St. Galler Volksblatt. Nr. 4, Uznach, 14. 01. 1888.St. Galler Volksblatt. [Spaltenumbruch] 33. Jahrgang. [Spaltenumbruch] (Druck und Verlag von K. Oberholzer in Uznach.) [Spaltenumbruch] Samstag, 14. Januar 1888. [Spaltenumbruch] Abonnementspreis: Bei der Expedition 1/2jährl. Fr. 2. 30, 1/4jährl. Fr. 1. 20 [Spaltenumbruch] No. 4. [Spaltenumbruch] Inserationsgebühr für den Seebezirk (ohne Vermittlung der sog. Inseraten- Auf das "St. Galler Volksblatt" kann Hetzblätter. Am schweizerischen Piusvereinsfest in Sachseln wurde Wer immer Gelegenheit hat, die sozialistische und Eben ist wieder ein neues sozialistisches Blatt für die [Spaltenumbruch] Im vielgeschmähten Mittelalter verlangte die kirchliche Wie man die Arbeiter über den Charakter und Ein- Hat Most, der Anarchistenhäuptling und Mordstifter, "Wir haben lang genug geliebt, Wir wollen endlich hassen!" Gewiß haben die Arbeiter ein unbestreitbares Recht, Wahrlich, eine schweizerische katholische Arbeiterzeitung * Hochw. Herr Kanzler Jos. Ant. Niedermann. Letzten Dienstag den 10. Jan. verschied in den altehr- Seine priesterliche Wirksamkeit begann er 1872 als St. Galler Volksblatt. [Spaltenumbruch] 33. Jahrgang. [Spaltenumbruch] (Druck und Verlag von K. Oberholzer in Uznach.) [Spaltenumbruch] Samſtag, 14. Januar 1888. [Spaltenumbruch] Abonnementspreis: Bei der Expedition ½jährl. Fr. 2. 30, ¼jährl. Fr. 1. 20 [Spaltenumbruch] No. 4. [Spaltenumbruch] Inſerationsgebühr für den Seebezirk (ohne Vermittlung der ſog. Inſeraten- Auf das „St. Galler Volksblatt“ kann Hetzblätter. Am ſchweizeriſchen Piusvereinsfeſt in Sachſeln wurde Wer immer Gelegenheit hat, die ſozialiſtiſche und Eben iſt wieder ein neues ſozialiſtiſches Blatt für die [Spaltenumbruch] Im vielgeſchmähten Mittelalter verlangte die kirchliche Wie man die Arbeiter über den Charakter und Ein- Hat Moſt, der Anarchiſtenhäuptling und Mordſtifter, „Wir haben lang genug geliebt, Wir wollen endlich haſſen!“ Gewiß haben die Arbeiter ein unbeſtreitbares Recht, Wahrlich, eine ſchweizeriſche katholiſche Arbeiterzeitung * Hochw. Herr Kanzler Joſ. Ant. Niedermann. Letzten Dienſtag den 10. Jan. verſchied in den altehr- Seine prieſterliche Wirkſamkeit begann er 1872 als <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001" n="1"/> <titlePage xml:id="tp01a" type="heading" next="#tp01b"><lb/> <titlePart type="main"> <hi rendition="#b">St. Galler Volksblatt.</hi> </titlePart><lb/> <cb/> <titlePart type="sub"> <hi rendition="#b">33. Jahrgang.</hi> </titlePart><lb/> <cb/> <docImprint> <publisher>(Druck und Verlag von K. 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Fr. 3. 50<lb/> Die Verſendung findet am Dienſtag und Freitag Abend ſtatt und es können<lb/> daher nur jene Inſeraten berückſichtigt werden, welche am Vormittag des Ausgabe-<lb/> Tages in der Druckerei abgegeben ſind.</p> </div><lb/> <cb/> <titlePage xml:id="tp01b" prev="#tp01a" type="heading"> <titlePart type="sub"> <hi rendition="#b">No. 4.</hi> </titlePart> </titlePage><lb/> <cb/> <div type="jExpedition"> <p><hi rendition="#b">Inſerationsgebühr</hi> für den Seebezirk (ohne Vermittlung der ſog. 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Weit entfernt,<lb/> in ruhiger, ſachlicher Weiſe die ſoziale Lage des Arbeiter-<lb/> ſtandes zu beſprechen, für Beſeitigung von Uebelſtänden<lb/> die, wie in jedem andern Stande, auch den Arbeiter be-<lb/> drücken, nüchterne, praktiſche Vorſchläge zu machen, Vor-<lb/> urtheile und eingedrungene ſchiefe Welturtheile zu bekämpfen,<lb/> überhaupt weit entfernt, ſich auf dem Boden der chriſt-<lb/> lichen Sittengeſetze und der bürgerlichen Rechtsordnung<lb/> zu bewegen, erblickt dieſe Petroleumpreſſe ihre Aufgabe<lb/> darin, ein ganz neues Evangelium zu predigen, das mit<lb/> dem der Chriſten gar wenig gemein hat. Mit dem Gelde<lb/> der Arbeiter bezahlte Hetzer und Wühler gießen noch Oel<lb/> in’s Feuer, ſchüren giftig den Klaſſenhaß, drohen den<lb/> „verlotterten geſellſchaftlichen Einrichtungen“ mit dem Ver-<lb/> nichtungskampf, ſpotten der Nächſtenliebe und der Religion<lb/> des Kreuzes und ſtürmen mit zurückgeſchlagenen Aermeln<lb/> dem <hi rendition="#g">Genuſſe</hi> zu.