Nach seinem Tode (1321) rief die Geistlichkeit eilig den Stephan Urosch auf den Thron; und als dieser, vor da- versammelte Volk hintretend, die Binde von den Augen nahm, und erklärte: "er sey bis jetzt blind gewesen, der hei- lige Nikolas habe ihn plötzlich sehend gemacht;" -- reichte dieß Wunder hin, auch Volk und Bojaren für ihn zu stim- men. Dieser Fürst führt, von der Stiftung des Detchans- kischen Klosters, den Beynamen: der Detschanskische. Auch er brachte innere und äußere Kriege glücklich zu Ende. Ein anderer natürlicher Sohn Milutins, und der nun be- freyte Wladislaus, machten ihm den Thron streitig. Die Bulgaren griffen ihn an. Alle Gegner wurden besiegt, und zwar keiner, ohne daß der König zuvor den Weg der Güte versucht. Aber sein Alter ward ihm durch das Betra- gen seines Sohnes Stephan Duschan grausam verbittert. Dem jungen Prinzen, den Geistesgröße und Körperschönheit vor Allen auszeichneten +), neigten sich bald alle Mißver- gnügte zu, und der alte König sollte nun das nämliche Schick- sal erfahren, welches er in früher Jugend einst seinem Vater zugedacht hatte. Fliehend vor dem Heere der Aufrührer, mußte er sich in der Veste Petritsch dem Sohne ergeben, der, selbst überwältigt von der Unnatur dieses Verhältnisses, sich ihm zu Füßen warf, und mit den heiligsten Eiden betheuerte, nur durch die Furcht, von dem Vater Aehnliches zu erfahren, zu solchem pflichtwidrigen Betragen gebracht zu seyn. Aber sey es nun, daß diese Empfindungen vorübergehend oder gar erheuchelt gewesen; sey es, daß die, eine Versöhnung fürchten- den, Bojaren, ihn theils zu den folgenden entsetzlichen Schrit- ten zwangen, theils sie eigenmächtig thaten; -- nach kurzer Zeit finden wir den königlichen Greis in enger Gefangenschaft
+) Nach Andern war er von riesenhafter Ungestalt und schrek- kender Gesichtsbildung.
Nach seinem Tode (1321) rief die Geistlichkeit eilig den Stephan Urosch auf den Thron; und als dieser, vor da- versammelte Volk hintretend, die Binde von den Augen nahm, und erklärte: „er sey bis jetzt blind gewesen, der hei- lige Nikolas habe ihn plötzlich sehend gemacht;“ — reichte dieß Wunder hin, auch Volk und Bojaren für ihn zu stim- men. Dieser Fürst führt, von der Stiftung des Detchans- kischen Klosters, den Beynamen: der Detschanskische. Auch er brachte innere und äußere Kriege glücklich zu Ende. Ein anderer natürlicher Sohn Milutins, und der nun be- freyte Wladislaus, machten ihm den Thron streitig. Die Bulgaren griffen ihn an. Alle Gegner wurden besiegt, und zwar keiner, ohne daß der König zuvor den Weg der Güte versucht. Aber sein Alter ward ihm durch das Betra- gen seines Sohnes Stephan Duschan grausam verbittert. Dem jungen Prinzen, den Geistesgröße und Körperschönheit vor Allen auszeichneten †), neigten sich bald alle Mißver- gnügte zu, und der alte König sollte nun das nämliche Schick- sal erfahren, welches er in früher Jugend einst seinem Vater zugedacht hatte. Fliehend vor dem Heere der Aufrührer, mußte er sich in der Veste Petritsch dem Sohne ergeben, der, selbst überwältigt von der Unnatur dieses Verhältnisses, sich ihm zu Füßen warf, und mit den heiligsten Eiden betheuerte, nur durch die Furcht, von dem Vater Aehnliches zu erfahren, zu solchem pflichtwidrigen Betragen gebracht zu seyn. Aber sey es nun, daß diese Empfindungen vorübergehend oder gar erheuchelt gewesen; sey es, daß die, eine Versöhnung fürchten- den, Bojaren, ihn theils zu den folgenden entsetzlichen Schrit- ten zwangen, theils sie eigenmächtig thaten; — nach kurzer Zeit finden wir den königlichen Greis in enger Gefangenschaft
†) Nach Andern war er von riesenhafter Ungestalt und schrek- kender Gesichtsbildung.
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Nach seinem Tode (1321) rief die Geistlichkeit eilig
den Stephan Urosch auf den Thron; und als dieser, vor da-
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nahm, und erklärte: „er sey bis jetzt blind gewesen, der hei-
lige Nikolas habe ihn plötzlich sehend gemacht;“ — reichte
dieß Wunder hin, auch Volk und Bojaren für ihn zu stim-
men. Dieser Fürst führt, von der Stiftung des Detchans-
kischen Klosters, den Beynamen: der Detschanskische.
Auch er brachte innere und äußere Kriege glücklich zu Ende.
Ein anderer natürlicher Sohn Milutins, und der nun be-
freyte Wladislaus, machten ihm den Thron streitig. Die
Bulgaren griffen ihn an. Alle Gegner wurden besiegt,
und zwar keiner, ohne daß der König zuvor den Weg der
Güte versucht. Aber sein Alter ward ihm durch das Betra-
gen seines Sohnes Stephan Duschan grausam verbittert.
Dem jungen Prinzen, den Geistesgröße und Körperschönheit
vor Allen auszeichneten †), neigten sich bald alle Mißver-
gnügte zu, und der alte König sollte nun das nämliche Schick-
sal erfahren, welches er in früher Jugend einst seinem Vater
zugedacht hatte. Fliehend vor dem Heere der Aufrührer,
mußte er sich in der Veste Petritsch dem Sohne ergeben, der,
selbst überwältigt von der Unnatur dieses Verhältnisses, sich
ihm zu Füßen warf, und mit den heiligsten Eiden betheuerte,
nur durch die Furcht, von dem Vater Aehnliches zu erfahren,
zu solchem pflichtwidrigen Betragen gebracht zu seyn. Aber
sey es nun, daß diese Empfindungen vorübergehend oder gar
erheuchelt gewesen; sey es, daß die, eine Versöhnung fürchten-
den, Bojaren, ihn theils zu den folgenden entsetzlichen Schrit-
ten zwangen, theils sie eigenmächtig thaten; — nach kurzer
Zeit finden wir den königlichen Greis in enger Gefangenschaft
†) Nach Andern war er von riesenhafter Ungestalt und schrek-
kender Gesichtsbildung.
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Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. XVIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/38>, abgerufen am 23.11.2024.
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