St. Galler Volksblatt. Nr. 45, Uznach, 03. 06. 1896.Nr. 45. Uznach, Mittwoch den 3. Juni 1896. 41. Jahrgang. St. Galler Volksblatt. Publikations-Organ der Bezirke See und Gaster. Obligatorisch in Uznach, Jona, Eschenbach, Schmerikon, St. Gallenkappel, Ernetschwil, Gommiswald, Goldingen. [Spaltenumbruch] Abonnementspreis: Bei den Verträgern und mit Adresse in der Schweiz [Spaltenumbruch] [Abbildung] Telephon. [Spaltenumbruch] Insertionsgebühr für den Seebezirk und Gaster (ohne Vermittlung der [Spaltenumbruch] Erscheint Mittwoch und Samstag. [Spaltenumbruch] Druck und Verlag von K. Oberholzer's Buchdruckerei, Uznach. [Spaltenumbruch] Wöchentl. Gratisbeilage "Linth-Blätter". [Spaltenumbruch] Vom Schurnaliste-Tag z'Genf. Jo, jo, mier Schurnaliste Hend's g'wöhnli trurig schlecht, Viel Arbet und Verfolgig Und niemer trifft me's recht. Do hend emol doch d'Genfer Mit üs Erbarme g'ha: "Chönd her ihr arme Tüfel, "Ihr müend au öppis ha!" Do sim-mer Genf zue g'fahre, Eschöni, g'schidi Schar, Und sind empfange worde So fründli und so rar. D'Usstellig hend's üs g'öffnet Und alles espliziert, Mier hend grad müesse luege Wie alles schö sortiert. D'ruf hem-mer döre esse Am große Festbankett; Wenn mier's all Tag so hättid, Mier wurdit au no fett. Die Spise, wo's hend g'leistet, Die guete, türe Wi, -- Jo, jo, bi dene Genfer Isch guet Redakter si. Sie hend au mit üs tanzet, Sind mit üs uf de See -- E so ne Pracht und Liebi Hem-mer no niene g'seh. Und i de schöne Rede Hend's fürchtig üs g'flatiert, Und s'schönst isch no, daß d'Genfer Vergebis üs gaftiert. ? Die "Inkameration", auch wieder so ein modernisierter Name statt dem deutschen [Tabelle] Ferner verloren Schwyz (Einsiedeln) fl. 126,849. 50, Umgekehrt hatten auch deutsche geistliche Stifte und Korpo- Politische Zerwürfnisse hinderten die Schweiz, ihre Rechts- Vorletzte Woche nun war in Ragaz eine Konferenz der betr. Zu diesen wahrscheinlich aussichtslosen Bemühungen um des Wir möchten also auf diese Schatzgräberei keine Aktien kaufen, Der Kapuzinerorden. Nachdem der Schweiz durch nochmalige Wiederwahl des Viel gefährlicher aber wurden dem neuen Orden einige seiner Der Kapuzinerorden, der seine seelsorgliche Tätigkeit mehr In unserem Vaterlande ist der Kapuzinerorden immer noch Vor etwa zwei Jahrzehnten schien die schweizerische Kapuziner- Die vielen Klöster und Hospize dieses Ordens in unserem Wir schweizerische Katholiken aber schätzen uns glücklich, daß Nr. 45. Uznach, Mittwoch den 3. Juni 1896. 41. Jahrgang. St. Galler Volksblatt. Publikations-Organ der Bezirke See und Gaſter. Obligatoriſch in Uznach, Jona, Eſchenbach, Schmerikon, St. Gallenkappel, Ernetſchwil, Gommiswald, Goldingen. [Spaltenumbruch] Abonnementspreis: Bei den Verträgern und mit Adreſſe in der Schweiz [Spaltenumbruch] [Abbildung] Telephon. [Spaltenumbruch] Inſertionsgebühr für den Seebezirk und Gaſter (ohne Vermittlung der [Spaltenumbruch] Erſcheint Mittwoch und Samstag. [Spaltenumbruch] Druck und Verlag von K. Oberholzer’s Buchdruckerei, Uznach. [Spaltenumbruch] Wöchentl. Gratisbeilage „Linth-Blätter“. [Spaltenumbruch] Vom Schurnaliſte-Tag z’Genf. Jo, jo, mier Schurnaliſte Hend’s g’wöhnli trurig ſchlecht, Viel Arbet und Verfolgig Und niemer trifft me’s recht. Do hend emol doch d’Genfer Mit üs Erbarme g’ha: „Chönd her ihr arme Tüfel, „Ihr müend au öppis ha!“ Do ſim-mer Genf zue g’fahre, Eſchöni, g’ſchidi Schar, Und ſind empfange worde So fründli und ſo rar. D’Usſtellig hend’s üs g’öffnet Und alles eſpliziert, Mier hend grad müeſſe luege Wie alles ſchö ſortiert. D’ruf hem-mer döre eſſe Am große Feſtbankett; Wenn mier’s all Tag ſo hättid, Mier wurdit au no fett. Die Spiſe, wo’s hend g’leiſtet, Die guete, türe Wi, — Jo, jo, bi dene Genfer Iſch guet Redakter ſi. Sie hend au mit üs tanzet, Sind mit üs uf de See — E ſo ne Pracht und Liebi Hem-mer no niene g’ſeh. Und i de ſchöne Rede Hend’s fürchtig üs g’flatiert, Und s’ſchönſt iſch no, daß d’Genfer Vergebis üs gaftiert. ? Die „Inkameration“, auch wieder ſo ein moderniſierter Name ſtatt dem deutſchen [Tabelle] Ferner verloren Schwyz (Einſiedeln) fl. 126,849. 