betrieben, im Da-
maraland von den Engländern, in anderen Landstrichen von Portu-
giesen und Franzosen. Auch Amerikaner versuchten Afrika's reiche
Schätze zu heben, denn man findet in Hoch=Afrika Gold, Kupfer,
Eisen, Zinn, Blei und verschiedene Edelsteine. Obgleich man unseren
Auswanderern, namentlich den Ackerbauern, das Land nicht zur An-
siedlung empfehlen kann, so ist es doch für den Kaufmannsstand von
hochwichtiger Bedeutung, denn es bietet unermeßliche Schätze dar,
welche für Kleinigkeiten eingetauscht werden können. Für Glasperlen,
Baumwollstreifen, bunte Zeuge, Messer und andere Nippsachen erhan-
delt man von den Eingeborenen große Elephantenzähne, Gummi,
Straußfedern, Palmöl, Gold, Pfeffer, allerlei Gewürze, Früchte und
noch zahlreiche andere Produkte. Aus diesem Grunde, um Handels-
beziehungen anzuknüpfen, haben die Engländer schon viele kostspielige
Expeditionen dorthin gesandt, und dadurch die Länder= und Völker-
kunde bereichert. Sie werden mit der Zeit Konsulate im Jnnern errich-
ten, um mit den Barbaren Freundschaftsbeziehungen zu unterhalten
und durchreisenden Europäern Schutz zu gewähren. Die siegreiche
Kriegsexpedition nach Abessynien wird den ohnehin großen Respekt
vor den Engländern noch vermehren; und wenn die europäischen
Ansiedlungen von der Nord= und Südspitze, von der Ost= und West-
küste im Verlauf der Jahre allmälig ins Jnnere dringen und die
europäische Geisteskultur auch unter den afrikanischen Völkern ver-
breiten, dann werden diese auch humaner und zugänglicher werden
und die Weißen nicht mehr als Feinde betrachten. Daß auch jene
Schwarzhäute einer höheren Geistesbildung fähig sind, haben viele
Beispiele bewiesen. Missionäre und Kolonisten bilden aus den
rohesten Wilden, aus den Hottentotten sogar Volksschullehrer! Das
Nöthigste und Hochwichtigste für sie ist ein wohlgeordnetes Staats-
wesen; denn nur in einem wohlgeordneten Staat, unter weisen Gesetzen
vermag Bildung, Wohlstand und wahre Humanität zu erblühen.

Jch gebe jetzt einige Resultate aus Livingstone's zweiter Reise,
welche er am 10. März 1858 begann. Er segelte unterm 19. Grad
südl. Br. auf dem Zambesi und Schira an der Ostküste in die inneren
Regionen. Wo der Zambesi an der Ostküste in den Ocean mündet,
bildet er ein Delta, das sich über hundert Meilen landeinwärts
erstreckt. Seine Mündung ins Meer ergießt sich durch vier Arme;
die größten sind der Luabo und Quillimane. Durch seine jährlichen
Ueberschwemmungen befruchtet er das umliegende Land, gleich dem
Nil. Ein großer Nebenfluß des Zambesi ist der Schire, welcher am
linken Ufer hundert englische Meilen vom Meer in denselben fließt.
Livingstone fuhr auf dem Schire hindurch bis zu den Murchison
Cataracts, und ging dann zu Fuß an den Schiara=See, welcher dreißig
Meilen breit, sechszig Meilen lang ist und zwischen hohen Bergen
liegt. Vom Nyassasee ist er durch einen kleinen Landrücken getrennt,
über welchen während der Flutzeit das Schirewasser abläuft. Der
Schire ist schiffbarer als der Zambesi. Er durchströmt ein wunder-
schönes, fruchtbares, von schön bewaldeten Hügeln umzogenes Thal,
welches kultivirter ist als viele andere Gegenden Afrika's. Die Be-
wohner.[unleserliches Material] ernten Mais, Zuckerrohr, Citronen, Tabak, feine Baumwolle
in Ueberfluß, Yam, Hanf, Kürbisse, süße Kartoffeln, Erbsen nebst
zahlreichen anderen Produkten der heißen und gemäßigten Zonen.

