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Nyland, Petrus: Desz Schauplatzes Irdischer Geschöpffe. Bd. 2. Osnabrück, 1687.

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daß sie ins runde lauffen/ und wann sie hefftiger getrungen werden die schlufft-Winckel und Lager-Stellen der Hinde oder anderer Hirsche suchen/ und sich unter dem gemeinen Hauffen verbergen/ oder auff einigen Abwegen außstreichen. Hernach rasten sie zwischen beiden/ weil die Hunde den Fußstapffen nachspüren/ und einiger massen von den rechten Spur verirret. Wann aber der scharffe Geruch der Hunde diesen Betrug überwindet/ nehmen sie andere Hülff-Mittel vor/ und lauffen ihren eigenen Fußstapffen nach wieder zu rück / machen verschiedene Kreiße und so behutsam als müglich ist/ und lauffen dann gar schnell und weit wieder fort.

Die Hörner werden zum Zeiten von ihnen abgeworffen/ und alsdann verbergen sie sich an abgelegenen Örtern/ und gehen nur zu Nachts auß/ ihre Nahrung zu suchen. Wann nun die Hörner wiederumb zu einer ziemblichen Grösse auß gewachsen seyn/ lassen sie dieselbe von der Sonnen bescheinen/ daß sie desto eher erhärten/ und wann sie durch Reiben und Stossen wieder die Bäume keine Pein mehr empfinden/ kommen sie wieder hervor an den Tag.

Wann die Hirsche über ein Wasser setzen wollen umb andere Weide zu suchen/ so thun sie daß mit grossen Troppen/ und wunderlicher Ordnung/ dann sie schwemmen alle hinter einander in einer Reige/ und der hinterste legt dem fordersten den Kopff auff die Lenden/ und wann der forderste so kein auffhalt hat/ ermüdet / begibt er sich hinten an/ und diese Abwechselung wäret so lange/ biß sie hinüber seyn. Ihre Horner gebrauchen sie an statt der Seget/ und durch Bewegung der Füsse rudern sie sich selber fort. Sie begeben sich nicht zu Wasser/ als wenn es stilles Wetter/ und guter Wind ist. Wiewohl die Hirsche vor die sanfftmühtigste und furchtsameste Thiere gehalten werden/ so verspüret man dennoch bißweilen eine unerschrockene Grimmigkeit an ihnen/ wann sie nemblich von den Hunden gedrenget werden/ oder wann sie auff die Brunst gehen/ welches gemeiniglich zu letzt des Monden Augusti geschiehet/ denn lauffen sie von ihnen selbst ungescheut und mit Grim auff den Menschen zu. Die Hirsche seyn schnell zu lauffen/ und treflich geschwind zu springen/ das bezeuget der Platz bey Franckfurt/ der noch auff heutigen Tag den Nahmen davon trägt. Allwo zwey Steine auff gerichtet seyn/ wie auch Gesnerus berichtet / ohngefehr sechtzig Fuß weit von einander/ welchen Raum ein Hirsch übergesprungen/ und zwar noch dazu über einen beladenen Wagen als ihn die Jäger ins Enge getrieben gehabt.

daß sie ins runde lauffen/ und wann sie hefftiger getrungen werden die schlufft-Winckel und Lager-Stellen der Hinde oder anderer Hirsche suchen/ und sich unter dem gemeinen Hauffen verbergen/ oder auff einigen Abwegen außstreichen. Hernach rasten sie zwischen beiden/ weil die Hunde den Fußstapffen nachspüren/ und einiger massen von den rechten Spur verirret. Wann aber der scharffe Geruch der Hunde diesen Betrug überwindet/ nehmen sie andere Hülff-Mittel vor/ und lauffen ihren eigenen Fußstapffen nach wieder zu rück / machen verschiedene Kreiße und so behutsam als müglich ist/ und lauffen dann gar schnell und weit wieder fort.

Die Hörner werden zum Zeiten von ihnen abgeworffen/ und alsdann verbergen sie sich an abgelegenen Örtern/ und gehen nur zu Nachts auß/ ihre Nahrung zu suchen. Wann nun die Hörner wiederumb zu einer ziemblichen Grösse auß gewachsen seyn/ lassen sie dieselbe von der Sonnen bescheinen/ daß sie desto eher erhärten/ und wann sie durch Reiben und Stossen wieder die Bäume keine Pein mehr empfinden/ kommen sie wieder hervor an den Tag.

Wann die Hirsche über ein Wasser setzen wollen umb andere Weide zu suchen/ so thun sie daß mit grossen Troppen/ und wunderlicher Ordnung/ dann sie schwemmen alle hinter einander in einer Reige/ und der hinterste legt dem fordersten den Kopff auff die Lenden/ und wann der forderste so kein auffhalt hat/ ermüdet / begibt er sich hinten an/ und diese Abwechselung wäret so lange/ biß sie hinüber seyn. Ihre Horner gebrauchen sie an statt der Seget/ und durch Bewegung der Füsse rudern sie sich selber fort. Sie begeben sich nicht zu Wasser/ als wenn es stilles Wetter/ und guter Wind ist. Wiewohl die Hirsche vor die sanfftmühtigste und furchtsameste Thiere gehalten werden/ so verspüret man deñoch bißweilen eine unerschrockene Grimmigkeit an ihnen/ wañ sie nemblich von den Hunden gedrenget werden/ oder wann sie auff die Brunst gehen/ welches gemeiniglich zu letzt des Monden Augusti geschiehet/ denn lauffen sie von ihnen selbst ungescheut und mit Grim auff den Menschen zu. Die Hirsche seyn schnell zu lauffen/ und treflich geschwind zu springen/ das bezeuget der Platz bey Franckfurt/ der noch auff heutigen Tag den Nahmen davon trägt. Allwo zwey Steine auff gerichtet seyn/ wie auch Gesnerus berichtet / ohngefehr sechtzig Fuß weit von einander/ welchen Raum ein Hirsch übergesprungen/ und zwar noch dazu über einen beladenen Wagen als ihn die Jäger ins Enge getrieben gehabt.

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[26/0030] daß sie ins runde lauffen/ und wann sie hefftiger getrungen werden die schlufft-Winckel und Lager-Stellen der Hinde oder anderer Hirsche suchen/ und sich unter dem gemeinen Hauffen verbergen/ oder auff einigen Abwegen außstreichen. Hernach rasten sie zwischen beiden/ weil die Hunde den Fußstapffen nachspüren/ und einiger massen von den rechten Spur verirret. Wann aber der scharffe Geruch der Hunde diesen Betrug überwindet/ nehmen sie andere Hülff-Mittel vor/ und lauffen ihren eigenen Fußstapffen nach wieder zu rück / machen verschiedene Kreiße und so behutsam als müglich ist/ und lauffen dann gar schnell und weit wieder fort. Die Hörner werden zum Zeiten von ihnen abgeworffen/ und alsdann verbergen sie sich an abgelegenen Örtern/ und gehen nur zu Nachts auß/ ihre Nahrung zu suchen. Wann nun die Hörner wiederumb zu einer ziemblichen Grösse auß gewachsen seyn/ lassen sie dieselbe von der Sonnen bescheinen/ daß sie desto eher erhärten/ und wann sie durch Reiben und Stossen wieder die Bäume keine Pein mehr empfinden/ kommen sie wieder hervor an den Tag. Wann die Hirsche über ein Wasser setzen wollen umb andere Weide zu suchen/ so thun sie daß mit grossen Troppen/ und wunderlicher Ordnung/ dann sie schwemmen alle hinter einander in einer Reige/ und der hinterste legt dem fordersten den Kopff auff die Lenden/ und wann der forderste so kein auffhalt hat/ ermüdet / begibt er sich hinten an/ und diese Abwechselung wäret so lange/ biß sie hinüber seyn. Ihre Horner gebrauchen sie an statt der Seget/ und durch Bewegung der Füsse rudern sie sich selber fort. Sie begeben sich nicht zu Wasser/ als wenn es stilles Wetter/ und guter Wind ist. Wiewohl die Hirsche vor die sanfftmühtigste und furchtsameste Thiere gehalten werden/ so verspüret man deñoch bißweilen eine unerschrockene Grimmigkeit an ihnen/ wañ sie nemblich von den Hunden gedrenget werden/ oder wann sie auff die Brunst gehen/ welches gemeiniglich zu letzt des Monden Augusti geschiehet/ denn lauffen sie von ihnen selbst ungescheut und mit Grim auff den Menschen zu. Die Hirsche seyn schnell zu lauffen/ und treflich geschwind zu springen/ das bezeuget der Platz bey Franckfurt/ der noch auff heutigen Tag den Nahmen davon trägt. Allwo zwey Steine auff gerichtet seyn/ wie auch Gesnerus berichtet / ohngefehr sechtzig Fuß weit von einander/ welchen Raum ein Hirsch übergesprungen/ und zwar noch dazu über einen beladenen Wagen als ihn die Jäger ins Enge getrieben gehabt.

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Zitationshilfe: Nyland, Petrus: Desz Schauplatzes Irdischer Geschöpffe. Bd. 2. Osnabrück, 1687, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nylandt_schauplatz02_1678/30>, abgerufen am 23.11.2024.