Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

auf Erfahrung beruht. Ich weiß selbst, daß
mir in jungen Jahren ein Gegenstand nicht
leicht zu entfernt und zu unbekannt seyn
konnte, den ich nicht am liebsten besungen
hätte. Was wurde es? ein leeres, armseli¬
ges Wortgeräusch, ohne einen Funken wah¬
rer Poesie. Daher ist auch ein Mährchen ei¬
ne sehr schwierige Aufgabe, und selten wird
ein junger Dichter sie gut lösen.

Ich möchte gern eins von Dir hören,
sagte Heinrich. Die wenigen, die ich gehört
habe, haben mich unbeschreiblich ergötzt, so
unbedeutend sie auch seyn mochten.

Ich will heute Abend deinen Wunsch be¬
friedigen. Es ist mir Eins erinnerlich, was
ich noch in ziemlich jungen Jahren machte,
wovon es auch noch deutliche Spuren an sich
trägt, indeß wird es dich vielleicht desto lehr¬
reicher unterhalten, und dich an manches er¬
innern, was ich dir gesagt habe.

auf Erfahrung beruht. Ich weiß ſelbſt, daß
mir in jungen Jahren ein Gegenſtand nicht
leicht zu entfernt und zu unbekannt ſeyn
konnte, den ich nicht am liebſten beſungen
hätte. Was wurde es? ein leeres, armſeli¬
ges Wortgeräuſch, ohne einen Funken wah¬
rer Poeſie. Daher iſt auch ein Mährchen ei¬
ne ſehr ſchwierige Aufgabe, und ſelten wird
ein junger Dichter ſie gut löſen.

Ich möchte gern eins von Dir hören,
ſagte Heinrich. Die wenigen, die ich gehört
habe, haben mich unbeſchreiblich ergötzt, ſo
unbedeutend ſie auch ſeyn mochten.

Ich will heute Abend deinen Wunſch be¬
friedigen. Es iſt mir Eins erinnerlich, was
ich noch in ziemlich jungen Jahren machte,
wovon es auch noch deutliche Spuren an ſich
trägt, indeß wird es dich vielleicht deſto lehr¬
reicher unterhalten, und dich an manches er¬
innern, was ich dir geſagt habe.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0266" n="258"/>
auf Erfahrung beruht. Ich weiß &#x017F;elb&#x017F;t, daß<lb/>
mir in jungen Jahren ein Gegen&#x017F;tand nicht<lb/>
leicht zu entfernt und zu unbekannt &#x017F;eyn<lb/>
konnte, den ich nicht am lieb&#x017F;ten be&#x017F;ungen<lb/>
hätte. Was wurde es? ein leeres, arm&#x017F;eli¬<lb/>
ges Wortgeräu&#x017F;ch, ohne einen Funken wah¬<lb/>
rer Poe&#x017F;ie. Daher i&#x017F;t auch ein Mährchen ei¬<lb/>
ne &#x017F;ehr &#x017F;chwierige Aufgabe, und &#x017F;elten wird<lb/>
ein junger Dichter &#x017F;ie gut lö&#x017F;en.</p><lb/>
            <p>Ich möchte gern eins von Dir hören,<lb/>
&#x017F;agte Heinrich. Die wenigen, die ich gehört<lb/>
habe, haben mich unbe&#x017F;chreiblich ergötzt, &#x017F;o<lb/>
unbedeutend &#x017F;ie auch &#x017F;eyn mochten.</p><lb/>
            <p>Ich will heute Abend deinen Wun&#x017F;ch be¬<lb/>
friedigen. Es i&#x017F;t mir Eins erinnerlich, was<lb/>
ich noch in ziemlich jungen Jahren machte,<lb/>
wovon es auch noch deutliche Spuren an &#x017F;ich<lb/>
trägt, indeß wird es dich vielleicht de&#x017F;to lehr¬<lb/>
reicher unterhalten, und dich an manches er¬<lb/>
innern, was ich dir ge&#x017F;agt habe.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[258/0266] auf Erfahrung beruht. Ich weiß ſelbſt, daß mir in jungen Jahren ein Gegenſtand nicht leicht zu entfernt und zu unbekannt ſeyn konnte, den ich nicht am liebſten beſungen hätte. Was wurde es? ein leeres, armſeli¬ ges Wortgeräuſch, ohne einen Funken wah¬ rer Poeſie. Daher iſt auch ein Mährchen ei¬ ne ſehr ſchwierige Aufgabe, und ſelten wird ein junger Dichter ſie gut löſen. Ich möchte gern eins von Dir hören, ſagte Heinrich. Die wenigen, die ich gehört habe, haben mich unbeſchreiblich ergötzt, ſo unbedeutend ſie auch ſeyn mochten. Ich will heute Abend deinen Wunſch be¬ friedigen. Es iſt mir Eins erinnerlich, was ich noch in ziemlich jungen Jahren machte, wovon es auch noch deutliche Spuren an ſich trägt, indeß wird es dich vielleicht deſto lehr¬ reicher unterhalten, und dich an manches er¬ innern, was ich dir geſagt habe.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/266
Zitationshilfe: Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/266>, abgerufen am 21.11.2024.