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St. Galler Volksblatt. Nr. 9, Uznach, 02. 02. 1898.

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Nr. 9. Uznach, Mittwoch den 2. Februar 1898. 43. Jahrgang.


St. Galler Volksblatt.
Publikations-Organ der Bezirke See und Gaster.
Obligatorisch in Uznach, Jona, Gommiswald, St. Gallenkappel, Rapperswil, Schmerikon, Eschenbach, Ernetschwil, Goldingen

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Erscheint Mittwoch und Samstag.


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Druck und Verlag von K. Oberholzer's Buchdruckerei, Uznach.

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Wöchentl. Gratisbeilage "Linth-Blätter".




[Spaltenumbruch]
Nothelfer und Nothelferin.
Zu Rapperswil der Rosenstadt
Hat ein Poem ersonnen
Ein Bundesdichter rar und hehr,
Von hohem Mut entbronnen.
Dem Rückkauf soll das Mahngedicht
Zum stolzen Siege nützen;
Es soll den Bund und sein System
Für alle Zeiten stützen.
Damit des Sängers Meisterwerk
Den Einfluß rings entfalte,
Rührt sich die Tante "Wochenblatt",
Die vielverdiente Alte.
Sie hat sich als Gevatterin
Gar selber unterschrieben,
Und auch die Postdirektion
Ist nicht zurückgeblieben.
Denn portofrei versenden darf
Die Tante all' die Lieder,
Und für des Sängers Honorar
Pumpt sie bei Hoch und Nieder.
Und erst das Lied! Wie klassich fein
In Reimen und Gedanken!
Fast möchten Göthe, Schiller sich
Um dieses Opus zanken.
Nun denket euch dies Notgedicht
In jedes Bürgers Händen
Und Tante's Unterschrift dabei --
Wie herrlich muß das enden!
Fürwahr, wenn euch der Kauf gelingt,
So haltet euch verpflichtet
Dem "Wochenblatt" und seinem Freund,
Der ihm so schön gedichtet.
Schon auf den ersten Staatsbahnzug
Müßt ihr die beiden setzen
Und fahren sie im Land herum
Dem Volke zum Ergötzen.



Zur Eisenbahnverstaatlichung.



III.

Drei Hauptargumente sind es, welche sachlich zu Gunsten
der Eisenbahnverstaatlichung angeführt werden: die Tarifre-
duktion,
die billigere Verwaltung und die Am-
mortisation der Eisenbahnschuld
.

Es ist daher zunächst zu untersuchen, ob die Auskunft, welche
die amtlichen Quellen uns über die zukünftigen Bahnen geben,
als befriedigend bezeichnet werden kann.

Man muß in der That sorgfältig unterscheiden zwischen
dem, was in der bundesrätlichen Botschaft versprochen, in den
Verhandlungen der Bundesversammlung in Aussicht gestellt, im
Gesetze selbst niedergelegt und dem, was draußen in weitern Volks-
kreisen gehofft und versprochen wird. Wenn das nicht geschieht,
so werden später die Behörden verantwortlich gemacht für Dinge,
die ihnen nicht zur Last fallen. Nun müssen wir zunächst konsta-
tieren, daß wir bei allen Neuerungen, so auch hier, der herrschende
Zustand in übertriebener Weise bemängelt wird, um die Dringlich-
keit der Neuerung recht in die Augen springen zu lassen. So,
gebärdet man sich vielfach, als ob man den Privatbahnen jede
Verkehrserleichterung, jede Tarifermäßigung habe abtrotzen müssen,
als hätten sie aus lauter Dividendensucht von sich aus rein
nichts gethan zur Hebung des Verkehrs. Das ist doch ein-
fach übertieben. Die bundesrätliche Botschaft vom 25. März
1897 ist zwar auch nicht frei von Vorwürfen dieser Art; allein
sie anerkennt doch selbst (S. 64) wie mancherlei die Ge-
sellschaften auch von sich aus geleistet haben und genau dieselbe
Anerkennung findet sich in dem gehaltvollen Votum des Hrn.
Nationalrat Cramer-Frey anläßlich der Eintretensfrage.

Schon jetzt und ohne Verstaatlichung sind nicht nur im all-
gemeinen, sondern auch speziell zu Gunsten der Landwirtschaft
Spezialtarife aufgekommen, s. z. B. für Kalk, Cement u. s. w.
Düngmittel, ebenso günstigere Exporttarife für Käse, Obst, Ge-
treide, Hülsenfrüchte, Holz und zwar sind dies Ermäßigungen
von 20--50% je nach der Entfernung. Man wird jetzt froh
sein müssen, wenn die Staatsbahnen diese Ausnahmetarife für
die Landwirtschaft aufrecht erhalten.

An diese ganz einfache Thatsache wird man doch wohl er-
innern dürfen, ohne deshalb einseitiger Parteinahme für die Ge-
sellschaften geziehen zu werden. In dem, was man heute nament-
lich in den Volksversammlungen verspricht, setzt man das Volk,
namentlich den Bauernstand, argen Enttäuschungen aus. Man
treibt die unwahre Rühmerei so weit, daß selbst rückkaufsfreund-
liche Blätter, wie z. B. die "Basellandsch. Ztg." ihre eigenen
Leute
warnen müssen.

Bezüglich der Personentaxen wollen wir nun die
Nordostbahn und die Zentralbahn ins Auge fassen. Jene rechnet
für einfache Fahrt per Kilometer 5,2 III. Klasse. Billiger
kann auch die verstaatlichte Bahn nicht rechnen, es ist die äußerst
zulässige Grenze, bis zu welcher nach Aussage des Herrn Bundes-
rat Dr. Zemp der Bund nach der Verstaatlichung gehen kann!

Die Zentralbahn hat die billigsten Retourbillets und es ist
von verschiedenen Rednern, besonders auch von Zschokke hervor-
gehoben worden, daß sie die Taxermäßigung ganz von sich aus
eingeführt hat. Wir fahren beispielsweise jetzt von Thun nach
Bern hin und zurück für Fr. 2. --, von Thun nach Burgdorf
[Spaltenumbruch] für Fr. 3.45, von Thun nach Langenthal für Fr. 5.05. Sagt
doch der Chef des Eisenbahndepariements in der eingangs er-
wähnten Rede (amtl. stenogr. Bulletin 1897, Sept. bis Oktober,
Seite 920):

"Hand in Hand mit der Vereinheitlichung wird eine Re-
duktion der Tarife verlangt und zwar in der Weise, daß sowohl
im Personen- als im Güterverkehr die gegenwärtig geltenden
niedrigsten Taxen für das ganze Eisenbahnnetz gültig erklärt
werden. Das hat zur Folge, daß im Personenverkehr für die
einfache Fahrt die Taxen der Nordostbahn und die Retourfahrt
diejenigen der schweiz. Zentralbahn als gültig erklärt werden". So-
weit geht das Versprechen des Bundesrates und daraus geht
wohl deutlich genug hervor, daß an ein billigeres Fahren auf
der ganzen Strecke der Zentralbahn und im Gesamtgebiete der
Nordostbahn nicht zu denken ist. Das letztere Gebiet erfährt
auch hinsichtlich des Gütertransportes keine Erleichterung, sowenig
als das Gesamtnetz der Jura-Simplonbahn. Wer dem Volke
mehr verspricht, der macht sich der Irreleit-
ung der öffentlichen Meinung schuldig
.

Auch die Bundesversammlung ist in ihren Versprechungen
nicht über diese äußerste zuläßige Grenze hinausgegangen. Gewiß
hat Hr. Zschokke recht, wenn er sagt: "Ich halte dafür, daß die
Verstaatlichung der Eisenbahnen nicht stattfinden kann, wenn sie
nicht durch eine Ermäßigung der Tarife inauguriert wird"
(Zschokke, amtl. stenogr. Bulletin, September bis Oktober
1897, Seite 896) allein auch er getraut sich nicht, über das Ver-
sprechen hinauszugehen, das wir oben dem Votum von Hr.
Bundesrat Zemp entnommen haben. Freilich unter einer ge-
wissen Bedingung hängt auch für ihn, wie für einen andern
Aargauer den Himmel voll Baßgeigen. Er sagt in derselben
Rede: Auf, unsern Eisenbahnen sollen wir dereinst, wie bei der
Post nur die Betriebskosten zu bezahlen haben und das Schweizer-
volk soll zu den niedrigsten Ansätzen, so zu sagen frei auf den
Bahnen verkehren, nachdem die Schuldentilgung vollzogen ist.
Wer denkt bei diesen Aussagen nicht an die Stelle aus Bürgi's
"Kaiser und Abt":

Ha, rief der Kaiser, vortrefflicher Haber,
Ihr speiset die Pferde mit Wenn und mit Aber.

