Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Verbesserungen und Zusätze des Lustspieles Die Geistlichen auf dem Lande in zweien Handlungen. Frankfurt (Main) u. a., 1744.

Bild:
<< vorherige Seite


nichts wieder die Religion; ich mögte aber wohl
wissen in welchem Verstande man diese nähme.
Nimt man solche überhaupt für die Art, das
höchste Wesen zu verehren, so mag ich es glau-
ben: verstehet man aber darunter die Art, diesem
unendlichen GOtt nach eigenen Fürschriften,
folglich der Offenbarung, zu dienen, so wider-
sprechen sie sich selbst. Denn wie könten sie im
letzteren Fall, ohne alles Bedenken, und ohne
Absehen auf die Richtigkeit, oder Unrichtigkeit
der Religion, Mitglieder annehmen? Und wie es
möglich sey, solche zu dulden, die wohl gar von
keinem GOtt etwas halten wollen, die solchen
Begriff wenigstens durch mancherlei Unordnung
und Ausschweifung, von sich geben, solches sehe
ich gar nicht ab.
Treulieb. Unter andern ist mir die Art ihrer
Verbindung sehr verdächtig. Hätte man wohl
Ursache sich mit so harten und feierlichen Eid-
schwüren, dahin zu verpflichten, wenn diese Ge-
sellschaft sich blos durch willkührliche Zeichen
von andern Unterscheide, und weiter nichts als ei-
nen erlaubten freimüthigen Umgang zum End-
zweck hätte. Es müssen entweder Dinge unter
ihnen vorkommen, die nicht ohne Gefahr können
bekant gemachet werden, oder der Eid ist bei ihnen
von geringer Gültigkeit. Letzteres solte man fast
glauben aus dem Betragen einiger, von ihnen
selbst angegebenen, ansehnlichen Mitgliedern.
Rechtswalt. Durch den Eidschwur, be-
hauptet man, werde eine grössere Sorgfalt in
der
F 5