</p><lb/> <p>Eben iſt wieder ein neues ſozialiſtiſches Blatt für die<lb/> Arbeiterſchaft in Lugano aufgetaucht: „<hi rendition="#aq">Jl Lavoratore</hi>“<lb/> (der Arbeiter). Schon in der erſten Nummer ſpricht es<lb/> ſein tiefſtes Bedauern und Mitleid über die Arbeiter aus,<lb/> die „auf dem Wege des Fortſchritts durch die Wunder-<lb/> lichkeiten <hi rendition="#g">religiöſer Fabeln</hi>“ aufgehalten werden.“<lb/> — Mit grandioſer Unwiſſenheit und Bosheit wird von<lb/> dieſen Agitatoren des Sozialismus gegen die Glaubens-<lb/> und Sittenlehren der Kirche gewüthet, als ob die Kirche<lb/> nicht zu allen Zeiten der treueſte Hort aller Armen, Unter-<lb/> drückten und „vom Kapital Ausgebeuteten“ geweſen wäre.<lb/> Wer nur <hi rendition="#g">einen</hi> ernſten Blick in die Geſchichte der Menſch-<lb/> heit gethan, findet das Geſagte beſtätigt. Im Mittelalter,<lb/> wo die Wirkſamkeit der Kirche noch ungehemmter war,<lb/> als heutzutage, forderte das kirchliche Recht aus Fürſorge<lb/> für die arbeitenden Menſchen, daß in der geſammten<lb/> wirthſchaftlichen Thätigkeit nicht der perſönliche Vortheil,<lb/> nicht die raſtloſe Gier nach materiellem Gewinn und Be-<lb/> ſitz, ſondern die in brüderlicher Liebe vereinigte Geſammt-<lb/> heit Aller den Ausgangspunkt bilde. — Ehrlicher als<lb/> unſere ſchweizeriſchen „Arbeiterfreunde“, ſagte der Jour-<lb/> naliſt und Sozialiſt Hyndmann in London zu den Ar-<lb/> beitern, daß ihr Elend von der großen proteſtantiſchen<lb/> Reform (unter dem berüchtigten König Heinrich <hi rendition="#aq">VIII.</hi> und<lb/> ſeiner ihm würdigen Tochter Eliſabeth) herrühre; daß<lb/> die Aufhebung der Klöſter ein am Volke begangener Dieb-<lb/> ſtahl geweſen und daß der Pauperismus in England mit<lb/> dem Proteſtantismus eingezogen ſei.</p><lb/> <cb/> <p>Im vielgeſchmähten Mittelalter verlangte die kirchliche<lb/> Lehre vor Allem, daß man niemals dem Hülfsbedürftigen,<lb/> welchem das Geld nur zur Abhülfe augenblicklicher Noth,<lb/> zum unmittelbaren Gebrauch diente, irgend einen Zins<lb/> abfordere, denn ein ſolcher wäre eine abſcheuliche Aus-<lb/> beutung der Noth des Nebenmenſchen, eine habſüchtige<lb/> Aneignung fremden Eigenthums.</p><lb/> <p>Wie man die Arbeiter über den Charakter und Ein-<lb/> fluß der kathol. Kirche belehrt, davon leiſtet der Basler<lb/> „Arbeiterfreund“ (!) in den jüngſten Nummern einige<lb/> kennzeichnende Beiſpiele. „Die Vertreter des offiziellen<lb/> Chriſtenthums“, ſchreibt dieſes Hetzblatt, „und ſpeziell der<lb/> römiſchen Kirche haben in unſeren ſogenannten ziviliſirten<lb/> Landen die Macht Jahrhunderte lang vollſtändig, direkt<lb/> und indirekt, beſeſſen, ohne das ökonomiſche und geiſtige<lb/> Elend der Volksmaſſen zu beſeitigen oder auch nur erheb-<lb/> lich zu lindern, und wo irgend eine Beſſerung in dieſer<lb/> Hinſicht eintrat, muße ſie meiſt in hartem Kampfe mit<lb/> der Kirche errungen werden.“ — Kann man der geſchicht-<lb/> lichen Wahrheit frecher in’s Geſicht ſchlagen als mit ſolchen<lb/> Behauptungen? Das nämliche Blatt druckt mit ſichtlichem<lb/> Wohlbehagen die Reden ab, welche zur Verherrlichung<lb/> der fünf <hi rendition="#g">Anarchiſten</hi> in Chicago (Nord-Amerika) ge-<lb/> halten wurden — „Arbeiterführer“, die bekanntlich letzten<lb/> Herbſt wegen Ermordung zweier Poliziſten vom Gerichte<lb/> zum Tode verurtheilt und gehängt worden ſind. Das<lb/> rothe Basler Blatt macht natürlich mit dem befliſſenen<lb/> Abdruck dieſer Reden die darin enthaltenen Grundſätze<lb/> zu ſeinen eigenen. Einer der Freunde der „gemordeten<lb/> ſelbſtloſen Vorkämpfer für die Emanzipation der Arbeiter“<lb/> ſprach u. A.: „Die <hi rendition="#g">Religion</hi> klage ich an, welche den<lb/> Unterdrückten zuruft: „Duldet, ſo werdet ihr ernten, —<lb/> ſeid unterthan aller Obrigkeit, denn ſie iſt von Gott.“<lb/> Dieſes Syſtem und dieſe Religion haben die Menſchheit<lb/> entmannt und das Wort „Humanität“ geſchändet (<hi rendition="#aq">sic</hi>!)