Auch unser Herr Nationalrat Hirter spricht sich, nachdem er
Rendite und Grundlage für Personen- und Gütertransport auf
den preußischen Bahnen den unsrigen gegenüberstellt, sehr vor-
sichtig dahin aus: "Es sollte immer noch eine Tarifermäßigung
möglich sein, sofern wir unsere Bahnen nicht zu theuer erwerben".
(Amtl. stenogr. Bulletin, Sept. bis Okt. 1897, Seite 870.)

Unter diesen Umständen haben die HH. Cramer-Frey und
Benziger gewiß recht, wenn sie vor Illusionen warnten. Der
letztere ging auf die Wege der Ernüchterung sogar bis zur Be-
hauptung: es ist nicht gesagt, daß der Bund die Tarife nur
reduzieren, er kann sie im Notfalle erhöhen. (Amtl.
stenogr. Bulletin, Sept. bis Okt. 1897, Seite 836). Mit dieser
Möglichkeit scheinen auch andere im stillen schon gerechnet zu
haben, sonst wäre es doch trotz aller Erklärung unverständlich,
warum man die Anträge Kuntschen und Theraulaz im Gesetz
selbst wenigstens die Aufrechthaltung der jetzigen Tarife
zuzusichern, so beharrlich ablehnte. Das ist ein Vorgang,
der nicht genug betrachtet werden kann. Die beiden HH. wollten
ja nicht einmal die Zusicherung einer Preisherabsetzung, sie wollten
ja nur die gesetzliche Grundlage gegen eine Preiserhöhung, aber
nicht einmal diese bescheidene Forderung wurde bewilligt, und im
Gesetze selbst -- das ist ja doch die Hauptsache
-- steht denn auch von der Reduktion der Ta-
rife nichts,
außer der magern Zusicherung in § 8, daß 80%
der Ueberschüsse unter anderm auch zur Herabsetzung der Per-
sonen- und Gütertarife verwendet werden sollten. Diese be-
denkliche Lücke im Gesetze ist ja dem Volke gar nicht bekannt;
wir wollen daher speziell hervorheben, daß gerade Herr Stände-
rat von Arx darauf aufmerksam gemacht und gesagt hat: "Wo
steht aber im Gesetz, daß die Tarife nun sofort revidiert werden?"
Das steht nirgends. (Amtl. stenogr. Bulletin, Juni 1897,
Seite 1293). Wir erwähnten § 8 des Gesetzes, welcher von der
Verwendung der Ueberschüsse redet. Ueberschüsse lassen sich nur
dann verwenden, wenn sie vorhanden sind. Und da kommen
wir auf das Wenn und das Aber des Hrn. Hirter zurück.




Zur schwyzer. Verfassungsfrage.
(Korrespondenz).

Im Jahre 1857, also vor 40 Jahren, wurde von der Krone
Württembergs mit dem Apostolischen Stuhle eine Vereinbarung
getroffen, welche, sollte die neue Verfassung im Kanton Schwyz
angenommen werden, das katholische Volk des Kantons aufs tiefste be-
schämen muß. Warum? Weil eine protestantische Regierung eines
mehrheitlichen protestantischen Landes, die katholische Welt belehren
würde, daß selbst Protestanten der katholischen Kirche jene Rechte
einräumen, welche von ihr stetsfort gefordert worden sind und um
so mehr in einem katholischen Lande respektiert werden müssen,
aber -- vorenthalten werden sollen. Nicht nur das Kirchenver-
mögen als solches, sondern auch das Vermögen der kirchlichen
Klöster als Teileigentum einer kirchlich anerkannten Genossenschaft soll
ohne kirchliche Oberaufsicht, ohne kirchliche Rechtseinsprüche vom
abgewaltigen Staate verwaltet, d. h. als von der Kirche unabhäng-
iges Gut verfassungsgemäß betrachtet werden können. Fast möchten
wir sagen: Die Katholiken, welche zu Artikel 28 und 29 stehen,
sind, wenn vielleicht ohne ihr Wissen, ärgere Bedränger der Kirche,
als der katholischen Kirche fernstehende Protestanten.

Artikel 10 obgenannter Vereinbarung zwischen Württemberg
und dem Apostolischen Stuhle lautet folgendermaßen:


[Spaltenumbruch]

"Das Vermögen, welches die Kirche als ihr
Eigentum besitzt oder in Zukunft erwerben wird,
ist beständig unverletzt zu erhalten,
und wird dasselbe
ohne Zustimmung der Kirchengewalt niemals eine
Veränderung
oder Veräußerung erleiden, noch werden dessen
Früchte zu anderen Zwecken verwendet werden; indessen unterliegt
dasselbe den öffentlichen Lasten und Abgaben, sowie den übrigen,
allgemeinen Gesetzen des Königreiches, wie alles andere Eigentum."

Setzen wir einmal ab! Das Vermögen soll unverletzt erhalten
bleiben; ohne Zustimmung der Kirchengewalt wird niemals eine
Veränderung desselben gestattet fein. Wie tönts im liberalen Kreise
der Schwyzer Herren, besser gesagt, was verlangen die liberalen Ton-
angeber im schwyzerischen Verfassungsrate? Diese wollen jeder
geistlichen Korporation wie jeder Gemeinde die Verwaltung und
Befugnis sichern, die Art und Weise der Benützung und der Ver-
waltung ihrer Güter selbst zu bestimmen. Was sagen nun diese
Worte? Jede Kirchgemeinde darf die kirchlichen Güter benützen
und Verwalten, wie sie will. Will sie eine Kirche, und diese ist
durch die hl. Weihe Kirchengut, einem beliebigen weltlichen Vereine
zu einer Produktion anheimstellen, sie darf es thun; der Bischof
hätte nach Gesetz nichts zu sagen. Will die Kirchgemeinde das
katholische Gotteshaus einem von der allfällig liberalen Mehr-
heit begünstigten neuen Sektlein überweisen, sie ist nicht verfassungs-
gemäß verhindert; die kirchlichen Behörden mögen Verwahrung
einlegen -- es nützt nichts. Will die Kirchgemeinde eine Teilung
"ihrer" Güter vornehmen und einer der katholischen Kirche absolut
widersprechenden Religionsgenossenschaft den einen Teil zusprechen
-- wohlan, Bischof und Papst hin oder her: wir haben ein Gesetz
und nach dem muß er .... sich fügen; wir machen, was wir
wollen; so steht's in "unserer" Verfassung. Als vom Vertreter des
Bischofs und seiner Geistlichkeit im Verfassungsrate gefordert
wurde, die Bestimmungen des Kirchenrechtes möchten wie die be-
züglichen Bestimmungen des Bundesrechtes bei Artikel 28 vorbe-
halten sein, da höhnte man in ultraliberalen Kreisen darüber. Ja,
ja! Der Staat, die Kirchgemeinde haben um kirchliche Gesetze sich
nicht zu kümmern; was die Kirchengemeinde anordnet, das ist recht;
was die liberale Verfassung stipuliert, das ist recht; es gibt nur
ein
höheres Recht, das Bundesrecht.

Einer der liberalen Wortführer im finsteren, von ihm noch
aufzuklärenden Walde hat einem sonst nicht engherzigen Geistlichen
bekannt: Papa Bund geht mir über Alles. Im Verfassungsent-
wurfe ist seine Maxime niedergelegt. Ueber dem Rechte der Kir-
chengemeinde steht nicht das Recht der Kirche, warum nicht gar!
Es gibt nur eine Gewalt, die Staatsgewalt; im Schwyzerlande
hat man kein Kirchenrecht mehr anzerkennen oder nur, insoweit
es beliebt.

