Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Verbesserungen und Zusätze des Lustspieles Die Geistlichen auf dem Lande in zweien Handlungen. Frankfurt (Main) u. a., 1744.

Bild:
<< vorherige Seite


Muster aller weiblichen Schönheiten und Tugen-
den, die edele Duldevielen, verheurathet ist.
Vor einigen Tagen ist sie von ihrem iüngsten
Bruder abgeholet worden, da die Grausamkeit
ihres Mannes sie längst verstossen hatte. Jhr
Abschied und Verlust kränket mich nicht so sehr,
als die Gefahr, in welcher ihr gewesener Mann
dadurch ist gesetzet, und die bösen Folgen, so
daraus entstehen werden.
Friedenlieb. Jst sie schon abgereiset, wir ha-
ben in der Stadt etwas davon gehöret, ich habe
aber nie geglaubet, daß die Sache so weit kom-
men werde.
Tugendhold. Sie hat lange genug alles
ausgehalten, und die Standhaftigkeit ihres Ge-
müthes ist nicht so wohl überwunden worden/
als die Geduld der Jhrigen.
Husa. Das muß ein ganz wunderlicher Kerl
seyn, und wie ich höre, hänget er einer seiner al-
ten Haushälterinnen an, die iedermann für eine
garstige Person und Abscheu, so wohl der Bil-
dung als Aufführung nach hält. Ja, ia, es
wird dir schon einmal zu Hause kommen: der-
gleichen Händel bleiben selten unbelohnet.
Rechtswalt. Dies wundert mich, daß ihre
Brüder die Sache nicht mit mehrerer Strenge
treiben: man könte den Mann ia wohl kirre ma-
chen, er sitzet ohne dem nicht veste im Sattel.
Treulieb. Bishero hat man seiner noch wohl
seiner Frauen wegen geschonet, was nun ferner
daraus werden wird, muß man erwarten.
Wie