<lb/> dieſes Syſtem und die noch übrig gebliebenen Einflüſſe<lb/> der Religion, in deren Namen man euch getauft hat,<lb/> haben euch, ihr Arbeiter von Chicago, ſo feige gemacht,<lb/> daß ihr zuſaht, wie man euere beſten Männer ermor-<lb/> dete“ ...... „Wir ſind <hi rendition="#g">keine Chriſten,</hi> welche die<lb/> Rache ihrem Herrgott überlaſſen, wir müſſen ſie <hi rendition="#g">ſelbſt</hi><lb/> an die Hand nehmen, und da wir <hi rendition="#g">keinen Himmel<lb/> erhoffen,</hi> ſo müſſen <hi rendition="#g">wir</hi> Alles, was gethan werden<lb/> kann, auf Erden thun und bald thun“ ....... Der<lb/> nämliche Rede- und Geſinnungsgenoſſe des „Arbeiter-<lb/> freundes“ formulirt ſeine Forderungen an die Geſellſchaft,<lb/> und ſagt: „Man kann von Jedem verlangen, daß er von<lb/> dieſen Todten wahren Lebensmuth kennen lernt, nämlich<lb/> über die gewöhnlichen Lebensbedingungen die Erringung<lb/> jener Ideale (!) zu ſetzen, welche von allen großen<lb/> Menſchen (!) empfunden und gelehrt und von jedem<lb/> Lumpen verlacht werden: <hi rendition="#g">Freie</hi> Liebe! <hi rendition="#g">freie</hi> Wahr-<lb/> heit! <hi rendition="#g">freies</hi> Recht!“</p><lb/> <p>Hat Moſt, der Anarchiſtenhäuptling und Mordſtifter,<lb/> ein anderes Glaubensbekenntniß gelehrt, als das der<lb/> freien Liebe — der <hi rendition="#g">Thierheit,</hi> — der freien Wahr-<lb/> heit — der <hi rendition="#g">Lüge</hi> und des freien Rechts — oder der<lb/><hi rendition="#g">Gewalt?</hi> — Zum Schluß ruft der Redner, zum Gau-<lb/> dium des ſchweizeriſchen Hetzblattes, aus:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„Wir haben lang genug geliebt,</l><lb/> <l>Wir wollen endlich haſſen!“</l> </lg><lb/> <p>Gewiß haben die Arbeiter ein unbeſtreitbares Recht,<lb/> ſich feſt zuſammenzuthun und ihre Standesintereſſen in<lb/> allweg zu wahren; aber inwiefern ſollen dieſelben durch<lb/> ſolch’ ſchamloſe Aufreizungen gefördert werden? wie ſollen<lb/> ſie zufriedener, glücklicher werden, indem man ihnen die<lb/> Grundlagen der ſittlichen Handlungen, des Troſtes und<lb/> des Friedens frevelnd aus dem Herzen zu reißen ſucht?<lb/> Iſt doch das Chriſtenthum, wie Al. Baumgartner ſagt,<lb/> „nicht blos die Grundlage der reinſten und ſchönſten<lb/> religiöſen Poeſie, es allein verleiht auch den übrigen Be-<lb/> ziehungen des Menſchenlebens wahre Weihe und Würde.<lb/><hi rendition="#g">Wo es nicht hingedrungen, oder wo es fre-<lb/> velnd vertrieben wurde, zieht der Fluch der<lb/> Sünde in das geiſtige Leben der Menſchheit<lb/> ein und trübt und vergiftet auch den Born<lb/> des Schönen.“</hi> </p><lb/> <p>Wahrlich, eine ſchweizeriſche katholiſche Arbeiterzeitung<lb/> erſcheint als eines der zeitgemäßeſten Bedürfniſſe!</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head>* <hi rendition="#b">Hochw. Herr Kanzler Joſ. Ant. Niedermann.</hi> </head><lb/> <p>Letzten Dienſtag den 10. Jan. verſchied in den altehr-<lb/> würdigen Kloſterräumen zu St. Gallen ein Mann, der es ver-<lb/> dient, daß in allen Gauen unſerer Diözeſe ſeiner gedacht werde,<lb/><cb/> es iſt der hochw. Herr <hi rendition="#g">Joſ. Ant. Niedermann,<lb/> biſchöflicher Kanzler</hi>. Er war der Sohn ſehr ge-<lb/> achteter Eltern, die beide an ſeinem Grabe trauern.<lb/> Sein Vater war Bezirksrichter und Verwaltungsrath.<lb/> Geboren wurde der Dahingeſchiedene den 31. Aug. 1845<lb/> als das älteſte von 5 Geſchwiſtern. Wie aus ſeinen<lb/> eigenen Aufzeichnungen zu entnehmen iſt, wurde er in<lb/> ſeiner frühen Jugend vier Mal faſt wunderbar aus Todes-<lb/> gefahr gerettet; bei einer Feuersbrunſt brannte ſchon der<lb/> Fußboden unter ſeiner Wiege; einmal wurde er aus dem<lb/> angeſchwollenen Dorfbach herausgezogen; einſt entging er<lb/> beim Sturze einer Tanne mit Noth dem Tode; ein<lb/> andermal hatte ihn in der Scheune ein herunterſtürzendes<lb/> Futtermeſſer beinahe getödtet. — Nachdem er die Primar-<lb/> ſchule abſolvirt hatte, beſuchte er während 3½ Jahren<lb/> die Realſchule in dem 1 Stunde entfernten Biſchofszell,<lb/> täglich machte er zu Fuß den Weg hin und zurück. Da<lb/> er ſich erſt jetzt zum weitern Studium definitiv entſchloß,<lb/> und noch keinen Lateinunterricht genoſſen hatte, trat er<lb/> in’s Collegium in Schwyz in die erſte Gymnaſialklaſſe.