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Euler, Karl (Hrsg.): Jahrbücher der deutschen Turnkunst. Bd. 2. Solingen, 1844.

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nunmehr verstorbene in Königsberg sehr gerühmte Dr.
Jacobson. Derselbe war entgegengesetzter Meinung als
der obenerwähnte Dr. Sinogowitz in Danzig. Er rieth
demselben durchaus ab zu turnen, weil zum Turnen ein
starker und gesunder Körper gehöre. Wie er turnen
wolle, da er nicht einmal ohne Bruststiche gehen könne!
Dr. Jacobson begegnete demselben einstmals am Mucker-
platz, er ließ den Wagen halten, stieg aus und frug
denselben: er habe gehört, daß er doch turne, wie es
ihm bekomme? "Sehr gut, die Bruststiche sind weg,"
entgegnete dieser. Dr. Jacobson drehte nun die Sache
um und sagte: sehen Sie, habe ich es Jhnen nicht ge-
sagt, daß das Turnen Jhnen gut sein würde." Dies
die Erzählung aus dem Munde des Kranken selbst. Jn
einer mir befreundeten Familie Königsbergs sagte derselbe
Arzt: Turnen und Schwimmen ist gut, nicht turnen und
nicht schwimmen ist besser. Uebrigens sind mir solche
Fälle, wie mit diesem Kranken, öfter vorgekommen, wie
z. B. im Jahre 1834 in der Charite in Berlin, wo
die guten Folgen einer Behandlung der Arzt sich zueig-
nete, gegen die er sich entschieden ausgesprochen.

Jm Winter 1841 kam der ältere Bruder, der wie
oben erwähnt, fechten gelernt, eines Morgens früh zu
mir mit den Worten: helfen Sie mir, wie Sie meinem
Bruder geholfen. Er klagte über Brustschmerzen, er
habe die Nacht fast nicht schlafen können. Auch er turnte
diesen Winter durch, und blieb Ostern 1842 weg, da
er sich befreit fühlte.

Jch erlaube mir hier nun noch die Bemerkung hin-
zuzufügen, daß man mir nicht zumuthen möge zu glau-
ben, daß diese Leute von ihrem Uebel gänzlich befreit
seien. Jch habe die Ueberzeugung, das dasselbe über
kurz oder lang wiederkehren werde. Daß sie sich augen-
blicklich erleichtert, ja von den Schmerzen befreit fühlten,
und daß dies nicht auf einer Täuschung beruhte, glaube
ich aufrichtig, nicht aus Eitelkeit, sondern aus dem
Grunde schon, weil eine solche Täuschung doch unmöglich

nunmehr verſtorbene in Königsberg ſehr gerühmte Dr.
Jacobſon. Derſelbe war entgegengeſetzter Meinung als
der obenerwähnte Dr. Sinogowitz in Danzig. Er rieth
demſelben durchaus ab zu turnen, weil zum Turnen ein
ſtarker und geſunder Körper gehöre. Wie er turnen
wolle, da er nicht einmal ohne Bruſtſtiche gehen könne!
Dr. Jacobſon begegnete demſelben einſtmals am Mucker-
platz, er ließ den Wagen halten, ſtieg aus und frug
denſelben: er habe gehört, daß er doch turne, wie es
ihm bekomme? „Sehr gut, die Bruſtſtiche ſind weg,“
entgegnete dieſer. Dr. Jacobſon drehte nun die Sache
um und ſagte: ſehen Sie, habe ich es Jhnen nicht ge-
ſagt, daß das Turnen Jhnen gut ſein würde.“ Dies
die Erzählung aus dem Munde des Kranken ſelbſt. Jn
einer mir befreundeten Familie Königsbergs ſagte derſelbe
Arzt: Turnen und Schwimmen iſt gut, nicht turnen und
nicht ſchwimmen iſt beſſer. Uebrigens ſind mir ſolche
Fälle, wie mit dieſem Kranken, öfter vorgekommen, wie
z. B. im Jahre 1834 in der Charité in Berlin, wo
die guten Folgen einer Behandlung der Arzt ſich zueig-
nete, gegen die er ſich entſchieden ausgeſprochen.

