reiste, der die Heerstraßen so unwegsam fand, daß fast alle seine Geräthschaften stecken blieben; und obwohl in den Städ- ten freundlich aufgenommen und bewirthet, in den dazwischen liegenden endlosen Wäldern mit Räuberhorden unaufhörlich zu kämpfen hatte. Auch dürfen wir nicht unerwähnt lassen, daß es Nemanjas Gesandte waren, die Friedrich Barbarossa am Weihnachrstage 1188 in Eger begrüßten. Sie melde- ten ihm die Ehrfurcht ihres Beherrschers, und seine freudige Hoffnung, ihn beym Zug nach Palästina in Serbien zu sehn, und zu bewirthen. Dieß Land war bis dahin in Deutsch- land nur einzelnen Pilgrimen bekannt gewesen; so machte die Sendung großes Aufsetzn, und es ward in den Jahrbü- chern verzeichnet, daß die entferntesten Völker dem Ruhm des Kaisers huldigten. Die Zusammenkunft fand auch wirk- lich Statt, nach Einigen zu Belgrad, nach Andern zu Nißa. Mit dem byzantinischen Reiche durch seine glücklichen Erfolge gespannter als je, scheint es Nemanjas Absicht gewesen zu seyn, sich den Schutz eines andern mächtigen Oberherrn zu sichern. Wir erfahren nicht bestimmt, ob Friedrich auf sei- nen Wunsch eingegangen. Auf jeden Fall hatte die Sache keine weiteren Folgen, da der Kaiser auf diesem Kreuzzuge umkam. Serbische Annalisten erzählen, daß Nemanja's Mut- ter eine Deutsche gewesen, auch daß er selbst einen Theil sei- ner Jugend in Deutschland und Ungarn zugebracht habe.
Nemanja hatte drey Söhne. Der älteste entsagte frey- willig allen Ansprüchen auf das Reich, widmete sich im stillen Klosterleben den heiligen Wissenschaften, und lebt noch heute unter dem Namen des heiligen Sawa in Legende und Gesang, im Munde seines Volkes. Der zweyte Sohn Stephan, den die abendländischen Schriftsteller durch den Beynamen Ven- cianus bezeichnen, (vom serbischen: perwowentschani, zu- erst gekrönt) folgte seinem Vater als Großshupan von Ser-1193 bien, der dritte Bruder Wuk, als Fürst von Setsk und Sa-
reiste, der die Heerstraßen so unwegsam fand, daß fast alle seine Geräthschaften stecken blieben; und obwohl in den Städ- ten freundlich aufgenommen und bewirthet, in den dazwischen liegenden endlosen Wäldern mit Räuberhorden unaufhörlich zu kämpfen hatte. Auch dürfen wir nicht unerwähnt lassen, daß es Nemanjas Gesandte waren, die Friedrich Barbarossa am Weihnachrstage 1188 in Eger begrüßten. Sie melde- ten ihm die Ehrfurcht ihres Beherrschers, und seine freudige Hoffnung, ihn beym Zug nach Palästina in Serbien zu sehn, und zu bewirthen. Dieß Land war bis dahin in Deutsch- land nur einzelnen Pilgrimen bekannt gewesen; so machte die Sendung großes Aufsetzn, und es ward in den Jahrbü- chern verzeichnet, daß die entferntesten Völker dem Ruhm des Kaisers huldigten. Die Zusammenkunft fand auch wirk- lich Statt, nach Einigen zu Belgrad, nach Andern zu Nißa. Mit dem byzantinischen Reiche durch seine glücklichen Erfolge gespannter als je, scheint es Nemanjas Absicht gewesen zu seyn, sich den Schutz eines andern mächtigen Oberherrn zu sichern. Wir erfahren nicht bestimmt, ob Friedrich auf sei- nen Wunsch eingegangen. Auf jeden Fall hatte die Sache keine weiteren Folgen, da der Kaiser auf diesem Kreuzzuge umkam. Serbische Annalisten erzählen, daß Nemanja's Mut- ter eine Deutsche gewesen, auch daß er selbst einen Theil sei- ner Jugend in Deutschland und Ungarn zugebracht habe.
Nemanja hatte drey Söhne. Der älteste entsagte frey- willig allen Ansprüchen auf das Reich, widmete sich im stillen Klosterleben den heiligen Wissenschaften, und lebt noch heute unter dem Namen des heiligen Sawa in Legende und Gesang, im Munde seines Volkes. Der zweyte Sohn Stephan, den die abendländischen Schriftsteller durch den Beynamen Ven- cianus bezeichnen, (vom serbischen: perwowentschani, zu- erst gekrönt) folgte seinem Vater als Großshupan von Ser-1193 bien, der dritte Bruder Wuk, als Fürst von Setsk und Sa-
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[XII/0032]
reiste, der die Heerstraßen so unwegsam fand, daß fast alle
seine Geräthschaften stecken blieben; und obwohl in den Städ-
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liegenden endlosen Wäldern mit Räuberhorden unaufhörlich
zu kämpfen hatte. Auch dürfen wir nicht unerwähnt lassen,
daß es Nemanjas Gesandte waren, die Friedrich Barbarossa
am Weihnachrstage 1188 in Eger begrüßten. Sie melde-
ten ihm die Ehrfurcht ihres Beherrschers, und seine freudige
Hoffnung, ihn beym Zug nach Palästina in Serbien zu sehn,
und zu bewirthen. Dieß Land war bis dahin in Deutsch-
land nur einzelnen Pilgrimen bekannt gewesen; so machte
die Sendung großes Aufsetzn, und es ward in den Jahrbü-
chern verzeichnet, daß die entferntesten Völker dem Ruhm
des Kaisers huldigten. Die Zusammenkunft fand auch wirk-
lich Statt, nach Einigen zu Belgrad, nach Andern zu Nißa.
Mit dem byzantinischen Reiche durch seine glücklichen Erfolge
gespannter als je, scheint es Nemanjas Absicht gewesen zu
seyn, sich den Schutz eines andern mächtigen Oberherrn zu
sichern. Wir erfahren nicht bestimmt, ob Friedrich auf sei-
nen Wunsch eingegangen. Auf jeden Fall hatte die Sache
keine weiteren Folgen, da der Kaiser auf diesem Kreuzzuge
umkam. Serbische Annalisten erzählen, daß Nemanja's Mut-
ter eine Deutsche gewesen, auch daß er selbst einen Theil sei-
ner Jugend in Deutschland und Ungarn zugebracht habe.
Nemanja hatte drey Söhne. Der älteste entsagte frey-
willig allen Ansprüchen auf das Reich, widmete sich im stillen
Klosterleben den heiligen Wissenschaften, und lebt noch heute
unter dem Namen des heiligen Sawa in Legende und Gesang,
im Munde seines Volkes. Der zweyte Sohn Stephan, den
die abendländischen Schriftsteller durch den Beynamen Ven-
cianus bezeichnen, (vom serbischen: perwowentschani, zu-
erst gekrönt) folgte seinem Vater als Großshupan von Ser-
bien, der dritte Bruder Wuk, als Fürst von Setsk und Sa-
1193
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Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. XII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/32>, abgerufen am 03.12.2024.
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