Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

trübe Laune ihres Sohnes vertreiben, und
wieder einen so theilnehmenden und lebens¬
frohen Menschen aus ihm machen, wie er
sonst gewesen. Der Alte willigte in den
Plan der Mutter, und Heinrich war über
die Maßen erfreut, in ein Land zu kommen,
was er schon lange, nach den Erzählungen
seiner Mutter und mancher Reisenden, wie
ein irdisches Paradies sich gedacht, und wo¬
hin er oft vergeblich sich gewünscht hatte.

Heinrich war eben zwanzig Jahr alt ge¬
worden. Er war nie über die umliegenden
Gegenden seiner Vaterstadt hinausgekom¬
men; die Welt war ihm nur aus Erzählun¬
gen bekannt. Wenig Bücher waren ihm zu
Gesichte gekommen. Bey der Hofhaltung
des Landgrafen ging es nach der Sitte der
damaligen Zeiten einfach und still zu; und
die Pracht und Bequemlichkeit des fürstli¬
chen Lebens dürfte sich schwerlich mit den

trübe Laune ihres Sohnes vertreiben, und
wieder einen ſo theilnehmenden und lebens¬
frohen Menſchen aus ihm machen, wie er
ſonſt geweſen. Der Alte willigte in den
Plan der Mutter, und Heinrich war über
die Maßen erfreut, in ein Land zu kommen,
was er ſchon lange, nach den Erzählungen
ſeiner Mutter und mancher Reiſenden, wie
ein irdiſches Paradies ſich gedacht, und wo¬
hin er oft vergeblich ſich gewünſcht hatte.

Heinrich war eben zwanzig Jahr alt ge¬
worden. Er war nie über die umliegenden
Gegenden ſeiner Vaterſtadt hinausgekom¬
men; die Welt war ihm nur aus Erzählun¬
gen bekannt. Wenig Bücher waren ihm zu
Geſichte gekommen. Bey der Hofhaltung
des Landgrafen ging es nach der Sitte der
damaligen Zeiten einfach und ſtill zu; und
die Pracht und Bequemlichkeit des fürſtli¬
chen Lebens dürfte ſich ſchwerlich mit den

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0039" n="31"/>
trübe Laune ihres Sohnes vertreiben, und<lb/>
wieder einen &#x017F;o theilnehmenden und lebens¬<lb/>
frohen Men&#x017F;chen aus ihm machen, wie er<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t gewe&#x017F;en. Der Alte willigte in den<lb/>
Plan der Mutter, und Heinrich war über<lb/>
die Maßen erfreut, in ein Land zu kommen,<lb/>
was er &#x017F;chon lange, nach den Erzählungen<lb/>
&#x017F;einer Mutter und mancher Rei&#x017F;enden, wie<lb/>
ein irdi&#x017F;ches Paradies &#x017F;ich gedacht, und wo¬<lb/>
hin er oft vergeblich &#x017F;ich gewün&#x017F;cht hatte.</p><lb/>
            <p>Heinrich war eben zwanzig Jahr alt ge¬<lb/>
worden. Er war nie über die umliegenden<lb/>
Gegenden &#x017F;einer Vater&#x017F;tadt hinausgekom¬<lb/>
men; die Welt war ihm nur aus Erzählun¬<lb/>
gen bekannt. Wenig Bücher waren ihm zu<lb/>
Ge&#x017F;ichte gekommen. Bey der Hofhaltung<lb/>
des Landgrafen ging es nach der Sitte der<lb/>
damaligen Zeiten einfach und &#x017F;till zu; und<lb/>
die Pracht und Bequemlichkeit des für&#x017F;tli¬<lb/>
chen Lebens dürfte &#x017F;ich &#x017F;chwerlich mit den<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[31/0039] trübe Laune ihres Sohnes vertreiben, und wieder einen ſo theilnehmenden und lebens¬ frohen Menſchen aus ihm machen, wie er ſonſt geweſen. Der Alte willigte in den Plan der Mutter, und Heinrich war über die Maßen erfreut, in ein Land zu kommen, was er ſchon lange, nach den Erzählungen ſeiner Mutter und mancher Reiſenden, wie ein irdiſches Paradies ſich gedacht, und wo¬ hin er oft vergeblich ſich gewünſcht hatte. Heinrich war eben zwanzig Jahr alt ge¬ worden. Er war nie über die umliegenden Gegenden ſeiner Vaterſtadt hinausgekom¬ men; die Welt war ihm nur aus Erzählun¬ gen bekannt. Wenig Bücher waren ihm zu Geſichte gekommen. Bey der Hofhaltung des Landgrafen ging es nach der Sitte der damaligen Zeiten einfach und ſtill zu; und die Pracht und Bequemlichkeit des fürſtli¬ chen Lebens dürfte ſich ſchwerlich mit den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/39
Zitationshilfe: Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/39>, abgerufen am 03.12.2024.