50, Umgekehrt hatten auch deutſche geiſtliche Stifte und Korpo- Politiſche Zerwürfniſſe hinderten die Schweiz, ihre Rechts- Vorletzte Woche nun war in Ragaz eine Konferenz der betr. Zu dieſen wahrſcheinlich ausſichtsloſen Bemühungen um des Wir möchten alſo auf dieſe Schatzgräberei keine Aktien kaufen, Der Kapuzinerorden. Nachdem der Schweiz durch nochmalige Wiederwahl des Viel gefährlicher aber wurden dem neuen Orden einige ſeiner Der Kapuzinerorden, der ſeine ſeelſorgliche Tätigkeit mehr In unſerem Vaterlande iſt der Kapuzinerorden immer noch Vor etwa zwei Jahrzehnten ſchien die ſchweizeriſche Kapuziner- Die vielen Klöſter und Hoſpize dieſes Ordens in unſerem Wir ſchweizeriſche Katholiken aber ſchätzen uns glücklich, daß <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001" n="1"/> <titlePage xml:id="tp1a" type="heading" next="#tp1b"> <docImprint> <docDate><hi rendition="#b">Nr. 45. Uznach,</hi> Mittwoch den 3. Juni 1896. 41. 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(bezw. Bistum Konſtanz) zugehörten und einen Wert<lb/> von zirka 1½ Millionen repräſentierten, die durch ſogenannte<lb/> „Inkameration“ den rechtlichen Eigentümern entzogen und einer<lb/> Anzahl deutſcher Fürſten und Städte, die durch den Frieden<lb/> von Lüneville zu Verluſt gekommen, mir nichts dir nichts zu-<lb/> geſchoben wurden. Durch den Gewaltakt hatten auch ſchweizeriſche<lb/> Stifte zu leiden. So wurden an Rechten, Liegenſchaften, Ge-<lb/> fällen und Einkünften der geiſtlichen Stiftungen inkameriert und<lb/> ſequeſtriert:</p><lb/> <table> <row> <cell/> </row> </table> <p>Ferner verloren Schwyz (Einſiedeln) fl. 126,849. 50,<lb/> Schaffhauſen fl. 526,814 (zumeiſt aus den Beſitzungen des<lb/> Kloſters Allerheiligen); Appenzell J. Rh. fl. 4337. 36; Aargau<lb/> fl. 147,671; Total ungefähr fl. 2,113,632.</p><lb/> <p>Umgekehrt hatten auch deutſche geiſtliche Stifte und Korpo-<lb/> tationen, ſo der Biſchof von Konſtanz, das Kloſter von Säckingen, der<lb/> deutſche und der Malteſerorden in der Schweiz Beſitzungen. In<lb/> § 29 des bezüglichen Reichsdeputationshauptſchluſſes war zwar<lb/> beſtimmt worden, es ſolle über die Güter ſäkulariſierter Stifte<lb/> in der Schweiz und in Deutſchland ein Ausgleich ſtattfinden;<lb/> im gleichen Artikel war der helvetiſchen Republik die ausdrück-<lb/> liche Verſicherung gegeben worden, es ſollten die im deutſchen<lb/> Reiche gelegenen Beſitzungen ſchweizeriſcher Stiftungen der Schweiz<lb/> ſelbſt auf den Fall nicht entzogen werden, daß dieſe Stiftungen<lb/> ſäkulariſiert würden. Die eidg. Tagſatzung nahm den „Haupt-<lb/> ſchluß“ an, mit dem Vorbehalte jedoch, daß alle betreffenden<lb/> Parteien gewillt ſeien, denſelben nach ſeinem Sitze und ohne Nach-<lb/> teil für die Schweiz auszuführen. Allein ſchon am 4. Dezember<lb/> 1803 erließ Oeſterreich ein Edikt, welches in der oden erwähnten<lb/> Weiſe Sequeſter und Inkameration durchführte. Rudolf von<lb/> Wattenwil, der damalige Landammann der Schweiz, erhob da-<lb/> gegen Einſprache. Am 9. Juni 1804 überwies dann die Tag-<lb/> ſatzung ſämtliche auf die vorerwähnte Angelegenheit bezüglichen<lb/><cb/> Akten zur Prüfung und Berichterſtattung an eine aus Bürger-<lb/> meiſter Reinhard in Zürich, Landammann Reding von Schwyz,<lb/> Stocker von Schaffhauſen, Müller-Friedberg von St. Gallen,<lb/> Karl Reding von Aargau und Morell aus dem Thurgau beſtellte<lb/> Kommiſſion. Unterm 30. Juli gleichen Jahres gab die Kom-<lb/> miſſion einen General-Etat derjenigen Beſitzungen ſchweizeriſcher<lb/> Korporationen ein, welche durch das öſterreichiſche Edikt getroffen<lb/> wurden und die ſie auf einen Wert von ca. 5 Millionen Fr.<lb/> ſchätzte. Komplizierter wurden die Verhältniſſe noch durch den<lb/> 1805 abgeſchloſſenen Frieden von Preßburg, gemäß welchem<lb/> Oeſterreich ausgedehnte Territorien an Baiern, an Württemberg<lb/> und an den Kurfürſten von Baden abtreten mußte und zwar mit<lb/> eben denſelben Rechten, mit welchen Oeſterreich ſie beſeſſen hatte.