chulm. Aber diesem letztern gnügte sein Antheil nicht. Durch Hinneigung zur abendländischen Kirche versicherte er sich des ungarischen Schutzes. Gleich in den ersten Jahren seiner Re- gierung sah sich Stephan in Streit und Fehden verwickelt, in denen Boßnien von Neuem verloren ging, und wiederum unter der Herrschaft eines Banes ungarische Oberhoheit an- erkennen mußte. Auch mit dem byzantinischen Hofe zerfiel der Großshupan, als er seine griechische Gemahlin Eudoxia grausamer und entehrender Weise verstieß. Der Vortheil, welchen sein Bruder von der Begünstigung des Pabstes hatte, bewog ihn, ebenfalls Neigung zur römischen Kirche zu heucheln. Der Pabst ließ sich täuschen und gewährte ihm den Königs-, titel, um welchen er gebeten. Emmerich von Ungarn, der ge- rade ein mächtiges Heer zum Kreuzzug bereit hatte, nahm sich Wuks nun desto nachdrücklicher an. Stephan ward verjagt, Wuk sollte unter ungarischer Oberhoheit König werden. Die Bulgaren benutzten die Verwirrung und fielen in Serbien ein. So sah sich das Land von Neuem bestürmt und zerrissen.
Unterdessen hatten die Venetianer mit den Kreuzfahrern Zara angegriffen, und der König von Ungarn mußte sich nach Dalmatien wenden. Innere Unruhen fesselten ihn darauf in seinem eignen Reiche. Der Vertriebne Stephan wendete sich an den dritten Bruder, den hochverehrten Sawa, und diesem gelang es leicht, ihn mit Wut zu versöhnen. Letzterer begnügte sich wieder mit Setsk und Chulm, und vom Ueber- tritt zur occidentalischen Kirche war fürs Erste nicht mehr die Rede. Bald aber glückte es der zweyten Gemahlin Stephans, einer Venetianerin und Enkelin des Dogen Heinrich Dando- lo, die ältere Stimmung wieder zu erwecken, und jetzt kam die Königskrönung wirklich zu Stande. Der Sieg des römischen Stuhles war indessen nicht daurend. Wunder und Zeichen, altgewohnte, geneigte Gemüther vorfindend, bewo- gen Fürst und Volk wieder zu dem alten Glauben zurückzu-
chulm. Aber diesem letztern gnügte sein Antheil nicht. Durch Hinneigung zur abendländischen Kirche versicherte er sich des ungarischen Schutzes. Gleich in den ersten Jahren seiner Re- gierung sah sich Stephan in Streit und Fehden verwickelt, in denen Boßnien von Neuem verloren ging, und wiederum unter der Herrschaft eines Banes ungarische Oberhoheit an- erkennen mußte. Auch mit dem byzantinischen Hofe zerfiel der Großshupan, als er seine griechische Gemahlin Eudoxia grausamer und entehrender Weise verstieß. Der Vortheil, welchen sein Bruder von der Begünstigung des Pabstes hatte, bewog ihn, ebenfalls Neigung zur römischen Kirche zu heucheln. Der Pabst ließ sich täuschen und gewährte ihm den Königs-, titel, um welchen er gebeten. Emmerich von Ungarn, der ge- rade ein mächtiges Heer zum Kreuzzug bereit hatte, nahm sich Wuks nun desto nachdrücklicher an. Stephan ward verjagt, Wuk sollte unter ungarischer Oberhoheit König werden. Die Bulgaren benutzten die Verwirrung und fielen in Serbien ein. So sah sich das Land von Neuem bestürmt und zerrissen.
Unterdessen hatten die Venetianer mit den Kreuzfahrern Zara angegriffen, und der König von Ungarn mußte sich nach Dalmatien wenden. Innere Unruhen fesselten ihn darauf in seinem eignen Reiche. Der Vertriebne Stephan wendete sich an den dritten Bruder, den hochverehrten Sawa, und diesem gelang es leicht, ihn mit Wut zu versöhnen. Letzterer begnügte sich wieder mit Setsk und Chulm, und vom Ueber- tritt zur occidentalischen Kirche war fürs Erste nicht mehr die Rede. Bald aber glückte es der zweyten Gemahlin Stephans, einer Venetianerin und Enkelin des Dogen Heinrich Dando- lo, die ältere Stimmung wieder zu erwecken, und jetzt kam die Königskrönung wirklich zu Stande. Der Sieg des römischen Stuhles war indessen nicht daurend. Wunder und Zeichen, altgewohnte, geneigte Gemüther vorfindend, bewo- gen Fürst und Volk wieder zu dem alten Glauben zurückzu-
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[XIII/0033]
chulm. Aber diesem letztern gnügte sein Antheil nicht. Durch
Hinneigung zur abendländischen Kirche versicherte er sich des
ungarischen Schutzes. Gleich in den ersten Jahren seiner Re-
gierung sah sich Stephan in Streit und Fehden verwickelt,
in denen Boßnien von Neuem verloren ging, und wiederum
unter der Herrschaft eines Banes ungarische Oberhoheit an-
erkennen mußte. Auch mit dem byzantinischen Hofe zerfiel
der Großshupan, als er seine griechische Gemahlin Eudoxia
grausamer und entehrender Weise verstieß. Der Vortheil,
welchen sein Bruder von der Begünstigung des Pabstes hatte,
bewog ihn, ebenfalls Neigung zur römischen Kirche zu heucheln.
Der Pabst ließ sich täuschen und gewährte ihm den Königs-,
titel, um welchen er gebeten. Emmerich von Ungarn, der ge-
rade ein mächtiges Heer zum Kreuzzug bereit hatte, nahm sich
Wuks nun desto nachdrücklicher an. Stephan ward verjagt,
Wuk sollte unter ungarischer Oberhoheit König werden. Die
Bulgaren benutzten die Verwirrung und fielen in Serbien ein.
So sah sich das Land von Neuem bestürmt und zerrissen.
Unterdessen hatten die Venetianer mit den Kreuzfahrern
Zara angegriffen, und der König von Ungarn mußte sich nach
Dalmatien wenden. Innere Unruhen fesselten ihn darauf
in seinem eignen Reiche. Der Vertriebne Stephan wendete
sich an den dritten Bruder, den hochverehrten Sawa, und
diesem gelang es leicht, ihn mit Wut zu versöhnen. Letzterer
begnügte sich wieder mit Setsk und Chulm, und vom Ueber-
tritt zur occidentalischen Kirche war fürs Erste nicht mehr die
Rede. Bald aber glückte es der zweyten Gemahlin Stephans,
einer Venetianerin und Enkelin des Dogen Heinrich Dando-
lo, die ältere Stimmung wieder zu erwecken, und jetzt kam
die Königskrönung wirklich zu Stande. Der Sieg des
römischen Stuhles war indessen nicht daurend. Wunder und
Zeichen, altgewohnte, geneigte Gemüther vorfindend, bewo-
gen Fürst und Volk wieder zu dem alten Glauben zurückzu-
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Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. XIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/33>, abgerufen am 03.12.2024.
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