Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Talvj, Volkslieder der Serben, 1825

Bild:
<< vorherige Seite
Des Mädchens Fluch.


Im Melonengarten stickt schön Smilja,
Im Melonengarten unter Nelken.
Mutter rief zur Abendmahlzeit Smilja:
"Komm, schön Smilja! komm zur Abendmahlzeit!"
Aber sie erwiederte der Mutter:
"Speiset immer! harret mein nicht heute!
Nicht das Abendmahl liegt mir am Herzen,
Habe nur mein großes Leid im Sinne.
Heute ist der Liebste mir gekommen,
(Hat gar großen Schaden angerichtet,
Im Geheg die Blumen mir zertreten,
An der Arbeit mir verwirrt die Seide.
Fluch' ihm, Mutter, daß wir Beid' ihm fluchen:
Eng Gefängniß sey dem Freund mein Busen!
Meine Arme Ketten seinem Halse!
Und mein Mund soll ihm das Aug' aussaugen!" --


Des Mädchens Fluch.


Im Melonengarten stickt schön Smilja,
Im Melonengarten unter Nelken.
Mutter rief zur Abendmahlzeit Smilja:
„Komm, schön Smilja! komm zur Abendmahlzeit!“
Aber sie erwiederte der Mutter:
„Speiset immer! harret mein nicht heute!
Nicht das Abendmahl liegt mir am Herzen,
Habe nur mein großes Leid im Sinne.
Heute ist der Liebste mir gekommen,
(Hat gar großen Schaden angerichtet,
Im Geheg die Blumen mir zertreten,
An der Arbeit mir verwirrt die Seide.
Fluch' ihm, Mutter, daß wir Beid' ihm fluchen:
Eng Gefängniß sey dem Freund mein Busen!
Meine Arme Ketten seinem Halse!
Und mein Mund soll ihm das Aug' aussaugen!“ —


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0098" n="32"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Des Mädchens Fluch</hi>.</hi> </hi> </head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg>
              <l><hi rendition="#in">I</hi>m Melonengarten stickt schön Smilja,</l><lb/>
              <l>Im Melonengarten unter Nelken.</l><lb/>
              <l>Mutter rief zur Abendmahlzeit Smilja:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Komm, schön Smilja! komm zur Abendmahlzeit!&#x201C;</l><lb/>
              <l>Aber sie erwiederte der Mutter:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Speiset immer! harret mein nicht heute!</l><lb/>
              <l>Nicht das Abendmahl liegt mir am Herzen,</l><lb/>
              <l>Habe nur mein großes Leid im Sinne.</l><lb/>
              <l>Heute ist der Liebste mir gekommen,</l><lb/>
              <l>(Hat gar großen Schaden angerichtet,</l><lb/>
              <l>Im Geheg die Blumen mir zertreten,</l><lb/>
              <l>An der Arbeit mir verwirrt die Seide.</l><lb/>
              <l>Fluch' ihm, Mutter, daß wir Beid' ihm fluchen:</l><lb/>
              <l>Eng Gefängniß sey dem Freund mein Busen!</l><lb/>
              <l>Meine Arme Ketten seinem Halse!</l><lb/>
              <l>Und mein Mund soll ihm das Aug' aussaugen!&#x201C; &#x2014;</l>
            </lg>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[32/0098] Des Mädchens Fluch. Im Melonengarten stickt schön Smilja, Im Melonengarten unter Nelken. Mutter rief zur Abendmahlzeit Smilja: „Komm, schön Smilja! komm zur Abendmahlzeit!“ Aber sie erwiederte der Mutter: „Speiset immer! harret mein nicht heute! Nicht das Abendmahl liegt mir am Herzen, Habe nur mein großes Leid im Sinne. Heute ist der Liebste mir gekommen, (Hat gar großen Schaden angerichtet, Im Geheg die Blumen mir zertreten, An der Arbeit mir verwirrt die Seide. Fluch' ihm, Mutter, daß wir Beid' ihm fluchen: Eng Gefängniß sey dem Freund mein Busen! Meine Arme Ketten seinem Halse! Und mein Mund soll ihm das Aug' aussaugen!“ —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Robert Charlier, AV GWB Berlin: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-05-30T17:55:01Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: keine Angabe; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: keine Angabe;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/98
Zitationshilfe: Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/98>, abgerufen am 18.12.2024.