Im protestantischen Württemberg erkennt die königliche Re-
gierung ein Kirchenrecht an -- im katholischen Schwyzerlande gilt
nur das Staatsrecht. Dort ist eine Veränderung des Kirchen-
vermögens unmöglich, wenn die Kirchengewalt es nicht zuläßt
hier freies Bestimmungsrecht über Benützung der Kichengüter.

O, gewiß, Artikel 28 der Verfassung soll ganz harmlos sein --
so sagen es die Liberalen Führer und was die Liberalen sagen,
soll und muß doch wahr sein. Die Verwaltung der Kirchengüter
wird stetsfort bei den Gemeinden bleiben, so lange, wie fast überall
bis anhin die Verwaltung in solider, rechter Weise geführt werden
wird, aber eine allfällige Einsprache der kirchlichen Behörden soll
doch auch noch ermöglicht sein. Auf geplante Weise jedes Kirchen-
recht aufheben wollen und das geschieht bei Annahme der neuen
Verfassung, stünde einem gut katholischen Volke, wie die Schwyzer
gewesen und bis jetzt bekannt sind, äußerst schlecht an -- das
hieße demselben den höchsten Ehrentitel "katholisch" rauben.




* Was ist besser, was ist schlimmer?

(Fortsetzung.)




"Billiger fahren werden wir, und geringere
Frachttaxen bekommen,
" gibt man den Leuten vor, um
sie zu ködern. Auch das ist wieder gelogen, daß mans mit
Händen greifen kann. Hr. B.-Rat Zemp hat zwar ausgerechnet,
man werde über die Zinszahlungen und andere Kosten hinaus
immer noch einen jährlichen Vorschlag von rund 4 Millionen
machen und mit diesem Vorschlag werde man dann in 60 Jah-
ren die ganze Eisenbahnschuld abtragen können. Leider hat aber
Hr. Zemp und seine Nachbeter auch hier wieder die Rechnung
ohne den Wirt gemacht. Der Wirt aber sind die Bahnge-
sellschaften
und die rechnen ganz anders. Um nun mit
dem ganz kleinen Beispiel unserer Vereinigten Schweizerbahnen
zu kommen, die doch mit ihren Stammaktien noch ziemlich unter
dem gegenwärtig landesüblichen Zinsfuß stehen, so haben sie be-
reits angemeldet, daß sie mit der Rechnung Zemp's nicht ein-
verstanden seien und das bescheidene Sümmchen von 10 Mil-
lionen mehr
verlangen. Hinter ihnen aber kommen die
besser situierten N.-O.-Bahn, Centralbahn etc, die sagen und ihre
Rechnungen differieren bloß um 100 und 150 Millionen; um
soviel kommen wir zu kurz." Dagegen müssen wir die Jura-
Simplonbahn dennoch voll bezahlen, obwohl ihre Aktien kaum
die Hälfte ihres Namens wert sind oder rentieren. "Ja! Dann
gibt man ihnen doch nicht mehr, als wir ausgerechnet haben,
ruft der interessante "Juden-Freund" der "Ostschweiz". Was
folgt dann, wenn der Verkäufer, der das verbriefte Konzessions-
recht auf seiner Seite hat, nicht nachgeben will? Antwort: Ein
dicker, fetter Prozeß, dessen Endschaft gar nicht voraus be-
stimmt werden kann. Die fetteste Gesellschaft ist aber gegenwärtig
die der Gotthardbahn, die rentiert momentan über 7%; aber
die darf man momentan nicht recht anrühren. Man weiß nicht,
wie mit dieser Katze umspringen, denn da haben unsere Nach-
barn Italien 54 Millionen, Deutschland 35 Millionen, die
Schweiz mit einzelnen Kantonen 29 Millionen an "Subventionen"
(Unterstützung) geleistet. Die werden kommen und sagen: Holla!
ihr Schweizer! Diese Subventionen haben wir nicht Euch
zuerkannt, sondern der Gesellschaft gegeben (unter den be-
kannten oder noch nicht bekannten Bedingungen: "aus politschem
Interesse", wie Bismarck im deutschen Reichstag sich ausgedrückt);

Nr. 9. Uznach, Mittwoch den 2. Februar 1898. 43. Jahrgang.


St. Galler Volksblatt.
Publikations-Organ der Bezirke See und Gaſter.
Obligatoriſch in Uznach, Jona, Gommiswald, St. Gallenkappel, Rapperswil, Schmerikon, Eſchenbach, Ernetſchwil, Goldingen

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halbjährlich Fr. 2. 50 Rp., vierteljährlich Fr. 1. 30 Rp. Bei der eidgen. Poſt
jährlich Fr. 5. — Rp., halbjährlich Fr. 2. 60 Rp., vierteljährlich Fr. 1. 40 Rp.
Für das Ausland (Poſtverein) jede Nummer mit Adreſſe halbjährlich Fr. 5,
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Inſeratenbureaux): Die kleinſpaltige Petitzeile oder deren Raum 10 Rp. —
Für die übrigen Inſerenten koſtet die kleinſpaltige Petitzeile oder deren Raum
15 Rp. Bei Wiederholungen Rabatt. — Inſerate müſſen bis jeweilen ſpäteſtens
Dienſtag und Freitag vormittags 10 Uhr abgegeben werden.




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Erſcheint Mittwoch und Samstag.


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Druck und Verlag von K. Oberholzer’s Buchdruckerei, Uznach.

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Nothelfer und Nothelferin.
Zu Rapperswil der Roſenſtadt
Hat ein Poëm erſonnen
Ein Bundesdichter rar und hehr,
Von hohem Mut entbronnen.
Dem Rückkauf ſoll das Mahngedicht
Zum ſtolzen Siege nützen;
Es ſoll den Bund und ſein Syſtem
Für alle Zeiten ſtützen.
Damit des Sängers Meiſterwerk
Den Einfluß rings entfalte,
Rührt ſich die Tante „Wochenblatt“,
Die vielverdiente Alte.
Sie hat ſich als Gevatterin
Gar ſelber unterſchrieben,
Und auch die Poſtdirektion
Iſt nicht zurückgeblieben.
Denn portofrei verſenden darf
Die Tante all’ die Lieder,
Und für des Sängers Honorar
Pumpt ſie bei Hoch und Nieder.
Und erſt das Lied! Wie klaſſich fein
In Reimen und Gedanken!
Faſt möchten Göthe, Schiller ſich
Um dieſes Opus zanken.
Nun denket euch dies Notgedicht
In jedes Bürgers Händen
Und Tante’s Unterſchrift dabei —
Wie herrlich muß das enden!
Fürwahr, wenn euch der Kauf gelingt,
So haltet euch verpflichtet
Dem „Wochenblatt“ und ſeinem Freund,
Der ihm ſo ſchön gedichtet.
Schon auf den erſten Staatsbahnzug
Müßt ihr die beiden ſetzen
Und fahren ſie im Land herum
Dem Volke zum Ergötzen.



Zur Eiſenbahnverſtaatlichung.



III.

Drei Hauptargumente ſind es, welche ſachlich zu Gunſten
der Eiſenbahnverſtaatlichung angeführt werden: die Tarifre-
duktion,
die billigere Verwaltung und die Am-
mortiſation der Eiſenbahnſchuld
.

Es iſt daher zunächſt zu unterſuchen, ob die Auskunft, welche
die amtlichen Quellen uns über die zukünftigen Bahnen geben,
als befriedigend bezeichnet werden kann.

Man muß in der That ſorgfältig unterſcheiden zwiſchen
dem, was in der bundesrätlichen Botſchaft verſprochen, in den
Verhandlungen der Bundesverſammlung in Ausſicht geſtellt, im
Geſetze ſelbſt niedergelegt und dem, was draußen in weitern Volks-
kreiſen gehofft und verſprochen wird. Wenn das nicht geſchieht,
ſo werden ſpäter die Behörden verantwortlich gemacht für Dinge,
die ihnen nicht zur Laſt fallen. Nun müſſen wir zunächſt konſta-
tieren, daß wir bei allen Neuerungen, ſo auch hier, der herrſchende
Zuſtand in übertriebener Weiſe bemängelt wird, um die Dringlich-
keit der Neuerung recht in die Augen ſpringen zu laſſen. So,
gebärdet man ſich vielfach, als ob man den Privatbahnen jede
Verkehrserleichterung, jede Tarifermäßigung habe abtrotzen müſſen,
als hätten ſie aus lauter Dividendenſucht von ſich aus rein
nichts gethan zur Hebung des Verkehrs. Das iſt doch ein-
fach übertieben. Die bundesrätliche Botſchaft vom 25. März
1897 iſt zwar auch nicht frei von Vorwürfen dieſer Art; allein
ſie anerkennt doch ſelbſt (S. 64) wie mancherlei die Ge-
ſellſchaften auch von ſich aus geleiſtet haben und genau dieſelbe
Anerkennung findet ſich in dem gehaltvollen Votum des Hrn.
Nationalrat Cramer-Frey anläßlich der Eintretensfrage.

