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[N. N.]: Der berühmte Ertz-Dieb und Strassen-Räuber Cartouche. Leipzig, 1722.

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tigen Fieber angegriffen. Jn solchem Zustande gab ihm der General
Procurator, in Begleitung eines Medici und Gerichts-Schreibers, ei-
ne Visite, und ordinirte, auf Einrathen des Medici, daß man Cartouche
in ein leidlicher Gefängniß bringen und ihm zu seiner Nahrung nichts an-
ders, als Bouillons und Conserve geben möchte.

So bald sich derselbe wieder ein wenig erholet, nahm er, mit Er-
laubniß der Richter, vom neuem Visiten an. Er erwieß hierbey durch-
gehends einen aufgeweckten Kopff und guten Verstand, schertzte bißwei-
len und war dabey frölich und fertig im Antworten. Wie ihn der Kö-
nigl.
Advocat le Nain besuchte und zugleich bat, daß er ihm erzehlen
möchte, durch was vor Künste er neulich aus dem Gefängniß gekom-
men, that er die Relation mit einer gleichgültigen, doch angenehmen Ma-
nier und sagte: daß wir nicht davon gekommen, rühret nur bloß
von dem dummen Teuffel her, der mit mir entwischen wolte.
Wenn ich aber einen Cameraden von solchem Verstand, als
mein Herr ist, bey mir gehabt, wir wolten versichert beyde frey
seyn.
Der Advocat lachte über diese Antwort nicht wenig, gab dem
Maleficanten vor diese artige Vergleichung einen Louis d'Or und mach-
te sein Adieu. Eben dergleichen wiederfuhr auch einer gewissen vorneh-
men Dame; diese war curieuse, Cartouchen zu sehen. Wie sie nun ein
Exempt in das Gefängniß führete, allwo der Gefangene auf dem Stroh
lag, entsetzte sich dieselbe nicht wenig und tratt etwas zurück; Cartouche
aber der solches merckte, zog die Decke von Beinen weg, wieß ihr seine Fessel
und sagte lachend: Madame habt ihr auch so schöne Strumpff-
Bänder wie ich.

Ohngefehr am 12. Novembr. kam auch die Mareschallin von Bouff-
lers, die sonsten die Gefangenen zu besuchen und zu beschencken gewohnet
ist, zu ihm. Sie schien über die Art seiner Fesselung sehr gerühret zu seyn,
schenckte dem Gefangenen 30. Livres und rieth ihm zur Gedult. Car-
touche
erwiederte: Madame ich dancke vor das Geschencke, weiß
aber nicht, was Gedult sey; weil ich die Zeit meines Lebens
keine Frau gehabt.

Mit den Gerichts-Dienern so ihn bewachet, hat er viel geredet, ge-
schertzet und unter andern gesaget: Er wäre versichert, wenn er die
Kunst verstünde, sein jetziges Geschmeide in Gold zu ver-
wandeln, daß er ein milderes Urtheil, als wohl geschehen

dörff-

tigen Fieber angegriffen. Jn ſolchem Zuſtande gab ihm der General
Procurator, in Begleitung eines Medici und Gerichts-Schreibers, ei-
ne Viſite, und ordinirte, auf Einrathen des Medici, daß man Cartouche
in ein leidlicher Gefaͤngniß bringen und ihm zu ſeiner Nahrung nichts an-
ders, als Bouillons und Conſerve geben moͤchte.

So bald ſich derſelbe wieder ein wenig erholet, nahm er, mit Er-
laubniß der Richter, vom neuem Viſiten an. Er erwieß hierbey durch-
gehends einen aufgeweckten Kopff und guten Verſtand, ſchertzte bißwei-
len und war dabey froͤlich und fertig im Antworten. Wie ihn der Koͤ-
nigl.
Advocat le Nain beſuchte und zugleich bat, daß er ihm erzehlen
moͤchte, durch was vor Kuͤnſte er neulich aus dem Gefaͤngniß gekom-
men, that er die Relation mit einer gleichguͤltigen, doch angenehmen Ma-
nier und ſagte: daß wir nicht davon gekommen, ruͤhret nur bloß
von dem dummen Teuffel her, der mit mir entwiſchen wolte.
Wenn ich aber einen Cameraden von ſolchem Verſtand, als
mein Herr iſt, bey mir gehabt, wir wolten verſichert beyde frey
ſeyn.
Der Advocat lachte uͤber dieſe Antwort nicht wenig, gab dem
Maleficanten vor dieſe artige Vergleichung einen Louis d’Or und mach-
te ſein Adieu. Eben dergleichen wiederfuhr auch einer gewiſſen vorneh-
men Dame; dieſe war curieuſe, Cartouchen zu ſehen. Wie ſie nun ein
Exempt in das Gefaͤngniß fuͤhrete, allwo der Gefangene auf dem Stroh
lag, entſetzte ſich dieſelbe nicht wenig und tratt etwas zuruͤck; Cartouche
aber der ſolches merckte, zog die Decke von Beinen weg, wieß ihr ſeine Feſſel
und ſagte lachend: Madame habt ihr auch ſo ſchoͤne Strumpff-
Baͤnder wie ich.

Ohngefehr am 12. Novembr. kam auch die Mareſchallin von Bouff-
lers, die ſonſten die Gefangenen zu beſuchen und zu beſchencken gewohnet
iſt, zu ihm. Sie ſchien uͤber die Art ſeiner Feſſelung ſehr geruͤhret zu ſeyn,
ſchenckte dem Gefangenen 30. Livres und rieth ihm zur Gedult. Car-
touche
erwiederte: Madame ich dancke vor das Geſchencke, weiß
aber nicht, was Gedult ſey; weil ich die Zeit meines Lebens
keine Frau gehabt.

Mit den Gerichts-Dienern ſo ihn bewachet, hat er viel geredet, ge-
ſchertzet und unter andern geſaget: Er waͤre verſichert, wenn er die
Kunſt verſtuͤnde, ſein jetziges Geſchmeide in Gold zu ver-
wandeln, daß er ein milderes Urtheil, als wohl geſchehen

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Zitationshilfe: [N. N.]: Der berühmte Ertz-Dieb und Strassen-Räuber Cartouche. Leipzig, 1722, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oa_cartouche_1722/20>, abgerufen am 21.11.2024.