mich lange nicht nach meinem Begleiter um¬ sah. Wie ich mich endlich zu ihm wandte, bemerkte ich, daß er mich aufmerksam be¬ trachtete und mir mit inniger Freude zulä¬ chelte. Auf welche Art ich von diesem Orte wegkam, erinnere ich mir nicht mehr. Ich war wieder oben auf dem Berge. Mein Begleiter stand bey mir, und sagte: du hast das Wunder der Welt gesehn. Es steht bey dir, das glücklichste Wesen auf der Welt und noch über das ein berühmter Mann zu werden. Nimm wohl in Acht, was ich dir sage: wenn du am Tage Johannis gegen Abend wieder hieher kommst, und Gott herzlich um das Verständniß dieses Traumes bittest, so wird dir das höchste irdische Loos zu Theil werden; dann gieb nur acht, auf ein blaues Blümchen, was du hier oben fin¬ den wirst, brich es ab, und überlaß dich dann demüthig der himmlischen Führung.
mich lange nicht nach meinem Begleiter um¬ ſah. Wie ich mich endlich zu ihm wandte, bemerkte ich, daß er mich aufmerkſam be¬ trachtete und mir mit inniger Freude zulä¬ chelte. Auf welche Art ich von dieſem Orte wegkam, erinnere ich mir nicht mehr. Ich war wieder oben auf dem Berge. Mein Begleiter ſtand bey mir, und ſagte: du haſt das Wunder der Welt geſehn. Es ſteht bey dir, das glücklichſte Weſen auf der Welt und noch über das ein berühmter Mann zu werden. Nimm wohl in Acht, was ich dir ſage: wenn du am Tage Johannis gegen Abend wieder hieher kommſt, und Gott herzlich um das Verſtändniß dieſes Traumes bitteſt, ſo wird dir das höchſte irdiſche Loos zu Theil werden; dann gieb nur acht, auf ein blaues Blümchen, was du hier oben fin¬ den wirſt, brich es ab, und überlaß dich dann demüthig der himmliſchen Führung.
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mich lange nicht nach meinem Begleiter um¬
ſah. Wie ich mich endlich zu ihm wandte,
bemerkte ich, daß er mich aufmerkſam be¬
trachtete und mir mit inniger Freude zulä¬
chelte. Auf welche Art ich von dieſem Orte
wegkam, erinnere ich mir nicht mehr. Ich
war wieder oben auf dem Berge. Mein
Begleiter ſtand bey mir, und ſagte: du haſt
das Wunder der Welt geſehn. Es ſteht bey
dir, das glücklichſte Weſen auf der Welt
und noch über das ein berühmter Mann zu
werden. Nimm wohl in Acht, was ich dir
ſage: wenn du am Tage Johannis gegen
Abend wieder hieher kommſt, und Gott
herzlich um das Verſtändniß dieſes Traumes
bitteſt, ſo wird dir das höchſte irdiſche Loos
zu Theil werden; dann gieb nur acht, auf
ein blaues Blümchen, was du hier oben fin¬
den wirſt, brich es ab, und überlaß dich
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Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/35>, abgerufen am 09.11.2024.
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