Schon jetzt und ohne Verſtaatlichung ſind nicht nur im all-
gemeinen, ſondern auch ſpeziell zu Gunſten der Landwirtſchaft
Spezialtarife aufgekommen, ſ. z. B. für Kalk, Cement u. ſ. w.
Düngmittel, ebenſo günſtigere Exporttarife für Käſe, Obſt, Ge-
treide, Hülſenfrüchte, Holz und zwar ſind dies Ermäßigungen
von 20—50% je nach der Entfernung. Man wird jetzt froh
ſein müſſen, wenn die Staatsbahnen dieſe Ausnahmetarife für
die Landwirtſchaft aufrecht erhalten.

An dieſe ganz einfache Thatſache wird man doch wohl er-
innern dürfen, ohne deshalb einſeitiger Parteinahme für die Ge-
ſellſchaften geziehen zu werden. In dem, was man heute nament-
lich in den Volksverſammlungen verſpricht, ſetzt man das Volk,
namentlich den Bauernſtand, argen Enttäuſchungen aus. Man
treibt die unwahre Rühmerei ſo weit, daß ſelbſt rückkaufsfreund-
liche Blätter, wie z. B. die „Baſellandſch. Ztg.“ ihre eigenen
Leute
warnen müſſen.

Bezüglich der Perſonentaxen wollen wir nun die
Nordoſtbahn und die Zentralbahn ins Auge faſſen. Jene rechnet
für einfache Fahrt per Kilometer 5,2 III. Klaſſe. Billiger
kann auch die verſtaatlichte Bahn nicht rechnen, es iſt die äußerſt
zuläſſige Grenze, bis zu welcher nach Ausſage des Herrn Bundes-
rat Dr. Zemp der Bund nach der Verſtaatlichung gehen kann!

Die Zentralbahn hat die billigſten Retourbillets und es iſt
von verſchiedenen Rednern, beſonders auch von Zſchokke hervor-
gehoben worden, daß ſie die Taxermäßigung ganz von ſich aus
eingeführt hat. Wir fahren beiſpielsweiſe jetzt von Thun nach
Bern hin und zurück für Fr. 2. —, von Thun nach Burgdorf
[Spaltenumbruch] für Fr. 3.45, von Thun nach Langenthal für Fr. 5.05. Sagt
doch der Chef des Eiſenbahndepariements in der eingangs er-
wähnten Rede (amtl. ſtenogr. Bulletin 1897, Sept. bis Oktober,
Seite 920):

„Hand in Hand mit der Vereinheitlichung wird eine Re-
duktion der Tarife verlangt und zwar in der Weiſe, daß ſowohl
im Perſonen- als im Güterverkehr die gegenwärtig geltenden
niedrigſten Taxen für das ganze Eiſenbahnnetz gültig erklärt
werden. Das hat zur Folge, daß im Perſonenverkehr für die
einfache Fahrt die Taxen der Nordoſtbahn und die Retourfahrt
diejenigen der ſchweiz. Zentralbahn als gültig erklärt werden“. So-
weit geht das Verſprechen des Bundesrates und daraus geht
wohl deutlich genug hervor, daß an ein billigeres Fahren auf
der ganzen Strecke der Zentralbahn und im Geſamtgebiete der
Nordoſtbahn nicht zu denken iſt. Das letztere Gebiet erfährt
auch hinſichtlich des Gütertransportes keine Erleichterung, ſowenig
als das Geſamtnetz der Jura-Simplonbahn. Wer dem Volke
mehr verſpricht, der macht ſich der Irreleit-
ung der öffentlichen Meinung ſchuldig
.

Auch die Bundesverſammlung iſt in ihren Verſprechungen
nicht über dieſe äußerſte zuläßige Grenze hinausgegangen. Gewiß
hat Hr. Zſchokke recht, wenn er ſagt: „Ich halte dafür, daß die
Verſtaatlichung der Eiſenbahnen nicht ſtattfinden kann, wenn ſie
nicht durch eine Ermäßigung der Tarife inauguriert wird“
(Zſchokke, amtl. ſtenogr. Bulletin, September bis Oktober
1897, Seite 896) allein auch er getraut ſich nicht, über das Ver-
ſprechen hinauszugehen, das wir oben dem Votum von Hr.
Bundesrat Zemp entnommen haben. Freilich unter einer ge-
wiſſen Bedingung hängt auch für ihn, wie für einen andern
Aargauer den Himmel voll Baßgeigen. Er ſagt in derſelben
Rede: Auf, unſern Eiſenbahnen ſollen wir dereinſt, wie bei der
Poſt nur die Betriebskoſten zu bezahlen haben und das Schweizer-
volk ſoll zu den niedrigſten Anſätzen, ſo zu ſagen frei auf den
Bahnen verkehren, nachdem die Schuldentilgung vollzogen iſt.
Wer denkt bei dieſen Ausſagen nicht an die Stelle aus Bürgi’s
„Kaiſer und Abt“:

Ha, rief der Kaiſer, vortrefflicher Haber,
Ihr ſpeiſet die Pferde mit Wenn und mit Aber.

Auch unſer Herr Nationalrat Hirter ſpricht ſich, nachdem er
Rendite und Grundlage für Perſonen- und Gütertransport auf
den preußiſchen Bahnen den unſrigen gegenüberſtellt, ſehr vor-
ſichtig dahin aus: „Es ſollte immer noch eine Tarifermäßigung
möglich ſein, ſofern wir unſere Bahnen nicht zu theuer erwerben“.
(Amtl. ſtenogr. Bulletin, Sept. bis Okt. 1897, Seite 870.)

Unter dieſen Umſtänden haben die HH. Cramer-Frey und
Benziger gewiß recht, wenn ſie vor Illuſionen warnten. Der
letztere ging auf die Wege der Ernüchterung ſogar bis zur Be-
hauptung: es iſt nicht geſagt, daß der Bund die Tarife nur
reduzieren, er kann ſie im Notfalle erhöhen. (Amtl.
ſtenogr. Bulletin, Sept. bis Okt. 1897, Seite 836). Mit dieſer
Möglichkeit ſcheinen auch andere im ſtillen ſchon gerechnet zu
haben, ſonſt wäre es doch trotz aller Erklärung unverſtändlich,
warum man die Anträge Kuntſchen und Thèraulaz im Geſetz
ſelbſt wenigſtens die Aufrechthaltung der jetzigen Tarife
zuzuſichern, ſo beharrlich ablehnte. Das iſt ein Vorgang,
der nicht genug betrachtet werden kann. Die beiden HH. wollten
ja nicht einmal die Zuſicherung einer Preisherabſetzung, ſie wollten
ja nur die geſetzliche Grundlage gegen eine Preiserhöhung, aber
nicht einmal dieſe beſcheidene Forderung wurde bewilligt, und im
Geſetze ſelbſt — das iſt ja doch die Hauptſache
— ſteht denn auch von der Reduktion der Ta-
rife nichts,
außer der magern Zuſicherung in § 8, daß 80%
der Ueberſchüſſe unter anderm auch zur Herabſetzung der Per-
ſonen- und Gütertarife verwendet werden ſollten. Dieſe be-
denkliche Lücke im Geſetze iſt ja dem Volke gar nicht bekannt;
wir wollen daher ſpeziell hervorheben, daß gerade Herr Stände-
rat von Arx darauf aufmerkſam gemacht und geſagt hat: „Wo
ſteht aber im Geſetz, daß die Tarife nun ſofort revidiert werden?“
Das ſteht nirgends. (Amtl. ſtenogr. Bulletin, Juni 1897,
Seite 1293). Wir erwähnten § 8 des Geſetzes, welcher von der
Verwendung der Ueberſchüſſe redet. Ueberſchüſſe laſſen ſich nur
dann verwenden, wenn ſie vorhanden ſind. Und da kommen
wir auf das Wenn und das Aber des Hrn. Hirter zurück.




