ihm boten. Durch des Königs von Ungarn Vermittlung kam er endlich zu Stande, und Stephan war jetzt nur noch Herr der Hälfte von Serbien. Kurz darauf sahen sich beyde von Neuem in die Kriege der türkischen Drüber verwickelt, und mußten wieder nach Kleinasien ziehen. Hier verlor Wuk das 1410Leben. Georg Brankowirsch nahm jetzt dessen ganzes Gebiet in Anspruch, und suchte diesen durch türkische Hülfe zu be- haupten. Endlich aber, der unwürdigen Behandlung des trunkenen Mussa müde, versöhnte er sich mit Stephan und blieb von da an, ihm treu bis an seinen Tod. Beyde hatten nun einen harten Kampf mit Mussa zu kämpfen, von dessen Gefahr endlich Mahomets Auftreten sie befreyte. Dieser be- mächtigte sich des Thrones, rettete das türkische Reich vom Untergange, und gewährte, mit anderweitigen Eroberun- gen beschäftigt, dem serbischen Despoten, so lang er lebte, 1422Ruhe und Friede. Aus Dankbarkeit dafür hielt Stephan auch seinem Nachfolger Murat die dem Vater geschworne 1427Treue. Bald darauf starb er selbst, Wittwer und kinderlos, und ein wahrhaft großmüthiges Gefühl scheint ihn geleitet zu haben, als er auf seinem Sterbebette seinen mehrjährigen Feind Georg Brankowitsch zu seinem Erben ernannte. Ohne Zweifel wollte er seinem Lande neue Kämpfe ersparen. Er war einer der tugendhaftesten und menschlichsten Fürsten, wel- che je in Serbien geherrscht; überdem machte seine persönliche Tapferkeit ihn einer ehrenvolleren Lage würdig. Aber ihm fehlte die Kraft des Willens und Geistes, die allein in den Drangsalen seiner Zeit ihn hätte vor Erniedrigung schützen können.
Georg Brankowitsch bestieg den Herrscherstuhl als ein schon sechzigjähriger Mann; aber sein Geist war noch unge- schwächt, sein Körper in voller Mannskraft. Während der dreißig Jahre seiner Regierung ward Serbien mehr als je der Schauplatz verheerender Kriege, ein Schicksal, welches
ihm boten. Durch des Königs von Ungarn Vermittlung kam er endlich zu Stande, und Stephan war jetzt nur noch Herr der Hälfte von Serbien. Kurz darauf sahen sich beyde von Neuem in die Kriege der türkischen Drüber verwickelt, und mußten wieder nach Kleinasien ziehen. Hier verlor Wuk das 1410Leben. Georg Brankowirsch nahm jetzt dessen ganzes Gebiet in Anspruch, und suchte diesen durch türkische Hülfe zu be- haupten. Endlich aber, der unwürdigen Behandlung des trunkenen Mussa müde, versöhnte er sich mit Stephan und blieb von da an, ihm treu bis an seinen Tod. Beyde hatten nun einen harten Kampf mit Mussa zu kämpfen, von dessen Gefahr endlich Mahomets Auftreten sie befreyte. Dieser be- mächtigte sich des Thrones, rettete das türkische Reich vom Untergange, und gewährte, mit anderweitigen Eroberun- gen beschäftigt, dem serbischen Despoten, so lang er lebte, 1422Ruhe und Friede. Aus Dankbarkeit dafür hielt Stephan auch seinem Nachfolger Murat die dem Vater geschworne 1427Treue. Bald darauf starb er selbst, Wittwer und kinderlos, und ein wahrhaft großmüthiges Gefühl scheint ihn geleitet zu haben, als er auf seinem Sterbebette seinen mehrjährigen Feind Georg Brankowitsch zu seinem Erben ernannte. Ohne Zweifel wollte er seinem Lande neue Kämpfe ersparen. Er war einer der tugendhaftesten und menschlichsten Fürsten, wel- che je in Serbien geherrscht; überdem machte seine persönliche Tapferkeit ihn einer ehrenvolleren Lage würdig. Aber ihm fehlte die Kraft des Willens und Geistes, die allein in den Drangsalen seiner Zeit ihn hätte vor Erniedrigung schützen können.
Georg Brankowitsch bestieg den Herrscherstuhl als ein schon sechzigjähriger Mann; aber sein Geist war noch unge- schwächt, sein Körper in voller Mannskraft. Während der dreißig Jahre seiner Regierung ward Serbien mehr als je der Schauplatz verheerender Kriege, ein Schicksal, welches
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ihm boten. Durch des Königs von Ungarn Vermittlung kam
er endlich zu Stande, und Stephan war jetzt nur noch Herr
der Hälfte von Serbien. Kurz darauf sahen sich beyde von
Neuem in die Kriege der türkischen Drüber verwickelt, und
mußten wieder nach Kleinasien ziehen. Hier verlor Wuk das
Leben. Georg Brankowirsch nahm jetzt dessen ganzes Gebiet
in Anspruch, und suchte diesen durch türkische Hülfe zu be-
haupten. Endlich aber, der unwürdigen Behandlung des
trunkenen Mussa müde, versöhnte er sich mit Stephan und
blieb von da an, ihm treu bis an seinen Tod. Beyde hatten
nun einen harten Kampf mit Mussa zu kämpfen, von dessen
Gefahr endlich Mahomets Auftreten sie befreyte. Dieser be-
mächtigte sich des Thrones, rettete das türkische Reich vom
Untergange, und gewährte, mit anderweitigen Eroberun-
gen beschäftigt, dem serbischen Despoten, so lang er lebte,
Ruhe und Friede. Aus Dankbarkeit dafür hielt Stephan
auch seinem Nachfolger Murat die dem Vater geschworne
Treue. Bald darauf starb er selbst, Wittwer und kinderlos,
und ein wahrhaft großmüthiges Gefühl scheint ihn geleitet zu
haben, als er auf seinem Sterbebette seinen mehrjährigen
Feind Georg Brankowitsch zu seinem Erben ernannte. Ohne
Zweifel wollte er seinem Lande neue Kämpfe ersparen. Er
war einer der tugendhaftesten und menschlichsten Fürsten, wel-
che je in Serbien geherrscht; überdem machte seine persönliche
Tapferkeit ihn einer ehrenvolleren Lage würdig. Aber ihm
fehlte die Kraft des Willens und Geistes, die allein in den
Drangsalen seiner Zeit ihn hätte vor Erniedrigung schützen
können.
1410
1422
1427
Georg Brankowitsch bestieg den Herrscherstuhl als ein
schon sechzigjähriger Mann; aber sein Geist war noch unge-
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Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. XXXVII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/57>, abgerufen am 21.11.2024.
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