Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Oken, Lorenz: Abriß des Systems der Biologie. Göttingen, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Wenn nun die Mathesis und die Natur
Gleichbilder sind, so müssen auch in die-
ser dieselben Grundfunctionen herrschen,
welche in jener das centrale Ordnungs-
princip aller Nebenfiguren ausmachen.
Kennen wir daher die Hauptabschnitte,
die Grundactionen, die Centralpfeiler der
Mathesis in Zahl und Qualität, so wissen
wir bestimmt, dass dieselbe Zahl und Qua-
lität von Grundactionen, Hauptabschnitten,
in der Natur sich wiederfinden müsse.

Pythagoras hat zuerst die Gleichheit
der Mathesis mit der Natur angeschaut,
er hat zuerst zu den Grundfiguren jener
die Grundelemente dieser aufgesucht, und
die Pyramide als den geistigen Ausdruck
des Feuers, das Oktaeder der Luft, das
Ikosaeder des Wassers, und den Kubus als
den der Erde bestimmt.

Wer zu Pythagoras Zeiten eine ge-
troffene und vollständige Aufzeigung der
Gleichheiten der Natur und der Mathesis
verlangte, zu einer Zeit wo er selbst sei-
nen Lehrsaz entdeken musste, würde
sich selbst nicht verstehen.

Es

Wenn nun die Matheſis und die Natur
Gleichbilder ſind, ſo müſſen auch in die-
ser dieselben Grundfunctionen herrschen,
welche in jener das centrale Ordnungs-
princip aller Nebenfiguren ausmachen.
Kennen wir daher die Hauptabschnitte,
die Grundactionen, die Centralpfeiler der
Matheſis in Zahl und Qualität, so wiſſen
wir beſtimmt, daſs dieselbe Zahl und Qua-
lität von Grundactionen, Hauptabschnitten,
in der Natur ſich wiederfinden müſſe.

Pythagoras hat zuerſt die Gleichheit
der Matheſis mit der Natur angeschaut,
er hat zuerſt zu den Grundfiguren jener
die Grundelemente dieser aufgesucht, und
die Pyramide als den geiſtigen Ausdruck
des Feuers, das Oktaeder der Luft, das
Ikosaeder des Waſſers, und den Kubus als
den der Erde beſtimmt.

Wer zu Pythagoras Zeiten eine ge-
troffene und vollſtändige Aufzeigung der
Gleichheiten der Natur und der Matheſis
verlangte, zu einer Zeit wo er selbſt sei-
nen Lehrsaz entdeken muſste, würde
ſich selbſt nicht verſtehen.

Es
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0020" n="2"/>
        <p>Wenn nun die Mathe&#x017F;is und die Natur<lb/>
Gleichbilder &#x017F;ind, &#x017F;o mü&#x017F;&#x017F;en auch in die-<lb/>
ser dieselben Grundfunctionen herrschen,<lb/>
welche in jener das centrale Ordnungs-<lb/>
princip aller Nebenfiguren ausmachen.<lb/>
Kennen wir daher die Hauptabschnitte,<lb/>
die Grundactionen, die Centralpfeiler der<lb/>
Mathe&#x017F;is in Zahl und Qualität, so wi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
wir be&#x017F;timmt, da&#x017F;s dieselbe Zahl und Qua-<lb/>
lität von Grundactionen, Hauptabschnitten,<lb/>
in der Natur &#x017F;ich wiederfinden mü&#x017F;&#x017F;e.</p><lb/>
        <p>Pythagoras hat zuer&#x017F;t die Gleichheit<lb/>
der Mathe&#x017F;is mit der Natur angeschaut,<lb/>
er hat zuer&#x017F;t zu den Grundfiguren jener<lb/>
die Grundelemente dieser aufgesucht, und<lb/>
die Pyramide als den gei&#x017F;tigen Ausdruck<lb/>
des Feuers, das Oktaeder der Luft, das<lb/>
Ikosaeder des Wa&#x017F;&#x017F;ers, und den Kubus als<lb/>
den der Erde be&#x017F;timmt.</p><lb/>
        <p>Wer zu Pythagoras Zeiten eine ge-<lb/>
troffene und voll&#x017F;tändige Aufzeigung der<lb/>
Gleichheiten der Natur und der Mathe&#x017F;is<lb/>
verlangte, zu einer Zeit wo er selb&#x017F;t sei-<lb/>
nen Lehrsaz entdeken mu&#x017F;ste, würde<lb/>
&#x017F;ich selb&#x017F;t nicht ver&#x017F;tehen.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Es</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[2/0020] Wenn nun die Matheſis und die Natur Gleichbilder ſind, ſo müſſen auch in die- ser dieselben Grundfunctionen herrschen, welche in jener das centrale Ordnungs- princip aller Nebenfiguren ausmachen. Kennen wir daher die Hauptabschnitte, die Grundactionen, die Centralpfeiler der Matheſis in Zahl und Qualität, so wiſſen wir beſtimmt, daſs dieselbe Zahl und Qua- lität von Grundactionen, Hauptabschnitten, in der Natur ſich wiederfinden müſſe. Pythagoras hat zuerſt die Gleichheit der Matheſis mit der Natur angeschaut, er hat zuerſt zu den Grundfiguren jener die Grundelemente dieser aufgesucht, und die Pyramide als den geiſtigen Ausdruck des Feuers, das Oktaeder der Luft, das Ikosaeder des Waſſers, und den Kubus als den der Erde beſtimmt. Wer zu Pythagoras Zeiten eine ge- troffene und vollſtändige Aufzeigung der Gleichheiten der Natur und der Matheſis verlangte, zu einer Zeit wo er selbſt sei- nen Lehrsaz entdeken muſste, würde ſich selbſt nicht verſtehen. Es

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/oken_biologie_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/oken_biologie_1805/20
Zitationshilfe: Oken, Lorenz: Abriß des Systems der Biologie. Göttingen, 1805, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oken_biologie_1805/20>, abgerufen am 21.11.2024.