porierten entgegengestellt werde und die Zusammensetzung des Ausschusses in diesem Sinne geschaffen werde. Auf eine Universität, wie Zürich, macht das eine Zweidrittel- mehrheit der Freien Studentenschaft gegenüber den Ver- tretern der Korporationen.
Diese Neuorganisation der Allgemeinen Studenten- ausschüsse, hervorgerufen durch die veränderten Zeitver- hältnisse ist der Jnhalt des Vertretungsprinzipes im en- gem Sinne der Freien Studentenschaft.
Die Freie Studentenschaft hat sich neben dieser - wir können sie nennen im Vergleich mit den Verhältnissen im modernen Rechtsstaat - politischen Aufgabe eine weitere, humanistische gestellt. Sie beruht auf der Bildungsidee.
Dadurch, daß seit etwa hundert Jahren die Wissen- schaft so enorme Fortschritte gemacht hat, drohen die Uni- versitäten in Fachschulen zu zerfallen und das Studium reines Fachstudium zu werden. Das alte Jdeal der Uni- versität ist, wie schon der Name universitas litterarum sagt, eine Vermittlung allgemeiner Bildung neben der An- eignung gründlicher Fachkenntnisse. Dieses humanistische Jdeal stellt die allerhöchsten Forderungen an den Men- schen; der Mensch soll Mensch sein (homo und humanus hängen zusammen); nicht nur Kenntnisse wissenschaftlicher Art genügen, nein, er soll sie auch in einen praktischen Zusammenhang mit seiner Zeit bringen; er soll diese Kennt- nisse zum Nutzen der Aufwärtsentwicklung seiner Gene- ration verwerten; er soll am Fortschritt mitarbeiten, ohne dabei einseitigen Radikalismus zu vertreten. Vom Aka- demiker verlangt man, daß er dem humanistischen Jdeal getreu und schöpferisch ins Leben eingreifend über dem Volksganzen stehe; daß er die Bestrebungen der einzelnen Jnteressentengruppen, die oft einander stark gegenüber- stehen, mit einander in Zusammenhang bringe, um das
porierten entgegengestellt werde und die Zusammensetzung des Ausschusses in diesem Sinne geschaffen werde. Auf eine Universität, wie Zürich, macht das eine Zweidrittel- mehrheit der Freien Studentenschaft gegenüber den Ver- tretern der Korporationen.
Diese Neuorganisation der Allgemeinen Studenten- ausschüsse, hervorgerufen durch die veränderten Zeitver- hältnisse ist der Jnhalt des Vertretungsprinzipes im en- gem Sinne der Freien Studentenschaft.
Die Freie Studentenschaft hat sich neben dieser – wir können sie nennen im Vergleich mit den Verhältnissen im modernen Rechtsstaat – politischen Aufgabe eine weitere, humanistische gestellt. Sie beruht auf der Bildungsidee.
Dadurch, daß seit etwa hundert Jahren die Wissen- schaft so enorme Fortschritte gemacht hat, drohen die Uni- versitäten in Fachschulen zu zerfallen und das Studium reines Fachstudium zu werden. Das alte Jdeal der Uni- versität ist, wie schon der Name universitas litterarum sagt, eine Vermittlung allgemeiner Bildung neben der An- eignung gründlicher Fachkenntnisse. Dieses humanistische Jdeal stellt die allerhöchsten Forderungen an den Men- schen; der Mensch soll Mensch sein (homo und humanus hängen zusammen); nicht nur Kenntnisse wissenschaftlicher Art genügen, nein, er soll sie auch in einen praktischen Zusammenhang mit seiner Zeit bringen; er soll diese Kennt- nisse zum Nutzen der Aufwärtsentwicklung seiner Gene- ration verwerten; er soll am Fortschritt mitarbeiten, ohne dabei einseitigen Radikalismus zu vertreten. Vom Aka- demiker verlangt man, daß er dem humanistischen Jdeal getreu und schöpferisch ins Leben eingreifend über dem Volksganzen stehe; daß er die Bestrebungen der einzelnen Jnteressentengruppen, die oft einander stark gegenüber- stehen, mit einander in Zusammenhang bringe, um das
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0027"n="28"/>
porierten entgegengestellt werde und die Zusammensetzung<lb/>
des Ausschusses in diesem Sinne geschaffen werde. Auf<lb/>
eine Universität, wie Zürich, macht das eine Zweidrittel-<lb/>
mehrheit der Freien Studentenschaft gegenüber den Ver-<lb/>
tretern der Korporationen.</p><lb/><p>Diese Neuorganisation der Allgemeinen Studenten-<lb/>
ausschüsse, hervorgerufen durch die veränderten Zeitver-<lb/>
hältnisse ist der Jnhalt des Vertretungsprinzipes im en-<lb/>
gem Sinne der Freien Studentenschaft.</p><lb/><p>Die Freie Studentenschaft hat sich neben dieser – wir<lb/>
können sie nennen im Vergleich mit den Verhältnissen im<lb/>
modernen Rechtsstaat – politischen Aufgabe eine weitere,<lb/>