Zur ſchwyzer. Verfaſſungsfrage.
(Korreſpondenz).

Im Jahre 1857, alſo vor 40 Jahren, wurde von der Krone
Württembergs mit dem Apoſtoliſchen Stuhle eine Vereinbarung
getroffen, welche, ſollte die neue Verfaſſung im Kanton Schwyz
angenommen werden, das katholiſche Volk des Kantons aufs tiefſte be-
ſchämen muß. Warum? Weil eine proteſtantiſche Regierung eines
mehrheitlichen proteſtantiſchen Landes, die katholiſche Welt belehren
würde, daß ſelbſt Proteſtanten der katholiſchen Kirche jene Rechte
einräumen, welche von ihr ſtetsfort gefordert worden ſind und um
ſo mehr in einem katholiſchen Lande reſpektiert werden müſſen,
aber — vorenthalten werden ſollen. Nicht nur das Kirchenver-
mögen als ſolches, ſondern auch das Vermögen der kirchlichen
Klöſter als Teileigentum einer kirchlich anerkannten Genoſſenſchaft ſoll
ohne kirchliche Oberaufſicht, ohne kirchliche Rechtseinſprüche vom
abgewaltigen Staate verwaltet, d. h. als von der Kirche unabhäng-
iges Gut verfaſſungsgemäß betrachtet werden können. Faſt möchten
wir ſagen: Die Katholiken, welche zu Artikel 28 und 29 ſtehen,
ſind, wenn vielleicht ohne ihr Wiſſen, ärgere Bedränger der Kirche,
als der katholiſchen Kirche fernſtehende Proteſtanten.

Artikel 10 obgenannter Vereinbarung zwiſchen Württemberg
und dem Apoſtoliſchen Stuhle lautet folgendermaßen:


[Spaltenumbruch]

Das Vermögen, welches die Kirche als ihr
Eigentum beſitzt oder in Zukunft erwerben wird,
iſt beſtändig unverletzt zu erhalten,
und wird dasſelbe
ohne Zuſtimmung der Kirchengewalt niemals eine
Veränderung
oder Veräußerung erleiden, noch werden deſſen
Früchte zu anderen Zwecken verwendet werden; indeſſen unterliegt
dasſelbe den öffentlichen Laſten und Abgaben, ſowie den übrigen,
allgemeinen Geſetzen des Königreiches, wie alles andere Eigentum.“

Setzen wir einmal ab! Das Vermögen ſoll unverletzt erhalten
bleiben; ohne Zuſtimmung der Kirchengewalt wird niemals eine
Veränderung desſelben geſtattet fein. Wie tönts im liberalen Kreiſe
der Schwyzer Herren, beſſer geſagt, was verlangen die liberalen Ton-
angeber im ſchwyzeriſchen Verfaſſungsrate? Dieſe wollen jeder
geiſtlichen Korporation wie jeder Gemeinde die Verwaltung und
Befugnis ſichern, die Art und Weiſe der Benützung und der Ver-
waltung ihrer Güter ſelbſt zu beſtimmen. Was ſagen nun dieſe
Worte? Jede Kirchgemeinde darf die kirchlichen Güter benützen
und Verwalten, wie ſie will. Will ſie eine Kirche, und dieſe iſt
durch die hl. Weihe Kirchengut, einem beliebigen weltlichen Vereine
zu einer Produktion anheimſtellen, ſie darf es thun; der Biſchof
hätte nach Geſetz nichts zu ſagen. Will die Kirchgemeinde das
katholiſche Gotteshaus einem von der allfällig liberalen Mehr-
heit begünſtigten neuen Sektlein überweiſen, ſie iſt nicht verfaſſungs-
gemäß verhindert; die kirchlichen Behörden mögen Verwahrung
einlegen — es nützt nichts. Will die Kirchgemeinde eine Teilung
„ihrer“ Güter vornehmen und einer der katholiſchen Kirche abſolut
widerſprechenden Religionsgenoſſenſchaft den einen Teil zuſprechen
— wohlan, Biſchof und Papſt hin oder her: wir haben ein Geſetz
und nach dem muß er .... ſich fügen; wir machen, was wir
wollen; ſo ſteht’s in „unſerer“ Verfaſſung. Als vom Vertreter des
Biſchofs und ſeiner Geiſtlichkeit im Verfaſſungsrate gefordert
wurde, die Beſtimmungen des Kirchenrechtes möchten wie die be-
züglichen Beſtimmungen des Bundesrechtes bei Artikel 28 vorbe-
halten ſein, da höhnte man in ultraliberalen Kreiſen darüber. Ja,
ja! Der Staat, die Kirchgemeinde haben um kirchliche Geſetze ſich
nicht zu kümmern; was die Kirchengemeinde anordnet, das iſt recht;
was die liberale Verfaſſung ſtipuliert, das iſt recht; es gibt nur
ein
höheres Recht, das Bundesrecht.

Einer der liberalen Wortführer im finſteren, von ihm noch
aufzuklärenden Walde hat einem ſonſt nicht engherzigen Geiſtlichen
bekannt: Papa Bund geht mir über Alles. Im Verfaſſungsent-
wurfe iſt ſeine Maxime niedergelegt. Ueber dem Rechte der Kir-
chengemeinde ſteht nicht das Recht der Kirche, warum nicht gar!
Es gibt nur eine Gewalt, die Staatsgewalt; im Schwyzerlande
hat man kein Kirchenrecht mehr anzerkennen oder nur, inſoweit
es beliebt.

Im proteſtantiſchen Württemberg erkennt die königliche Re-
gierung ein Kirchenrecht an — im katholiſchen Schwyzerlande gilt
nur das Staatsrecht. Dort iſt eine Veränderung des Kirchen-
vermögens unmöglich, wenn die Kirchengewalt es nicht zuläßt
hier freies Beſtimmungsrecht über Benützung der Kichengüter.

O, gewiß, Artikel 28 der Verfaſſung ſoll ganz harmlos ſein —
ſo ſagen es die Liberalen Führer und was die Liberalen ſagen,
ſoll und muß doch wahr ſein. Die Verwaltung der Kirchengüter
wird ſtetsfort bei den Gemeinden bleiben, ſo lange, wie faſt überall
bis anhin die Verwaltung in ſolider, rechter Weiſe geführt werden
wird, aber eine allfällige Einſprache der kirchlichen Behörden ſoll
doch auch noch ermöglicht ſein. Auf geplante Weiſe jedes Kirchen-
recht aufheben wollen und das geſchieht bei Annahme der neuen
Verfaſſung, ſtünde einem gut katholiſchen Volke, wie die Schwyzer
geweſen und bis jetzt bekannt ſind, äußerſt ſchlecht an — das
hieße demſelben den höchſten Ehrentitel „katholiſch“ rauben.




* Was iſt beſſer, was iſt ſchlimmer?

(Fortſetzung.)