Vom Schire reiste Livingstone an den Nyassasee, dessen Südende
14° 25 / südl. Br. liegt und ebenfalls in seiner Umgegend stark be-
völkert und kultivirt ist. Seine Länge beträgt an 200, die Breite
50 Meilen. Die Bevölkerung treibt nicht nur Ackerbau, sondern auch
Jndustrie, verfertigt eiserne Geräthe aller Art, Arm= und Fußbänder;
fast jedes Dorf hat Holzkohlenbrenner, Schmiede und Schmelzhütten.
Jm Allgemeinen steht auch die Sittlichkeit höher, als unter zahl-
[Ende Spaltensatz]

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[231/0007] 231 sie an der Eberjagd Theil nehmen sollten, um sie vor der grimmigen Ver- theidigung des wilden Thieres zu schützen. Wer die moralischen Typen des Hundegeschlechts genau studiren will, der lese die Romane Walter Scotts. Mit Recht hat man gesagt, daß der Dichter des Waverley und der Dame vom See vorzugsweise der Edel- mann der Literatur gewesen und mit allen Neigungen des alten Ritter- thums geboren sei. Der Hund, das freundschaftlichste unter den Thieren, weiß auch Diejenigen zu würdigen, welche ihm zugethan sind, und die vollkommenste Gegenseitigkeit der Freundschaft besteht vielleicht nur zwischen einem Hunde und seinem Herrn. Die neuesten Forschungsreisen und Entdeckungen in Afrika. Mittheilungen über Land und Leute unter dem Aequator und in den Küstenregionen. ( Fortsetzung ) . Werner Munzinger erklärt Abessynien für das schönste Land Afrika's; dasselbe thut auch Speke in Bezug auf die Aequator- Region am Victoriasee. Fast jeder Reisende findet in den ver- schiedenen Zonen dieses Erdtheils wahrhaft paradiesische Gefilde neben öden Sand= und Sumpfgegenden. Munzinger schreibt: „Wer je Abessynien gesehen hat, wird immer mit Bewunderung an diese afrikanische Schweiz zurückdenken“. Obgleich ein kalter Denker, bricht er dennoch sehr oft über die Naturschönheiten und die überreiche Vegetation in enthusiastische Worte der Bewunderung aus, schildert die Volksstämme, die Sprachen und die ganzen staatlichen Ver- hältnisse so ausführlich und gründlich, wie noch nie ein Reisender jener Länder gethan hat. Hoffentlich wird uns die englische Kriegs- expedition auch eine wissenschaftliche Ausbeute über das schöne Land bringen. Nördlich von Abessynien liegt Nubien, sodann Aegypten. Beide Länder sind uns bekannter. Jch erwähne jetzt die wichtigen For- schungsreisen, welche im Jnnern des nördlichen Afrika gemacht wurden. Dieselben beginnen schon im Mittelalter, und werden noch gegen- wärtig fortgesetzt; fast jedes Jahr gehen Europäer nach Algerien, Marokko, in den Sudan und weiter. Die brittische Regierung sandte 1822 eine große Expedition unter Major Denham, Clapperton und Sudney nach Borun. Obgleich Mehrere dem Klima erlagen, ward dennoch der mittlere Theil des Sudan mit dem Tsadsee und die Wüste zwischen dem Sudan und Fessan bekannt. Clapperton ging auf einer zweiten Reise von Ober- Guinea bis Sakoto, starb aber hier mit fünf seiner Begleiter. Sein Diener Lander kehrte mit den Tagebüchern nach Europa zurück, trat 1830 mit seinem Bruder eine neue Reise nach dem Niger an und entdeckte, daß dieser Strom sich in die Bai von Benin ergießt. Major Laing reiste 1826 vom Norden aus nach Timbuctu, während Cailli é 1827 diese Stadt von Westen, von Nuney aus, erreichte, dann nördlich durch die Wüste und durch Marokko reiste — eine der wichtigsten, aber auch gefahrvollsten Touren. Leider ward auch Laing bei Timbuctu ermordet. Wiederum schickte die englische Regierung 1849 eine Erpedition unter Richardson, Barth und Overweg in das Jnnere, welcher 1853 Eduard Vogel nachgesandt ward, von