Talvj, Volkslieder der Serben, 182513) Blut vergießend bis zum heut'gen Tage. Noch immer wohnen und herrschen die Mahmudbego- witschen in Dukadjin, in der Gegend von Ipek. Von Maxim sollen die Buschatlijen abstammen. -- Auch heißt die Gegend von Skutari noch heute Skenderia -- ich weiß nicht, ob von Skenderbeg. Dieß ist eins von den wenigen Beispielen der verrufenen Blutrache, -- wenn es ja da- hin zu rechnen ist, da der beleidigte Stamm sich eigentlich nur in Wehrstand setzt, -- welche wir in den, uns von Herrn W. St. überlieferten Gedichten finden. Alle Reisen- den und Geographen stimmen überein, daß sie unter den dalmatischen Slaven, so wie bei den Arnauten auf das furchtbarste geübt wird. Im eigentlichen Serbien scheint christlichere Gesinnung zu herrschen, denn selbst vorliegendes Gedicht gehört ja nicht dahin, sondern nach Albanien. Es wäre wenigstens wunderbar, wenn ein solcher, durch aufge- regte Leidenschaften reicher Gegenstand, den Sängern ent- gangen wäre. Wahr ist es indessen, daß wenn Fortis das Sprüchwort der Morlachen: "Wer sich nicht rächt, ist nicht gerecht" oder "heiligt sich nicht" anführt, und zugleich er- zählt, daß Rache und Heiligung , rächen und weihen, bei ihnen ein und derselbe Begriff sey (osveta und osvetiti), diese charakteristische Eigenthümlichkeit nicht etwa den dal- matischen Gebirgsbewohnern allein, sondern der ganzen serbischen Sprache eigen ist. Einen Schluß aber auf noch bestehende Sitte daraus zu machen, müßte Deutschen um so unbilliger vorkommen, als auch ihr: rächen, richten, und gerecht seyn, einander wohl ursprünglich verwandt ist. 14) Du in Gott mein Bruder! lieber Meister! Die Anrede: Du in Gott mein Bruder! -- Vater, Mutter, Schwester in Gott! (Das geistige Verhältniß zu bezeichnen, wie wir uns Brüder, Schwestern in Christo 13) Blut vergießend bis zum heut'gen Tage. Noch immer wohnen und herrschen die Mahmudbego- witschen in Dukadjin, in der Gegend von Ipek. Von Maxim sollen die Buschatlijen abstammen. — Auch heißt die Gegend von Skutari noch heute Skenderia — ich weiß nicht, ob von Skenderbeg. Dieß ist eins von den wenigen Beispielen der verrufenen Blutrache, — wenn es ja da- hin zu rechnen ist, da der beleidigte Stamm sich eigentlich nur in Wehrstand setzt, — welche wir in den, uns von Herrn W. St. überlieferten Gedichten finden. Alle Reisen- den und Geographen stimmen überein, daß sie unter den dalmatischen Slaven, so wie bei den Arnauten auf das furchtbarste geübt wird. Im eigentlichen Serbien scheint christlichere Gesinnung zu herrschen, denn selbst vorliegendes Gedicht gehört ja nicht dahin, sondern nach Albanien. Es wäre wenigstens wunderbar, wenn ein solcher, durch aufge- regte Leidenschaften reicher Gegenstand, den Sängern ent- gangen wäre. Wahr ist es indessen, daß wenn Fortis das Sprüchwort der Morlachen: „Wer sich nicht rächt, ist nicht gerecht“ oder „heiligt sich nicht“ anführt, und zugleich er- zählt, daß Rache und Heiligung , rächen und weihen, bei ihnen ein und derselbe Begriff sey (osveta und osvetiti), diese charakteristische Eigenthümlichkeit nicht etwa den dal- matischen Gebirgsbewohnern allein, sondern der ganzen serbischen Sprache eigen ist. Einen Schluß aber auf noch bestehende Sitte daraus zu machen, müßte Deutschen um so unbilliger vorkommen, als auch ihr: rächen, richten, und gerecht seyn, einander wohl ursprünglich verwandt ist. 14) Du in Gott mein Bruder! lieber Meister! Die Anrede: Du in Gott mein Bruder! — Vater, Mutter, Schwester in Gott! 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¹³⁾ Blut vergießend bis zum heut'gen Tage.
Noch immer wohnen und herrschen die Mahmudbego-
witschen in Dukadjin, in der Gegend von Ipek. Von
Maxim sollen die Buschatlijen abstammen. — Auch heißt
die Gegend von Skutari noch heute Skenderia — ich weiß
nicht, ob von Skenderbeg. Dieß ist eins von den wenigen
Beispielen der verrufenen Blutrache, — wenn es ja da-
hin zu rechnen ist, da der beleidigte Stamm sich eigentlich
nur in Wehrstand setzt, — welche wir in den, uns von
Herrn W. St. überlieferten Gedichten finden. Alle Reisen-
den und Geographen stimmen überein, daß sie unter den
dalmatischen Slaven, so wie bei den Arnauten auf das
furchtbarste geübt wird. Im eigentlichen Serbien scheint
christlichere Gesinnung zu herrschen, denn selbst vorliegendes
Gedicht gehört ja nicht dahin, sondern nach Albanien. Es
wäre wenigstens wunderbar, wenn ein solcher, durch aufge-
regte Leidenschaften reicher Gegenstand, den Sängern ent-
gangen wäre. Wahr ist es indessen, daß wenn Fortis das
Sprüchwort der Morlachen: „Wer sich nicht rächt, ist nicht
gerecht“ oder „heiligt sich nicht“ anführt, und zugleich er-
zählt, daß Rache und Heiligung , rächen und weihen, bei
ihnen ein und derselbe Begriff sey (osveta und osvetiti),
diese charakteristische Eigenthümlichkeit nicht etwa den dal-
matischen Gebirgsbewohnern allein, sondern der ganzen
serbischen Sprache eigen ist. Einen Schluß aber auf noch
bestehende Sitte daraus zu machen, müßte Deutschen um so
unbilliger vorkommen, als auch ihr: rächen, richten, und
gerecht seyn, einander wohl ursprünglich verwandt ist.
¹⁴⁾ Du in Gott mein Bruder! lieber Meister!
Die Anrede: Du in Gott mein Bruder! — Vater,
Mutter, Schwester in Gott! (Das geistige Verhältniß zu
bezeichnen, wie wir uns Brüder, Schwestern in Christo
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Zitationshilfe: | Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/345>, abgerufen am 26.06.2024. |