</p><lb/> <p>Politiſche Zerwürfniſſe hinderten die Schweiz, ihre Rechts-<lb/> anſprüche anfänglich energiſch geltend zu machen. Das Repertorium<lb/> eidgenöſſiſcher Abſchiede aus jenen Zeiten gibt eingehenden Bericht<lb/> über vielfache Verhandlungen, welche die Tagſatzung bezw. deren<lb/> Kommiſſionen und Bevollmächtigte mit den ſüddeutſchen und<lb/> öſterrreichiſchen Nachbarn in der Angelegenheit führten. Die<lb/> Unterhandlungen mit Baden, Württemberg und Baiern führten<lb/> in der verhältnismäßig kurzen Friſt eines Dezeniums zu einem be-<lb/> friedigenden Abſchluſſe. Faſt ganz erfolglos geſtalteten ſich da-<lb/> gegen die Verhandlungen mit Oeſterreich. Dieſelben tauchen in<lb/> den Tagſatzungsabſchieden bis 1848 immer und immer wieder<lb/> auf, ohne daß man ſich in Wien veranlaßt geſehen hätte, die den<lb/> ſchweizeriſchen Reklamationen gegenüber beobachtete hinhaltende oder<lb/> direkt ablehnende Haltung aufzugeben. Und doch hatte der öſter-<lb/> reichiſche Miniſter des Auswärtigen unterm 31. März 1808 er-<lb/> klärt, daß der kaiſerliche Hof das Inkamerationsedikt vom 3. De-<lb/> zember 1803 aufgehoben und die bloß aus dieſem Titel ſeque-<lb/> ſtrierten Güter wieder freizugeben beſchloſſen habe. Dem Biſchof<lb/> von Chur wurde von Oeſterreich ſeit 1848 eine anfänglich von<lb/> Baiern übernommene jährliche Rente von 6000 Gulden bezahlt.<lb/> Aber 1881 hörte dieſe Zahlung auch auf und dem hochw. Biſchof<lb/> Rampa war es in Wien nicht gelungen, dieſelbe wieder flüſſig<lb/> zu machen.</p><lb/> <p>Vorletzte Woche nun war in Ragaz eine Konferenz der betr.<lb/> zü Verluſt gekommenen Kantone, welche es noch einmal probieren<lb/> möchten, von dem damals ohnehin gerupften Oeſterreich ihre Ver-<lb/> luſte wieder herauszubekommen. Bevor aber die Sache in Wien<lb/> anhängig gemacht wird, ſollen noch einige Ergänzungen des weit-<lb/> läufigen Aktenmaterials ſtattfinden. So meint die Ragazer Ver-<lb/> ſammlung.</p><lb/> <p>Zu dieſen wahrſcheinlich ausſichtsloſen Bemühungen um des<lb/> „Kaiſers Bart“ hat der alte, nun 81jährige aber immer noch<lb/> geiſtig friſche alt Ständerat P. C. Planta folgende Ausſichten ge-<lb/> ſtellt: Oeſterreich werde ſich bei dieſer Frage auf das ſogenannte<lb/> „<hi rendition="#g">Epavenrecht</hi>“ (Heimfallsrecht) berufen und ſagen: durch die<lb/> Kloſteraufhebung ꝛc. ſei das Kloſtergeld herrenlos geworden und<lb/> wenn die Schweizer durch ihre Staaten das Kloſtervermögen ein-<lb/> ſackten — „inkamerierten“ oder „anektierten“, und ſolches als<lb/> herrliche Kulturtat preiſen, ſo habe Oeſterreich auf ſeinem Boden<lb/> das gleiche Recht wie jene.</p><lb/> <p>Wir möchten alſo auf dieſe Schatzgräberei keine Aktien kaufen,<lb/> wenn wir zum Schaden nicht auch noch den Spott einheimſen wollen.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Der Kapuzinerorden.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Nachdem der Schweiz durch nochmalige Wiederwahl des<lb/> hochw. <hi rendition="#aq">P.</hi> <hi rendition="#g">Bernhard Chriſten</hi> zum <hi rendition="#g">General</hi> des Kapuziner-<lb/> ordens eine Ehre zuteil geworden, wie ſie größere Länder ſelten<lb/> erfahren, dürfte es angemeſſen ſein, dieſen Orden, den ſo ziemlich<lb/> jedermann in ſeiner jetzigen Wirkſamkeit kennt, auch in ſeiner Ge-<lb/> ſchichte kennen zu lernen. Der Kapuzinerorden iſt ein Glied der<lb/> großen, vom hl. Franziskus von Aſſiſi im 13. Jahrhundert geſtif-<lb/> teten Ordensfamilie. Bekanntlich gründete dieſer Heilige <hi rendition="#g">drei<lb/> Orden,</hi> den der <hi rendition="#g">minderen Brüder</hi> für Männer, den der<lb/><hi rendition="#g">Klariſſinen</hi> für Jungfrauen und den ſog. <hi rendition="#g">dritten Orden</hi><lb/> für Weltleute. Alle dieſe Orden wirkten und wirken immer noch<lb/> ſegensreich. Immerhin war der männliche Orden in den folgenden<lb/> Jahrhunderten von ſeiner urſprünglichen Strenge und Lebensweiſe,<lb/> vielfach auch vom Geiſte des ſeraphiſchen Vaters abgekommen<lb/> und war darum auch weniger geeignet, den Stürmen der ſoge-<lb/> nannten Reformation wirkſam entgegenzutreten. Da ließ die gött-<lb/> liche Vorſehung aus der alten aber noch immer lebenskräftigen Wurzel<lb/> einen neuen Stamm emporwachſen. Der Franziskaner <hi rendition="#g">Matthäus<lb/> Baschi</hi> wollte die urſprüngliche Strenge wieder zur Geltung<lb/> bringen und erhielt im Jahre 1526 vom Papſt Klemens <hi rendition="#aq">VII.