<lb/> Während 7 Jahren abſolvirte er hier mit Glanz das<lb/> Gymnaſium und den philoſophiſchen Kurs. Nachher ging<lb/> er an das theologiſche Seminar in Mainz, wohin damals<lb/> ſo viele St. Galliſche Jünglinge pilgerten, um aus dem<lb/> Munde eines <hi rendition="#aq">Dr.</hi> Heinrich, <hi rendition="#aq">Dr.</hi> Moufang, <hi rendition="#aq">Dr.</hi> Brück ꝛc.<lb/> die heilige Wiſſenſchaft zu hören. Nach dreijährigem<lb/> Studium der Theologie trat er 1871 in’s Prieſterſeminar<lb/> zu St. Georgen ein und wurde im Frühjahr 1872 zum<lb/> Prieſter geweiht. Sein erſtes hl. Meßopfer feierte er in<lb/> ſeiner Heimathgemeinde Niederbüren. Während aller<lb/> ſeiner Studienjahre war er von Lehrern und Mitſchülern<lb/> gleich geachtet und geliebt, ſeine Talente ſowohl als ſein<lb/> liebenswürdiger Charakter gewannen ihm alle Herzen.</p><lb/> <p>Seine prieſterliche Wirkſamkeit begann er 1872 als<lb/> Domvikar in St. Gallen, wo er wegen ſeines muſterhaften<lb/> Wandels und ſeines außerordentlichen Eifers bei ſeinen<lb/> geiſtlichen Obern wie beim Volke in hoher Achtung ſtand.<lb/> Von den Kindern als liebevoller Religionslehrer hochge-<lb/> ſchätzt, als Beichtvater von Hoch und Nieder ſehr geſucht,<lb/> als Tröſter ſehr häufig an’s Krankenbett gerufen und<lb/> als Vorſänger in der Kathedrale ſtets gerne gehört, wirkte<lb/> er mit anſpruchsloſer Beſcheidenheit außerordentlich viel.<lb/> Beſonders ſteht ſeine damalige Wirkſamkeit als Seelſorger<lb/> im Kantonsſpital heute noch im beſten Andenken. Das<lb/> beſte Zeugniß für ſein Wirken ſtellte ihm 1878 der hoch-<lb/> würdigſte Biſchof Karl Johann ſel. aus, indem er ihn<lb/> zu ſeinem Kanzler ernannte und im Ernennungsſchreiben<lb/> ihm ganz vorzügliches Lob ſpendet. — Als Kanzler war<lb/> er ſtets eine treue und feſte Stütze ſowohl für den ver-<lb/> ſtorbenen Biſchof Karl Johann, wie für unſern jetzigen<lb/> Oberhirten; von beiden war er gleich geſchätzt. Mit der<lb/> größten Gewiſſenhaftigkeit lag er ſeinen amtlichen Ge-<lb/> ſchäften ob, die ihm zwar, wie er öfters äußerte, nicht<lb/> ganz zuſagten, da er, wie er meinte, nicht zum Büreau-<lb/> kraten geboren ſei. Trotz der anſtrengenden Arbeiten<lb/> eines biſchöflichen Kanzlers, die einen Mann hinlänglich<lb/> in Anſpruch nehmen, ſuchte er darum ſtets noch Beſchäf-<lb/> tigung in der Seelſorge, die er auch reichlich fand, be-<lb/> ſonders im Beichtſtuhl und am Krankenbett. Seine geiſt-<lb/> lichen Amtsbrüder fanden an ihm ſtets einen bereitwilligen<lb/> Helfer, der es ſich zur Freude anrechnete, andern einen Dienſt<lb/> zu erweiſen. Wer irgend einen Rath nöthig hatte, der ging,<lb/> ob geiſtlich oder weltlich, vertrauensvoll zum Herrn Kanzler<lb/> u. wurde immer mit liebevoller Freundlichkeit aufgenommen.<lb/> Wie vielen Unſchlüſſigen er gerathen und wie vielen Be-<lb/> drängten er geholfen hat, das weiß Gott allein. An<lb/> Sonntagen war ſeine Wohnung geradezu belagert und<lb/> auch an Werktagen traf man ihn ſelten allein. — Auf<lb/> den Firmungsreiſen hatte er den hochwürdigſten Ober-<lb/> hirten zu begleiten und ward der liebenswürdige Kanzler<lb/> von allen Pfarrherren mit Freuden begrüßt. 1883 be-<lb/> gleitete er den hochwſt. Biſchof Auguſtinus nach Rom;<lb/> nach ſeiner Rückkehr ſchilderte er in einer Verſammlung<lb/> des hieſigen Domchores, deſſen eifriges Mitglied und zeit-<lb/> weiliger Vizepräſident er geweſen, mit großer Begeiſterung<lb/> die Eindrücke, die er von Rom, beſonders von der Privat-<lb/> audienz beim hl. Vater, mit nach Hauſe genommen. Im<lb/> gleichen Jahre machte er die erſte Firmungs- und<lb/> Viſitationsreiſe unſeres Biſchofs mit; half in allen<lb/> Pfarreien mit der angeſtrengteſten Ausdauer im Beicht-<lb/> ſtuhle aus, ordnete und dirigirte Alles bei Spendung<lb/> der hl. Firmung, examinirte die Kinder im Religions-<lb/> unterricht, viſitirte Kirchen und Sakriſteien und nachdem<lb/> er unter ſolcher Anſtrengung jede Woche einige Pfarreien<lb/> durchwandert, kam er auf den Sonntag nach St. Gallen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1/0001]
St. Galler Volksblatt.