Billiger fahren werden wir, und geringere
Frachttaxen bekommen,
“ gibt man den Leuten vor, um
ſie zu ködern. Auch das iſt wieder gelogen, daß mans mit
Händen greifen kann. Hr. B.-Rat Zemp hat zwar ausgerechnet,
man werde über die Zinszahlungen und andere Koſten hinaus
immer noch einen jährlichen Vorſchlag von rund 4 Millionen
machen und mit dieſem Vorſchlag werde man dann in 60 Jah-
ren die ganze Eiſenbahnſchuld abtragen können. Leider hat aber
Hr. Zemp und ſeine Nachbeter auch hier wieder die Rechnung
ohne den Wirt gemacht. Der Wirt aber ſind die Bahnge-
ſellſchaften
und die rechnen ganz anders. Um nun mit
dem ganz kleinen Beiſpiel unſerer Vereinigten Schweizerbahnen
zu kommen, die doch mit ihren Stammaktien noch ziemlich unter
dem gegenwärtig landesüblichen Zinsfuß ſtehen, ſo haben ſie be-
reits angemeldet, daß ſie mit der Rechnung Zemp’s nicht ein-
verſtanden ſeien und das beſcheidene Sümmchen von 10 Mil-
lionen mehr
verlangen. Hinter ihnen aber kommen die
beſſer ſituierten N.-O.-Bahn, Centralbahn ꝛc, die ſagen und ihre
Rechnungen differieren bloß um 100 und 150 Millionen; um
ſoviel kommen wir zu kurz.“ Dagegen müſſen wir die Jura-
Simplonbahn dennoch voll bezahlen, obwohl ihre Aktien kaum
die Hälfte ihres Namens wert ſind oder rentieren. „Ja! Dann
gibt man ihnen doch nicht mehr, als wir ausgerechnet haben,
ruft der intereſſante „Juden-Freund“ der „Oſtſchweiz“. Was
folgt dann, wenn der Verkäufer, der das verbriefte Konzeſſions-
recht auf ſeiner Seite hat, nicht nachgeben will? Antwort: Ein
dicker, fetter Prozeß, deſſen Endſchaft gar nicht voraus be-
ſtimmt werden kann. Die fetteſte Geſellſchaft iſt aber gegenwärtig
die der Gotthardbahn, die rentiert momentan über 7%; aber
die darf man momentan nicht recht anrühren. Man weiß nicht,
wie mit dieſer Katze umſpringen, denn da haben unſere Nach-
barn Italien 54 Millionen, Deutſchland 35 Millionen, die
Schweiz mit einzelnen Kantonen 29 Millionen an „Subventionen“
(Unterſtützung) geleiſtet. Die werden kommen und ſagen: Holla!
ihr Schweizer! Dieſe Subventionen haben wir nicht Euch
zuerkannt, ſondern der Geſellſchaft gegeben (unter den be-
kannten oder noch nicht bekannten Bedingungen: „aus politſchem
Intereſſe“, wie Bismarck im deutſchen Reichstag ſich ausgedrückt);

