Talvj, Volkslieder der Serben, 1825Schnell mein gutes Roß wend' ich zurücke, 1025 Treib' es fort bis an das Meergestade, Pflücke dort ein Blatt ab von Schemischlik *), Und, das eigne Antlitz mir zerreißend, Daß das Blut mir von den Wangen träufelt, Schreib' ich einen Brief an meinen Vater, 1030 Geb' ihn meinem grauen Edelfalken, Daß er schnell ihn nach Venedig trage. Sammeln wird mein Vater die Lateiner, Wird zerstören Euer weißes Shabljack, Euch die Schmach mit Angst und Noth bezahlen!" -- 1035 Als Maxim, der Knabe, dieß vernommen: Wuth ergreift ihn -- seinen Rappen wendend, Schlägt er ihn mit dreigeflochtner Peitsche, Daß umgürtend sie sich um das Roß schlingt, Daß die Haut zerspringet auf dem Rücken, 1040 Und das Blut bis auf die Hüften träufelt. Rasend springt der wilde Hengst, und bäumt sich; Hoch springt er, drei Lanzen hoch gen Himmel, Weit springt er, vier Lanzen auf der Erde. Und kein wackrer Held ist gegenwärtig, 1045 Aufzuhalten den unsel'gen Wüthrich! Eine Straße bahnt sich im Gedränge, Alle stehn erstarrt, doch keiner ahndet, Warum er den Rappen umgewendet. *) Ein Gewächs, daß sowohl dem Sänger selbst, als dem
Sammler unbekannt war. Schnell mein gutes Roß wend' ich zurücke, 1025 Treib' es fort bis an das Meergestade, Pflücke dort ein Blatt ab von Schemischlik *), Und, das eigne Antlitz mir zerreißend, Daß das Blut mir von den Wangen träufelt, Schreib' ich einen Brief an meinen Vater, 1030 Geb' ihn meinem grauen Edelfalken, Daß er schnell ihn nach Venedig trage. Sammeln wird mein Vater die Lateiner, Wird zerstören Euer weißes Shabljack, Euch die Schmach mit Angst und Noth bezahlen!“ — 1035 Als Maxim, der Knabe, dieß vernommen: Wuth ergreift ihn — seinen Rappen wendend, Schlägt er ihn mit dreigeflochtner Peitsche, Daß umgürtend sie sich um das Roß schlingt, Daß die Haut zerspringet auf dem Rücken, 1040 Und das Blut bis auf die Hüften träufelt. Rasend springt der wilde Hengst, und bäumt sich; Hoch springt er, drei Lanzen hoch gen Himmel, Weit springt er, vier Lanzen auf der Erde. Und kein wackrer Held ist gegenwärtig, 1045 Aufzuhalten den unsel'gen Wüthrich! Eine Straße bahnt sich im Gedränge, Alle stehn erstarrt, doch keiner ahndet, Warum er den Rappen umgewendet. *) Ein Gewächs, daß sowohl dem Sänger selbst, als dem
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Schnell mein gutes Roß wend' ich zurücke,
Treib' es fort bis an das Meergestade,
Pflücke dort ein Blatt ab von Schemischlik *),
Und, das eigne Antlitz mir zerreißend,
Daß das Blut mir von den Wangen träufelt,
Schreib' ich einen Brief an meinen Vater,
Geb' ihn meinem grauen Edelfalken,
Daß er schnell ihn nach Venedig trage.
Sammeln wird mein Vater die Lateiner,
Wird zerstören Euer weißes Shabljack,
Euch die Schmach mit Angst und Noth bezahlen!“ —
Als Maxim, der Knabe, dieß vernommen:
Wuth ergreift ihn — seinen Rappen wendend,
Schlägt er ihn mit dreigeflochtner Peitsche,
Daß umgürtend sie sich um das Roß schlingt,
Daß die Haut zerspringet auf dem Rücken,
Und das Blut bis auf die Hüften träufelt.
Rasend springt der wilde Hengst, und bäumt sich;
Hoch springt er, drei Lanzen hoch gen Himmel,
Weit springt er, vier Lanzen auf der Erde.
Und kein wackrer Held ist gegenwärtig,
Aufzuhalten den unsel'gen Wüthrich!
Eine Straße bahnt sich im Gedränge,
Alle stehn erstarrt, doch keiner ahndet,
Warum er den Rappen umgewendet.
*) Ein Gewächs, daß sowohl dem Sänger selbst, als dem
Sammler unbekannt war.
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Zitationshilfe: | Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/175>, abgerufen am 17.06.2024. |