33. Jahrgang.
(Druck und Verlag von K. Oberholzer in Uznach.)
Samſtag, 14. Januar 1888.
Abonnementspreis: Bei der Expedition ½jährl. Fr. 2. 30, ¼jährl. Fr. 1. 20
Bei den Verträgern und mit Adreſſe in der Schweiz: ½j. Fr. 2. 50, ¼j. Fr. 1. 30
Bei der eidgen. Poſt: jährlich Fr. 5.—, ½jährl. Fr. 2. 60, ¼jährl. Fr. 1. 40
Für’s Ausland (Poſtverein) jede Nummer mit Adreſſe: ½jährl. Fr. 5. —
„ „ „ wöchentl. einmal „ „ ½jährl. Fr. 3. 50
Die Verſendung findet am Dienſtag und Freitag Abend ſtatt und es können
daher nur jene Inſeraten berückſichtigt werden, welche am Vormittag des Ausgabe-
Tages in der Druckerei abgegeben ſind.
No. 4.
Inſerationsgebühr für den Seebezirk (ohne Vermittlung der ſog. Inſeraten-
bureaux): Die kleinſpaltige Petitzeile oder deren Raum 10 Cts.
Für die übrigen Inſerenten koſtet die kleinſpaltige Petitzeile oder deren Raum
15 Cts. — Bei öfteren Wiederholungen Rabatt. —
Auswärtige Anfragen betreff zu erfragende Inſerate müſſen 10 Cts. in Brief-
marken für Rückantwort enthalten. — Unfrankirte Sendungen werden nicht
berückſichtigt. — Das Blatt erſcheint wöchentlich zweimal: Mittwoch & Samſtag.
Alle Samſtag mit den „Linth-Blätter“.
Auf das „St. Galler Volksblatt“ kann
während dem Monat Januar bei allen Poſt-
bureaux, bei der Expedition und den betr. Ver-
trägern zu jeder Zeit abonnirt werden.
Hetzblätter.
Am ſchweizeriſchen Piusvereinsfeſt in Sachſeln wurde
vom Referenten über die „Soziale Frage“, Hrn. Dr.
P. A. Ming, eine Anregung gemacht, die wir aufrichtig be-
grüßten, und nur wünſchen, daß ſie baldigſt verwirklicht
werden möchte. Er führte in ſeinem, nun im Drucke
erſchienenen, vorzüglichen Vortrage über die Stellung der
ſchweizeriſchen Katholiken zur ſolzialen Frage aus, daß
„eine ſchweizer. katholiſche Arbeiterzeitung
als Organ der katholiſchen Arbeiter-, Geſellen-
und Krankenvereine Boden gewinnen könnte.“ —
Zur Begründung ſeines zeitgemäßen Vorſchlages erwähnte
Redner, daß „in gegenwärtiger Zeit auf die arbeitende
Bevölkerung auch ſehr nachdrücklich durch die Preſſe
gewirkt werde.“ „Wenigſtens ein halbes Dutzend ſchwei-
zeriſcher Blätter, mehr oder weniger radikal-ſozia-
liſtiſcher Tendenz, beſprechen ſoziale Verhältniſſe und
volkswirthſchaftliche Fragen, oft auf eine Art und
Weiſe, welche nicht dazu beitragen kann, den ſozialen
Frieden zu befeſtigen. Sie ſtehen auf dem Boden des
Materialismus und behandeln das Chriſtenthum
gleichgiltig, geringſchätzig oder geradezu feind-
ſelig. Durch eine ſolche Literatur wird die ſchweizeriſche
Arbeiterbevölkerung über die ſoziale Frage und deren
Löſung belehrt!“ —
Wer immer Gelegenheit hat, die ſozialiſtiſche und
ſozialdemokratiſche Tagesliteratur zu genießen, der wird
dem katholiſchen Sozialpolitiker von Sachſeln vollkommen
Recht geben. Eine Reihe jener Blätter, die vom Comite
des ſchweizeriſchen Arbeiterbundes als offiziell erklärt
wurden, ſind nicht Fachſchriften zur Aufklärung, Belehrung
