"Guten Morgen, edler Path' und Schwager! Sage, Schwager, wo isi Deine Schwäg'rin? 270 Sprich, o Pathe, wo ist Deine Pathin?" Stephan schwieg, mit keinem Wort' erwiedernd. Doch es spricht der Doge von Venedig. "Lieber Pathe, Königsprosse Marko! Jetzt hat Jeder seine eigne Weise, 275 Nicht mal mehr kann man in Ruhe scherzen!" Marko d'rauf entgegnete dem Dogen: "Uebel scherztest Du, fürwahr, Freund Doge, Hast Du etwa Dir den Bart verscherzet? Sage mir, wo blieb Dein Bart von gestern?" -- 280 Eben will der Doge Antwort geben; Doch nicht duldet's der Priliper Marko, Schwingt den Säbel, hauet ihm den Kopf ab. Eilig fliehet der Semlitsche Stephan, Bald erreicht vom Königsohne Marko, 285 Spaltet dieser ihn mit scharfem Säbel, Daß aus Einem, zween Stücke werden. D'rauf zum Zelte kehret er zurücke, Rüstet dorten sich und seinen Scharatz, Und geleitet von den Hochzeitgästen, 290 Geht es nach Prilip, der weißen Feste.
„Guten Morgen, edler Path' und Schwager! Sage, Schwager, wo isi Deine Schwäg'rin? 270 Sprich, o Pathe, wo ist Deine Pathin?“ Stephan schwieg, mit keinem Wort' erwiedernd. Doch es spricht der Doge von Venedig. „Lieber Pathe, Königsprosse Marko! Jetzt hat Jeder seine eigne Weise, 275 Nicht mal mehr kann man in Ruhe scherzen!“ Marko d'rauf entgegnete dem Dogen: „Uebel scherztest Du, fürwahr, Freund Doge, Hast Du etwa Dir den Bart verscherzet? Sage mir, wo blieb Dein Bart von gestern?“ — 280 Eben will der Doge Antwort geben; Doch nicht duldet's der Priliper Marko, Schwingt den Säbel, hauet ihm den Kopf ab. Eilig fliehet der Semlitsche Stephan, Bald erreicht vom Königsohne Marko, 285 Spaltet dieser ihn mit scharfem Säbel, Daß aus Einem, zween Stücke werden. D'rauf zum Zelte kehret er zurücke, Rüstet dorten sich und seinen Scharatz, Und geleitet von den Hochzeitgästen, 290 Geht es nach Prilip, der weißen Feste.
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„Guten Morgen, edler Path' und Schwager!
Sage, Schwager, wo isi Deine Schwäg'rin?
Sprich, o Pathe, wo ist Deine Pathin?“
Stephan schwieg, mit keinem Wort' erwiedernd.
Doch es spricht der Doge von Venedig.
„Lieber Pathe, Königsprosse Marko!
Jetzt hat Jeder seine eigne Weise,
Nicht mal mehr kann man in Ruhe scherzen!“
Marko d'rauf entgegnete dem Dogen:
„Uebel scherztest Du, fürwahr, Freund Doge,
Hast Du etwa Dir den Bart verscherzet?
Sage mir, wo blieb Dein Bart von gestern?“ —
Eben will der Doge Antwort geben;
Doch nicht duldet's der Priliper Marko,
Schwingt den Säbel, hauet ihm den Kopf ab.
Eilig fliehet der Semlitsche Stephan,
Bald erreicht vom Königsohne Marko,
Spaltet dieser ihn mit scharfem Säbel,
Daß aus Einem, zween Stücke werden.
D'rauf zum Zelte kehret er zurücke,
Rüstet dorten sich und seinen Scharatz,
Und geleitet von den Hochzeitgästen,
Geht es nach Prilip, der weißen Feste.
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Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/262>, abgerufen am 16.02.2025.
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