</hi><lb/> die Erlaubnis, die Regel des hl. Franziskus in Einſiedeleien zu<lb/> beobachten und dem Volke zu predigen. Da die neue Stiftung<lb/> bald viele Anhänger fand, wurde auch das Leben in Klöſtern<lb/> zugeſtanden; immerhin ſollte dieſe neue Genoſſenſchaft unter der<lb/> Oberleitung der eigentlichen Franziskaner ſtehen. — Wohl bei<lb/> keinem Orden zeigte es ſich ſo klar, daß Gottes Vorſehung ihre<lb/> Pläne zu verwirklichen vermag trotz des menſchlichen Unverſtandes,<lb/> wie beim Kapuzinerorden. Da ſchien ſich wirklich alles zu ver-<lb/> ſchwören, um dieſe junge Pflanze im Keime zu erſticken. Die<lb/> Franziskaner wollten die neue Genoſſenſchaft durchaus nicht als<lb/><cb/> Zweig der Franziskaner gelten laſſen, ſtritten ihr alle Privilegien<lb/> ab, und es gab langjährige Streitigkeiten, welche wiederholt durch<lb/> päpſtliche Entſcheidungen geſchlichtet werden mußten. Die Päpſte<lb/> ſelbſt verhielten ſich ſehr zurückhaltend und erſt Paul <hi rendition="#aq">V.</hi> geſtattete<lb/> ihnen anno 1619 die Wahl eines eigenen Generals, während ſie<lb/> bis dahin nur einen Generalvikar ernnenen durften.</p><lb/> <p>Viel gefährlicher aber wurden dem neuen Orden einige ſeiner<lb/> eigenen und zwar hervorragende Mitglieder. Der Stifter ſelbſt,<lb/> Matthäus Baschi, trat im Jahre 1537 aus dem Orden aus.<lb/> Der dritte Generalvikar aber, Bernhardin Ochino, der lange<lb/> Zeit hindurch ſcheinbar ein heiligmäßiges Leben geführt, die Gunſt<lb/> und das Zutrauen der Biſchöfe und Fürſten genoſſen und den<lb/> Orden mächtig gefördert und zu hoher Blüte gebracht hatte, fiel<lb/> ſogar zum Proteſtantismus ab, nahm ſich ein Weib und fiel nach<lb/> und nach ſo tief, daß er durch Schrift und Wort und Beiſpiel<lb/> die Vielweiberei lehrte und verteidigte und nach langen Irrfahrten<lb/> als verkommener Menſch in Mähren ſtarb. Solche Vorkomm-<lb/> niſſe mußten das Vertrauen in dieſen Orden naturgemäß<lb/> erſchüttern, wie es ihm z. B. ein zweijähriges Verbot, das Predigt-<lb/> amt auszuüben, eintrug. Es ſcheint aber, daß Gott dies nur<lb/> geſchehen ließ, um deutlich zu zeigen, daß der Kapuzinerorden<lb/> ſo recht eigentlich <hi rendition="#g">ſein</hi> Werk ſei, das er ohne menſchliche Hülfe<lb/> zum guten Ende führen wollte. Perſonen aus den hohen und<lb/> höchſten Ständen traten ein und der Orden breitete ſich raſch<lb/> aus, zuerſt in Italien, aber bald auch über ſeine Grenzen hinaus,<lb/> in Frankreich, Spanien, Oeſterreich, Deutſchland und in der<lb/> Schweiz. In unſerm Vaterlande führte der um die Erhaltung<lb/> des katholiſchen Glaubens in der Schweiz hochverdiente hl. Karl<lb/> Borromäus, Erzbiſchof von Mailand, den Kapuzinerorden ein.<lb/> Im Jahre 1580 wurde das Kloſter in Altdorf gegründet, dem bald<lb/> diejenigen von Stans, Luzern u. ſ. w. folgten. Durch ihre ſtrenge<lb/> Lebensweiſe und ihre volkstümlichen Predigten bildeten die<lb/> Kapuziner einen ſtarken Wall gegen den immer weiter vordringenden<lb/> Proteſtantismus, und gar manche Gegend der deutſchen Schweiz<lb/> verdankt die Erhaltung des wahren Glaubens nächſt Gott allein<lb/> dem ſegensreichen Wirken der armen Kapuziner. Der hl. Fidelis<lb/> von Sigmaringen ging nach Graubünden, wohin ſich ſeit dem<lb/> Abfall vom katholiſchen Glauben kein katholiſcher Miſſionär mehr<lb/> zu gehen getraut hatte, und unter unſäglichen Mühen führte er<lb/> einen großen Teil der Bevölkerung wieder in den Schoß der<lb/> heiligen Kirche zurück. Er war der Begründer der ſogenannten<lb/><hi rendition="#g">rhätiſchen Miſſion,</hi> welche bis zur Stunde fortbeſteht. Daher<lb/> kommt es, daß bis heute noch viele bündneriſche Pfarreien von<lb/> Kapuzinern verwaltet werden. Fidelis erlitt am 25. April 1622<lb/> in Sewis den Martyrertod.