und Einigung der Arbeiter, ſondern eigentliche Hetz-
blätter, Ueberſetzungen und Ableger der ausländiſchen
Sozialdemokraten- und Anarchiſten-Preſſe. Weit entfernt,
in ruhiger, ſachlicher Weiſe die ſoziale Lage des Arbeiter-
ſtandes zu beſprechen, für Beſeitigung von Uebelſtänden
die, wie in jedem andern Stande, auch den Arbeiter be-
drücken, nüchterne, praktiſche Vorſchläge zu machen, Vor-
urtheile und eingedrungene ſchiefe Welturtheile zu bekämpfen,
überhaupt weit entfernt, ſich auf dem Boden der chriſt-
lichen Sittengeſetze und der bürgerlichen Rechtsordnung
zu bewegen, erblickt dieſe Petroleumpreſſe ihre Aufgabe
darin, ein ganz neues Evangelium zu predigen, das mit
dem der Chriſten gar wenig gemein hat. Mit dem Gelde
der Arbeiter bezahlte Hetzer und Wühler gießen noch Oel
in’s Feuer, ſchüren giftig den Klaſſenhaß, drohen den
„verlotterten geſellſchaftlichen Einrichtungen“ mit dem Ver-
nichtungskampf, ſpotten der Nächſtenliebe und der Religion
des Kreuzes und ſtürmen mit zurückgeſchlagenen Aermeln
dem Genuſſe zu.
Eben iſt wieder ein neues ſozialiſtiſches Blatt für die
Arbeiterſchaft in Lugano aufgetaucht: „Jl Lavoratore“
(der Arbeiter). Schon in der erſten Nummer ſpricht es
ſein tiefſtes Bedauern und Mitleid über die Arbeiter aus,
die „auf dem Wege des Fortſchritts durch die Wunder-
lichkeiten religiöſer Fabeln“ aufgehalten werden.“
— Mit grandioſer Unwiſſenheit und Bosheit wird von
dieſen Agitatoren des Sozialismus gegen die Glaubens-
und Sittenlehren der Kirche gewüthet, als ob die Kirche
nicht zu allen Zeiten der treueſte Hort aller Armen, Unter-
drückten und „vom Kapital Ausgebeuteten“ geweſen wäre.
Wer nur einen ernſten Blick in die Geſchichte der Menſch-
heit gethan, findet das Geſagte beſtätigt. Im Mittelalter,
wo die Wirkſamkeit der Kirche noch ungehemmter war,
als heutzutage, forderte das kirchliche Recht aus Fürſorge
für die arbeitenden Menſchen, daß in der geſammten
wirthſchaftlichen Thätigkeit nicht der perſönliche Vortheil,
nicht die raſtloſe Gier nach materiellem Gewinn und Be-
ſitz, ſondern die in brüderlicher Liebe vereinigte Geſammt-
heit Aller den Ausgangspunkt bilde. — Ehrlicher als
unſere ſchweizeriſchen „Arbeiterfreunde“, ſagte der Jour-
naliſt und Sozialiſt Hyndmann in London zu den Ar-
beitern, daß ihr Elend von der großen proteſtantiſchen
Reform (unter dem berüchtigten König Heinrich VIII. und
ſeiner ihm würdigen Tochter Eliſabeth) herrühre; daß
die Aufhebung der Klöſter ein am Volke begangener Dieb-
ſtahl geweſen und daß der Pauperismus in England mit
dem Proteſtantismus eingezogen ſei.
Im vielgeſchmähten Mittelalter verlangte die kirchliche
Lehre vor Allem, daß man niemals dem Hülfsbedürftigen,
welchem das Geld nur zur Abhülfe augenblicklicher Noth,
zum unmittelbaren Gebrauch diente, irgend einen Zins
abfordere, denn ein ſolcher wäre eine abſcheuliche Aus-
beutung der Noth des Nebenmenſchen, eine habſüchtige
Aneignung fremden Eigenthums.
