[N. N.]: Verbesserungen und Zusätze des Lustspieles Die Geistlichen auf dem Lande in zweien Handlungen. Frankfurt (Main) u. a., 1744.chern; und deren Gemüthsfassung wir erst dahero haben kennen lernen. Wischwasch. So sind sie ia wohl Gelehrte, lesen sie auch Bücher? Duldeviel. Ja, warum das nicht, solten wir uns des edlen Vergnügens und Zeitvertreibes selbst berauben? Jch bedaure nur, daß ich nicht allemal so viel Zeit daran wenden kann, als ich wünsche. Darum aber sind wir nicht gelehrt, sondern wir lernen zu unserm eigenen Besten, und belustigen uns an anderer Arbeit und Wis- senschaften. Wischwasch. Ja ich lese auch, so am Mor- gen, als am Abend, zuweilen auch, sonderlich am Sontag-Nachmittage im Joh. Arndt. Tugendhold. Das thun wir ebenmässig, zu unserer Erbauung und Belehrung: damit aber kann auch gar wohl das Lesen anderer Bücher, von menschlichen Wissenschaften, bestehen. Duldeviel. Haben denn die Frau Amtman- nin nicht Gelegenheit gehabt, vernünftige Sitten- schriften kennen zu lernen: als den Patrioten, Zu- schauer, die vernünftige Tadlerinnen und andere dergleichen. Diese vertreiben uns die Zeit auf eine gar nützliche Art: und wir pflegen es so zu halten, daß wir uns einander, uns besonders brauchbare Stücke, vorlesen, und uns daran belustigen. Wischwasch. Nein, da mache ich nichts von: wenn ich in Gesellschaft bin, solte ich denn lesen? ich mag mich lieber an Gespräche vergnügen. Bin
chern; und deren Gemuͤthsfaſſung wir erſt dahero haben kennen lernen. Wiſchwaſch. So ſind ſie ia wohl Gelehrte, leſen ſie auch Buͤcher? Duldeviel. Ja, warum das nicht, ſolten wir uns des edlen Vergnuͤgens und Zeitvertreibes ſelbſt berauben? Jch bedaure nur, daß ich nicht allemal ſo viel Zeit daran wenden kann, als ich wuͤnſche. Darum aber ſind wir nicht gelehrt, ſondern wir lernen zu unſerm eigenen Beſten, und beluſtigen uns an anderer Arbeit und Wiſ- ſenſchaften. Wiſchwaſch. Ja ich leſe auch, ſo am Mor- gen, als am Abend, zuweilen auch, ſonderlich am Sontag-Nachmittage im Joh. Arndt. Tugendhold. Das thun wir ebenmaͤſſig, zu unſerer Erbauung und Belehrung: damit aber kann auch gar wohl das Leſen anderer Buͤcher, von menſchlichen Wiſſenſchaften, beſtehen. Duldeviel. Haben denn die Frau Amtman- nin nicht Gelegenheit gehabt, vernuͤnftige Sitten- ſchriften kennen zu lernen: als den Patrioten, Zu- ſchauer, die vernuͤnftige Tadlerinnen und andere dergleichen. Dieſe vertreiben uns die Zeit auf eine gar nuͤtzliche Art: und wir pflegen es ſo zu halten, daß wir uns einander, uns beſonders brauchbare Stuͤcke, vorleſen, und uns daran beluſtigen. Wiſchwaſch. Nein, da mache ich nichts von: wenn ich in Geſellſchaft bin, ſolte ich denn leſen? ich mag mich lieber an Geſpraͤche vergnuͤgen. Bin
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chern; und deren Gemuͤthsfaſſung wir erſt dahero
haben kennen lernen.
Wiſchwaſch. So ſind ſie ia wohl Gelehrte,
leſen ſie auch Buͤcher?
Duldeviel. Ja, warum das nicht, ſolten wir
uns des edlen Vergnuͤgens und Zeitvertreibes
ſelbſt berauben? Jch bedaure nur, daß ich nicht
allemal ſo viel Zeit daran wenden kann, als ich
wuͤnſche. Darum aber ſind wir nicht gelehrt,
ſondern wir lernen zu unſerm eigenen Beſten,
und beluſtigen uns an anderer Arbeit und Wiſ-
ſenſchaften.
Wiſchwaſch. Ja ich leſe auch, ſo am Mor-
gen, als am Abend, zuweilen auch, ſonderlich
am Sontag-Nachmittage im Joh. Arndt.
Tugendhold. Das thun wir ebenmaͤſſig, zu
unſerer Erbauung und Belehrung: damit aber
kann auch gar wohl das Leſen anderer Buͤcher,
von menſchlichen Wiſſenſchaften, beſtehen.
Duldeviel. Haben denn die Frau Amtman-
nin nicht Gelegenheit gehabt, vernuͤnftige Sitten-
ſchriften kennen zu lernen: als den Patrioten, Zu-
ſchauer, die vernuͤnftige Tadlerinnen und andere
dergleichen. Dieſe vertreiben uns die Zeit auf eine
gar nuͤtzliche Art: und wir pflegen es ſo zu halten,
daß wir uns einander, uns beſonders brauchbare
Stuͤcke, vorleſen, und uns daran beluſtigen.
Wiſchwaſch. Nein, da mache ich nichts von:
wenn ich in Geſellſchaft bin, ſolte ich denn leſen?
ich mag mich lieber an Geſpraͤche vergnuͤgen.
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