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Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802.

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hingeben kann. Es ist auch zum erstenmal
in meinem Leben, daß ich ganz offen bin.
Keinen Gedanken, keine Empfindung kann
ich vor dir mehr geheim haben; du mußt al¬
les wissen. Mein ganzes Wesen soll sich mit
dem deinigen vermischen. Nur die grenzen¬
loseste Hingebung kann meiner Liebe genü¬
gen. In ihr besteht sie ja. Sie ist ja ein
geheimnißvolles Zusammenfließen unsers ge¬
heimsten und eigenthümlichsten Daseyns. --
Heinrich, so können sich noch nie zwey Men¬
schen geliebt haben. -- Ich kanns nicht
glauben. Es gab ja noch keine Mathilde.
-- Auch keinen Heinrich. -- Ach! schwör es
mir noch einmal, daß du ewig mein bist;
die Liebe ist eine endlose Wiederholung. --
Ja, Heinrich, ich schwöre ewig dein zu seyn,
bey der unsichtbaren Gegenwart meiner gu¬
ten Mutter. -- Ich schwöre ewig dein zu

hingeben kann. Es iſt auch zum erſtenmal
in meinem Leben, daß ich ganz offen bin.
Keinen Gedanken, keine Empfindung kann
ich vor dir mehr geheim haben; du mußt al¬
les wiſſen. Mein ganzes Weſen ſoll ſich mit
dem deinigen vermiſchen. Nur die grenzen¬
loſeſte Hingebung kann meiner Liebe genü¬
gen. In ihr beſteht ſie ja. Sie iſt ja ein
geheimnißvolles Zuſammenfließen unſers ge¬
heimſten und eigenthümlichſten Daſeyns. —
Heinrich, ſo können ſich noch nie zwey Men¬
ſchen geliebt haben. — Ich kanns nicht
glauben. Es gab ja noch keine Mathilde.
— Auch keinen Heinrich. — Ach! ſchwör es
mir noch einmal, daß du ewig mein biſt;
die Liebe iſt eine endloſe Wiederholung. —
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[266/0274] hingeben kann. Es iſt auch zum erſtenmal in meinem Leben, daß ich ganz offen bin. Keinen Gedanken, keine Empfindung kann ich vor dir mehr geheim haben; du mußt al¬ les wiſſen. Mein ganzes Weſen ſoll ſich mit dem deinigen vermiſchen. Nur die grenzen¬ loſeſte Hingebung kann meiner Liebe genü¬ gen. In ihr beſteht ſie ja. Sie iſt ja ein geheimnißvolles Zuſammenfließen unſers ge¬ heimſten und eigenthümlichſten Daſeyns. — Heinrich, ſo können ſich noch nie zwey Men¬ ſchen geliebt haben. — Ich kanns nicht glauben. Es gab ja noch keine Mathilde. — Auch keinen Heinrich. — Ach! ſchwör es mir noch einmal, daß du ewig mein biſt; die Liebe iſt eine endloſe Wiederholung. — Ja, Heinrich, ich ſchwöre ewig dein zu ſeyn, bey der unſichtbaren Gegenwart meiner gu¬ ten Mutter. — Ich ſchwöre ewig dein zu

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Zitationshilfe: Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/274>, abgerufen am 21.11.2024.