Wie man die Arbeiter über den Charakter und Ein-
fluß der kathol. Kirche belehrt, davon leiſtet der Basler
„Arbeiterfreund“ (!) in den jüngſten Nummern einige
kennzeichnende Beiſpiele. „Die Vertreter des offiziellen
Chriſtenthums“, ſchreibt dieſes Hetzblatt, „und ſpeziell der
römiſchen Kirche haben in unſeren ſogenannten ziviliſirten
Landen die Macht Jahrhunderte lang vollſtändig, direkt
und indirekt, beſeſſen, ohne das ökonomiſche und geiſtige
Elend der Volksmaſſen zu beſeitigen oder auch nur erheb-
lich zu lindern, und wo irgend eine Beſſerung in dieſer
Hinſicht eintrat, muße ſie meiſt in hartem Kampfe mit
der Kirche errungen werden.“ — Kann man der geſchicht-
lichen Wahrheit frecher in’s Geſicht ſchlagen als mit ſolchen
Behauptungen? Das nämliche Blatt druckt mit ſichtlichem
Wohlbehagen die Reden ab, welche zur Verherrlichung
der fünf Anarchiſten in Chicago (Nord-Amerika) ge-
halten wurden — „Arbeiterführer“, die bekanntlich letzten
Herbſt wegen Ermordung zweier Poliziſten vom Gerichte
zum Tode verurtheilt und gehängt worden ſind. Das
rothe Basler Blatt macht natürlich mit dem befliſſenen
Abdruck dieſer Reden die darin enthaltenen Grundſätze
zu ſeinen eigenen. Einer der Freunde der „gemordeten
ſelbſtloſen Vorkämpfer für die Emanzipation der Arbeiter“
ſprach u. A.: „Die Religion klage ich an, welche den
Unterdrückten zuruft: „Duldet, ſo werdet ihr ernten, —
ſeid unterthan aller Obrigkeit, denn ſie iſt von Gott.“
Dieſes Syſtem und dieſe Religion haben die Menſchheit
entmannt und das Wort „Humanität“ geſchändet (sic!)
dieſes Syſtem und die noch übrig gebliebenen Einflüſſe
der Religion, in deren Namen man euch getauft hat,
haben euch, ihr Arbeiter von Chicago, ſo feige gemacht,
daß ihr zuſaht, wie man euere beſten Männer ermor-
dete“ ...... „Wir ſind keine Chriſten, welche die
Rache ihrem Herrgott überlaſſen, wir müſſen ſie ſelbſt
an die Hand nehmen, und da wir keinen Himmel
erhoffen, ſo müſſen wir Alles, was gethan werden
kann, auf Erden thun und bald thun“ ....... Der
nämliche Rede- und Geſinnungsgenoſſe des „Arbeiter-
freundes“ formulirt ſeine Forderungen an die Geſellſchaft,
und ſagt: „Man kann von Jedem verlangen, daß er von
dieſen Todten wahren Lebensmuth kennen lernt, nämlich
über die gewöhnlichen Lebensbedingungen die Erringung
jener Ideale (!) zu ſetzen, welche von allen großen
Menſchen (!) empfunden und gelehrt und von jedem
Lumpen verlacht werden: Freie Liebe! freie Wahr-
heit! freies Recht!“
Hat Moſt, der Anarchiſtenhäuptling und Mordſtifter,
ein anderes Glaubensbekenntniß gelehrt, als das der
freien Liebe — der Thierheit, — der freien Wahr-
heit — der Lüge und des freien Rechts — oder der
Gewalt? — Zum Schluß ruft der Redner, zum Gau-
dium des ſchweizeriſchen Hetzblattes, aus:
„Wir haben lang genug geliebt,
Wir wollen endlich haſſen!“
Gewiß haben die Arbeiter ein unbeſtreitbares Recht,
ſich feſt zuſammenzuthun und ihre Standesintereſſen in
allweg zu wahren; aber inwiefern ſollen dieſelben durch
ſolch’ ſchamloſe Aufreizungen gefördert werden? wie ſollen
ſie zufriedener, glücklicher werden, indem man ihnen die
Grundlagen der ſittlichen Handlungen, des Troſtes und
des Friedens frevelnd aus dem Herzen zu reißen ſucht?
Iſt doch das Chriſtenthum, wie Al. Baumgartner ſagt,
„nicht blos die Grundlage der reinſten und ſchönſten
religiöſen Poeſie, es allein verleiht auch den übrigen Be-
ziehungen des Menſchenlebens wahre Weihe und Würde.
Wo es nicht hingedrungen, oder wo es fre-
velnd vertrieben wurde, zieht der Fluch der
Sünde in das geiſtige Leben der Menſchheit
ein und trübt und vergiftet auch den Born
des Schönen.“
Wahrlich, eine ſchweizeriſche katholiſche Arbeiterzeitung
erſcheint als eines der zeitgemäßeſten Bedürfniſſe!
* Hochw. Herr Kanzler Joſ. Ant. Niedermann.
Letzten Dienſtag den 10. Jan. verſchied in den altehr-
würdigen Kloſterräumen zu St. Gallen ein Mann, der es ver-
dient, daß in allen Gauen unſerer Diözeſe ſeiner gedacht werde,
es iſt der hochw. Herr Joſ. Ant. Niedermann,
biſchöflicher Kanzler. Er war der Sohn ſehr ge-
achteter Eltern, die beide an ſeinem Grabe trauern.
Sein Vater war Bezirksrichter und Verwaltungsrath.
Geboren wurde der Dahingeſchiedene den 31. Aug. 1845
als das älteſte von 5 Geſchwiſtern. Wie aus ſeinen
eigenen Aufzeichnungen zu entnehmen iſt, wurde er in
ſeiner frühen Jugend vier Mal faſt wunderbar aus Todes-
gefahr gerettet; bei einer Feuersbrunſt brannte ſchon der
Fußboden unter ſeiner Wiege; einmal wurde er aus dem
angeſchwollenen Dorfbach herausgezogen; einſt entging er
beim Sturze einer Tanne mit Noth dem Tode; ein
andermal hatte ihn in der Scheune ein herunterſtürzendes
Futtermeſſer beinahe getödtet. — Nachdem er die Primar-
ſchule abſolvirt hatte, beſuchte er während 3½ Jahren
die Realſchule in dem 1 Stunde entfernten Biſchofszell,
täglich machte er zu Fuß den Weg hin und zurück. Da
er ſich erſt jetzt zum weitern Studium definitiv entſchloß,
und noch keinen Lateinunterricht genoſſen hatte, trat er
in’s Collegium in Schwyz in die erſte Gymnaſialklaſſe.