Muſter aller weiblichen Schoͤnheiten und Tugen-
den, die edele Duldevielen, verheurathet iſt.
Vor einigen Tagen iſt ſie von ihrem iuͤngſten
Bruder abgeholet worden, da die Grauſamkeit
ihres Mannes ſie laͤngſt verſtoſſen hatte. Jhr
Abſchied und Verluſt kraͤnket mich nicht ſo ſehr,
als die Gefahr, in welcher ihr geweſener Mann
dadurch iſt geſetzet, und die boͤſen Folgen, ſo
daraus entſtehen werden.
Friedenlieb. Jſt ſie ſchon abgereiſet, wir ha-
ben in der Stadt etwas davon gehoͤret, ich habe
aber nie geglaubet, daß die Sache ſo weit kom-
men werde.
Tugendhold. Sie hat lange genug alles
ausgehalten, und die Standhaftigkeit ihres Ge-
muͤthes iſt nicht ſo wohl uͤberwunden worden/
als die Geduld der Jhrigen.
Huſa. Das muß ein ganz wunderlicher Kerl
ſeyn, und wie ich hoͤre, haͤnget er einer ſeiner al-
ten Haushaͤlterinnen an, die iedermann fuͤr eine
garſtige Perſon und Abſcheu, ſo wohl der Bil-
dung als Auffuͤhrung nach haͤlt. Ja, ia, es
wird dir ſchon einmal zu Hauſe kommen: der-
gleichen Haͤndel bleiben ſelten unbelohnet.
Rechtswalt. Dies wundert mich, daß ihre
Bruͤder die Sache nicht mit mehrerer Strenge
treiben: man koͤnte den Mann ia wohl kirre ma-
chen, er ſitzet ohne dem nicht veſte im Sattel.
Treulieb. Bishero hat man ſeiner noch wohl
ſeiner Frauen wegen geſchonet, was nun ferner
daraus werden wird, muß man erwarten.
Wie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#TRE">
            <p><pb facs="#f0088" n="84"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Mu&#x017F;ter aller weiblichen Scho&#x0364;nheiten und Tugen-<lb/>
den, die edele Duldevielen, verheurathet i&#x017F;t.<lb/>
Vor einigen Tagen i&#x017F;t &#x017F;ie von ihrem iu&#x0364;ng&#x017F;ten<lb/>
Bruder abgeholet worden, da die Grau&#x017F;amkeit<lb/>
ihres Mannes &#x017F;ie la&#x0364;ng&#x017F;t ver&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en hatte. Jhr<lb/>
Ab&#x017F;chied und Verlu&#x017F;t kra&#x0364;nket mich nicht &#x017F;o &#x017F;ehr,<lb/>
als die Gefahr, in welcher ihr gewe&#x017F;ener Mann<lb/>
dadurch i&#x017F;t ge&#x017F;etzet, und die bo&#x0364;&#x017F;en Folgen, &#x017F;o<lb/>
daraus ent&#x017F;tehen werden.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#FRI">
            <speaker>Friedenlieb.</speaker>
            <p>J&#x017F;t &#x017F;ie &#x017F;chon abgerei&#x017F;et, wir ha-<lb/>
ben in der Stadt etwas davon geho&#x0364;ret, ich habe<lb/>
aber nie geglaubet, daß die Sache &#x017F;o weit kom-<lb/>
men werde.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#TUG">
            <speaker>Tugendhold.</speaker>
            <p>Sie hat lange genug alles<lb/>
ausgehalten, und die Standhaftigkeit ihres Ge-<lb/>
mu&#x0364;thes i&#x017F;t nicht &#x017F;o wohl u&#x0364;berwunden worden/<lb/>
als die Geduld der Jhrigen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#HUS">
            <speaker>Hu&#x017F;a.</speaker>
            <p>Das muß ein ganz wunderlicher Kerl<lb/>
&#x017F;eyn, und wie ich ho&#x0364;re, ha&#x0364;nget er einer &#x017F;einer al-<lb/>
ten Hausha&#x0364;lterinnen an, die iedermann fu&#x0364;r eine<lb/>
gar&#x017F;tige Per&#x017F;on und Ab&#x017F;cheu, &#x017F;o wohl der Bil-<lb/>
dung als Auffu&#x0364;hrung nach ha&#x0364;lt. Ja, ia, es<lb/>
wird dir &#x017F;chon einmal zu Hau&#x017F;e kommen: der-<lb/>
gleichen Ha&#x0364;ndel bleiben &#x017F;elten unbelohnet.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#REC">
            <speaker>Rechtswalt.</speaker>
            <p>Dies wundert mich, daß ihre<lb/>
Bru&#x0364;der die Sache nicht mit mehrerer Strenge<lb/>
treiben: man ko&#x0364;nte den Mann ia wohl kirre ma-<lb/>
chen, er &#x017F;itzet ohne dem nicht ve&#x017F;te im Sattel.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#TRE">
            <speaker>Treulieb.</speaker>
            <p>Bishero hat man &#x017F;einer noch wohl<lb/>
&#x017F;einer Frauen wegen ge&#x017F;chonet, was nun ferner<lb/>
daraus werden wird, muß man erwarten.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Wie</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[84/0088] Muſter aller weiblichen Schoͤnheiten und Tugen- den, die edele Duldevielen, verheurathet iſt. Vor einigen Tagen iſt ſie von ihrem iuͤngſten Bruder abgeholet worden, da die Grauſamkeit ihres Mannes ſie laͤngſt verſtoſſen hatte. Jhr Abſchied und Verluſt kraͤnket mich nicht ſo ſehr, als die Gefahr, in welcher ihr geweſener Mann dadurch iſt geſetzet, und die boͤſen Folgen, ſo daraus entſtehen werden. Friedenlieb. Jſt ſie ſchon abgereiſet, wir ha- ben in der Stadt etwas davon gehoͤret, ich habe aber nie geglaubet, daß die Sache ſo weit kom- men werde. Tugendhold. Sie hat lange genug alles ausgehalten, und die Standhaftigkeit ihres Ge- muͤthes iſt nicht ſo wohl uͤberwunden worden/ als die Geduld der Jhrigen. Huſa. Das muß ein ganz wunderlicher Kerl ſeyn, und wie ich hoͤre, haͤnget er einer ſeiner al- ten Haushaͤlterinnen an, die iedermann fuͤr eine garſtige Perſon und Abſcheu, ſo wohl der Bil- dung als Auffuͤhrung nach haͤlt. Ja, ia, es wird dir ſchon einmal zu Hauſe kommen: der- gleichen Haͤndel bleiben ſelten unbelohnet. Rechtswalt. Dies wundert mich, daß ihre Bruͤder die Sache nicht mit mehrerer Strenge treiben: man koͤnte den Mann ia wohl kirre ma- chen, er ſitzet ohne dem nicht veſte im Sattel. Treulieb. Bishero hat man ſeiner noch wohl ſeiner Frauen wegen geſchonet, was nun ferner daraus werden wird, muß man erwarten. Wie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_verbesserungen_1744
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_verbesserungen_1744/88
Zitationshilfe: [N. N.]: Verbesserungen und Zusätze des Lustspieles Die Geistlichen auf dem Lande in zweien Handlungen. Frankfurt (Main) u. a., 1744, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_verbesserungen_1744/88>, abgerufen am 18.12.2024.