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[N. N.]: Theatrum Novum Politico-Historicum. Würzburg, [1686].

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jeder Ort sein besonders/ nemlich sein eigen Gericht: massen jede Provintz ihre particulier-Gericht/ oder (wie es die Ungarn nennen) comitatus oder Gespanschafften hat/ welche droben schon angeführet/ allwo auch ihre Anzahl benennet worden.

Das geistliche Regiment. Anlangend das geistliche Regiment/ beruhete dessen Verwaltung weyland auff 2. Ertz-Bischoffen/ als dem zu Gran/ weicher zugleich Nuntius Apostolicus und der fürnehmste im Reich war / unter dessen Auffsicht stehen die Bischöff zu Erla (der jetzo zu Jasla wohnet) Waitzen/ Neutra/ Naab/ Fünffkirchen und Vesprin/ davon theils Städt jetzo in Türckischem Gewalt seynd. Der andere Ertz-Bischoff residirt zu Conlozza/ unter dem die Siebenbürgischen Bischöff zu Weissenburg (Alba Julia) Chonad/ Wardein / wie auch der Zagradienser/ Sirmienser und andere stehen. Nachdem aber solchen Oertern guten theils gleichsam die Seele eines Christlichen Negiments ausgefahren/ und sie/ als erstorbene Gliedmassen/ in Mahometischer Dienstbarkeit und Unglauben verscharret ligen/ so ist des Ertz-Bischöfflichen Thum-Caritels Residentz nacher Tirna verlegt worden. Der Ertz-Bischof von Gran ist Reichs-Cantzler. Ertz-Bischoff von Gran aber residiret heut zu tag zu Preßburg/ nicht allein als Ertz-Bischoff von Gran / sondern auch als Reichs-Cantzlar/ Primas Hungariae, Legatus natus Caesareae Majestatis, und dabey ein (gemachter) Fürst deß Reichs. Auff diesen Stand folget der Adel deß Reichs/ und die Königl. und freye Bürger.

Ungarn ein Erb-Reich worden. Vorzeiten war Ungarn ein Wahl-Reich/ aber jetzo dörffen die Ständ nicht zur Wahl schreiten/ es sey dann von deß Königs Kindern keines vorhanden/ dahero es nun zu einem Erb-Reich gediegen ist. Bey der Königlichen Crönung ist zu mercken/ daß dem König die Fahnen deß Reichs/ und der andern weyland Ungarn einverleibten Königreichen / als Dalmatien/ Croatien/ Selavonien/ Servien/ Boßnien und Bulgarien fürgetragen wrrden. Die Ungarische Königl. Cron wird in sonderbaren Ehren gehalten/ und geben die Ungarn selber für/ sie seye von einem Engel aus dem Himmel dem ersten Christlichen König Stephano gebracht worden/ da man doch wol weiß/ daß sie vielmehr von dem damaligen Pabst Benedicto VIII. diesem König zugeschickt worden. Sie verwahren diese Cron Die Cron wird wohl verwahrt/ und in hoben Ebren gebalten. gar sorgfältig/ und bilden ihnen ein/ daß mit dieser Crone auch ihr Land verlohren gehe/ wofern dieselbe in frembde Gewalt käme/ wie dann ihr auch umb deßwillen von dem Sultan sehr nachgestellet wird. Weyland hat man sie in dem Schloß Vicegrad verwahret / jetzo aber ligt sie auff dem Schloß zu Preßburg in einem von den 4. starcken Thürnen/ und haben 7. Vngarische Herrn jeder einen besondern Schlüssel dazu / also daß keiner ohne den

jeder Ort sein besonders/ nemlich sein eigen Gericht: massen jede Provintz ihre particulier-Gericht/ oder (wie es die Ungarn nennen) comitatus oder Gespanschafften hat/ welche droben schon angeführet/ allwo auch ihre Anzahl benennet worden.

