Talvj, Volkslieder der Serben, 1825Pouqueville erwähnt dieses Spiel ebenfalls (Voyage en Moree, en Albanie etc. 1798 -- 1801) als einer Lieb- lingsbelustigung der Türken und Arnauten. Er findet dar- in eine Erklärung des häufigen Anblicks von Einäugigen. Degerid, wie er das Spiel nennt, scheint das corrumpirte dshilit zu seyn, oder umgekehrt. Denn das Wort ist türkisch. 11) O wie herrlich! (mög' es Jammer treffen!) Um das Gepriesene nicht zu verschreien. Eine bei slavischen Völkerschaften sehr übliche Form, die schädlichen Wirkungen des ausgesprochnen Lobes zu hintertreiben. Eine Art von Waffe gegen die Macht des bösen Feindes. -- Ein nachdrückliches, wenn schon unästhetisches Beispiel ist die Sitte, oder vielmehr Unsitte der russischen Amme, dem Pflegling, welcher von einem Dritten, wegen Schönheit, gesundem Aussehn u. s. w. gepriesen wird, ohne daß ein schützendes: Gott behüt's! hinzugefügt wird, auf der Stelle in das Gesicht zu speien. -- Auch die Griechen fürchten das Lob, und suchen sich durch Ausspeien zu retten. Eine ähnliche Macht wird dem Knoblauch zugeschrieben. Er wird in jedem neuerbauten Hause aufgehängt, des Besitzers Freude daran nicht zu einem Fallstrick des Teufels werden zu lassen. "Knoblauch! Knoblauch!" ruft sogleich der Ge- priesene und Jeder, der aus einem widerfahrnen Glück ein Unglück fürchtet, (s. Pouqueville: Voyage en Mo- ree etc.). 12) Wollte Botenlohn von seiner Mutter. Ehe der Hochzeitzug anlangt, eilen Boten (Musch- tulugdshije) voraus, der Hausmutter die Annäherung zu verkündigen. Sie erhalten dann Tücher, Hemden u. s. w. von ihr als Botenlohn. Pouqueville erwähnt dieses Spiel ebenfalls (Voyage en Morée, en Albanie etc. 1798 — 1801) als einer Lieb- lingsbelustigung der Türken und Arnauten. Er findet dar- in eine Erklärung des häufigen Anblicks von Einäugigen. Degérid, wie er das Spiel nennt, scheint das corrumpirte dshilit zu seyn, oder umgekehrt. Denn das Wort ist türkisch. 11) O wie herrlich! (mög' es Jammer treffen!) Um das Gepriesene nicht zu verschreien. Eine bei slavischen Völkerschaften sehr übliche Form, die schädlichen Wirkungen des ausgesprochnen Lobes zu hintertreiben. Eine Art von Waffe gegen die Macht des bösen Feindes. — Ein nachdrückliches, wenn schon unästhetisches Beispiel ist die Sitte, oder vielmehr Unsitte der russischen Amme, dem Pflegling, welcher von einem Dritten, wegen Schönheit, gesundem Aussehn u. s. w. gepriesen wird, ohne daß ein schützendes: Gott behüt's! hinzugefügt wird, auf der Stelle in das Gesicht zu speien. — Auch die Griechen fürchten das Lob, und suchen sich durch Ausspeien zu retten. Eine ähnliche Macht wird dem Knoblauch zugeschrieben. Er wird in jedem neuerbauten Hause aufgehängt, des Besitzers Freude daran nicht zu einem Fallstrick des Teufels werden zu lassen. „Knoblauch! Knoblauch!“ ruft sogleich der Ge- priesene und Jeder, der aus einem widerfahrnen Glück ein Unglück fürchtet, (s. Pouqueville: Voyage en Mo- rée etc.). 12) Wollte Botenlohn von seiner Mutter. Ehe der Hochzeitzug anlangt, eilen Boten (Musch- tulugdshije) voraus, der Hausmutter die Annäherung zu verkündigen. Sie erhalten dann Tücher, Hemden u. s. w. von ihr als Botenlohn. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <note xml:id="edt10" prev="#ed10" place="end" n="10)"> <pb facs="#f0344" n="278"/> <p>Pouqueville erwähnt dieses Spiel ebenfalls <hi rendition="#aq">(Voyage en<lb/> Morée, en Albanie etc. 1798 — 1801)</hi> als einer Lieb-<lb/> lingsbelustigung der Türken und Arnauten. Er findet dar-<lb/> in eine Erklärung des häufigen Anblicks von Einäugigen.<lb/><hi rendition="#aq">Degérid,</hi> wie er das Spiel nennt, scheint das corrumpirte<lb/><hi rendition="#aq">dshilit</hi> zu seyn, oder umgekehrt. Denn das Wort ist<lb/> türkisch.</p> </note><lb/> <note xml:id="edt11" prev="#ed11" place="end" n="11)"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">O wie herrlich! (mög' es Jammer treffen!)</hi> </hi><lb/> <p>Um das Gepriesene nicht zu <hi rendition="#g">verschreien</hi>. Eine bei<lb/> slavischen Völkerschaften sehr übliche Form, die schädlichen<lb/> Wirkungen des ausgesprochnen Lobes zu hintertreiben. 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¹⁰⁾ Pouqueville erwähnt dieses Spiel ebenfalls (Voyage en
Morée, en Albanie etc. 1798 — 1801) als einer Lieb-
lingsbelustigung der Türken und Arnauten. Er findet dar-
in eine Erklärung des häufigen Anblicks von Einäugigen.
Degérid, wie er das Spiel nennt, scheint das corrumpirte
dshilit zu seyn, oder umgekehrt. Denn das Wort ist
türkisch.
¹¹⁾ O wie herrlich! (mög' es Jammer treffen!)
Um das Gepriesene nicht zu verschreien. Eine bei
slavischen Völkerschaften sehr übliche Form, die schädlichen
Wirkungen des ausgesprochnen Lobes zu hintertreiben. Eine
Art von Waffe gegen die Macht des bösen Feindes. —
Ein nachdrückliches, wenn schon unästhetisches Beispiel ist
die Sitte, oder vielmehr Unsitte der russischen Amme, dem
Pflegling, welcher von einem Dritten, wegen Schönheit,
gesundem Aussehn u. s. w. gepriesen wird, ohne daß ein
schützendes: Gott behüt's! hinzugefügt wird, auf der Stelle
in das Gesicht zu speien. — Auch die Griechen fürchten
das Lob, und suchen sich durch Ausspeien zu retten. Eine
ähnliche Macht wird dem Knoblauch zugeschrieben. Er
wird in jedem neuerbauten Hause aufgehängt, des Besitzers
Freude daran nicht zu einem Fallstrick des Teufels werden
zu lassen. „Knoblauch! Knoblauch!“ ruft sogleich der Ge-
priesene und Jeder, der aus einem widerfahrnen Glück ein
Unglück fürchtet, (s. Pouqueville: Voyage en Mo-
rée etc.).
¹²⁾ Wollte Botenlohn von seiner Mutter.
Ehe der Hochzeitzug anlangt, eilen Boten (Musch-
tulugdshije) voraus, der Hausmutter die Annäherung zu
verkündigen. Sie erhalten dann Tücher, Hemden u. s. w.
von ihr als Botenlohn.
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Zitationshilfe: | Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/344>, abgerufen am 26.06.2024. |