Talvj, Volkslieder der Serben, 1825Weichselchen, o Weichsel, Die Wila ist nicht zu verwechseln mit der, von Rei-Heb' die Zweige höher! Unter dir der Wilen Wundersamer Reigen! (aus einem Pfingstköniginnenliede). senden häufig erwähnten Wjeschtitza (Hexe, Zauberin). Auch andre Spuren altslavischer Mythologie finden sich in diesen Liedern: der Donnrer Elias, Gott, der alte Blutvergießer, Tödter. Wundersam bedeutungsvoll erscheint auch das Wehegeschrei: lele! und lado! -- wenn man erwägt, daß die slavischen Götter der Liebe so hießen. Lado, die Göttin, Lela, ein Knabe, der Gott der iebe. Polela, die Göttin der Ehen (wörtlich: Nachliebe). Ljad -- russisch: ein Unglück, ein Unfall. Lelekati -- ser- bisch: wehklagen, jammern. Noch bemerk' ich, daß nach der Erzählung eines sprach- kundigen, und in jener Gegend gereiften Freundes, bei den Slowaken die Geister der abgeschiednen Bräutigame Wil- jen heißen. 2) Sahst Du dort die kleinen Eglein? Blutigel, aber im Serbischen ohne den widerlichen Nebenbegriff des Blutsaugens. Sie heißen Pijawitze, etwa Trink-Saugthierchen. In den Volksliedern das her- gebrachte Bild für Augenbraunen, wie Schwalbenflü- gel für Augenlieder. S. die Hochzeit Hajkunas, wo die Beschreibung des Schönen fast stereotyp ist. 3) Sieh', die Straußgeschmückten Hochzeit- leute! Swati -- von swoi, (lat. suus) die Seinen, die Angehörigen des Bräutigams, kann nach seiner jetzigen aus- Weichselchen, o Weichsel, Die Wila ist nicht zu verwechseln mit der, von Rei-Heb' die Zweige höher! Unter dir der Wilen Wundersamer Reigen! (aus einem Pfingstköniginnenliede). ſenden häufig erwähnten Wjeschtitza (Hexe, Zauberin). Auch andre Spuren altslavischer Mythologie finden sich in diesen Liedern: der Donnrer Elias, Gott, der alte Blutvergießer, Tödter. Wundersam bedeutungsvoll erscheint auch das Wehegeschrei: lele! und lado! — wenn man erwägt, daß die slavischen Götter der Liebe so hießen. Lado, die Göttin, Lela, ein Knabe, der Gott der iebe. Polela, die Göttin der Ehen (wörtlich: Nachliebe). Ljad — russisch: ein Unglück, ein Unfall. Lelekati — ser- bisch: wehklagen, jammern. Noch bemerk' ich, daß nach der Erzählung eines sprach- kundigen, und in jener Gegend gereiften Freundes, bei den Slowaken die Geister der abgeschiednen Bräutigame Wil- jen heißen. 2) Sahst Du dort die kleinen Eglein? Blutigel, aber im Serbischen ohne den widerlichen Nebenbegriff des Blutsaugens. Sie heißen Pijawitze, etwa Trink-Saugthierchen. In den Volksliedern das her- gebrachte Bild für Augenbraunen, wie Schwalbenflü- gel für Augenlieder. S. die Hochzeit Hajkunas, wo die Beschreibung des Schönen fast stereotyp ist. 3) Sieh', die Straußgeschmückten Hochzeit- leute! Swati — von swoi, (lat. suus) die Seinen, die Angehörigen des Bräutigams, kann nach seiner jetzigen aus- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <note xml:id="edt1" prev="#ed1" place="end" n="1)"> <pb facs="#f0338" n="272"/> <lg rendition="#et"> <l>Weichselchen, o Weichsel,</l><lb/> <l>Heb' die Zweige höher!</l><lb/> <l>Unter dir der <hi rendition="#g">Wilen</hi></l><lb/> <l>Wundersamer Reigen!</l><lb/> <l> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#et">(aus einem Pfingstköniginnenliede).</hi> </hi> </l> </lg><lb/> <p>Die Wila ist nicht zu verwechseln mit der, von Rei-<lb/> ſenden häufig erwähnten <hi rendition="#aq">Wjeschtitza</hi> (Hexe, Zauberin).<lb/> Auch andre Spuren altslavischer Mythologie finden sich<lb/> in diesen Liedern: der <hi rendition="#g">Donnrer</hi> Elias, Gott, der <hi rendition="#g">alte<lb/> Blutvergießer, Tödter</hi>. 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¹⁾ Weichselchen, o Weichsel,
Heb' die Zweige höher!
Unter dir der Wilen
Wundersamer Reigen!
(aus einem Pfingstköniginnenliede).
Die Wila ist nicht zu verwechseln mit der, von Rei-
ſenden häufig erwähnten Wjeschtitza (Hexe, Zauberin).
Auch andre Spuren altslavischer Mythologie finden sich
in diesen Liedern: der Donnrer Elias, Gott, der alte
Blutvergießer, Tödter. Wundersam bedeutungsvoll
erscheint auch das Wehegeschrei: lele! und lado! — wenn
man erwägt, daß die slavischen Götter der Liebe so hießen.
Lado, die Göttin, Lela, ein Knabe, der Gott der iebe.
Polela, die Göttin der Ehen (wörtlich: Nachliebe). Ljad
— russisch: ein Unglück, ein Unfall. Lelekati — ser-
bisch: wehklagen, jammern.
Noch bemerk' ich, daß nach der Erzählung eines sprach-
kundigen, und in jener Gegend gereiften Freundes, bei den
Slowaken die Geister der abgeschiednen Bräutigame Wil-
jen heißen.
²⁾ Sahst Du dort die kleinen Eglein?
Blutigel, aber im Serbischen ohne den widerlichen
Nebenbegriff des Blutsaugens. Sie heißen Pijawitze,
etwa Trink-Saugthierchen. In den Volksliedern das her-
gebrachte Bild für Augenbraunen, wie Schwalbenflü-
gel für Augenlieder. S. die Hochzeit Hajkunas,
wo die Beschreibung des Schönen fast stereotyp ist.
³⁾ Sieh', die Straußgeschmückten Hochzeit-
leute! Swati — von swoi, (lat. suus) die Seinen, die
Angehörigen des Bräutigams, kann nach seiner jetzigen aus-
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