Das geistliche Regiment. Anlangend das geistliche Regiment/ beruhete dessen Verwaltung weyland auff 2. Ertz-Bischoffen/ als dem zu Gran/ weicher zugleich Nuntius Apostolicus und der fürnehmste im Reich war / unter dessen Auffsicht stehen die Bischöff zu Erla (der jetzo zu Jasla wohnet) Waitzen/ Neutra/ Naab/ Fünffkirchen und Vesprin/ davon theils Städt jetzo in Türckischem Gewalt seynd. Der andere Ertz-Bischoff residirt zu Conlozza/ unter dem die Siebenbürgischen Bischöff zu Weissenburg (Alba Julia) Chonad/ Wardein / wie auch der Zagradienser/ Sirmienser und andere stehen. Nachdem aber solchen Oertern guten theils gleichsam die Seele eines Christlichen Negiments ausgefahren/ und sie/ als erstorbene Gliedmassen/ in Mahometischer Dienstbarkeit und Unglauben verscharret ligen/ so ist des Ertz-Bischöfflichen Thum-Caritels Residentz nacher Tirna verlegt worden. Der Ertz-Bischof von Gran ist Reichs-Cantzler. Ertz-Bischoff von Gran aber residiret heut zu tag zu Preßburg/ nicht allein als Ertz-Bischoff von Gran / sondern auch als Reichs-Cantzlar/ Primas Hungariae, Legatus natus Caesareae Majestatis, und dabey ein (gemachter) Fürst deß Reichs. Auff diesen Stand folget der Adel deß Reichs/ und die Königl. und freye Bürger.

Ungarn ein Erb-Reich worden. Vorzeiten war Ungarn ein Wahl-Reich/ aber jetzo dörffen die Ständ nicht zur Wahl schreiten/ es sey dann von deß Königs Kindern keines vorhanden/ dahero es nun zu einem Erb-Reich gediegen ist. Bey der Königlichen Crönung ist zu mercken/ daß dem König die Fahnen deß Reichs/ und der andern weyland Ungarn einverleibten Königreichen / als Dalmatien/ Croatien/ Selavonien/ Servien/ Boßnien und Bulgarien fürgetragen wrrden. Die Ungarische Königl. Cron wird in sonderbaren Ehren gehalten/ und geben die Ungarn selber für/ sie seye von einem Engel aus dem Himmel dem ersten Christlichen König Stephano gebracht worden/ da man doch wol weiß/ daß sie vielmehr von dem damaligen Pabst Benedicto VIII. diesem König zugeschickt worden. Sie verwahren diese Cron Die Cron wird wohl verwahrt/ und in hoben Ebren gebalten. gar sorgfältig/ und bilden ihnen ein/ daß mit dieser Crone auch ihr Land verlohren gehe/ wofern dieselbe in frembde Gewalt käme/ wie dann ihr auch umb deßwillen von dem Sultan sehr nachgestellet wird. Weyland hat man sie in dem Schloß Vicegrad verwahret / jetzo aber ligt sie auff dem Schloß zu Preßburg in einem von den 4. starcken Thürnen/ und haben 7. Vngarische Herrn jeder einen besondern Schlüssel dazu / also daß keiner ohne den

