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[N. N.]: Der berühmte Ertz-Dieb und Strassen-Räuber Cartouche. Leipzig, 1722.

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Todes-Urtheil gesprochen, und sagte, nachdem er alle seine Verbrechen,
weßwegen er zum Tode verurtheilet worden, gestanden, daß er die aller-
schwerste Straffe verdienet, die man nur erdencken könnte. Hiernechst
bekannte er auch, daß alle diejenigen, so in den Händen der Justitz ver-
hafftet, und mit ihm confrontiret worden, seine Mitverbrecher wären.
Man ließ hierauff alle Gefangene auf das Stadt-Hauß bringen, um sie
von neuem mit Cartouche zu confrontiren, der sich indessen mit seinem
Beicht-Vater in einem Winckel des Saals begab, biß dieselben alle her-
ein gebracht waren, so dann aber nahete er sich zu ihnen und redete sie mit
einer gelassenen Mine folgender massen an:

Verwundert euch nicht, meine Herren, daß ich allhier
vor öffentlichem Gerichte sage, wer ihr seyd und was ihr ge-
than habt. Man hat mich zwar auf die Folter gebracht,
damit ich aussagen möchte, was ihr gethan hättet; ich habe
aber um eurent Willen die gröste Marter ausgestanden, da
mit man euch vor unschuldig halten solte. Jndessen da mein
Beicht-Vater zu mir gekommen und mir aus GOttes Wort
die Schwere meines Verbrechens vorgestellet, hat solches mein
Hertz dergestalt erweichet, daß ich entschlossen bin, alles zu sa-
gen, was ich weiß. Hierzu beweget mich auch auser diesem
noch eine andre Ursache; weil unsre Freunde, welche noch
nicht in verhafft gebracht worden, ihr Wort von sich gegeben,
uns auch mit Auffopfferung ihres Lebens aus dem Gefängniß
zu erretten, welches sie aber unterlassen, und eben deßwegen
will ich nun alles aufrichtig bekennen.

Hierauf ließ er alle Namen seiner Raub- und Diebs-Gesellen ins
Protocoll auf besondere Blätter niederschreiben und sagte so dann bey
Nennung eines jeden Namens aus, was jedweder gethan hatte. Fünf-
fe von den Angegebenen, deren, auser denen schon sitzenden, mehr als 50.
und unter welchen auch 2. Laquayen der Hertzogin von Ventadour ge-
wesen, wurden noch diesen Abend in Arrest genommen, und die Ver-
hör continuirte die gantze Nacht hindurch, da dann zwar einige von de-
nen viel 1000. Zuschauern nach Hause giengen, die meisten aber blieben
auf den Platze stehen, und wurden durch den beständig anhaltenden Re-

gen,
C

Todes-Urtheil geſprochen, und ſagte, nachdem er alle ſeine Verbrechen,
weßwegen er zum Tode verurtheilet worden, geſtanden, daß er die aller-
ſchwerſte Straffe verdienet, die man nur erdencken koͤnnte. Hiernechſt
bekannte er auch, daß alle diejenigen, ſo in den Haͤnden der Juſtitz ver-
hafftet, und mit ihm confrontiret worden, ſeine Mitverbrecher waͤren.
Man ließ hierauff alle Gefangene auf das Stadt-Hauß bringen, um ſie
von neuem mit Cartouche zu confrontiren, der ſich indeſſen mit ſeinem
Beicht-Vater in einem Winckel des Saals begab, biß dieſelben alle her-
ein gebracht waren, ſo dann aber nahete er ſich zu ihnen und redete ſie mit
einer gelaſſenen Mine folgender maſſen an:

Verwundert euch nicht, meine Herren, daß ich allhier
vor oͤffentlichem Gerichte ſage, wer ihr ſeyd und was ihr ge-
than habt. Man hat mich zwar auf die Folter gebracht,
damit ich ausſagen moͤchte, was ihr gethan haͤttet; ich habe
aber um eurent Willen die groͤſte Marter ausgeſtanden, da
mit man euch vor unſchuldig halten ſolte. Jndeſſen da mein
Beicht-Vater zu mir gekommen und mir aus GOttes Wort
die Schwere meines Verbrechens vorgeſtellet, hat ſolches mein
Hertz dergeſtalt erweichet, daß ich entſchloſſen bin, alles zu ſa-
gen, was ich weiß. Hierzu beweget mich auch auſer dieſem
noch eine andre Urſache; weil unſre Freunde, welche noch
nicht in verhafft gebracht worden, ihr Wort von ſich gegeben,
uns auch mit Auffopfferung ihres Lebens aus dem Gefaͤngniß
zu erretten, welches ſie aber unterlaſſen, und eben deßwegen
will ich nun alles aufrichtig bekennen.