Während 7 Jahren abſolvirte er hier mit Glanz das
Gymnaſium und den philoſophiſchen Kurs. Nachher ging
er an das theologiſche Seminar in Mainz, wohin damals
ſo viele St. Galliſche Jünglinge pilgerten, um aus dem
Munde eines Dr. Heinrich, Dr. Moufang, Dr. Brück ꝛc.
die heilige Wiſſenſchaft zu hören. Nach dreijährigem
Studium der Theologie trat er 1871 in’s Prieſterſeminar
zu St. Georgen ein und wurde im Frühjahr 1872 zum
Prieſter geweiht. Sein erſtes hl. Meßopfer feierte er in
ſeiner Heimathgemeinde Niederbüren. Während aller
ſeiner Studienjahre war er von Lehrern und Mitſchülern
gleich geachtet und geliebt, ſeine Talente ſowohl als ſein
liebenswürdiger Charakter gewannen ihm alle Herzen.
Seine prieſterliche Wirkſamkeit begann er 1872 als
Domvikar in St. Gallen, wo er wegen ſeines muſterhaften
Wandels und ſeines außerordentlichen Eifers bei ſeinen
geiſtlichen Obern wie beim Volke in hoher Achtung ſtand.
Von den Kindern als liebevoller Religionslehrer hochge-
ſchätzt, als Beichtvater von Hoch und Nieder ſehr geſucht,
als Tröſter ſehr häufig an’s Krankenbett gerufen und
als Vorſänger in der Kathedrale ſtets gerne gehört, wirkte
er mit anſpruchsloſer Beſcheidenheit außerordentlich viel.
Beſonders ſteht ſeine damalige Wirkſamkeit als Seelſorger
im Kantonsſpital heute noch im beſten Andenken. Das
beſte Zeugniß für ſein Wirken ſtellte ihm 1878 der hoch-
würdigſte Biſchof Karl Johann ſel. aus, indem er ihn
zu ſeinem Kanzler ernannte und im Ernennungsſchreiben
ihm ganz vorzügliches Lob ſpendet. — Als Kanzler war
er ſtets eine treue und feſte Stütze ſowohl für den ver-
ſtorbenen Biſchof Karl Johann, wie für unſern jetzigen
Oberhirten; von beiden war er gleich geſchätzt. Mit der
größten Gewiſſenhaftigkeit lag er ſeinen amtlichen Ge-
ſchäften ob, die ihm zwar, wie er öfters äußerte, nicht
ganz zuſagten, da er, wie er meinte, nicht zum Büreau-
kraten geboren ſei. Trotz der anſtrengenden Arbeiten
eines biſchöflichen Kanzlers, die einen Mann hinlänglich
in Anſpruch nehmen, ſuchte er darum ſtets noch Beſchäf-
tigung in der Seelſorge, die er auch reichlich fand, be-
ſonders im Beichtſtuhl und am Krankenbett. Seine geiſt-
lichen Amtsbrüder fanden an ihm ſtets einen bereitwilligen
Helfer, der es ſich zur Freude anrechnete, andern einen Dienſt
zu erweiſen. Wer irgend einen Rath nöthig hatte, der ging,
ob geiſtlich oder weltlich, vertrauensvoll zum Herrn Kanzler
u. wurde immer mit liebevoller Freundlichkeit aufgenommen.
Wie vielen Unſchlüſſigen er gerathen und wie vielen Be-
drängten er geholfen hat, das weiß Gott allein. An
Sonntagen war ſeine Wohnung geradezu belagert und
auch an Werktagen traf man ihn ſelten allein. — Auf
den Firmungsreiſen hatte er den hochwürdigſten Ober-
hirten zu begleiten und ward der liebenswürdige Kanzler
von allen Pfarrherren mit Freuden begrüßt. 1883 be-
gleitete er den hochwſt. Biſchof Auguſtinus nach Rom;
nach ſeiner Rückkehr ſchilderte er in einer Verſammlung
des hieſigen Domchores, deſſen eifriges Mitglied und zeit-
weiliger Vizepräſident er geweſen, mit großer Begeiſterung
die Eindrücke, die er von Rom, beſonders von der Privat-
audienz beim hl. Vater, mit nach Hauſe genommen. Im
gleichen Jahre machte er die erſte Firmungs- und
Viſitationsreiſe unſeres Biſchofs mit; half in allen
Pfarreien mit der angeſtrengteſten Ausdauer im Beicht-
ſtuhle aus, ordnete und dirigirte Alles bei Spendung
der hl. Firmung, examinirte die Kinder im Religions-
unterricht, viſitirte Kirchen und Sakriſteien und nachdem
er unter ſolcher Anſtrengung jede Woche einige Pfarreien
durchwandert, kam er auf den Sonntag nach St. Gallen
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