Oest, Johann Friedrich: Nöthige Belehrung und Warnung für Jüngling und solche Knaben. In: Allgemeine Revision des gesammten Schul- und Erziehungswesens: von einer Gesellschaft practischer Erzieher, Bd. 6. Wolfenbüttel, 1787. S. 293-434das Uebel war schon so weit eingerissen, daß es nicht mehr zu heilen stand. Ein heftiger Krampf, der ihn vorher nur zu der Zeit, da er die schändliche Handlung vollzog, befallen und gleich hernach wieder aufgehört hatte, war ihm nunmehr zur Gewohnheit geworden und überfiel ihn öfters, ohne eine scheinbare Ursache, und auf eine so gewaltsame Art, daß er während der ganzen Zeit des Anfalls, welcher bisweilen funfzehn Stunden anhielt, in der Gegend des Nackens so grausame Schmerzen empfand, daß er nicht schrie, sondern brüllte, und zu derselben Zeit war es ihm unmöglich, das Geringste von Speise und Trank hinunterzuschlucken. Er kam völlig von Kräften, und da er zu nichts fähig und mit Elend überhäuft war: so lag er einige Monate fast ohne alle Hülfe da. Er war um so mehr zu beklagen, weil ein Ueberbleibsel von Gedächtniß, welches aber bald hernach völlig verschwand, ihm zu weiter nichts diente, als daß es ihm ohne Unterlaß die Ursachen seines Unglücks vorhielt, welches durch schreckliche Gewissensbisse vermehrt wurde. Jch erfuhr seinen Zustand und begab mich zu ihm, und da fand ich nicht sowol ein lebendiges Wesen, als vielmehr einen häßlichen Leichnam. Ausgemergelt, blaß, unreinlich lag er auf dem Stroh, das Uebel war schon so weit eingerissen, daß es nicht mehr zu heilen stand. Ein heftiger Krampf, der ihn vorher nur zu der Zeit, da er die schändliche Handlung vollzog, befallen und gleich hernach wieder aufgehört hatte, war ihm nunmehr zur Gewohnheit geworden und überfiel ihn öfters, ohne eine scheinbare Ursache, und auf eine so gewaltsame Art, daß er während der ganzen Zeit des Anfalls, welcher bisweilen funfzehn Stunden anhielt, in der Gegend des Nackens so grausame Schmerzen empfand, daß er nicht schrie, sondern brüllte, und zu derselben Zeit war es ihm unmöglich, das Geringste von Speise und Trank hinunterzuschlucken. Er kam völlig von Kräften, und da er zu nichts fähig und mit Elend überhäuft war: so lag er einige Monate fast ohne alle Hülfe da. Er war um so mehr zu beklagen, weil ein Ueberbleibsel von Gedächtniß, welches aber bald hernach völlig verschwand, ihm zu weiter nichts diente, als daß es ihm ohne Unterlaß die Ursachen seines Unglücks vorhielt, welches durch schreckliche Gewissensbisse vermehrt wurde. Jch erfuhr seinen Zustand und begab mich zu ihm, und da fand ich nicht sowol ein lebendiges Wesen, als vielmehr einen häßlichen Leichnam. Ausgemergelt, blaß, unreinlich lag er auf dem Stroh, <TEI> <text> <body> <div n="2"> <p><pb facs="#f0071" n="363"/> das Uebel war schon so weit eingerissen, daß es nicht mehr zu heilen stand. Ein heftiger Krampf, der ihn vorher nur zu der Zeit, da er die schändliche Handlung vollzog, befallen und gleich hernach wieder aufgehört hatte, war ihm nunmehr zur Gewohnheit geworden und überfiel ihn öfters, ohne eine scheinbare Ursache, und auf eine so gewaltsame Art, daß er während der ganzen Zeit des Anfalls, welcher bisweilen funfzehn Stunden anhielt, in der Gegend des Nackens so grausame Schmerzen empfand, daß er nicht schrie, sondern brüllte, und zu derselben Zeit war es ihm unmöglich, das Geringste von Speise und Trank hinunterzuschlucken. Er kam völlig von Kräften, und da er zu nichts fähig und mit Elend überhäuft war: so lag er einige Monate fast ohne alle Hülfe da. Er war um so mehr zu beklagen, weil ein Ueberbleibsel von Gedächtniß, welches aber bald hernach völlig verschwand, ihm zu weiter nichts diente, als daß es ihm ohne Unterlaß die Ursachen seines Unglücks vorhielt, welches durch schreckliche Gewissensbisse vermehrt wurde. Jch erfuhr seinen Zustand und begab mich zu ihm, und da fand ich nicht sowol ein lebendiges Wesen, als vielmehr einen häßlichen Leichnam. Ausgemergelt, blaß, unreinlich lag er auf dem Stroh, </p> </div> </body> </text> </TEI> [363/0071]
das Uebel war schon so weit eingerissen, daß es nicht mehr zu heilen stand. Ein heftiger Krampf, der ihn vorher nur zu der Zeit, da er die schändliche Handlung vollzog, befallen und gleich hernach wieder aufgehört hatte, war ihm nunmehr zur Gewohnheit geworden und überfiel ihn öfters, ohne eine scheinbare Ursache, und auf eine so gewaltsame Art, daß er während der ganzen Zeit des Anfalls, welcher bisweilen funfzehn Stunden anhielt, in der Gegend des Nackens so grausame Schmerzen empfand, daß er nicht schrie, sondern brüllte, und zu derselben Zeit war es ihm unmöglich, das Geringste von Speise und Trank hinunterzuschlucken. Er kam völlig von Kräften, und da er zu nichts fähig und mit Elend überhäuft war: so lag er einige Monate fast ohne alle Hülfe da. Er war um so mehr zu beklagen, weil ein Ueberbleibsel von Gedächtniß, welches aber bald hernach völlig verschwand, ihm zu weiter nichts diente, als daß es ihm ohne Unterlaß die Ursachen seines Unglücks vorhielt, welches durch schreckliche Gewissensbisse vermehrt wurde. Jch erfuhr seinen Zustand und begab mich zu ihm, und da fand ich nicht sowol ein lebendiges Wesen, als vielmehr einen häßlichen Leichnam. Ausgemergelt, blaß, unreinlich lag er auf dem Stroh,
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