der aber nur der unermüdliche Barth die Heimath wieder erreichte. Richardson starb 1851 zu Ngu- rutua in Borun, Overweg 1822 zu Maduari am Tsadsee. Ueber des bereits todt geglaubten Vogel Schicksale sind neuerdings beruhi- gende Mittheilungen eingelaufen. Diese Reise ging von Tripoli an der Nordküste bis zum Niger und Benue, und von Timbuctu bis Wadai, wodurch uns jene Region und deren Bewohner etwas näher bekannt wurden. Die Zukunft wird sie uns hoffentlich noch spezieller kennen lehren. So viel geht aus allen diesen Reiseberichten hervor, daß die im Jnnern höher liegenden Gegenden, trotz der Hitze, viel gesunder sind, als die sumpfigen Küstenstriche. Nur wo die Küsten- regionen hoch liegen, wie an der Nord= und Südküste, zum Theil auch am Rothen Meer, ist das Klima gesunder. Central=Afrika bewohnen die kräftigsten Volksstämme, aber ihre sozialen und staatlichen Verhältnisse befinden sich noch im wildesten Ur- zustand. Dies ist das größte Hinderniß der europäischen Touristen und Ansiedler. Reich, ja überreich ist das Land an den schönsten Pro- dukten der Erde. Man erntet dort, ohne gesäet und gearbeitet zu haben. Der Kaffeebaum wächst in Abessynien wild und bildet große Wälder, wie bei uns Buchen und Tannen. Auch Zuckerrohr, Jndigo, Baumwolle und noch viele andere Nahrungspflanzen wachsen wild. Durra, Hirse, Banien, Mais, Yams, Bananen, Maniok, Erdnüsse, Guronüsse, Dattelpalmen, Kokospalmen gedeihen in Ueberfluß und spenden reich- liche Nahrung. Hinsichtlich des Thierreichs ist Afrika ebenfalls das reichste Land, ein wahrer Jagdpark. Wir finden dort unsere Rinder und Schafe, das Kameel, Antilopen in sechszig Arten, große Heerden von Elephanten, Büffelheerden zu Hunderten, Zebra's, Giraffen, das sonderbar gestaltete Gnu, das Nilpferd, viele Affenarten, das Rhino- ceros in sechs Arten. Auch ist es eben so reich an Raubthieren; Löwe, Panther, Schakal, Hyäne, gefährliche Schlangen und noch andere blutgierige Bestien machen Wälder und Fluren unsicher. Von wun- derbarer Schönheit und wahrhaft zauberischer Farbenpracht ist das Reich der Vögel, an der Spitze König Strauß. Daher wird Afrika von allen Jagdfreunden als ein Wildpark im wahren Sinne des Worts bezeichnet. Monate lang streichen sie durch die Wälder, schießen, braten und essen; die wild wachsenden schönen Obstarten liefern ihnen Brot, Salat und Zukost. Aber dennoch kann man Landwirthen das Land, außer Algier und dem Cap der guten Hoffnung, nicht zur Ansiedlung empfehlen, weil die schwarzen Einwohner zu sehr auf die Weißen erbittert sind, denn sie kennen dieselben nur als Sklavenjäger. Jn den inneren Re- gionen, am Victoria=See, wo die Europäer noch keine Neger zur Sklaverei entführt haben, ist die barbarische Wildheit das unüber- windlichste Hinderniß der europäischen Ansiedlungen. Nur in und bei den Küstenstädten, wie in Aden, Zanzibar und anderen, wo europäische Konsuln und zahlreiche Europäer schon seit vielen Jahren residiren, können Kolonisationsversuche gemacht werden. Dies ist auch schon mit mehr und weniger günstigem Erfolg geschehen. Der Bergbau wird dort nur von Europäern betrieben, im Da- maraland von den Engländern, in anderen Landstrichen von Portu- giesen und Franzosen. Auch Amerikaner versuchten Afrika's reiche Schätze zu heben, denn man findet in Hoch=Afrika Gold, Kupfer, Eisen, Zinn, Blei und verschiedene Edelsteine. Obgleich man unseren Auswanderern, namentlich den Ackerbauern, das Land nicht zur An- siedlung empfehlen kann, so ist es doch für den Kaufmannsstand von hochwichtiger Bedeutung, denn es bietet unermeßliche Schätze