Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787.es scheint fast ausgemacht zu seyn, daß sie zur Verschlimmerung der Sitten noch mehr beitragen, als diese. Sie würken länger fort; man kann sie überall leicht haben; man kann sich so oft und so lange man will mit ihnen unterhalten; sie reden allein, ohne daß man Gegeneinwendungen machen kann. Manches Böse läßt sich da durch viele scheinbare Gründe rechtfertigen, die geliefert hat, giebt es in den Geschichtsbüchern, den Poesien, den Reisebeschreibungen, den sonstigen Unterhaltungsbüchern - die Romane, liederlichen Gedichte und die Theaterstücke ungerechnet - höchstselten ein Buch, in welchem nicht wenigstens eine und die andere Stelle vorkäme, die für junge Seelen, besonders in Rücksicht des Wollusttriebes, Gift enthielte. Man lese z. B. einige der vortrefflichsten neuern Reisebeschreibungen, wie etwas die Hawkesworthsche, die eines reisenden Franzosen durch Deutschland u. a. m. und bemerke, wie oft da, ohne alle misbilligende Einkleidung, von Dingen die Rede ist, die eine junge Einbildungskraft nothwendig auf die gefährlichste Weise entzünden müssen: Eltern, die ihr dies selbst zu untersuchen weder Zeit noch Fähigkeit habt, glaubt doch erfahrnen Männern, die es gut mit euch und euren Kindern meinen, wenn sie euch die Gefahr einer solchen Lectüre schildern, und gebt nicht zu, daß eure Kinder Bücher lesen, von denen ihr nicht vollkommen versichert seyd, daß sie nichts enthalten, was für ihre Unschuld gefährlich werden kann! Campe.
es scheint fast ausgemacht zu seyn, daß sie zur Verschlimmerung der Sitten noch mehr beitragen, als diese. Sie würken länger fort; man kann sie überall leicht haben; man kann sich so oft und so lange man will mit ihnen unterhalten; sie reden allein, ohne daß man Gegeneinwendungen machen kann. Manches Böse läßt sich da durch viele scheinbare Gründe rechtfertigen, die geliefert hat, giebt es in den Geschichtsbüchern, den Poesien, den Reisebeschreibungen, den sonstigen Unterhaltungsbüchern – die Romane, liederlichen Gedichte und die Theaterstücke ungerechnet – höchstselten ein Buch, in welchem nicht wenigstens eine und die andere Stelle vorkäme, die für junge Seelen, besonders in Rücksicht des Wollusttriebes, Gift enthielte. Man lese z. B. einige der vortrefflichsten neuern Reisebeschreibungen, wie etwas die Hawkesworthsche, die eines reisenden Franzosen durch Deutschland u. a. m. und bemerke, wie oft da, ohne alle misbilligende Einkleidung, von Dingen die Rede ist, die eine junge Einbildungskraft nothwendig auf die gefährlichste Weise entzünden müssen: Eltern, die ihr dies selbst zu untersuchen weder Zeit noch Fähigkeit habt, glaubt doch erfahrnen Männern, die es gut mit euch und euren Kindern meinen, wenn sie euch die Gefahr einer solchen Lectüre schildern, und gebt nicht zu, daß eure Kinder Bücher lesen, von denen ihr nicht vollkommen versichert seyd, daß sie nichts enthalten, was für ihre Unschuld gefährlich werden kann! Campe.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0081" n="82"/> es scheint fast ausgemacht zu seyn, daß sie zur Verschlimmerung der Sitten noch mehr beitragen, als diese. Sie würken länger fort; man kann sie überall leicht haben; man kann sich so oft und so lange man will mit ihnen unterhalten; sie reden allein, ohne daß man Gegeneinwendungen machen kann. Manches Böse läßt sich da durch viele scheinbare Gründe rechtfertigen, die<note xml:id="ID_08" prev="ID_07" place="foot" n="*)">geliefert hat, giebt es in den Geschichtsbüchern, den Poesien, den Reisebeschreibungen, den sonstigen Unterhaltungsbüchern – die Romane, liederlichen Gedichte und die Theaterstücke ungerechnet – höchstselten ein Buch, in welchem nicht wenigstens eine und die andere Stelle vorkäme, die für junge Seelen, besonders in Rücksicht des Wollusttriebes, Gift enthielte. Man lese z. B. einige der vortrefflichsten neuern Reisebeschreibungen, wie etwas die Hawkesworthsche, die eines reisenden Franzosen durch Deutschland u. a. m. und bemerke, wie oft da, ohne alle misbilligende Einkleidung, von Dingen die Rede ist, die eine junge Einbildungskraft nothwendig auf die gefährlichste Weise entzünden müssen: Eltern, die ihr dies selbst zu untersuchen weder Zeit noch Fähigkeit habt, glaubt doch erfahrnen Männern, die es gut mit euch und euren Kindern meinen, wenn sie euch die Gefahr einer solchen Lectüre schildern, und gebt nicht zu, daß eure Kinder Bücher lesen, von denen ihr nicht vollkommen versichert seyd, daß sie nichts enthalten, was für ihre Unschuld gefährlich werden kann! <p rendition="#right">Campe.</p></note> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [82/0081]
es scheint fast ausgemacht zu seyn, daß sie zur Verschlimmerung der Sitten noch mehr beitragen, als diese. Sie würken länger fort; man kann sie überall leicht haben; man kann sich so oft und so lange man will mit ihnen unterhalten; sie reden allein, ohne daß man Gegeneinwendungen machen kann. Manches Böse läßt sich da durch viele scheinbare Gründe rechtfertigen, die *)
*) geliefert hat, giebt es in den Geschichtsbüchern, den Poesien, den Reisebeschreibungen, den sonstigen Unterhaltungsbüchern – die Romane, liederlichen Gedichte und die Theaterstücke ungerechnet – höchstselten ein Buch, in welchem nicht wenigstens eine und die andere Stelle vorkäme, die für junge Seelen, besonders in Rücksicht des Wollusttriebes, Gift enthielte. Man lese z. B. einige der vortrefflichsten neuern Reisebeschreibungen, wie etwas die Hawkesworthsche, die eines reisenden Franzosen durch Deutschland u. a. m. und bemerke, wie oft da, ohne alle misbilligende Einkleidung, von Dingen die Rede ist, die eine junge Einbildungskraft nothwendig auf die gefährlichste Weise entzünden müssen: Eltern, die ihr dies selbst zu untersuchen weder Zeit noch Fähigkeit habt, glaubt doch erfahrnen Männern, die es gut mit euch und euren Kindern meinen, wenn sie euch die Gefahr einer solchen Lectüre schildern, und gebt nicht zu, daß eure Kinder Bücher lesen, von denen ihr nicht vollkommen versichert seyd, daß sie nichts enthalten, was für ihre Unschuld gefährlich werden kann! Campe.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/oest_kinder_1787 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/oest_kinder_1787/81 |
Zitationshilfe: | Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oest_kinder_1787/81>, abgerufen am 18.07.2024. |