</p><lb/> <p>Der Kapuzinerorden, der ſeine ſeelſorgliche Tätigkeit mehr<lb/> den untern Volksklaſſen zuwendet, hat der Kirche in den letzten<lb/> drei Jahrhunderten große Dienſte geleiſtet, auch dem mühevollen<lb/> Amt der Bekehrung der Heiden, beſonders in Afrika und Amerika,<lb/> haben ſich die Mönche dieſes Ordens mit heldenmütiger Auf-<lb/> opferung unterzogen.</p><lb/> <p>In unſerem Vaterlande iſt der Kapuzinerorden immer noch<lb/> der volkstümlichſte aller Orden und es gibt ſehr wenige katho-<lb/> liſche Gemeinden, welche die ſegensreiche Wirkſamkeit ſeiner Glieder<lb/> auf der Kanzel und im Beichtſtuhle nicht erfahren haben. Nebſt<lb/> dieſem, wir möchten ſagen, alltäglichen Wirken, verdankt die<lb/> katholiſche Schweiz dem Kapuzinerorden auch außerordentliche Werke<lb/> von unberechenbarem Werte. Wer erinnert ſich nicht an den all-<lb/> bekannten <hi rendition="#aq">P.</hi> <hi rendition="#g">Theodoſius,</hi> der das Lehrſchweſtern-Inſtitut<lb/> in Menzingen, das Inſtitut Ingenbohl, das Kollegium in Schwyz<lb/> in ſeiner jetzigen Geſtalt, den Kreuzſpital in Chur u. a. gegründet<lb/> hat. Man braucht nur der tauſend und tauſend Lehr- und<lb/> Krankenſchweſtern von Menzingen und Ingenbohl zu gedenken,<lb/> welche in ſo vielen Anſtalten ſegensreich wirken, um einzuſehen,<lb/> zu welch großem Danke die Schweiz dem Kapuzinerorden verpflichtet iſt.</p><lb/> <p>Vor etwa zwei Jahrzehnten ſchien die ſchweizeriſche Kapuziner-<lb/> provinz etwas gefährdet, weil nur wenige junge Leute mehr in<lb/> den Orden traten und ſo die Mitgliederzahl immer mehr zuſammen-<lb/> ſchmolz. Durch Gründung des Gymnaſiums in Stans, das ſich<lb/> in kurzer Zeit zur ſchönſten Blüte emporgearbeitet, iſt dem drohenden<lb/> Uebel glücklich vorbeugt worden zur Freude der Kapuziner und<lb/> zum Glück für die katholiſche Schweiz.</p><lb/> <p>Die vielen Klöſter und Hoſpize dieſes Ordens in unſerem<lb/> Vaterlande haben den Stürmen früherer und neuerer Zeit glücklich<lb/> ſtandgehalten. Mochten andere Klöſter der Wucht der Feinde<lb/> erliegen, die Kapuzinerklöſter kamen zum größten Teil mit dem<lb/> Schrecken davon. |Daran mag ſowohl ihre Volkstümlichkeit, als<lb/> auch ıhre Armut ein Verdienſt haben. Denn wo nichts zu holen<lb/> iſt, läßt der Fanatismus der meiſten Kloſterſtürmer ſofort um<lb/> einıge Grade nach, nur den alleringrimmigſten Kloſtermetzgern,<lb/> wie etwa den aargauiſchen traurigen Angedenkens, ſind auch<lb/> die Kapuziner noch ein Dorn im Auge, der unter allen Umſtänden<lb/> beſeitigt werden muß.</p><lb/> <p>Wir ſchweizeriſche Katholiken aber ſchätzen uns glücklich, daß<lb/> dieſer Orden bei uns ſo verbreitet iſt und ſo ſegensreich wirkt,<lb/> und wir freuen uns aufrichtig, daß ein ſchweizeriſcher Kapuziner<lb/> nun ſchon zum dritten Mal, entgegen der Gewohnheit und ent-<lb/> gegen aller Erwartung, an die Spitze des ganzen Ordens<lb/> geſtellt wurde.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1/0001]
Nr. 45. Uznach, Mittwoch den 3. Juni 1896. 41. Jahrgang.
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Vom Schurnaliſte-Tag z’Genf.
Jo, jo, mier Schurnaliſte
Hend’s g’wöhnli trurig ſchlecht,
Viel Arbet und Verfolgig
Und niemer trifft me’s recht.
Do hend emol doch d’Genfer
Mit üs Erbarme g’ha:
„Chönd her ihr arme Tüfel,
„Ihr müend au öppis ha!“
Do ſim-mer Genf zue g’fahre,
Eſchöni, g’ſchidi Schar,
Und ſind empfange worde
So fründli und ſo rar.
D’Usſtellig hend’s üs g’öffnet
Und alles eſpliziert,
Mier hend grad müeſſe luege
Wie alles ſchö ſortiert.
D’ruf hem-mer döre eſſe
Am große Feſtbankett;
Wenn mier’s all Tag ſo hättid,
Mier wurdit au no fett.
Die Spiſe, wo’s hend g’leiſtet,
Die guete, türe Wi, —
Jo, jo, bi dene Genfer
Iſch guet Redakter ſi.
Sie hend au mit üs tanzet,
Sind mit üs uf de See —
E ſo ne Pracht und Liebi
Hem-mer no niene g’ſeh.
Und i de ſchöne Rede
Hend’s fürchtig üs g’flatiert,
Und s’ſchönſt iſch no, daß d’Genfer
Vergebis üs gaftiert. ?
