Der allerneuesten Europäischen Welt- und Staats-Geschichte II. Theil. Nr. XV, 9. Woche, Erfurt (Thüringen), 24. Februar 1744.der die Aufführung eines volatilischen Frantzmanns allezeit bela- der die Aufführung eines volatilischen Frantzmanns allezeit bela- <TEI> <text> <body> <div type="jArticle"> <p><pb facs="#f0002" n="130"/> der die Aufführung eines <hi rendition="#aq">volatili</hi>schen Frantzmanns allezeit bela-<lb/> chen wird, wenn er ihn seine Sorgen und Leid vertantzen, versingen<lb/> und verpfeiffen hört; er wird den grösten Eckel empfinden, wenn<lb/> er des Tages wohl hundertmahl von einem eintzigen Frantzosen das<lb/> verdrießliche <hi rendition="#aq">Quelle heure eſt il? comment vous portez vous?</hi><lb/> hören muß; und es geschicht gewiß nicht anders als mit dem grö-<lb/> sten Widerwillen, wenn er bisweilen das unaufhörliche <hi rendition="#aq">votre tres<lb/> humble Serviteur</hi>! mit einer Verachtungs-vollen Mine zu beant-<lb/> worten sich genöthiget siehet. Dahingegen ein <hi rendition="#aq">perfumi</hi>rter <hi rendition="#aq">Petit<lb/> Maitre</hi> von Paris den Englischen hohen Geist, das edelmüthige<lb/> Betragen, und das reinliche und prächtige Wesen dieser vortreffli-<lb/> chen Nation heimlich zwar bewundern muß, dennoch aber in denen<lb/> Gesellschafften seiner <hi rendition="#aq">amoureuſ</hi>en Freunde und Freundinnen vor ei-<lb/> ne angebohrne Schuldigkeit achtet, unter tausenderley <hi rendition="#aq">Capriol</hi>en<lb/> und <hi rendition="#aq">Badinag</hi>en mit vollem Halse solches alles vor die Folgen eines<lb/> schweren und gallsüchtigen Geblüts ausgiebt. <abbr>ec.</abbr> Man darff sich<lb/> aber nicht einbilden, daß dieser Gemüths- und Sitten-Unterschied<lb/> nur in denen Privat-Personen und deren Umgang eingeschrenckt<lb/> bleibe. O nein! wir haben schon oben gesagt, daß er sich über<lb/> beyde Nationen überhaupt erstrecke, und sich beynahe in allen poli-<lb/> tischen und Staats-Begebenheiten, sowohl vor Alters als noch jetzo,<lb/> mehr als zu deutlich mercken läßt. <hi rendition="#aq">Polydorus Virgilius</hi> in seiner<lb/> Englischen Historie sagt schon von seinen Zeiten, es sey wohl eher<lb/> möglich, daß ein Mohr seine Haut verändere, als daß ein gebohr-<lb/> ner Engländer mit einem wahrhafften Frantzosen aufrichtige Freund-<lb/> schafft machen könte. Zu <hi rendition="#aq">Eduardi III</hi>. Zeiten dorffte bey Leib-<lb/> und Lebens-Straffe kein Frantzose nur mit einem Fuß nach Eng-<lb/> land kommen. <hi rendition="#aq">Henricus VIII</hi>. schickte Kayser <hi rendition="#aq">Carl V</hi>. nebst vie-<lb/> len Hülffs-Völckern, 400. Englische Docken wider <hi rendition="#aq">Franciſcum I.</hi><lb/> zu Hülffe, man kan leicht mercken warum? Wie manchem guten<lb/> Frantzmann muß die Galle überlauffen, wenn er den jetzigen Groß-<lb/> Brittannischen Titul lieset: <hi rendition="#aq">Georgius II. D. G. Magnæ Brit-<lb/> tanniæ, Franciæ & Hyberniæ Rex</hi>. Jst dieses nicht das aller-<lb/> känntlichste Merckmahl der in alten Zeiten dem Frantzösischen Reich<lb/> so übel bekommenen Englischen Tapfferkeit? wobey uns 2. sehr beis-<lb/> sende Müntzen des grossen Königs <hi rendition="#aq">Wilhelmi III</hi>. von Groß-Brit-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [130/0002]
der die Aufführung eines volatilischen Frantzmanns allezeit bela-
chen wird, wenn er ihn seine Sorgen und Leid vertantzen, versingen
und verpfeiffen hört; er wird den grösten Eckel empfinden, wenn
er des Tages wohl hundertmahl von einem eintzigen Frantzosen das
verdrießliche Quelle heure eſt il? comment vous portez vous?
hören muß; und es geschicht gewiß nicht anders als mit dem grö-
sten Widerwillen, wenn er bisweilen das unaufhörliche votre tres
humble Serviteur! mit einer Verachtungs-vollen Mine zu beant-
worten sich genöthiget siehet. Dahingegen ein perfumirter Petit
Maitre von Paris den Englischen hohen Geist, das edelmüthige
Betragen, und das reinliche und prächtige Wesen dieser vortreffli-
chen Nation heimlich zwar bewundern muß, dennoch aber in denen
Gesellschafften seiner amoureuſen Freunde und Freundinnen vor ei-
ne angebohrne Schuldigkeit achtet, unter tausenderley Capriolen
und Badinagen mit vollem Halse solches alles vor die Folgen eines
schweren und gallsüchtigen Geblüts ausgiebt. ec. Man darff sich
aber nicht einbilden, daß dieser Gemüths- und Sitten-Unterschied
nur in denen Privat-Personen und deren Umgang eingeschrenckt
bleibe. O nein! wir haben schon oben gesagt, daß er sich über
beyde Nationen überhaupt erstrecke, und sich beynahe in allen poli-
tischen und Staats-Begebenheiten, sowohl vor Alters als noch jetzo,
mehr als zu deutlich mercken läßt. Polydorus Virgilius in seiner
Englischen Historie sagt schon von seinen Zeiten, es sey wohl eher
möglich, daß ein Mohr seine Haut verändere, als daß ein gebohr-
ner Engländer mit einem wahrhafften Frantzosen aufrichtige Freund-
schafft machen könte. Zu Eduardi III. Zeiten dorffte bey Leib-
und Lebens-Straffe kein Frantzose nur mit einem Fuß nach Eng-
land kommen. Henricus VIII. schickte Kayser Carl V. nebst vie-
len Hülffs-Völckern, 400. Englische Docken wider Franciſcum I.
zu Hülffe, man kan leicht mercken warum? Wie manchem guten
Frantzmann muß die Galle überlauffen, wenn er den jetzigen Groß-
Brittannischen Titul lieset: Georgius II. D. G. Magnæ Brit-
tanniæ, Franciæ & Hyberniæ Rex. Jst dieses nicht das aller-
känntlichste Merckmahl der in alten Zeiten dem Frantzösischen Reich
so übel bekommenen Englischen Tapfferkeit? wobey uns 2. sehr beis-
sende Müntzen des grossen Königs Wilhelmi III. von Groß-Brit-
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