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Talvj, Volkslieder der Serben, 1825

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Erbschaftstheilung.


Schalt der Mond, und sprach zum Morgensterne:
"Morgenstern! wo bist Du doch gewesen?
Sprich, wo hast Du Deine Zeit versäumet?
Deine Zeit versäumt drei weiße Tage?"
Und es sprach der Morgenstern entgegnend: 5
"Bin gewesen, hab' die Zeit versäumet
Dorten über Belgrads weißer Feste,
Anzuschau'n ein wunderbar Ereigniß,
Wie zwei Brüder sich in's Erbe theilten,
Jakschitsch Dmeter und Jakschitsch Bogdane. 10
Schön vertragen hatten sich die Brüder,
Hatten wohl vertheilt des Vaters Erbe:
Dmeter nahm die Wallachey als Antheil,
Nahm die Wallachey und ganze Moldau,
Das Banat auch bis zum Donaustrome; 15
Bogdan nahm das ebene Land Sirmien,
Und die flachen Landschaften der Sawa;
Serbien ferner, bis zur Fest' Ushitza.
Dmeter nahm den untern Theil der Feste,
Und den Thurm Nebojscha an der Donau; 20
Bogdan nahm den obern Theil der Feste,
Und die Kirche mitten drinn, Rushitza.
Um ein Kleines stritten sich die Brüder,
Um ein Kleines -- wär's doch was gewesen! --
10*
Erbschaftstheilung.


Schalt der Mond, und sprach zum Morgensterne:
„Morgenstern! wo bist Du doch gewesen?
Sprich, wo hast Du Deine Zeit versäumet?
Deine Zeit versäumt drei weiße Tage?“
Und es sprach der Morgenstern entgegnend: 5
„Bin gewesen, hab' die Zeit versäumet
Dorten über Belgrads weißer Feste,
Anzuschau'n ein wunderbar Ereigniß,
Wie zwei Brüder sich in's Erbe theilten,
Jakschitsch Dmeter und Jakschitsch Bogdane. 10
Schön vertragen hatten sich die Brüder,
Hatten wohl vertheilt des Vaters Erbe:
Dmeter nahm die Wallachey als Antheil,
Nahm die Wallachey und ganze Moldau,
Das Banat auch bis zum Donaustrome; 15
Bogdan nahm das ebene Land Sirmien,
Und die flachen Landschaften der Sawa;
Serbien ferner, bis zur Fest' Ushitza.
Dmeter nahm den untern Theil der Feste,
Und den Thurm Nebojscha an der Donau; 20
Bogdan nahm den obern Theil der Feste,
Und die Kirche mitten drinn, Rushitza.
Um ein Kleines stritten sich die Brüder,
Um ein Kleines — wär's doch was gewesen! —
10*
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[147/0213] Erbschaftstheilung. Schalt der Mond, und sprach zum Morgensterne: „Morgenstern! wo bist Du doch gewesen? Sprich, wo hast Du Deine Zeit versäumet? Deine Zeit versäumt drei weiße Tage?“ Und es sprach der Morgenstern entgegnend: „Bin gewesen, hab' die Zeit versäumet Dorten über Belgrads weißer Feste, Anzuschau'n ein wunderbar Ereigniß, Wie zwei Brüder sich in's Erbe theilten, Jakschitsch Dmeter und Jakschitsch Bogdane. Schön vertragen hatten sich die Brüder, Hatten wohl vertheilt des Vaters Erbe: Dmeter nahm die Wallachey als Antheil, Nahm die Wallachey und ganze Moldau, Das Banat auch bis zum Donaustrome; Bogdan nahm das ebene Land Sirmien, Und die flachen Landschaften der Sawa; Serbien ferner, bis zur Fest' Ushitza. Dmeter nahm den untern Theil der Feste, Und den Thurm Nebojscha an der Donau; Bogdan nahm den obern Theil der Feste, Und die Kirche mitten drinn, Rushitza. Um ein Kleines stritten sich die Brüder, Um ein Kleines — wär's doch was gewesen! — 10*

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Zitationshilfe: Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/213>, abgerufen am 21.11.2024.