Die „Inkameration“,
auch wieder ſo ein moderniſierter Name ſtatt dem deutſchen
„Einſacken“, iſt ſchon zu Anfang dieſes Jahrhunderts in Be-
ziehung etlicher geiſtlicher und Kirchengüter an der Tagesordnung
geweſen und bezog ſich auf eine hübſche Anzahl Kirchengüter und
Gefälle, die damals dem Bistum Chur, St. Gallen und Thur-
gau u. a. (bezw. Bistum Konſtanz) zugehörten und einen Wert
von zirka 1½ Millionen repräſentierten, die durch ſogenannte
„Inkameration“ den rechtlichen Eigentümern entzogen und einer
Anzahl deutſcher Fürſten und Städte, die durch den Frieden
von Lüneville zu Verluſt gekommen, mir nichts dir nichts zu-
geſchoben wurden. Durch den Gewaltakt hatten auch ſchweizeriſche
Stifte zu leiden. So wurden an Rechten, Liegenſchaften, Ge-
fällen und Einkünften der geiſtlichen Stiftungen inkameriert und
ſequeſtriert:
Ferner verloren Schwyz (Einſiedeln) fl. 126,849. 50,
Schaffhauſen fl. 526,814 (zumeiſt aus den Beſitzungen des
Kloſters Allerheiligen); Appenzell J. Rh. fl. 4337. 36; Aargau
fl. 147,671; Total ungefähr fl. 2,113,632.
Umgekehrt hatten auch deutſche geiſtliche Stifte und Korpo-
tationen, ſo der Biſchof von Konſtanz, das Kloſter von Säckingen, der
deutſche und der Malteſerorden in der Schweiz Beſitzungen. In
§ 29 des bezüglichen Reichsdeputationshauptſchluſſes war zwar
beſtimmt worden, es ſolle über die Güter ſäkulariſierter Stifte
in der Schweiz und in Deutſchland ein Ausgleich ſtattfinden;
im gleichen Artikel war der helvetiſchen Republik die ausdrück-
liche Verſicherung gegeben worden, es ſollten die im deutſchen
Reiche gelegenen Beſitzungen ſchweizeriſcher Stiftungen der Schweiz
ſelbſt auf den Fall nicht entzogen werden, daß dieſe Stiftungen
ſäkulariſiert würden. Die eidg. Tagſatzung nahm den „Haupt-
ſchluß“ an, mit dem Vorbehalte jedoch, daß alle betreffenden
Parteien gewillt ſeien, denſelben nach ſeinem Sitze und ohne Nach-
teil für die Schweiz auszuführen. Allein ſchon am 4. Dezember
1803 erließ Oeſterreich ein Edikt, welches in der oden erwähnten
Weiſe Sequeſter und Inkameration durchführte. Rudolf von
Wattenwil, der damalige Landammann der Schweiz, erhob da-
gegen Einſprache. Am 9. Juni 1804 überwies dann die Tag-
ſatzung ſämtliche auf die vorerwähnte Angelegenheit bezüglichen
Akten zur Prüfung und Berichterſtattung an eine aus Bürger-
meiſter Reinhard in Zürich, Landammann Reding von Schwyz,
Stocker von Schaffhauſen, Müller-Friedberg von St. Gallen,
Karl Reding von Aargau und Morell aus dem Thurgau beſtellte
Kommiſſion. Unterm 30. Juli gleichen Jahres gab die Kom-
miſſion einen General-Etat derjenigen Beſitzungen ſchweizeriſcher
Korporationen ein, welche durch das öſterreichiſche Edikt getroffen
wurden und die ſie auf einen Wert von ca. 5 Millionen Fr.
ſchätzte. Komplizierter wurden die Verhältniſſe noch durch den
1805 abgeſchloſſenen Frieden von Preßburg, gemäß welchem
Oeſterreich ausgedehnte Territorien an Baiern, an Württemberg
und an den Kurfürſten von Baden abtreten mußte und zwar mit
eben denſelben Rechten, mit welchen Oeſterreich ſie beſeſſen hatte.
Politiſche Zerwürfniſſe hinderten die Schweiz, ihre Rechts-
anſprüche anfänglich energiſch geltend zu machen. Das Repertorium
eidgenöſſiſcher Abſchiede aus jenen Zeiten gibt eingehenden Bericht
über vielfache Verhandlungen, welche die Tagſatzung bezw. deren
Kommiſſionen und Bevollmächtigte mit den ſüddeutſchen und
öſterrreichiſchen Nachbarn in der Angelegenheit führten. Die
Unterhandlungen mit Baden, Württemberg und Baiern führten
in der verhältnismäßig kurzen Friſt eines Dezeniums zu einem be-
friedigenden Abſchluſſe. Faſt ganz erfolglos geſtalteten ſich da-
gegen die Verhandlungen mit Oeſterreich. Dieſelben tauchen in
den Tagſatzungsabſchieden bis 1848 immer und immer wieder
auf, ohne daß man ſich in Wien veranlaßt geſehen hätte, die den
ſchweizeriſchen Reklamationen gegenüber beobachtete hinhaltende oder
direkt ablehnende Haltung aufzugeben. Und doch hatte der öſter-
reichiſche Miniſter des Auswärtigen unterm 31. März 1808 er-
klärt, daß der kaiſerliche Hof das Inkamerationsedikt vom 3. De-
zember 1803 aufgehoben und die bloß aus dieſem Titel ſeque-
ſtrierten Güter wieder freizugeben beſchloſſen habe. Dem Biſchof
von Chur wurde von Oeſterreich ſeit 1848 eine anfänglich von
Baiern übernommene jährliche Rente von 6000 Gulden bezahlt.
Aber 1881 hörte dieſe Zahlung auch auf und dem hochw. Biſchof
Rampa war es in Wien nicht gelungen, dieſelbe wieder flüſſig
zu machen.
Vorletzte Woche nun war in Ragaz eine Konferenz der betr.
zü Verluſt gekommenen Kantone, welche es noch einmal probieren
möchten, von dem damals ohnehin gerupften Oeſterreich ihre Ver-
luſte wieder herauszubekommen. Bevor aber die Sache in Wien
anhängig gemacht wird, ſollen noch einige Ergänzungen des weit-
läufigen Aktenmaterials ſtattfinden. So meint die Ragazer Ver-
ſammlung.
Zu dieſen wahrſcheinlich ausſichtsloſen Bemühungen um des
„Kaiſers Bart“ hat der alte, nun 81jährige aber immer noch
geiſtig friſche alt Ständerat P. C. Planta folgende Ausſichten ge-
ſtellt: Oeſterreich werde ſich bei dieſer Frage auf das ſogenannte
„Epavenrecht“ (Heimfallsrecht) berufen und ſagen: durch die
Kloſteraufhebung ꝛc. ſei das Kloſtergeld herrenlos geworden und
wenn die Schweizer durch ihre Staaten das Kloſtervermögen ein-
ſackten — „inkamerierten“ oder „anektierten“, und ſolches als
herrliche Kulturtat preiſen, ſo habe Oeſterreich auf ſeinem Boden
das gleiche Recht wie jene.
Wir möchten alſo auf dieſe Schatzgräberei keine Aktien kaufen,
wenn wir zum Schaden nicht auch noch den Spott einheimſen wollen.
Der Kapuzinerorden.
Nachdem der Schweiz durch nochmalige Wiederwahl des
hochw. P. Bernhard Chriſten zum General des Kapuziner-
ordens eine Ehre zuteil geworden, wie ſie größere Länder ſelten
erfahren, dürfte es angemeſſen ſein, dieſen Orden, den ſo ziemlich
jedermann in ſeiner jetzigen Wirkſamkeit kennt, auch in ſeiner Ge-
ſchichte kennen zu lernen. Der Kapuzinerorden iſt ein Glied der
großen, vom hl. Franziskus von Aſſiſi im 13. Jahrhundert geſtif-
teten Ordensfamilie. Bekanntlich gründete dieſer Heilige drei
Orden, den der minderen Brüder für Männer, den der
Klariſſinen für Jungfrauen und den ſog. dritten Orden
für Weltleute. Alle dieſe Orden wirkten und wirken immer noch
ſegensreich. Immerhin war der männliche Orden in den folgenden
Jahrhunderten von ſeiner urſprünglichen Strenge und Lebensweiſe,
vielfach auch vom Geiſte des ſeraphiſchen Vaters abgekommen
und war darum auch weniger geeignet, den Stürmen der ſoge-
nannten Reformation wirkſam entgegenzutreten. Da ließ die gött-
liche Vorſehung aus der alten aber noch immer lebenskräftigen Wurzel
einen neuen Stamm emporwachſen. Der Franziskaner Matthäus
Baschi wollte die urſprüngliche Strenge wieder zur Geltung
bringen und erhielt im Jahre 1526 vom Papſt Klemens VII.
die Erlaubnis, die Regel des hl. Franziskus in Einſiedeleien zu
beobachten und dem Volke zu predigen. Da die neue Stiftung
bald viele Anhänger fand, wurde auch das Leben in Klöſtern
zugeſtanden; immerhin ſollte dieſe neue Genoſſenſchaft unter der
Oberleitung der eigentlichen Franziskaner ſtehen. — Wohl bei
keinem Orden zeigte es ſich ſo klar, daß Gottes Vorſehung ihre
Pläne zu verwirklichen vermag trotz des menſchlichen Unverſtandes,
wie beim Kapuzinerorden. Da ſchien ſich wirklich alles zu ver-
ſchwören, um dieſe junge Pflanze im Keime zu erſticken. Die
Franziskaner wollten die neue Genoſſenſchaft durchaus nicht als
Zweig der Franziskaner gelten laſſen, ſtritten ihr alle Privilegien
ab, und es gab langjährige Streitigkeiten, welche wiederholt durch
päpſtliche Entſcheidungen geſchlichtet werden mußten. Die Päpſte
ſelbſt verhielten ſich ſehr zurückhaltend und erſt Paul V. geſtattete
ihnen anno 1619 die Wahl eines eigenen Generals, während ſie
bis dahin nur einen Generalvikar ernnenen durften.
Viel gefährlicher aber wurden dem neuen Orden einige ſeiner
eigenen und zwar hervorragende Mitglieder. Der Stifter ſelbſt,
Matthäus Baschi, trat im Jahre 1537 aus dem Orden aus.