nichts wieder die Religion; ich moͤgte aber wohl
wiſſen in welchem Verſtande man dieſe naͤhme.
Nimt man ſolche uͤberhaupt fuͤr die Art, das
hoͤchſte Weſen zu verehren, ſo mag ich es glau-
ben: verſtehet man aber darunter die Art, dieſem
unendlichen GOtt nach eigenen Fuͤrſchriften,
folglich der Offenbarung, zu dienen, ſo wider-
ſprechen ſie ſich ſelbſt. Denn wie koͤnten ſie im
letzteren Fall, ohne alles Bedenken, und ohne
Abſehen auf die Richtigkeit, oder Unrichtigkeit
der Religion, Mitglieder annehmen? Und wie es
moͤglich ſey, ſolche zu dulden, die wohl gar von
keinem GOtt etwas halten wollen, die ſolchen
Begriff wenigſtens durch mancherlei Unordnung
und Ausſchweifung, von ſich geben, ſolches ſehe
ich gar nicht ab.
Treulieb. Unter andern iſt mir die Art ihrer
Verbindung ſehr verdaͤchtig. Haͤtte man wohl
Urſache ſich mit ſo harten und feierlichen Eid-
ſchwuͤren, dahin zu verpflichten, wenn dieſe Ge-
ſellſchaft ſich blos durch willkuͤhrliche Zeichen
von andern Unterſcheide, und weiter nichts als ei-
nen erlaubten freimuͤthigen Umgang zum End-
zweck haͤtte. Es muͤſſen entweder Dinge unter
ihnen vorkommen, die nicht ohne Gefahr koͤnnen
bekant gemachet werden, oder der Eid iſt bei ihnen
von geringer Guͤltigkeit. Letzteres ſolte man faſt
glauben aus dem Betragen einiger, von ihnen
ſelbſt angegebenen, anſehnlichen Mitgliedern.
Rechtswalt. Durch den Eidſchwur, be-
hauptet man, werde eine groͤſſere Sorgfalt in
der
F 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#FRI">
            <p><pb facs="#f0093" n="89"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
nichts wieder die Religion; ich mo&#x0364;gte aber wohl<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en in welchem Ver&#x017F;tande man die&#x017F;e na&#x0364;hme.<lb/>
Nimt man &#x017F;olche u&#x0364;berhaupt fu&#x0364;r die Art, das<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;te We&#x017F;en zu verehren, &#x017F;o mag ich es glau-<lb/>
ben: ver&#x017F;tehet man aber darunter die Art, die&#x017F;em<lb/>
unendlichen GOtt nach eigenen Fu&#x0364;r&#x017F;chriften,<lb/>
folglich der Offenbarung, zu dienen, &#x017F;o wider-<lb/>
&#x017F;prechen &#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t. Denn wie ko&#x0364;nten &#x017F;ie im<lb/>
letzteren Fall, ohne alles Bedenken, und ohne<lb/>
Ab&#x017F;ehen auf die Richtigkeit, oder Unrichtigkeit<lb/>
der Religion, Mitglieder annehmen? Und wie es<lb/>
mo&#x0364;glich &#x017F;ey, &#x017F;olche zu dulden, die wohl gar von<lb/>
keinem GOtt etwas halten wollen, die &#x017F;olchen<lb/>
Begriff wenig&#x017F;tens durch mancherlei Unordnung<lb/>
und Aus&#x017F;chweifung, von &#x017F;ich geben, &#x017F;olches &#x017F;ehe<lb/>
ich gar nicht ab.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#TRE">
            <speaker>Treulieb.</speaker>
            <p>Unter andern i&#x017F;t mir die Art ihrer<lb/>
Verbindung &#x017F;ehr verda&#x0364;chtig. Ha&#x0364;tte man wohl<lb/>
Ur&#x017F;ache &#x017F;ich mit &#x017F;o harten und feierlichen Eid-<lb/>
&#x017F;chwu&#x0364;ren, dahin zu verpflichten, wenn die&#x017F;e Ge-<lb/>
&#x017F;ell&#x017F;chaft &#x017F;ich blos durch willku&#x0364;hrliche Zeichen<lb/>
von andern Unter&#x017F;cheide, und weiter nichts als ei-<lb/>
nen erlaubten freimu&#x0364;thigen Umgang zum End-<lb/>
zweck ha&#x0364;tte. Es mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en entweder Dinge unter<lb/>
ihnen vorkommen, die nicht ohne Gefahr ko&#x0364;nnen<lb/>
bekant gemachet werden, oder der Eid i&#x017F;t bei ihnen<lb/>
von geringer Gu&#x0364;ltigkeit. Letzteres &#x017F;olte man fa&#x017F;t<lb/>
glauben aus dem Betragen einiger, von ihnen<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t angegebenen, an&#x017F;ehnlichen Mitgliedern.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#REC">
            <speaker>Rechtswalt.</speaker>
            <p>Durch den Eid&#x017F;chwur, be-<lb/>
hauptet man, werde eine gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere Sorgfalt in<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F 5</fw><fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[89/0093] nichts wieder die Religion; ich moͤgte aber wohl wiſſen in welchem Verſtande man dieſe naͤhme. Nimt man ſolche uͤberhaupt fuͤr die Art, das hoͤchſte Weſen zu verehren, ſo mag ich es glau- ben: verſtehet man aber darunter die Art, dieſem unendlichen GOtt nach eigenen Fuͤrſchriften, folglich der Offenbarung, zu dienen, ſo wider- ſprechen ſie ſich ſelbſt. Denn wie koͤnten ſie im letzteren Fall, ohne alles Bedenken, und ohne Abſehen auf die Richtigkeit, oder Unrichtigkeit der Religion, Mitglieder annehmen? Und wie es moͤglich ſey, ſolche zu dulden, die wohl gar von keinem GOtt etwas halten wollen, die ſolchen Begriff wenigſtens durch mancherlei Unordnung und Ausſchweifung, von ſich geben, ſolches ſehe ich gar nicht ab. Treulieb. Unter andern iſt mir die Art ihrer Verbindung ſehr verdaͤchtig. Haͤtte man wohl Urſache ſich mit ſo harten und feierlichen Eid- ſchwuͤren, dahin zu verpflichten, wenn dieſe Ge- ſellſchaft ſich blos durch willkuͤhrliche Zeichen von andern Unterſcheide, und weiter nichts als ei- nen erlaubten freimuͤthigen Umgang zum End- zweck haͤtte. Es muͤſſen entweder Dinge unter ihnen vorkommen, die nicht ohne Gefahr koͤnnen bekant gemachet werden, oder der Eid iſt bei ihnen von geringer Guͤltigkeit. Letzteres ſolte man faſt glauben aus dem Betragen einiger, von ihnen ſelbſt angegebenen, anſehnlichen Mitgliedern. Rechtswalt. Durch den Eidſchwur, be- hauptet man, werde eine groͤſſere Sorgfalt in der F 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_verbesserungen_1744
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_verbesserungen_1744/93
Zitationshilfe: [N. N.]: Verbesserungen und Zusätze des Lustspieles Die Geistlichen auf dem Lande in zweien Handlungen. Frankfurt (Main) u. a., 1744, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_verbesserungen_1744/93>, abgerufen am 24.11.2024.