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(Amtl. &#x017F;tenogr. Bulletin, Sept. bis Okt. 1897, Seite 870.)</p><lb/>
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&#x017F;ind, wenn vielleicht ohne ihr Wi&#x017F;&#x017F;en, ärgere Bedränger der Kirche,<lb/>
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[1/0001] Nr. 9. Uznach, Mittwoch den 2. Februar 1898. 43. Jahrgang. St. Galler Volksblatt. Publikations-Organ der Bezirke See und Gaſter. Obligatoriſch in Uznach, Jona, Gommiswald, St. Gallenkappel, Rapperswil, Schmerikon, Eſchenbach, Ernetſchwil, Goldingen Abonnementspreis: Bei den Verträgern und mit Adreſſe in der Schweiz halbjährlich Fr. 2. 50 Rp., vierteljährlich Fr. 1. 30 Rp. Bei der eidgen. Poſt jährlich Fr. 5. — Rp., halbjährlich Fr. 2. 60 Rp., vierteljährlich Fr. 1. 40 Rp. Für das Ausland (Poſtverein) jede Nummer mit Adreſſe halbjährlich Fr. 5, wöchentlich ein Mal halbjährlich Fr. 3. 50 Rp. [Abbildung] Telephon. Inſertionsgebühr für den Seebezirk und Gaſter (ohne Vermittlung der Inſeratenbureaux): Die kleinſpaltige Petitzeile oder deren Raum 10 Rp. — Für die übrigen Inſerenten koſtet die kleinſpaltige Petitzeile oder deren Raum 15 Rp. Bei Wiederholungen Rabatt. — Inſerate müſſen bis jeweilen ſpäteſtens Dienſtag und Freitag vormittags 10 Uhr abgegeben werden. Erſcheint Mittwoch und Samstag. Druck und Verlag von K. Oberholzer’s Buchdruckerei, Uznach. Wöchentl. Gratisbeilage „Linth-Blätter“. Nothelfer und Nothelferin. Zu Rapperswil der Roſenſtadt Hat ein Poëm erſonnen Ein Bundesdichter rar und hehr, Von hohem Mut entbronnen. Dem Rückkauf ſoll das Mahngedicht Zum ſtolzen Siege nützen; Es ſoll den Bund und ſein Syſtem Für alle Zeiten ſtützen. Damit des Sängers Meiſterwerk Den Einfluß rings entfalte, Rührt ſich die Tante „Wochenblatt“, Die vielverdiente Alte. Sie hat ſich als Gevatterin Gar ſelber unterſchrieben, Und auch die Poſtdirektion Iſt nicht zurückgeblieben. Denn portofrei verſenden darf Die Tante all’ die Lieder, Und für des Sängers Honorar Pumpt ſie bei Hoch und Nieder. Und erſt das Lied! Wie klaſſich fein In Reimen und Gedanken! Faſt möchten Göthe, Schiller ſich Um dieſes Opus zanken. Nun denket euch dies Notgedicht In jedes Bürgers Händen Und Tante’s Unterſchrift dabei — Wie herrlich muß das enden! Fürwahr, wenn euch der Kauf gelingt, So haltet euch verpflichtet Dem „Wochenblatt“ und ſeinem Freund, Der ihm ſo ſchön gedichtet. Schon auf den erſten Staatsbahnzug Müßt ihr die beiden ſetzen Und fahren ſie im Land herum Dem Volke zum Ergötzen. M. Zur Eiſenbahnverſtaatlichung. III. Drei Hauptargumente ſind es, welche ſachlich zu Gunſten der Eiſenbahnverſtaatlichung angeführt werden: die Tarifre- duktion, die billigere Verwaltung und die Am- mortiſation der Eiſenbahnſchuld. Es iſt daher zunächſt zu unterſuchen, ob die Auskunft, welche die amtlichen Quellen uns über die zukünftigen Bahnen geben, als befriedigend bezeichnet werden kann. Man muß in der That ſorgfältig unterſcheiden zwiſchen dem, was in der bundesrätlichen Botſchaft verſprochen, in den Verhandlungen der Bundesverſammlung in Ausſicht geſtellt, im Geſetze ſelbſt niedergelegt und dem, was draußen in weitern Volks- kreiſen gehofft und verſprochen wird. Wenn das nicht geſchieht, ſo werden ſpäter die Behörden verantwortlich gemacht für Dinge, die ihnen nicht zur Laſt fallen. Nun müſſen wir zunächſt konſta- tieren, daß wir bei allen Neuerungen, ſo auch hier, der herrſchende Zuſtand in übertriebener Weiſe bemängelt wird, um die Dringlich- keit der Neuerung recht in die Augen ſpringen zu laſſen. So, gebärdet man ſich vielfach, als ob man den Privatbahnen jede Verkehrserleichterung, jede Tarifermäßigung habe abtrotzen müſſen, als hätten ſie aus lauter Dividendenſucht von ſich aus rein nichts gethan zur Hebung des Verkehrs. Das iſt doch ein- fach übertieben. Die bundesrätliche Botſchaft vom 25. März 1897 iſt zwar auch nicht frei von Vorwürfen dieſer Art; allein ſie anerkennt doch ſelbſt (S. 64) wie mancherlei die Ge- ſellſchaften auch von ſich aus geleiſtet haben und genau dieſelbe Anerkennung findet ſich in dem gehaltvollen Votum des Hrn. Nationalrat Cramer-Frey anläßlich der Eintretensfrage. Schon jetzt und ohne Verſtaatlichung ſind nicht nur im all- gemeinen, ſondern auch ſpeziell zu Gunſten der Landwirtſchaft Spezialtarife aufgekommen, ſ. z. B. für Kalk, Cement u. ſ. w. Düngmittel, ebenſo günſtigere Exporttarife für Käſe, Obſt, Ge- treide, Hülſenfrüchte, Holz und zwar ſind dies Ermäßigungen von 20—50% je nach der Entfernung. Man wird jetzt froh ſein müſſen, wenn die Staatsbahnen dieſe Ausnahmetarife für die Landwirtſchaft aufrecht erhalten. An dieſe ganz einfache Thatſache wird man doch wohl er- innern dürfen, ohne deshalb einſeitiger Parteinahme für die Ge- ſellſchaften geziehen zu werden. In dem, was man heute nament- lich in den Volksverſammlungen verſpricht, ſetzt man das Volk, namentlich den Bauernſtand, argen Enttäuſchungen aus. Man treibt die unwahre Rühmerei ſo weit, daß ſelbſt rückkaufsfreund- liche Blätter, wie z. B. die „Baſellandſch. Ztg.“ ihre eigenen Leute warnen müſſen. Bezüglich der Perſonentaxen wollen wir nun die Nordoſtbahn und die Zentralbahn ins Auge faſſen. Jene rechnet für einfache Fahrt per Kilometer 5,2 III. Klaſſe. Billiger kann auch die verſtaatlichte Bahn nicht rechnen, es iſt die äußerſt zuläſſige Grenze, bis zu welcher nach Ausſage des Herrn Bundes- rat Dr. Zemp der Bund nach der Verſtaatlichung gehen kann! Die Zentralbahn hat die billigſten Retourbillets und es iſt von verſchiedenen Rednern, beſonders auch von Zſchokke hervor- gehoben worden, daß ſie die Taxermäßigung ganz von ſich aus eingeführt hat. Wir fahren beiſpielsweiſe jetzt von Thun nach Bern hin und zurück für Fr. 2. —, von Thun nach Burgdorf für Fr. 3.45, von Thun nach Langenthal für Fr. 5.05. Sagt doch der Chef des Eiſenbahndepariements in der eingangs er- wähnten Rede (amtl. ſtenogr. Bulletin 1897, Sept. bis Oktober, Seite 920): „Hand in Hand mit der Vereinheitlichung wird eine Re- duktion der Tarife verlangt und zwar in der Weiſe, daß ſowohl im Perſonen- als im Güterverkehr die gegenwärtig geltenden niedrigſten Taxen für das ganze Eiſenbahnnetz gültig erklärt werden. Das hat zur Folge, daß im Perſonenverkehr für die einfache Fahrt die Taxen der Nordoſtbahn und die Retourfahrt diejenigen der ſchweiz. Zentralbahn als gültig erklärt werden“. So- weit geht das Verſprechen des Bundesrates und daraus geht wohl deutlich genug hervor, daß an ein billigeres Fahren auf der ganzen Strecke der Zentralbahn und im Geſamtgebiete der Nordoſtbahn nicht zu denken iſt. Das letztere Gebiet erfährt auch hinſichtlich des Gütertransportes keine Erleichterung, ſowenig als das Geſamtnetz der Jura-Simplonbahn. Wer dem Volke mehr verſpricht, der macht ſich der Irreleit- ung der öffentlichen Meinung ſchuldig. Auch die Bundesverſammlung iſt in ihren Verſprechungen nicht über dieſe äußerſte zuläßige Grenze hinausgegangen. Gewiß hat Hr. Zſchokke recht, wenn er ſagt: „Ich halte dafür, daß die Verſtaatlichung der Eiſenbahnen nicht ſtattfinden kann, wenn ſie nicht durch eine Ermäßigung der Tarife inauguriert wird“ (Zſchokke, amtl. ſtenogr. Bulletin, September bis Oktober 1897, Seite 896) allein auch er getraut ſich nicht, über das Ver- ſprechen hinauszugehen, das wir oben dem Votum von Hr. Bundesrat Zemp entnommen haben. Freilich unter einer ge- wiſſen Bedingung hängt auch für ihn, wie für einen andern Aargauer den Himmel voll Baßgeigen. Er ſagt in derſelben Rede: Auf, unſern Eiſenbahnen ſollen wir dereinſt, wie bei der Poſt nur die Betriebskoſten zu bezahlen haben und das Schweizer- volk ſoll zu den niedrigſten Anſätzen, ſo zu ſagen frei auf den Bahnen verkehren, nachdem die Schuldentilgung vollzogen iſt. Wer denkt bei dieſen Ausſagen nicht an die Stelle aus Bürgi’s „Kaiſer und Abt“: Ha, rief der Kaiſer, vortrefflicher Haber, Ihr ſpeiſet die Pferde mit Wenn und mit Aber. Auch unſer Herr Nationalrat Hirter ſpricht ſich, nachdem er Rendite und Grundlage für Perſonen- und Gütertransport auf den preußiſchen Bahnen den unſrigen gegenüberſtellt, ſehr vor- ſichtig dahin aus: „Es ſollte immer noch eine Tarifermäßigung möglich ſein, ſofern wir unſere Bahnen nicht zu theuer erwerben“. (Amtl. ſtenogr. Bulletin, Sept. bis Okt. 1897, Seite 870.) Unter dieſen Umſtänden haben die HH. Cramer-Frey und Benziger gewiß recht, wenn ſie vor Illuſionen warnten. Der letztere ging auf die Wege der Ernüchterung ſogar bis zur Be- hauptung: es iſt nicht geſagt, daß der Bund die Tarife nur reduzieren, er kann ſie im Notfalle erhöhen. (Amtl. ſtenogr. Bulletin, Sept. bis Okt. 1897, Seite 836). Mit dieſer Möglichkeit ſcheinen auch andere im ſtillen ſchon gerechnet zu haben, ſonſt wäre es doch trotz aller Erklärung unverſtändlich, warum man die Anträge Kuntſchen und Thèraulaz im Geſetz ſelbſt wenigſtens die Aufrechthaltung der jetzigen Tarife zuzuſichern, ſo beharrlich ablehnte. Das iſt ein Vorgang, der nicht genug betrachtet werden kann. Die beiden HH. wollten ja nicht einmal die Zuſicherung einer Preisherabſetzung, ſie wollten ja nur die geſetzliche Grundlage gegen eine Preiserhöhung, aber nicht einmal dieſe beſcheidene Forderung wurde bewilligt, und im Geſetze ſelbſt — das iſt ja doch die Hauptſache — ſteht denn auch von der Reduktion der Ta- rife nichts, außer der magern Zuſicherung in § 8, daß 80% der Ueberſchüſſe unter anderm auch zur Herabſetzung der Per- ſonen- und Gütertarife verwendet werden ſollten. Dieſe be- denkliche Lücke im Geſetze iſt ja dem Volke gar nicht bekannt; wir wollen daher ſpeziell hervorheben, daß gerade Herr Stände- rat von Arx darauf aufmerkſam gemacht und geſagt hat: „Wo ſteht aber im Geſetz, daß die Tarife nun ſofort revidiert werden?