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Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802.

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mit den Schätzen der Vorzeit, mit der kost¬
baren Hinterlassenschaft einer zu früh abge¬
schiedenen Welt bekannt zu machen. Ich
bemerkte in ihm die Anzeichen eines großen
Bildkünstlers, sein Auge regte sich voll Lust,
ein wahres Auge, ein schaffendes Werkzeug
zu werden; sein Gesicht zeigte von innerer
Festigkeit und ausdauerndem Fleiß, aber die
gegenwärtige Welt hatte zu tiefe Wurzeln
schon bei ihm geschlagen, er wollte nicht
Achtung geben auf den Ruf seiner eigensten
Natur, die trübe Strenge seines vaterlän¬
dischen Himmels hatte die zarten Spitzen der
edelsten Pflanze in ihm verdorben, er ward
ein geschickter Handwerker, und die Begeiste¬
rung ist ihm zur Thorheit geworden.

Wohl, versetzte Heinrich, habe ich in ihm
oft mit Schmerzen eine stille Wehmuth be¬
merkt. Er arbeitete unaufhörlich aus Ge¬
wohnheit und nicht aus innerer Lust, es

mit den Schätzen der Vorzeit, mit der koſt¬
baren Hinterlaſſenſchaft einer zu früh abge¬
ſchiedenen Welt bekannt zu machen. Ich
bemerkte in ihm die Anzeichen eines großen
Bildkünſtlers, ſein Auge regte ſich voll Luſt,
ein wahres Auge, ein ſchaffendes Werkzeug
zu werden; ſein Geſicht zeigte von innerer
Feſtigkeit und ausdauerndem Fleiß, aber die
gegenwärtige Welt hatte zu tiefe Wurzeln
ſchon bei ihm geſchlagen, er wollte nicht
Achtung geben auf den Ruf ſeiner eigenſten
Natur, die trübe Strenge ſeines vaterlän¬
diſchen Himmels hatte die zarten Spitzen der
edelſten Pflanze in ihm verdorben, er ward
ein geſchickter Handwerker, und die Begeiſte¬
rung iſt ihm zur Thorheit geworden.

Wohl, verſetzte Heinrich, habe ich in ihm
oft mit Schmerzen eine ſtille Wehmuth be¬
merkt. Er arbeitete unaufhörlich aus Ge¬
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[25/0371] mit den Schätzen der Vorzeit, mit der koſt¬ baren Hinterlaſſenſchaft einer zu früh abge¬ ſchiedenen Welt bekannt zu machen. Ich bemerkte in ihm die Anzeichen eines großen Bildkünſtlers, ſein Auge regte ſich voll Luſt, ein wahres Auge, ein ſchaffendes Werkzeug zu werden; ſein Geſicht zeigte von innerer Feſtigkeit und ausdauerndem Fleiß, aber die gegenwärtige Welt hatte zu tiefe Wurzeln ſchon bei ihm geſchlagen, er wollte nicht Achtung geben auf den Ruf ſeiner eigenſten Natur, die trübe Strenge ſeines vaterlän¬ diſchen Himmels hatte die zarten Spitzen der edelſten Pflanze in ihm verdorben, er ward ein geſchickter Handwerker, und die Begeiſte¬ rung iſt ihm zur Thorheit geworden. Wohl, verſetzte Heinrich, habe ich in ihm oft mit Schmerzen eine ſtille Wehmuth be¬ merkt. Er arbeitete unaufhörlich aus Ge¬ wohnheit und nicht aus innerer Luſt, es

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Zitationshilfe: Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/371>, abgerufen am 21.11.2024.