Talvj, Volkslieder der Serben, 1825Die Brüder. Mühvoll, in der rechten Hand die Spindel, Nährt in böser Zeit und Hungersjahren Eine Mutter einst zwei liebe Knaben. Schöne Namen thät sie ihnen geben, Nannte Den Predrag', Nenad den Andern. *)5 Als Predrag' das Roß besteigen konnte, Roß besteigen und die Lanze führen, Floh das Haus er seiner greisen Mutter, Gieng ins Waldgebirge zu den Räubern. Nur der Jüng're blieb, Nenad, der Mutter, 10 Der nicht vom entflohnen Bruder wußte; Blieb, bis er das Roß besteigen konnte, Roß besteigen und die Lanze führen; Siehe! da entfloh auch er der Mutter, In das Waldgebirge zu den Räubern. 15 Und er blieb drei Jahre bei den Räubern. Weise ward der Jüngling und verständig, Und im Kampfe war das Glück ihm günstig. Drauf zum Hauptmann machten ihn die Andern; Und als Hauptmann herrschte er drei Jahre. 20 Da ergreift ihn Sehnsucht nach der Mutter, *) Predrag -- sehr theuer, praedilectus. Nenad, unverhofft.
Die Brüder. Mühvoll, in der rechten Hand die Spindel, Nährt in böser Zeit und Hungersjahren Eine Mutter einst zwei liebe Knaben. Schöne Namen thät sie ihnen geben, Nannte Den Predrag', Nenad den Andern. *)5 Als Predrag' das Roß besteigen konnte, Roß besteigen und die Lanze führen, Floh das Haus er seiner greisen Mutter, Gieng ins Waldgebirge zu den Räubern. Nur der Jüng're blieb, Nenad, der Mutter, 10 Der nicht vom entflohnen Bruder wußte; Blieb, bis er das Roß besteigen konnte, Roß besteigen und die Lanze führen; Siehe! da entfloh auch er der Mutter, In das Waldgebirge zu den Räubern. 15 Und er blieb drei Jahre bei den Räubern. Weise ward der Jüngling und verständig, Und im Kampfe war das Glück ihm günstig. Drauf zum Hauptmann machten ihn die Andern; Und als Hauptmann herrschte er drei Jahre. 20 Da ergreift ihn Sehnsucht nach der Mutter, *) Predrag — sehr theuer, praedilectus. Nenad, unverhofft.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0193" n="127"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Die Brüder</hi>.</hi> </hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem"> <lg> <l><hi rendition="#in">M</hi>ühvoll, in der rechten Hand die Spindel,</l><lb/> <l>Nährt in böser Zeit und Hungersjahren</l><lb/> <l>Eine Mutter einst zwei liebe Knaben.</l><lb/> <l>Schöne Namen thät sie ihnen geben,</l><lb/> <l>Nannte Den Predrag', Nenad den Andern. <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">Predrag</hi> — sehr theuer, <hi rendition="#aq">praedilectus. Nenad,</hi> unverhofft.</note><note place="right">5</note></l><lb/> <l>Als Predrag' das Roß besteigen konnte,</l><lb/> <l>Roß besteigen und die Lanze führen,</l><lb/> <l>Floh das Haus er seiner greisen Mutter,</l><lb/> <l>Gieng ins Waldgebirge zu den Räubern.</l> </lg><lb/> <lg> <l>Nur der Jüng're blieb, Nenad, der Mutter, <note place="right">10</note></l><lb/> <l>Der nicht vom entflohnen Bruder wußte;</l><lb/> <l>Blieb, bis er das Roß besteigen konnte,</l><lb/> <l>Roß besteigen und die Lanze führen;</l><lb/> <l>Siehe! da entfloh auch er der Mutter,</l><lb/> <l>In das Waldgebirge zu den Räubern. <note place="right">15</note></l> </lg><lb/> <lg> <l>Und er blieb drei Jahre bei den Räubern.</l><lb/> <l>Weise ward der Jüngling und verständig,</l><lb/> <l>Und im Kampfe war das Glück ihm günstig.</l><lb/> <l>Drauf zum Hauptmann machten ihn die Andern;</l><lb/> <l>Und als Hauptmann herrschte er drei Jahre. <note place="right">20</note></l><lb/> <l>Da ergreift ihn Sehnsucht nach der Mutter,</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [127/0193]
Die Brüder.
Mühvoll, in der rechten Hand die Spindel,
Nährt in böser Zeit und Hungersjahren
Eine Mutter einst zwei liebe Knaben.
Schöne Namen thät sie ihnen geben,
Nannte Den Predrag', Nenad den Andern. *)
Als Predrag' das Roß besteigen konnte,
Roß besteigen und die Lanze führen,
Floh das Haus er seiner greisen Mutter,
Gieng ins Waldgebirge zu den Räubern.
Nur der Jüng're blieb, Nenad, der Mutter,
Der nicht vom entflohnen Bruder wußte;
Blieb, bis er das Roß besteigen konnte,
Roß besteigen und die Lanze führen;
Siehe! da entfloh auch er der Mutter,
In das Waldgebirge zu den Räubern.
Und er blieb drei Jahre bei den Räubern.
Weise ward der Jüngling und verständig,
Und im Kampfe war das Glück ihm günstig.
Drauf zum Hauptmann machten ihn die Andern;
Und als Hauptmann herrschte er drei Jahre.
Da ergreift ihn Sehnsucht nach der Mutter,
*) Predrag — sehr theuer, praedilectus. Nenad, unverhofft.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Robert Charlier, AV GWB Berlin: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-05-30T17:55:01Z)
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: keine Angabe; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: keine Angabe;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |