Derenhalben sollen billich alle Vnderthanen/ auch in diesem Stück den publicierenden Ordnungen höchstes fleiß nachgele- ben/ vnd wol betrachten/ daß die Kleydung/ |ein memorial vnd erjnnerung der Sünden seye/ vnd was mit derselben bedeckt wer- de. Ex quo idem Petrarcha, Pudebit, ait, cultus exterioris, quoties quid eo tegatur cogitahis. Insana enim ambitio est, fi- mum tegere purpura.
57
Also hat auch fast an allen Orten ein vbermessiger vnd sehr schädlicher Vberfluß/ in prächtigen Pancketen/ mit vielerhand frembden trachten/ an essenspeiß/ getränck/ gewürtz zuckerwerck/ vnd dergleichen wider alt herkommen vnd gebrauch/ auch bey dem gemeinen Mann starck vberhand genommen/ ab welchem nit allein die Menschliche Natur sich entsetzt vnd ein abschew tragt/ quia fastidio vicina est satietas, & nihil tam lautum, quod non nau- sea reddat insipidum ac sordidum, ut Petrarcha loquitur: sonder die Vnderthanen werden dardurch zu üppiger Leichtfertigkeit an- gereitzt vnd so wol vmb jhre zeitliche Wolfart vnd Gesundheit ge- bracht/ als offermals gar zum ewigen Verderben gericht/ de quo sup. n. 52. Ex quo optime idem Petrarcha, Ad omnes, & prae- cipue ad gulae illecebras comprimendas, nihil consultius esse di- xit, quam exitum contemplari. Hic enim plerunq; soedus, tri- stis, & in aeternum exitialis esse solet. Et propterea quoq; om- nis Magistratus, tam vestium, quam conviviorum luxuriam (quae Seneca aegrae civitatis indicia vocat) diligenter coercere debet, ne hisce morbis tota Respublica consumatur.
58
Deßgleichen ist es auch jetziger Zeit mit den stattlichen Gebäwen beschaffen: da will der Bawr/ wie der Edelmann/ vnd der Edelmann wie Hoch vnd Wolgeborne Herren bawen: vnd betracht keiner zuvor/ ob er nicht desto weniger Weib vnd Kind werde ernehren/ vnd seinen vorigen Stand erhalten kön-
nen/
Derenhalben ſollen billich alle Vnderthanen/ auch in dieſem Stuͤck den publicierenden Ordnungen hoͤchſtes fleiß nachgele- ben/ vnd wol betrachten/ daß die Kleydung/ |ein memorial vnd erjnnerung der Suͤnden ſeye/ vnd was mit derſelben bedeckt wer- de. Ex quo idem Petrarcha, Pudebit, ait, cultus exterioris, quoties quid eo tegatur cogitahis. Inſana enim ambitio eſt, fi- mum tegere purpura.
57
Alſo hat auch faſt an allen Orten ein vbermeſſiger vnd ſehr ſchaͤdlicher Vberfluß/ in praͤchtigen Pancketen/ mit vielerhand frembden trachten/ an eſſenſpeiß/ getraͤnck/ gewuͤrtz zuckerwerck/ vnd dergleichen wider alt herkom̃en vnd gebrauch/ auch bey dem gemeinen Mann ſtarck vberhand genom̃en/ ab welchem nit allein die Menſchliche Natur ſich entſetzt vnd ein abſchew tragt/ quia faſtidio vicina eſt ſatietas, & nihil tam lautum, quod non nau- ſea reddat inſipidum ac ſordidum, ut Petrarcha loquitur: ſonder die Vnderthanen werden dardurch zu uͤppiger Leichtfertigkeit an- gereitzt vnd ſo wol vmb jhre zeitliche Wolfart vñ Geſundheit ge- bracht/ als offermals gar zum ewigen Verderben gericht/ de quo ſup. n. 52. Ex quo optimè idem Petrarcha, Ad omnes, & præ- cipuè ad gulæ illecebras comprimendas, nihil conſultius eſſe di- xit, quàm exitum contemplari. Hic enim plerunq; ſœdus, tri- ſtis, & in æternum exitialis eſſe ſolet. Et propterea quoq; om- nis Magiſtratus, tàm veſtium, quàm conviviorum luxuriam (quæ Seneca ægræ civitatis indicia vocat) diligenter coërcere debet, nè hiſce morbis tota Reſpublica conſumatur.
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Deßgleichen iſt es auch jetziger Zeit mit den ſtattlichen Gebaͤwen beſchaffen: da will der Bawr/ wie der Edelmann/ vnd der Edelmann wie Hoch vnd Wolgeborne Herꝛen bawen: vnd betracht keiner zuvor/ ob er nicht deſto weniger Weib vnd Kind werde ernehren/ vnd ſeinen vorigen Stand erhalten koͤn-
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Derenhalben ſollen billich alle Vnderthanen/ auch in dieſem
Stuͤck den publicierenden Ordnungen hoͤchſtes fleiß nachgele-
ben/ vnd wol betrachten/ daß die Kleydung/ |ein memorial vnd
erjnnerung der Suͤnden ſeye/ vnd was mit derſelben bedeckt wer-
de. Ex quo idem Petrarcha, Pudebit, ait, cultus exterioris,
quoties quid eo tegatur cogitahis. Inſana enim ambitio eſt, fi-
mum tegere purpura.
Alſo hat auch faſt an allen Orten ein vbermeſſiger vnd ſehr
ſchaͤdlicher Vberfluß/ in praͤchtigen Pancketen/ mit vielerhand
frembden trachten/ an eſſenſpeiß/ getraͤnck/ gewuͤrtz zuckerwerck/
vnd dergleichen wider alt herkom̃en vnd gebrauch/ auch bey dem
gemeinen Mann ſtarck vberhand genom̃en/ ab welchem nit allein
die Menſchliche Natur ſich entſetzt vnd ein abſchew tragt/ quia
faſtidio vicina eſt ſatietas, & nihil tam lautum, quod non nau-
ſea reddat inſipidum ac ſordidum, ut Petrarcha loquitur: ſonder
die Vnderthanen werden dardurch zu uͤppiger Leichtfertigkeit an-
gereitzt vnd ſo wol vmb jhre zeitliche Wolfart vñ Geſundheit ge-
bracht/ als offermals gar zum ewigen Verderben gericht/ de quo
ſup. n. 52. Ex quo optimè idem Petrarcha, Ad omnes, & præ-
cipuè ad gulæ illecebras comprimendas, nihil conſultius eſſe di-
xit, quàm exitum contemplari. Hic enim plerunq; ſœdus, tri-
ſtis, & in æternum exitialis eſſe ſolet. Et propterea quoq; om-
nis Magiſtratus, tàm veſtium, quàm conviviorum luxuriam
(quæ Seneca ægræ civitatis indicia vocat) diligenter coërcere
debet, nè hiſce morbis tota Reſpublica conſumatur.
Deßgleichen iſt es auch jetziger Zeit mit den ſtattlichen
Gebaͤwen beſchaffen: da will der Bawr/ wie der Edelmann/
vnd der Edelmann wie Hoch vnd Wolgeborne Herꝛen bawen:
vnd betracht keiner zuvor/ ob er nicht deſto weniger Weib vnd
Kind werde ernehren/ vnd ſeinen vorigen Stand erhalten koͤn-
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Obrecht, Georg: Fünff Vnderschiedliche Secreta Politica. Straßburg, 1617, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/obrecht_secreta_1617/160>, abgerufen am 21.11.2024.
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