Hierauf ließ er alle Namen ſeiner Raub- und Diebs-Geſellen ins
Protocoll auf beſondere Blaͤtter niederſchreiben und ſagte ſo dann bey
Nennung eines jeden Namens aus, was jedweder gethan hatte. Fuͤnf-
fe von den Angegebenen, deren, auſer denen ſchon ſitzenden, mehr als 50.
und unter welchen auch 2. Laquayen der Hertzogin von Ventadour ge-
weſen, wurden noch dieſen Abend in Arreſt genommen, und die Ver-
hoͤr continuirte die gantze Nacht hindurch, da dann zwar einige von de-
nen viel 1000. Zuſchauern nach Hauſe giengen, die meiſten aber blieben
auf den Platze ſtehen, und wurden durch den beſtaͤndig anhaltenden Re-

gen,
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[17/0023] Todes-Urtheil geſprochen, und ſagte, nachdem er alle ſeine Verbrechen, weßwegen er zum Tode verurtheilet worden, geſtanden, daß er die aller- ſchwerſte Straffe verdienet, die man nur erdencken koͤnnte. Hiernechſt bekannte er auch, daß alle diejenigen, ſo in den Haͤnden der Juſtitz ver- hafftet, und mit ihm confrontiret worden, ſeine Mitverbrecher waͤren. Man ließ hierauff alle Gefangene auf das Stadt-Hauß bringen, um ſie von neuem mit Cartouche zu confrontiren, der ſich indeſſen mit ſeinem Beicht-Vater in einem Winckel des Saals begab, biß dieſelben alle her- ein gebracht waren, ſo dann aber nahete er ſich zu ihnen und redete ſie mit einer gelaſſenen Mine folgender maſſen an: Verwundert euch nicht, meine Herren, daß ich allhier vor oͤffentlichem Gerichte ſage, wer ihr ſeyd und was ihr ge- than habt. Man hat mich zwar auf die Folter gebracht, damit ich ausſagen moͤchte, was ihr gethan haͤttet; ich habe aber um eurent Willen die groͤſte Marter ausgeſtanden, da mit man euch vor unſchuldig halten ſolte. Jndeſſen da mein Beicht-Vater zu mir gekommen und mir aus GOttes Wort die Schwere meines Verbrechens vorgeſtellet, hat ſolches mein Hertz dergeſtalt erweichet, daß ich entſchloſſen bin, alles zu ſa- gen, was ich weiß. Hierzu beweget mich auch auſer dieſem noch eine andre Urſache; weil unſre Freunde, welche noch nicht in verhafft gebracht worden, ihr Wort von ſich gegeben, uns auch mit Auffopfferung ihres Lebens aus dem Gefaͤngniß zu erretten, welches ſie aber unterlaſſen, und eben deßwegen will ich nun alles aufrichtig bekennen. Hierauf ließ er alle Namen ſeiner Raub- und Diebs-Geſellen ins Protocoll auf beſondere Blaͤtter niederſchreiben und ſagte ſo dann bey Nennung eines jeden Namens aus, was jedweder gethan hatte. Fuͤnf- fe von den Angegebenen, deren, auſer denen ſchon ſitzenden, mehr als 50. und unter welchen auch 2. Laquayen der Hertzogin von Ventadour ge- weſen, wurden noch dieſen Abend in Arreſt genommen, und die Ver- hoͤr continuirte die gantze Nacht hindurch, da dann zwar einige von de- nen viel 1000. Zuſchauern nach Hauſe giengen, die meiſten aber blieben auf den Platze ſtehen, und wurden durch den beſtaͤndig anhaltenden Re- gen, C

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Zitationshilfe: [N. N.]: Der berühmte Ertz-Dieb und Strassen-Räuber Cartouche. Leipzig, 1722, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oa_cartouche_1722/23>, abgerufen am 21.11.2024.