mich zu den höchsten Anschauungen begei¬ stern. Wer weiß, ob unsre Liebe nicht dereinst noch zu Flammensittichen wird, die uns auf¬ heben, und uns in unsre himmlische Heimath tragen, ehe das Alter und der Tod uns er¬ reichen. Ist es nicht schon ein Wunder, daß du mein bist, daß ich dich in meinen Armen halte, daß du mich liebst und ewig mein seyn willst? -- Auch mir ist jetzt alles glaub¬ lich, und ich fühle ja so deutlich eine stille Flamme in mir lodern; wer weiß ob sie uns nicht verklärt, und die irdischen Banden all¬ mählich auflöst. Sage mir nur, Heinrich, ob du auch schon das grenzenlose Vertrauen zu mir hast, was ich zu dir habe. Noch nie hab' ich so etwas gefühlt, selbst nicht gegen meinen Va¬ ter, den ich doch so unendlich liebe. -- Liebe Mathilde, es peinigt mich ordentlich, daß ich dir nicht alles auf einmal sagen, daß ich dir nicht gleich mein ganzes Herz auf einmal
mich zu den höchſten Anſchauungen begei¬ ſtern. Wer weiß, ob unſre Liebe nicht dereinſt noch zu Flammenſittichen wird, die uns auf¬ heben, und uns in unſre himmliſche Heimath tragen, ehe das Alter und der Tod uns er¬ reichen. Iſt es nicht ſchon ein Wunder, daß du mein biſt, daß ich dich in meinen Armen halte, daß du mich liebſt und ewig mein ſeyn willſt? — Auch mir iſt jetzt alles glaub¬ lich, und ich fühle ja ſo deutlich eine ſtille Flamme in mir lodern; wer weiß ob ſie uns nicht verklärt, und die irdiſchen Banden all¬ mählich auflöſt. Sage mir nur, Heinrich, ob du auch ſchon das grenzenloſe Vertrauen zu mir haſt, was ich zu dir habe. Noch nie hab' ich ſo etwas gefühlt, ſelbſt nicht gegen meinen Va¬ ter, den ich doch ſo unendlich liebe. — Liebe Mathilde, es peinigt mich ordentlich, daß ich dir nicht alles auf einmal ſagen, daß ich dir nicht gleich mein ganzes Herz auf einmal
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mich zu den höchſten Anſchauungen begei¬
ſtern. Wer weiß, ob unſre Liebe nicht dereinſt
noch zu Flammenſittichen wird, die uns auf¬
heben, und uns in unſre himmliſche Heimath
tragen, ehe das Alter und der Tod uns er¬
reichen. Iſt es nicht ſchon ein Wunder, daß
du mein biſt, daß ich dich in meinen Armen
halte, daß du mich liebſt und ewig mein
ſeyn willſt? — Auch mir iſt jetzt alles glaub¬
lich, und ich fühle ja ſo deutlich eine ſtille
Flamme in mir lodern; wer weiß ob ſie uns
nicht verklärt, und die irdiſchen Banden all¬
mählich auflöſt. Sage mir nur, Heinrich, ob
du auch ſchon das grenzenloſe Vertrauen zu mir
haſt, was ich zu dir habe. Noch nie hab' ich
ſo etwas gefühlt, ſelbſt nicht gegen meinen Va¬
ter, den ich doch ſo unendlich liebe. — Liebe
Mathilde, es peinigt mich ordentlich, daß ich
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Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/273>, abgerufen am 21.11.2024.
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