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Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802.

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Feuer eines Irrlichts, der heilige Ernst in
verstellte Schalkheit, die bedeutende Ruhe in
kindische Unstätigkeit, der edle Anstand in
drollige Beweglichkeit verwandelt. Ich fühl¬
te mich von einer ernsthaften Leidenschaft
unwiderstehlich zu dem muthwilligen Kna¬
ben gezogen, und empfand schmerzlich seinen
lächelnden Hohn, und seine Gleichgültigkeit
gegen meine rührendsten Bitten. Ich sah
meine Gestalt verändert. Meine sorglose
Heiterkeit war verschwunden, und hatte ei¬
ner traurigen Bekümmerniß, einer zärtli¬
chen Schüchternheit Platz gemacht. Ich hät¬
mich mit Eros vor allen Augen verbergen
mögen. Ich hatte nicht das Herz in seine
beleidigenden Augen zu sehn, und fühlte
mich entsetzlich beschämt und erniedrigt. Ich
hatte keinen andern Gedanken, als ihn, und
hätte mein Leben hingegeben, um ihn von
seinen Unarten zu befreyen. Ich mußte ihn

Feuer eines Irrlichts, der heilige Ernſt in
verſtellte Schalkheit, die bedeutende Ruhe in
kindiſche Unſtätigkeit, der edle Anſtand in
drollige Beweglichkeit verwandelt. Ich fühl¬
te mich von einer ernſthaften Leidenſchaft
unwiderſtehlich zu dem muthwilligen Kna¬
ben gezogen, und empfand ſchmerzlich ſeinen
lächelnden Hohn, und ſeine Gleichgültigkeit
gegen meine rührendſten Bitten. Ich ſah
meine Geſtalt verändert. Meine ſorgloſe
Heiterkeit war verſchwunden, und hatte ei¬
ner traurigen Bekümmerniß, einer zärtli¬
chen Schüchternheit Platz gemacht. Ich hät¬
mich mit Eros vor allen Augen verbergen
mögen. Ich hatte nicht das Herz in ſeine
beleidigenden Augen zu ſehn, und fühlte
mich entſetzlich beſchämt und erniedrigt. Ich
hatte keinen andern Gedanken, als ihn, und
hätte mein Leben hingegeben, um ihn von
ſeinen Unarten zu befreyen. Ich mußte ihn

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[311/0319] Feuer eines Irrlichts, der heilige Ernſt in verſtellte Schalkheit, die bedeutende Ruhe in kindiſche Unſtätigkeit, der edle Anſtand in drollige Beweglichkeit verwandelt. Ich fühl¬ te mich von einer ernſthaften Leidenſchaft unwiderſtehlich zu dem muthwilligen Kna¬ ben gezogen, und empfand ſchmerzlich ſeinen lächelnden Hohn, und ſeine Gleichgültigkeit gegen meine rührendſten Bitten. Ich ſah meine Geſtalt verändert. Meine ſorgloſe Heiterkeit war verſchwunden, und hatte ei¬ ner traurigen Bekümmerniß, einer zärtli¬ chen Schüchternheit Platz gemacht. Ich hät¬ mich mit Eros vor allen Augen verbergen mögen. Ich hatte nicht das Herz in ſeine beleidigenden Augen zu ſehn, und fühlte mich entſetzlich beſchämt und erniedrigt. Ich hatte keinen andern Gedanken, als ihn, und hätte mein Leben hingegeben, um ihn von ſeinen Unarten zu befreyen. Ich mußte ihn

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Zitationshilfe: Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/319>, abgerufen am 22.11.2024.