dar, welche für Kleinigkeiten eingetauscht werden können. Für Glasperlen, Baumwollstreifen, bunte Zeuge, Messer und andere Nippsachen erhan- delt man von den Eingeborenen große Elephantenzähne, Gummi, Straußfedern, Palmöl, Gold, Pfeffer, allerlei Gewürze, Früchte und noch zahlreiche andere Produkte. Aus diesem Grunde, um Handels- beziehungen anzuknüpfen, haben die Engländer schon viele kostspielige Expeditionen dorthin gesandt, und dadurch die Länder= und Völker- kunde bereichert. Sie werden mit der Zeit Konsulate im Jnnern errich- ten, um mit den Barbaren Freundschaftsbeziehungen zu unterhalten und durchreisenden Europäern Schutz zu gewähren. Die siegreiche Kriegsexpedition nach Abessynien wird den ohnehin großen Respekt vor den Engländern noch vermehren; und wenn die europäischen Ansiedlungen von der Nord= und Südspitze, von der Ost= und West- küste im Verlauf der Jahre allmälig ins Jnnere dringen und die europäische Geisteskultur auch unter den afrikanischen Völkern ver- breiten, dann werden diese auch humaner und zugänglicher werden und die Weißen nicht mehr als Feinde betrachten. Daß auch jene Schwarzhäute einer höheren Geistesbildung fähig sind, haben viele Beispiele bewiesen. Missionäre und Kolonisten bilden aus den rohesten Wilden, aus den Hottentotten sogar Volksschullehrer! Das Nöthigste und Hochwichtigste für sie ist ein wohlgeordnetes Staats- wesen; denn nur in einem wohlgeordneten Staat, unter weisen Gesetzen vermag Bildung, Wohlstand und wahre Humanität zu erblühen. Jch gebe jetzt einige Resultate aus Livingstone's zweiter Reise, welche er am 10. März 1858 begann. Er segelte unterm 19. Grad südl. Br. auf dem Zambesi und Schira an der Ostküste in die inneren Regionen. Wo der Zambesi an der Ostküste in den Ocean mündet, bildet er ein Delta, das sich über hundert Meilen landeinwärts erstreckt. Seine Mündung ins Meer ergießt sich durch vier Arme; die größten sind der Luabo und Quillimane. Durch seine jährlichen Ueberschwemmungen befruchtet er das umliegende Land, gleich dem Nil. Ein großer Nebenfluß des Zambesi ist der Schire, welcher am linken Ufer hundert englische Meilen vom Meer in denselben fließt. Livingstone fuhr auf dem Schire hindurch bis zu den Murchison Cataracts, und ging dann zu Fuß an den Schiara=See, welcher dreißig Meilen breit, sechszig Meilen lang ist und zwischen hohen Bergen liegt. Vom Nyassasee ist er durch einen kleinen Landrücken getrennt, über welchen während der Flutzeit das Schirewasser abläuft. Der Schire ist schiffbarer als der Zambesi. Er durchströmt ein wunder- schönes, fruchtbares, von schön bewaldeten Hügeln umzogenes Thal, welches kultivirter ist als viele andere Gegenden Afrika's. Die Be- wohner._ ernten Mais, Zuckerrohr, Citronen, Tabak, feine Baumwolle in Ueberfluß, Yam, Hanf, Kürbisse, süße Kartoffeln, Erbsen nebst zahlreichen anderen Produkten der heißen und gemäßigten Zonen. Vom Schire reiste Livingstone an den Nyassasee, dessen Südende 14° 25 / südl. Br. liegt und ebenfalls in seiner Umgegend stark be- völkert und kultivirt ist. Seine Länge beträgt an 200, die Breite 50 Meilen. Die Bevölkerung treibt nicht nur Ackerbau, sondern auch Jndustrie, verfertigt eiserne Geräthe aller Art, Arm= und Fußbänder; fast jedes Dorf hat Holzkohlenbrenner, Schmiede und Schmelzhütten. Jm Allgemeinen steht auch die Sittlichkeit höher, als unter zahl-

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Zitationshilfe: Sonntags-Blatt. Nr. 29. Berlin, 19. Juli 1868, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_sonntagsblatt29_1868/7>, abgerufen am 01.06.2024.