Der dritte Generalvikar aber, Bernhardin Ochino, der lange
Zeit hindurch ſcheinbar ein heiligmäßiges Leben geführt, die Gunſt
und das Zutrauen der Biſchöfe und Fürſten genoſſen und den
Orden mächtig gefördert und zu hoher Blüte gebracht hatte, fiel
ſogar zum Proteſtantismus ab, nahm ſich ein Weib und fiel nach
und nach ſo tief, daß er durch Schrift und Wort und Beiſpiel
die Vielweiberei lehrte und verteidigte und nach langen Irrfahrten
als verkommener Menſch in Mähren ſtarb. Solche Vorkomm-
niſſe mußten das Vertrauen in dieſen Orden naturgemäß
erſchüttern, wie es ihm z. B. ein zweijähriges Verbot, das Predigt-
amt auszuüben, eintrug. Es ſcheint aber, daß Gott dies nur
geſchehen ließ, um deutlich zu zeigen, daß der Kapuzinerorden
ſo recht eigentlich ſein Werk ſei, das er ohne menſchliche Hülfe
zum guten Ende führen wollte. Perſonen aus den hohen und
höchſten Ständen traten ein und der Orden breitete ſich raſch
aus, zuerſt in Italien, aber bald auch über ſeine Grenzen hinaus,
in Frankreich, Spanien, Oeſterreich, Deutſchland und in der
Schweiz. In unſerm Vaterlande führte der um die Erhaltung
des katholiſchen Glaubens in der Schweiz hochverdiente hl. Karl
Borromäus, Erzbiſchof von Mailand, den Kapuzinerorden ein.
Im Jahre 1580 wurde das Kloſter in Altdorf gegründet, dem bald
diejenigen von Stans, Luzern u. ſ. w. folgten. Durch ihre ſtrenge
Lebensweiſe und ihre volkstümlichen Predigten bildeten die
Kapuziner einen ſtarken Wall gegen den immer weiter vordringenden
Proteſtantismus, und gar manche Gegend der deutſchen Schweiz
verdankt die Erhaltung des wahren Glaubens nächſt Gott allein
dem ſegensreichen Wirken der armen Kapuziner. Der hl. Fidelis
von Sigmaringen ging nach Graubünden, wohin ſich ſeit dem
Abfall vom katholiſchen Glauben kein katholiſcher Miſſionär mehr
zu gehen getraut hatte, und unter unſäglichen Mühen führte er
einen großen Teil der Bevölkerung wieder in den Schoß der
heiligen Kirche zurück. Er war der Begründer der ſogenannten
rhätiſchen Miſſion, welche bis zur Stunde fortbeſteht. Daher
kommt es, daß bis heute noch viele bündneriſche Pfarreien von
Kapuzinern verwaltet werden. Fidelis erlitt am 25. April 1622
in Sewis den Martyrertod.
Der Kapuzinerorden, der ſeine ſeelſorgliche Tätigkeit mehr
den untern Volksklaſſen zuwendet, hat der Kirche in den letzten
drei Jahrhunderten große Dienſte geleiſtet, auch dem mühevollen
Amt der Bekehrung der Heiden, beſonders in Afrika und Amerika,
haben ſich die Mönche dieſes Ordens mit heldenmütiger Auf-
opferung unterzogen.
In unſerem Vaterlande iſt der Kapuzinerorden immer noch
der volkstümlichſte aller Orden und es gibt ſehr wenige katho-
liſche Gemeinden, welche die ſegensreiche Wirkſamkeit ſeiner Glieder
auf der Kanzel und im Beichtſtuhle nicht erfahren haben. Nebſt
dieſem, wir möchten ſagen, alltäglichen Wirken, verdankt die
katholiſche Schweiz dem Kapuzinerorden auch außerordentliche Werke
von unberechenbarem Werte. Wer erinnert ſich nicht an den all-
bekannten P. Theodoſius, der das Lehrſchweſtern-Inſtitut
in Menzingen, das Inſtitut Ingenbohl, das Kollegium in Schwyz
in ſeiner jetzigen Geſtalt, den Kreuzſpital in Chur u. a. gegründet
hat. Man braucht nur der tauſend und tauſend Lehr- und
Krankenſchweſtern von Menzingen und Ingenbohl zu gedenken,
welche in ſo vielen Anſtalten ſegensreich wirken, um einzuſehen,
zu welch großem Danke die Schweiz dem Kapuzinerorden verpflichtet iſt.
Vor etwa zwei Jahrzehnten ſchien die ſchweizeriſche Kapuziner-
provinz etwas gefährdet, weil nur wenige junge Leute mehr in
den Orden traten und ſo die Mitgliederzahl immer mehr zuſammen-
ſchmolz. Durch Gründung des Gymnaſiums in Stans, das ſich
in kurzer Zeit zur ſchönſten Blüte emporgearbeitet, iſt dem drohenden
Uebel glücklich vorbeugt worden zur Freude der Kapuziner und
zum Glück für die katholiſche Schweiz.
Die vielen Klöſter und Hoſpize dieſes Ordens in unſerem
Vaterlande haben den Stürmen früherer und neuerer Zeit glücklich
ſtandgehalten. Mochten andere Klöſter der Wucht der Feinde
erliegen, die Kapuzinerklöſter kamen zum größten Teil mit dem
Schrecken davon. |Daran mag ſowohl ihre Volkstümlichkeit, als
auch ıhre Armut ein Verdienſt haben. Denn wo nichts zu holen
iſt, läßt der Fanatismus der meiſten Kloſterſtürmer ſofort um
einıge Grade nach, nur den alleringrimmigſten Kloſtermetzgern,
wie etwa den aargauiſchen traurigen Angedenkens, ſind auch
die Kapuziner noch ein Dorn im Auge, der unter allen Umſtänden
beſeitigt werden muß.
Wir ſchweizeriſche Katholiken aber ſchätzen uns glücklich, daß
dieſer Orden bei uns ſo verbreitet iſt und ſo ſegensreich wirkt,
und wir freuen uns aufrichtig, daß ein ſchweizeriſcher Kapuziner
nun ſchon zum dritten Mal, entgegen der Gewohnheit und ent-
gegen aller Erwartung, an die Spitze des ganzen Ordens
geſtellt wurde.
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