Talvj, Volkslieder der Serben, 1825Tod des Königsohnes Marko. In der Frühe ritt der edle Marko Vor der lichten Sonn' am Sonntag' Morgen, Meerentlang, anf das Gebirg' Urwina; Aber als er oben auf dem Berge, Fing der Scharatz plötzlich an zu stolpern, 5 Fing zu stolpern an und an zu weinen. Schwer aufs Herz fiel dieß dem Königsohne, Und er sprach zu seinem Rosse Scharatz: "Ey, mein lieber Freund, mein treuer Scharatz, Sind es hundert doch und sechzig Jahre, 10 Seit wir zweie als Gefährten leben, Und noch niemals hast du mir gestolpert! Aber heute fängst du an zu stolpern, Fängst du an zu stolpern und zu weinen? Weiß der Herr! das deutet mir nichts Gutes! 15 Sicher gilt es hier um Eines Leben, Um das meine, oder um das deine!" -- Als nun Marko sprach auf diese Weise, Schrie die Wila vom Urwinaberge, Redete zum Königsohne Marko: 20 "Höre, Bruder, Königsprosse Marko: Weißt Du, Freund, warum Dein Roß gestolpert? Tod des Königsohnes Marko. In der Frühe ritt der edle Marko Vor der lichten Sonn' am Sonntag' Morgen, Meerentlang, anf das Gebirg' Urwina; Aber als er oben auf dem Berge, Fing der Scharatz plötzlich an zu stolpern, 5 Fing zu stolpern an und an zu weinen. Schwer aufs Herz fiel dieß dem Königsohne, Und er sprach zu seinem Rosse Scharatz: „Ey, mein lieber Freund, mein treuer Scharatz, Sind es hundert doch und sechzig Jahre, 10 Seit wir zweie als Gefährten leben, Und noch niemals hast du mir gestolpert! Aber heute fängst du an zu stolpern, Fängst du an zu stolpern und zu weinen? Weiß der Herr! das deutet mir nichts Gutes! 15 Sicher gilt es hier um Eines Leben, Um das meine, oder um das deine!“ — Als nun Marko sprach auf diese Weise, Schrie die Wila vom Urwinaberge, Redete zum Königsohne Marko: 20 „Höre, Bruder, Königsprosse Marko: Weißt Du, Freund, warum Dein Roß gestolpert? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0306" n="240"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Tod des Königsohnes Marko</hi>.</hi> </hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem"> <lg> <l><hi rendition="#in">I</hi>n der Frühe ritt der edle Marko</l><lb/> <l>Vor der lichten Sonn' am Sonntag' Morgen,</l><lb/> <l>Meerentlang, anf das Gebirg' Urwina;</l><lb/> <l>Aber als er oben auf dem Berge,</l><lb/> <l>Fing der Scharatz plötzlich an zu stolpern, <note place="right">5</note></l><lb/> <l>Fing zu stolpern an und an zu weinen.</l><lb/> <l>Schwer aufs Herz fiel dieß dem Königsohne,</l><lb/> <l>Und er sprach zu seinem Rosse Scharatz:</l><lb/> <l>„Ey, mein lieber Freund, mein treuer Scharatz,</l><lb/> <l>Sind es hundert doch und sechzig Jahre, <note place="right">10</note></l><lb/> <l>Seit wir zweie als Gefährten leben,</l><lb/> <l>Und noch niemals hast du mir gestolpert!</l><lb/> <l>Aber heute fängst du an zu stolpern,</l><lb/> <l>Fängst du an zu stolpern und zu weinen?</l><lb/> <l>Weiß der Herr! das deutet mir nichts Gutes! <note place="right">15</note></l><lb/> <l>Sicher gilt es hier um Eines Leben,</l><lb/> <l>Um das meine, oder um das deine!“ —</l> </lg><lb/> <lg> <l>Als nun Marko sprach auf diese Weise,</l><lb/> <l>Schrie die Wila vom Urwinaberge,</l><lb/> <l>Redete zum Königsohne Marko: <note place="right">20</note></l><lb/> <l>„Höre, Bruder, Königsprosse Marko:</l><lb/> <l>Weißt Du, Freund, warum Dein Roß gestolpert?</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [240/0306]
Tod des Königsohnes Marko.
In der Frühe ritt der edle Marko
Vor der lichten Sonn' am Sonntag' Morgen,
Meerentlang, anf das Gebirg' Urwina;
Aber als er oben auf dem Berge,
Fing der Scharatz plötzlich an zu stolpern,
Fing zu stolpern an und an zu weinen.
Schwer aufs Herz fiel dieß dem Königsohne,
Und er sprach zu seinem Rosse Scharatz:
„Ey, mein lieber Freund, mein treuer Scharatz,
Sind es hundert doch und sechzig Jahre,
Seit wir zweie als Gefährten leben,
Und noch niemals hast du mir gestolpert!
Aber heute fängst du an zu stolpern,
Fängst du an zu stolpern und zu weinen?
Weiß der Herr! das deutet mir nichts Gutes!
Sicher gilt es hier um Eines Leben,
Um das meine, oder um das deine!“ —
Als nun Marko sprach auf diese Weise,
Schrie die Wila vom Urwinaberge,
Redete zum Königsohne Marko:
„Höre, Bruder, Königsprosse Marko:
Weißt Du, Freund, warum Dein Roß gestolpert?
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