“ Das ſteht nirgends. (Amtl. ſtenogr. Bulletin, Juni 1897, Seite 1293). Wir erwähnten § 8 des Geſetzes, welcher von der Verwendung der Ueberſchüſſe redet. Ueberſchüſſe laſſen ſich nur dann verwenden, wenn ſie vorhanden ſind. Und da kommen wir auf das Wenn und das Aber des Hrn. Hirter zurück. Zur ſchwyzer. Verfaſſungsfrage. (Korreſpondenz). Im Jahre 1857, alſo vor 40 Jahren, wurde von der Krone Württembergs mit dem Apoſtoliſchen Stuhle eine Vereinbarung getroffen, welche, ſollte die neue Verfaſſung im Kanton Schwyz angenommen werden, das katholiſche Volk des Kantons aufs tiefſte be- ſchämen muß. Warum? Weil eine proteſtantiſche Regierung eines mehrheitlichen proteſtantiſchen Landes, die katholiſche Welt belehren würde, daß ſelbſt Proteſtanten der katholiſchen Kirche jene Rechte einräumen, welche von ihr ſtetsfort gefordert worden ſind und um ſo mehr in einem katholiſchen Lande reſpektiert werden müſſen, aber — vorenthalten werden ſollen. Nicht nur das Kirchenver- mögen als ſolches, ſondern auch das Vermögen der kirchlichen Klöſter als Teileigentum einer kirchlich anerkannten Genoſſenſchaft ſoll ohne kirchliche Oberaufſicht, ohne kirchliche Rechtseinſprüche vom abgewaltigen Staate verwaltet, d. h. als von der Kirche unabhäng- iges Gut verfaſſungsgemäß betrachtet werden können. Faſt möchten wir ſagen: Die Katholiken, welche zu Artikel 28 und 29 ſtehen, ſind, wenn vielleicht ohne ihr Wiſſen, ärgere Bedränger der Kirche, als der katholiſchen Kirche fernſtehende Proteſtanten. Artikel 10 obgenannter Vereinbarung zwiſchen Württemberg und dem Apoſtoliſchen Stuhle lautet folgendermaßen: „Das Vermögen, welches die Kirche als ihr Eigentum beſitzt oder in Zukunft erwerben wird, iſt beſtändig unverletzt zu erhalten, und wird dasſelbe ohne Zuſtimmung der Kirchengewalt niemals eine Veränderung oder Veräußerung erleiden, noch werden deſſen Früchte zu anderen Zwecken verwendet werden; indeſſen unterliegt dasſelbe den öffentlichen Laſten und Abgaben, ſowie den übrigen, allgemeinen Geſetzen des Königreiches, wie alles andere Eigentum.“ Setzen wir einmal ab! Das Vermögen ſoll unverletzt erhalten bleiben; ohne Zuſtimmung der Kirchengewalt wird niemals eine Veränderung desſelben geſtattet fein. Wie tönts im liberalen Kreiſe der Schwyzer Herren, beſſer geſagt, was verlangen die liberalen Ton- angeber im ſchwyzeriſchen Verfaſſungsrate? Dieſe wollen jeder geiſtlichen Korporation wie jeder Gemeinde die Verwaltung und Befugnis ſichern, die Art und Weiſe der Benützung und der Ver- waltung ihrer Güter ſelbſt zu beſtimmen. Was ſagen nun dieſe Worte? Jede Kirchgemeinde darf die kirchlichen Güter benützen und Verwalten, wie ſie will. Will ſie eine Kirche, und dieſe iſt durch die hl. Weihe Kirchengut, einem beliebigen weltlichen Vereine zu einer Produktion anheimſtellen, ſie darf es thun; der Biſchof hätte nach Geſetz nichts zu ſagen. Will die Kirchgemeinde das katholiſche Gotteshaus einem von der allfällig liberalen Mehr- heit begünſtigten neuen Sektlein überweiſen, ſie iſt nicht verfaſſungs- gemäß verhindert; die kirchlichen Behörden mögen Verwahrung einlegen — es nützt nichts. Will die Kirchgemeinde eine Teilung „ihrer“ Güter vornehmen und einer der katholiſchen Kirche abſolut widerſprechenden Religionsgenoſſenſchaft den einen Teil zuſprechen — wohlan, Biſchof und Papſt hin oder her: wir haben ein Geſetz und nach dem muß er .... ſich fügen; wir machen, was wir wollen; ſo ſteht’s in „unſerer“ Verfaſſung. Als vom Vertreter des Biſchofs und ſeiner Geiſtlichkeit im Verfaſſungsrate gefordert wurde, die Beſtimmungen des Kirchenrechtes möchten wie die be- züglichen Beſtimmungen des Bundesrechtes bei Artikel 28 vorbe- halten ſein, da höhnte man in ultraliberalen Kreiſen darüber. Ja, ja! Der Staat, die Kirchgemeinde haben um kirchliche Geſetze ſich nicht zu kümmern; was die Kirchengemeinde anordnet, das iſt recht; was die liberale Verfaſſung ſtipuliert, das iſt recht; es gibt nur ein höheres Recht, das Bundesrecht. Einer der liberalen Wortführer im finſteren, von ihm noch aufzuklärenden Walde hat einem ſonſt nicht engherzigen Geiſtlichen bekannt: Papa Bund geht mir über Alles. Im Verfaſſungsent- wurfe iſt ſeine Maxime niedergelegt. Ueber dem Rechte der Kir- chengemeinde ſteht nicht das Recht der Kirche, warum nicht gar! Es gibt nur eine Gewalt, die Staatsgewalt; im Schwyzerlande hat man kein Kirchenrecht mehr anzerkennen oder nur, inſoweit es beliebt. Im proteſtantiſchen Württemberg erkennt die königliche Re- gierung ein Kirchenrecht an — im katholiſchen Schwyzerlande gilt nur das Staatsrecht. Dort iſt eine Veränderung des Kirchen- vermögens unmöglich, wenn die Kirchengewalt es nicht zuläßt hier freies Beſtimmungsrecht über Benützung der Kichengüter. O, gewiß, Artikel 28 der Verfaſſung ſoll ganz harmlos ſein — ſo ſagen es die Liberalen Führer und was die Liberalen ſagen, ſoll und muß doch wahr ſein. Die Verwaltung der Kirchengüter wird ſtetsfort bei den Gemeinden bleiben, ſo lange, wie faſt überall bis anhin die Verwaltung in ſolider, rechter Weiſe geführt werden wird, aber eine allfällige Einſprache der kirchlichen Behörden ſoll doch auch noch ermöglicht ſein. Auf geplante Weiſe jedes Kirchen- recht aufheben wollen und das geſchieht bei Annahme der neuen Verfaſſung, ſtünde einem gut katholiſchen Volke, wie die Schwyzer geweſen und bis jetzt bekannt ſind, äußerſt ſchlecht an — das hieße demſelben den höchſten Ehrentitel „katholiſch“ rauben. * Was iſt beſſer, was iſt ſchlimmer? (Fortſetzung.) „Billiger fahren werden wir, und geringere Frachttaxen bekommen,“ gibt man den Leuten vor, um ſie zu ködern. Auch das iſt wieder gelogen, daß mans mit Händen greifen kann. Hr. B.-Rat Zemp hat zwar ausgerechnet, man werde über die Zinszahlungen und andere Koſten hinaus immer noch einen jährlichen Vorſchlag von rund 4 Millionen machen und mit dieſem Vorſchlag werde man dann in 60 Jah- ren die ganze Eiſenbahnſchuld abtragen können. Leider hat aber Hr. Zemp und ſeine Nachbeter auch hier wieder die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Der Wirt aber ſind die Bahnge- ſellſchaften und die rechnen ganz anders. Um nun mit dem ganz kleinen Beiſpiel unſerer Vereinigten Schweizerbahnen zu kommen, die doch mit ihren Stammaktien noch ziemlich unter dem gegenwärtig landesüblichen Zinsfuß ſtehen, ſo haben ſie be- reits angemeldet, daß ſie mit der Rechnung Zemp’s nicht ein- verſtanden ſeien und das beſcheidene Sümmchen von 10 Mil- lionen mehr verlangen. Hinter ihnen aber kommen die beſſer ſituierten N.-O.-Bahn, Centralbahn ꝛc, die ſagen und ihre Rechnungen differieren bloß um 100 und 150 Millionen; um ſoviel kommen wir zu kurz.“ Dagegen müſſen wir die Jura- Simplonbahn dennoch voll bezahlen, obwohl ihre Aktien kaum die Hälfte ihres Namens wert ſind oder rentieren. „Ja! Dann gibt man ihnen doch nicht mehr, als wir ausgerechnet haben, ruft der intereſſante „Juden-Freund“ der „Oſtſchweiz“. Was folgt dann, wenn der Verkäufer, der das verbriefte Konzeſſions- recht auf ſeiner Seite hat, nicht nachgeben will? Antwort: Ein dicker, fetter Prozeß, deſſen Endſchaft gar nicht voraus be- ſtimmt werden kann. Die fetteſte Geſellſchaft iſt aber gegenwärtig die der Gotthardbahn, die rentiert momentan über 7%; aber die darf man momentan nicht recht anrühren. Man weiß nicht, wie mit dieſer Katze umſpringen, denn da haben unſere Nach- barn Italien 54 Millionen, Deutſchland 35 Millionen, die Schweiz mit einzelnen Kantonen 29 Millionen an „Subventionen“ (Unterſtützung) geleiſtet. Die werden kommen und ſagen: Holla! ihr Schweizer! Dieſe Subventionen haben wir nicht Euch zuerkannt, ſondern der Geſellſchaft gegeben (unter den be- kannten oder noch nicht bekannten Bedingungen: „aus politſchem Intereſſe“, wie Bismarck im deutſchen Reichstag ſich ausgedrückt);

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Zitationshilfe: St. Galler Volksblatt. Nr. 9, Uznach, 02. 02. 1898, S. 1. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_stgaller9_1898/1>, abgerufen am 21.11.2024.