Jm Winter 1841 kam der ältere Bruder, der wie
oben erwähnt, fechten gelernt, eines Morgens früh zu
mir mit den Worten: helfen Sie mir, wie Sie meinem
Bruder geholfen. Er klagte über Bruſtſchmerzen, er
habe die Nacht faſt nicht ſchlafen können. Auch er turnte
dieſen Winter durch, und blieb Oſtern 1842 weg, da
er ſich befreit fühlte.

Jch erlaube mir hier nun noch die Bemerkung hin-
zuzufügen, daß man mir nicht zumuthen möge zu glau-
ben, daß dieſe Leute von ihrem Uebel gänzlich befreit
ſeien. Jch habe die Ueberzeugung, das daſſelbe über
kurz oder lang wiederkehren werde. Daß ſie ſich augen-
blicklich erleichtert, ja von den Schmerzen befreit fühlten,
und daß dies nicht auf einer Täuſchung beruhte, glaube
ich aufrichtig, nicht aus Eitelkeit, ſondern aus dem
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[76/0080] nunmehr verſtorbene in Königsberg ſehr gerühmte Dr. Jacobſon. Derſelbe war entgegengeſetzter Meinung als der obenerwähnte Dr. Sinogowitz in Danzig. Er rieth demſelben durchaus ab zu turnen, weil zum Turnen ein ſtarker und geſunder Körper gehöre. Wie er turnen wolle, da er nicht einmal ohne Bruſtſtiche gehen könne! Dr. Jacobſon begegnete demſelben einſtmals am Mucker- platz, er ließ den Wagen halten, ſtieg aus und frug denſelben: er habe gehört, daß er doch turne, wie es ihm bekomme? „Sehr gut, die Bruſtſtiche ſind weg,“ entgegnete dieſer. Dr. Jacobſon drehte nun die Sache um und ſagte: ſehen Sie, habe ich es Jhnen nicht ge- ſagt, daß das Turnen Jhnen gut ſein würde.“ Dies die Erzählung aus dem Munde des Kranken ſelbſt. Jn einer mir befreundeten Familie Königsbergs ſagte derſelbe Arzt: Turnen und Schwimmen iſt gut, nicht turnen und nicht ſchwimmen iſt beſſer. Uebrigens ſind mir ſolche Fälle, wie mit dieſem Kranken, öfter vorgekommen, wie z. B. im Jahre 1834 in der Charité in Berlin, wo die guten Folgen einer Behandlung der Arzt ſich zueig- nete, gegen die er ſich entſchieden ausgeſprochen. Jm Winter 1841 kam der ältere Bruder, der wie oben erwähnt, fechten gelernt, eines Morgens früh zu mir mit den Worten: helfen Sie mir, wie Sie meinem Bruder geholfen. Er klagte über Bruſtſchmerzen, er habe die Nacht faſt nicht ſchlafen können. Auch er turnte dieſen Winter durch, und blieb Oſtern 1842 weg, da er ſich befreit fühlte. Jch erlaube mir hier nun noch die Bemerkung hin- zuzufügen, daß man mir nicht zumuthen möge zu glau- ben, daß dieſe Leute von ihrem Uebel gänzlich befreit ſeien. Jch habe die Ueberzeugung, das daſſelbe über kurz oder lang wiederkehren werde. Daß ſie ſich augen- blicklich erleichtert, ja von den Schmerzen befreit fühlten, und daß dies nicht auf einer Täuſchung beruhte, glaube ich aufrichtig, nicht aus Eitelkeit, ſondern aus dem Grunde ſchon, weil eine ſolche Täuſchung doch unmöglich

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Zitationshilfe: Euler, Karl (Hrsg.): Jahrbücher der deutschen Turnkunst. Bd. 2. Solingen, 1844, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_turnkunst02_1844/80>, abgerufen am 24.11.2024.