Talvj, Volkslieder der Serben, 1825Ruft zum zweitenmal, und er vernimmt es. Wendet um den tadellosen Rappen, Horcht, was sie wohl zu ihm sprechen werde. Und sie spricht unsel'ge, grause Worte: 1000 "O Maxim, Du Deiner Mutter Einz'ger! Nie mehr möge sie Dich wieder sehen, Nimmer Dich lebendig mehr umarmen, Kampfeslanzen seyen Deine Bahre, Schilder mögen Leichenstein Dir werden, 1005 Schwarz vor Gottes Richtstuhl sey Dein Antlitz, Schwarz, also wie heut' es ist, beim Zweikampf, Den Du sollst mit dem Woiwoden kämpfen! Warum einem Andern meine Schätze? Doch nicht leid thut mir's um alle Schätze! 1010 Hab' er sie! so hab' ihn das Verderben! Aber leid ist mir's um's goldne Hemde, Welches ich drei Jahr geflochten habe, Tag und Nacht mit meinen drei Gespielen, Daß mir fast die Augen ausgeträufelt, 1015 Immer an dem goldnen Hemde flechtend. Meinen Bräutigam wollt' ich drinn küssen, Schön geschmückt im Hemd' von lautrem Golde. Und Ihr gebt es einem fremden Manne! Doch, mein Bräutigam Maxim! vernimm mich! 1020 Fordre Du sogleich zurück die Schätze, Aber wagst Du dieses nicht, und willst nicht: Nun so schwör' ich, beim wahrhaft'gen Gotte, Keinen Schritt thu' ich mehr vorwärts -- höre! Ruft zum zweitenmal, und er vernimmt es. Wendet um den tadellosen Rappen, Horcht, was sie wohl zu ihm sprechen werde. Und sie spricht unsel'ge, grause Worte: 1000 „O Maxim, Du Deiner Mutter Einz'ger! Nie mehr möge sie Dich wieder sehen, Nimmer Dich lebendig mehr umarmen, Kampfeslanzen seyen Deine Bahre, Schilder mögen Leichenstein Dir werden, 1005 Schwarz vor Gottes Richtstuhl sey Dein Antlitz, Schwarz, also wie heut' es ist, beim Zweikampf, Den Du sollst mit dem Woiwoden kämpfen! Warum einem Andern meine Schätze? Doch nicht leid thut mir's um alle Schätze! 1010 Hab' er sie! so hab' ihn das Verderben! Aber leid ist mir's um's goldne Hemde, Welches ich drei Jahr geflochten habe, Tag und Nacht mit meinen drei Gespielen, Daß mir fast die Augen ausgeträufelt, 1015 Immer an dem goldnen Hemde flechtend. Meinen Bräutigam wollt' ich drinn küssen, Schön geschmückt im Hemd' von lautrem Golde. Und Ihr gebt es einem fremden Manne! Doch, mein Bräutigam Maxim! vernimm mich! 1020 Fordre Du sogleich zurück die Schätze, Aber wagst Du dieses nicht, und willst nicht: Nun so schwör' ich, beim wahrhaft'gen Gotte, Keinen Schritt thu' ich mehr vorwärts — höre! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg> <pb facs="#f0174" n="108"/> <lg> <l>Ruft zum zweitenmal, und er vernimmt es.</l><lb/> <l>Wendet um den tadellosen Rappen,</l><lb/> <l>Horcht, was sie wohl zu ihm sprechen werde.</l><lb/> <l>Und sie spricht unsel'ge, grause Worte: <note place="right">1000</note></l> </lg><lb/> <lg> <l>„O Maxim, Du Deiner Mutter Einz'ger!</l><lb/> <l>Nie mehr möge sie Dich wieder sehen,</l><lb/> <l>Nimmer Dich lebendig mehr umarmen,</l><lb/> <l>Kampfeslanzen seyen Deine Bahre,</l><lb/> <l>Schilder mögen Leichenstein Dir werden, <note place="right">1005</note></l><lb/> <l>Schwarz vor Gottes Richtstuhl sey Dein Antlitz,</l><lb/> <l>Schwarz, also wie heut' es ist, beim Zweikampf,</l><lb/> <l>Den Du sollst mit dem Woiwoden kämpfen!</l><lb/> <l>Warum einem Andern meine Schätze?</l><lb/> <l>Doch nicht leid thut mir's um alle Schätze! <note place="right">1010</note></l><lb/> <l>Hab' er sie! so hab' ihn das Verderben!</l><lb/> <l>Aber leid ist mir's um's goldne Hemde,</l><lb/> <l>Welches ich drei Jahr geflochten habe,</l><lb/> <l>Tag und Nacht mit meinen drei Gespielen,</l><lb/> <l>Daß mir fast die Augen ausgeträufelt, <note place="right">1015</note></l><lb/> <l>Immer an dem goldnen Hemde flechtend.</l><lb/> <l>Meinen Bräutigam wollt' ich drinn küssen,</l><lb/> <l>Schön geschmückt im Hemd' von lautrem Golde.</l><lb/> <l>Und Ihr gebt es einem fremden Manne!</l><lb/> <l>Doch, mein Bräutigam Maxim! vernimm mich! <note place="right">1020</note></l><lb/> <l>Fordre Du sogleich zurück die Schätze,</l><lb/> <l>Aber wagst Du dieses nicht, und willst nicht:</l><lb/> <l>Nun so schwör' ich, beim wahrhaft'gen Gotte,</l><lb/> <l>Keinen Schritt thu' ich mehr vorwärts — höre!</l> </lg><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [108/0174]
Ruft zum zweitenmal, und er vernimmt es.
Wendet um den tadellosen Rappen,
Horcht, was sie wohl zu ihm sprechen werde.
Und sie spricht unsel'ge, grause Worte:
„O Maxim, Du Deiner Mutter Einz'ger!
Nie mehr möge sie Dich wieder sehen,
Nimmer Dich lebendig mehr umarmen,
Kampfeslanzen seyen Deine Bahre,
Schilder mögen Leichenstein Dir werden,
Schwarz vor Gottes Richtstuhl sey Dein Antlitz,
Schwarz, also wie heut' es ist, beim Zweikampf,
Den Du sollst mit dem Woiwoden kämpfen!
Warum einem Andern meine Schätze?
Doch nicht leid thut mir's um alle Schätze!
Hab' er sie! so hab' ihn das Verderben!
Aber leid ist mir's um's goldne Hemde,
Welches ich drei Jahr geflochten habe,
Tag und Nacht mit meinen drei Gespielen,
Daß mir fast die Augen ausgeträufelt,
Immer an dem goldnen Hemde flechtend.
Meinen Bräutigam wollt' ich drinn küssen,
Schön geschmückt im Hemd' von lautrem Golde.
Und Ihr gebt es einem fremden Manne!
Doch, mein Bräutigam Maxim! vernimm mich!
Fordre Du sogleich zurück die Schätze,
Aber wagst Du dieses nicht, und willst nicht:
Nun so schwör' ich, beim wahrhaft'gen Gotte,
Keinen Schritt thu' ich mehr vorwärts — höre!
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Zitationshilfe: | Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/174>, abgerufen am 16.02.2025. |