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jeder Ort sein besonders/ nemlich sein                      eigen Gericht: massen jede Provintz ihre particulier-Gericht/ oder (wie es die                      Ungarn nennen) comitatus oder Gespanschafften hat/ welche droben schon                      angeführet/ allwo auch ihre Anzahl benennet worden.</p>
        <p><note place="left">Das geistliche Regiment.</note> Anlangend das geistliche                      Regiment/ beruhete dessen Verwaltung weyland auff 2. Ertz-Bischoffen/ als dem                      zu Gran/ weicher zugleich Nuntius Apostolicus und der fürnehmste im Reich war /                      unter dessen Auffsicht stehen die Bischöff zu Erla (der jetzo zu Jasla wohnet)                      Waitzen/ Neutra/ Naab/ Fünffkirchen und Vesprin/ davon theils Städt jetzo in                      Türckischem Gewalt seynd. Der andere Ertz-Bischoff residirt zu Conlozza/ unter                      dem die Siebenbürgischen Bischöff zu Weissenburg (Alba Julia) Chonad/ Wardein /                      wie auch der Zagradienser/ Sirmienser und andere stehen. Nachdem aber solchen                      Oertern guten theils gleichsam die Seele eines Christlichen Negiments                      ausgefahren/ und sie/ als erstorbene Gliedmassen/ in Mahometischer                      Dienstbarkeit und Unglauben verscharret ligen/ so ist des Ertz-Bischöfflichen                      Thum-Caritels Residentz nacher Tirna verlegt worden. Der <note place="left">Ertz-Bischof von Gran ist Reichs-Cantzler.</note> Ertz-Bischoff von Gran                      aber residiret heut zu tag zu Preßburg/ nicht allein als Ertz-Bischoff von Gran                     / sondern auch als Reichs-Cantzlar/ Primas Hungariae, Legatus natus Caesareae                      Majestatis, und dabey ein (gemachter) Fürst deß Reichs. Auff diesen Stand folget                      der Adel deß Reichs/ und die Königl. und freye Bürger.</p>
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[24/0036] jeder Ort sein besonders/ nemlich sein eigen Gericht: massen jede Provintz ihre particulier-Gericht/ oder (wie es die Ungarn nennen) comitatus oder Gespanschafften hat/ welche droben schon angeführet/ allwo auch ihre Anzahl benennet worden. Anlangend das geistliche Regiment/ beruhete dessen Verwaltung weyland auff 2. Ertz-Bischoffen/ als dem zu Gran/ weicher zugleich Nuntius Apostolicus und der fürnehmste im Reich war / unter dessen Auffsicht stehen die Bischöff zu Erla (der jetzo zu Jasla wohnet) Waitzen/ Neutra/ Naab/ Fünffkirchen und Vesprin/ davon theils Städt jetzo in Türckischem Gewalt seynd. Der andere Ertz-Bischoff residirt zu Conlozza/ unter dem die Siebenbürgischen Bischöff zu Weissenburg (Alba Julia) Chonad/ Wardein / wie auch der Zagradienser/ Sirmienser und andere stehen. Nachdem aber solchen Oertern guten theils gleichsam die Seele eines Christlichen Negiments ausgefahren/ und sie/ als erstorbene Gliedmassen/ in Mahometischer Dienstbarkeit und Unglauben verscharret ligen/ so ist des Ertz-Bischöfflichen Thum-Caritels Residentz nacher Tirna verlegt worden. Der Ertz-Bischoff von Gran aber residiret heut zu tag zu Preßburg/ nicht allein als Ertz-Bischoff von Gran / sondern auch als Reichs-Cantzlar/ Primas Hungariae, Legatus natus Caesareae Majestatis, und dabey ein (gemachter) Fürst deß Reichs. Auff diesen Stand folget der Adel deß Reichs/ und die Königl. und freye Bürger. Das geistliche Regiment. Ertz-Bischof von Gran ist Reichs-Cantzler. Vorzeiten war Ungarn ein Wahl-Reich/ aber jetzo dörffen die Ständ nicht zur Wahl schreiten/ es sey dann von deß Königs Kindern keines vorhanden/ dahero es nun zu einem Erb-Reich gediegen ist. Bey der Königlichen Crönung ist zu mercken/ daß dem König die Fahnen deß Reichs/ und der andern weyland Ungarn einverleibten Königreichen / als Dalmatien/ Croatien/ Selavonien/ Servien/ Boßnien und Bulgarien fürgetragen wrrden. Die Ungarische Königl. Cron wird in sonderbaren Ehren gehalten/ und geben die Ungarn selber für/ sie seye von einem Engel aus dem Himmel dem ersten Christlichen König Stephano gebracht worden/ da man doch wol weiß/ daß sie vielmehr von dem damaligen Pabst Benedicto VIII. diesem König zugeschickt worden. Sie verwahren diese Cron gar sorgfältig/ und bilden ihnen ein/ daß mit dieser Crone auch ihr Land verlohren gehe/ wofern dieselbe in frembde Gewalt käme/ wie dann ihr auch umb deßwillen von dem Sultan sehr nachgestellet wird. Weyland hat man sie in dem Schloß Vicegrad verwahret / jetzo aber ligt sie auff dem Schloß zu Preßburg in einem von den 4. starcken Thürnen/ und haben 7. Vngarische Herrn jeder einen besondern Schlüssel dazu / also daß keiner ohne den Ungarn ein Erb-Reich worden. Die Cron wird wohl verwahrt/ und in hoben Ebren gebalten.

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Zitationshilfe: [N. N.]: Theatrum Novum Politico-Historicum. Würzburg, [1686], S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_theatrum_1686/36>, abgerufen am 04.05.2024.