humanistische gestellt. Sie beruht auf der Bildungsidee.</p><lb/><p>Dadurch, daß seit etwa hundert Jahren die Wissen-<lb/>
schaft so enorme Fortschritte gemacht hat, drohen die Uni-<lb/>
versitäten in Fachschulen zu zerfallen und das Studium<lb/>
reines Fachstudium zu werden. Das alte Jdeal der Uni-<lb/>
versität ist, wie schon der Name <hirendition="#aq">universitas litterarum</hi> sagt,<lb/>
eine Vermittlung allgemeiner Bildung neben der An-<lb/>
eignung gründlicher Fachkenntnisse. Dieses humanistische<lb/>
Jdeal stellt die allerhöchsten Forderungen an den Men-<lb/>
schen; der Mensch soll Mensch sein (<hirendition="#aq">homo</hi> und <hirendition="#aq">humanus</hi><lb/>
hängen zusammen); nicht nur Kenntnisse wissenschaftlicher<lb/>
Art genügen, nein, er soll sie auch in einen praktischen<lb/>
Zusammenhang mit seiner Zeit bringen; er soll diese Kennt-<lb/>
nisse zum Nutzen der Aufwärtsentwicklung seiner Gene-<lb/>
ration verwerten; er soll am Fortschritt mitarbeiten, ohne<lb/>
dabei einseitigen Radikalismus zu vertreten. Vom Aka-<lb/>
demiker verlangt man, daß er dem humanistischen Jdeal<lb/>
getreu und schöpferisch ins Leben eingreifend über dem<lb/>
Volksganzen stehe; daß er die Bestrebungen der einzelnen<lb/>
Jnteressentengruppen, die oft einander stark gegenüber-<lb/>
stehen, mit einander in Zusammenhang bringe, um das<lb/></p></div></body></text></TEI>
[28/0027]
porierten entgegengestellt werde und die Zusammensetzung
des Ausschusses in diesem Sinne geschaffen werde. Auf
eine Universität, wie Zürich, macht das eine Zweidrittel-
mehrheit der Freien Studentenschaft gegenüber den Ver-
tretern der Korporationen.
Diese Neuorganisation der Allgemeinen Studenten-
ausschüsse, hervorgerufen durch die veränderten Zeitver-
hältnisse ist der Jnhalt des Vertretungsprinzipes im en-
gem Sinne der Freien Studentenschaft.
Die Freie Studentenschaft hat sich neben dieser – wir
können sie nennen im Vergleich mit den Verhältnissen im
modernen Rechtsstaat – politischen Aufgabe eine weitere,
humanistische gestellt. Sie beruht auf der Bildungsidee.
Dadurch, daß seit etwa hundert Jahren die Wissen-
schaft so enorme Fortschritte gemacht hat, drohen die Uni-
versitäten in Fachschulen zu zerfallen und das Studium
reines Fachstudium zu werden. Das alte Jdeal der Uni-
versität ist, wie schon der Name universitas litterarum sagt,
eine Vermittlung allgemeiner Bildung neben der An-
eignung gründlicher Fachkenntnisse. Dieses humanistische
Jdeal stellt die allerhöchsten Forderungen an den Men-
schen; der Mensch soll Mensch sein (homo und humanus
hängen zusammen); nicht nur Kenntnisse wissenschaftlicher
Art genügen, nein, er soll sie auch in einen praktischen
Zusammenhang mit seiner Zeit bringen; er soll diese Kennt-
nisse zum Nutzen der Aufwärtsentwicklung seiner Gene-
ration verwerten; er soll am Fortschritt mitarbeiten, ohne
dabei einseitigen Radikalismus zu vertreten. Vom Aka-
demiker verlangt man, daß er dem humanistischen Jdeal
getreu und schöpferisch ins Leben eingreifend über dem
Volksganzen stehe; daß er die Bestrebungen der einzelnen
Jnteressentengruppen, die oft einander stark gegenüber-
stehen, mit einander in Zusammenhang bringe, um das
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Frauenstudium, betreut von Andreas Neumann und Anna Pfundt, FSU Jena
und JLU Gießen : Bereitstellung der
Texttranskription.
(2022-08-08T09:56:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle
Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand
zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen
muss.
Anna Pfundt, Dennis Dietrich: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2022-08-08T09:56:42Z)
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: gekennzeichnet; fremdsprachliches
Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in
Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe;
Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen:
keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert:
ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit
übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung:
wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;
Ohr, Julie: Die Studentin der Gegenwart. München-Gern, 1909, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ohr_studentin_1909/27>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.