[N. N.]: Verbesserungen und Zusätze des Lustspieles Die Geistlichen auf dem Lande in zweien Handlungen. Frankfurt (Main) u. a., 1744. Tugendhold Wie hat der Frau Amt- mannin dies Buch gefallen, sie werden sich daraus einen ziemlichen Begriff des Lebens des Cardinals Fleury verschaffet haben. Duldeviel. Jch bin vollkommen dadurch in derienigen Meinung bestärket worden, die ich allemal von ihm und seinem Hofe gehabt habe. Mich dünket aber, der Verfasser schreibet gar zu furchtsam; und ich glaube, daß er nur das wenigste seiner Falschheit mit einem leichten Pinsel berühret hat. Ein anderes aber fällt mir eben dabei ein, das mit mehrerer Freiheit abgefasset ist: es ist das Vorspiel, ein Buch mit aufgewecktem aber gar zu bitterem Geiste geschrieben. Tugendhold. Jch habe es mehr als einmal durchgelesen, und belustige mich auch noch, an dem Erhabenen, Sinnreichen und Zierlichen darinn. Mich dünket, Frau Amtmannin, solche Leute müssen wir auch haben, die dem Hoch- muthe und Eigensinne etwas Einhalt thun: bedenken sie, wie weit würde derselbe gehen? Duldeviel. Jch halte es dem Verfasser zu gute, wenn er sich mit der Madame G. ihrem Baron, und anderen Schwachheiten, etwas zu gute thut. Mich dünket aber auch, daß er gar zu viele Liebe für die bekante Neuberin übrig hat. Tugendhold. Letzteres ist wohl freilich deut- lich genug abzunehmen; aber ausser diesem wür- de D 5
Tugendhold Wie hat der Frau Amt- mannin dies Buch gefallen, ſie werden ſich daraus einen ziemlichen Begriff des Lebens des Cardinals Fleury verſchaffet haben. Duldeviel. Jch bin vollkommen dadurch in derienigen Meinung beſtaͤrket worden, die ich allemal von ihm und ſeinem Hofe gehabt habe. Mich duͤnket aber, der Verfaſſer ſchreibet gar zu furchtſam; und ich glaube, daß er nur das wenigſte ſeiner Falſchheit mit einem leichten Pinſel beruͤhret hat. Ein anderes aber faͤllt mir eben dabei ein, das mit mehrerer Freiheit abgefaſſet iſt: es iſt das Vorſpiel, ein Buch mit aufgewecktem aber gar zu bitterem Geiſte geſchrieben. Tugendhold. Jch habe es mehr als einmal durchgeleſen, und beluſtige mich auch noch, an dem Erhabenen, Sinnreichen und Zierlichen darinn. Mich duͤnket, Frau Amtmannin, ſolche Leute muͤſſen wir auch haben, die dem Hoch- muthe und Eigenſinne etwas Einhalt thun: bedenken ſie, wie weit wuͤrde derſelbe gehen? Duldeviel. Jch halte es dem Verfaſſer zu gute, wenn er ſich mit der Madame G. ihrem Baron, und anderen Schwachheiten, etwas zu gute thut. Mich duͤnket aber auch, daß er gar zu viele Liebe fuͤr die bekante Neuberin uͤbrig hat. Tugendhold. Letzteres iſt wohl freilich deut- lich genug abzunehmen; aber auſſer dieſem wuͤr- de D 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0061" n="57"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <sp who="#TUG"> <speaker>Tugendhold</speaker> <p>Wie hat der Frau Amt-<lb/> mannin dies Buch gefallen, ſie werden ſich<lb/> daraus einen ziemlichen Begriff des Lebens des<lb/> Cardinals Fleury verſchaffet haben.</p> </sp><lb/> <sp who="#DUL"> <speaker>Duldeviel.</speaker> <p>Jch bin vollkommen dadurch in<lb/> derienigen Meinung beſtaͤrket worden, die ich<lb/> allemal von ihm und ſeinem Hofe gehabt habe.<lb/> Mich duͤnket aber, der Verfaſſer ſchreibet gar<lb/> zu furchtſam; und ich glaube, daß er nur das<lb/> wenigſte ſeiner Falſchheit mit einem leichten<lb/> Pinſel beruͤhret hat. Ein anderes aber faͤllt<lb/> mir eben dabei ein, das mit mehrerer Freiheit<lb/> abgefaſſet iſt: es iſt das Vorſpiel, ein Buch<lb/> mit aufgewecktem aber gar zu bitterem Geiſte<lb/> geſchrieben.</p> </sp><lb/> <sp who="#TUG"> <speaker>Tugendhold.</speaker> <p>Jch habe es mehr als einmal<lb/> durchgeleſen, und beluſtige mich auch noch,<lb/> an dem Erhabenen, Sinnreichen und Zierlichen<lb/> darinn. Mich duͤnket, Frau Amtmannin, ſolche<lb/> Leute muͤſſen wir auch haben, die dem Hoch-<lb/> muthe und Eigenſinne etwas Einhalt thun:<lb/> bedenken ſie, wie weit wuͤrde derſelbe gehen?</p> </sp><lb/> <sp who="#DUL"> <speaker>Duldeviel.</speaker> <p>Jch halte es dem Verfaſſer zu<lb/> gute, wenn er ſich mit der Madame G. ihrem<lb/> Baron, und anderen Schwachheiten, etwas<lb/> zu gute thut. Mich duͤnket aber auch, daß er<lb/> gar zu viele Liebe fuͤr die bekante Neuberin<lb/> uͤbrig hat.</p> </sp><lb/> <sp who="#TUG"> <speaker>Tugendhold.</speaker> <p>Letzteres iſt wohl freilich deut-<lb/> lich genug abzunehmen; aber auſſer dieſem wuͤr-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">D 5</fw><fw place="bottom" type="catch">de</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [57/0061]
Tugendhold Wie hat der Frau Amt-
mannin dies Buch gefallen, ſie werden ſich
daraus einen ziemlichen Begriff des Lebens des
Cardinals Fleury verſchaffet haben.
Duldeviel. Jch bin vollkommen dadurch in
derienigen Meinung beſtaͤrket worden, die ich
allemal von ihm und ſeinem Hofe gehabt habe.
Mich duͤnket aber, der Verfaſſer ſchreibet gar
zu furchtſam; und ich glaube, daß er nur das
wenigſte ſeiner Falſchheit mit einem leichten
Pinſel beruͤhret hat. Ein anderes aber faͤllt
mir eben dabei ein, das mit mehrerer Freiheit
abgefaſſet iſt: es iſt das Vorſpiel, ein Buch
mit aufgewecktem aber gar zu bitterem Geiſte
geſchrieben.
Tugendhold. Jch habe es mehr als einmal
durchgeleſen, und beluſtige mich auch noch,
an dem Erhabenen, Sinnreichen und Zierlichen
darinn. Mich duͤnket, Frau Amtmannin, ſolche
Leute muͤſſen wir auch haben, die dem Hoch-
muthe und Eigenſinne etwas Einhalt thun:
bedenken ſie, wie weit wuͤrde derſelbe gehen?
Duldeviel. Jch halte es dem Verfaſſer zu
gute, wenn er ſich mit der Madame G. ihrem
Baron, und anderen Schwachheiten, etwas
zu gute thut. Mich duͤnket aber auch, daß er
gar zu viele Liebe fuͤr die bekante Neuberin
uͤbrig hat.
Tugendhold. Letzteres iſt wohl freilich deut-
lich genug abzunehmen; aber auſſer dieſem wuͤr-
de
D 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |