Olearius, Adam: Offt begehrte Beschreibung Der Newen Orientalischen Rejse. Schleswig, 1647.Newe Persianische oder Münch 4. Wochen vnd drüber alle Tage/ der Morgens vnndRussen gleu- ben kein Fe- gefeur.Nachmittage etliche Psalmen Davids lesen. Dann ob zwar die Rus- sen nichts halten vom Fegefeur/ halten sie doch darfür/ das zwey ge- wisse örter seynd/ wohin die Seelen der verstorbenen kommen/ da Sie des jüngsten Tages/ vnd der wiederbringung jhrer Leiber erwarten; Die Frommen zwar in Geselschafft der H. Engel im Himmel/ die Gottlosen aber in einem finstern Thal/ vnter die böse Geister. für die See- len der Ver- storbenen bit- ten lassen. Daher vermeinen Sie das die Seele/ wenn sie außfahre/ vnd gleichsam Sie parentiren oder begehen auch das Gedächtniß der Todten eiu
Newe Perſianiſche oder Muͤnch 4. Wochen vnd druͤber alle Tage/ der Morgens vnndRuſſen gleu- ben kein Fe- gefeur.Nachmittage etliche Pſalmen Davids leſen. Dann ob zwar die Ruſ- ſen nichts halten vom Fegefeur/ halten ſie doch darfuͤr/ das zwey ge- wiſſe oͤrter ſeynd/ wohin die Seelen der verſtorbenen kommen/ da Sie des juͤngſten Tages/ vnd der wiederbringung jhrer Leiber erwarten; Die Frommen zwar in Geſelſchafft der H. Engel im Himmel/ die Gottloſen aber in einem finſtern Thal/ vnter die boͤſe Geiſter. fuͤr die See- len der Ver- ſtorbenen bit- ten laſſen. Daher vermeinen Sie das die Seele/ weñ ſie außfahre/ vñ gleichſam Sie parentiren oder begehen auch das Gedaͤchtniß der Todten eiu
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Newe Perſianiſche
oder Muͤnch 4. Wochen vnd druͤber alle Tage/ der Morgens vnnd
Nachmittage etliche Pſalmen Davids leſen. Dann ob zwar die Ruſ-
ſen nichts halten vom Fegefeur/ halten ſie doch darfuͤr/ das zwey ge-
wiſſe oͤrter ſeynd/ wohin die Seelen der verſtorbenen kommen/ da Sie
des juͤngſten Tages/ vnd der wiederbringung jhrer Leiber erwarten;
Die Frommen zwar in Geſelſchafft der H. Engel im Himmel/ die
Gottloſen aber in einem finſtern Thal/ vnter die boͤſe Geiſter.
Ruſſen gleu-
ben kein Fe-
gefeur.
Daher vermeinen Sie das die Seele/ weñ ſie außfahre/ vñ gleichſam
auff der Reiſe zum andern Leben begrieffen/ durch fleiſſig Gebet vnd
Vorbitte jhres geweſenen Beichtvaters vnd andererer Popen auff die
rechte Bahn zur Freuden koͤnne gebracht/ vnd zur Gemeinſchafft der
Heiligen auffgenommen werden. Oder da ſie ja zur Lincken in das
Angſt Thal gegangen wehre/ dennoch Gott durch die Meß Opffer
vnd Gebet erweichet vnd erbetten wurde/ daß Er ſeinen Zorn wieder
Sie fallen lieſſe/ vnd jhnen am groſſen Gerichtstage deſto gnaͤdiger er-
ſcheinen moͤchte.
Sie parentiren oder begehen auch das Gedaͤchtniß der Todten
jaͤhrlich mit einem Convivio, an dem Tage/ an welchem ſie geſtorben/
ſonderlich wenn Er eine fuͤrnehme Standes Perſone geweſen. Et-
liche gehen zu gewiſſen Zeiten auff die Graͤber jhrer Freunde/ beklagen
die Todten/ vnd thun eben ſolche Fragen an Sie/ wie obgemeldet.
Warumb Er doch geſtorben ꝛc. Solche Begaͤngniſſe haben wir
an vnterſchiedlichen Orten/ ſonderlich aber zur Narve am H. Pfingſt-
abend in groſſer Verſamblung geſehen. Es war der Gottes-Acker
voll Weiber/ welche auff die Graͤber vnd Grabſteine der jhrigen/
ſo theils vor 5. vnd mehr Jahren begraben geweſen/ ſchoͤne bunte
Schnuptuͤcher außbreiteten/ vnd eine Schuͤſſel/ auff welcher drey oder
4. lange Pfankuchen/ Pyrogen/ etliche droͤge Fiſche vnnd gefaͤrbte
Eyer auffſatzten. Etliche ſtunden/ etliche ſaſſen auff den Knien/ et-
liehe hatten ſich gar uͤber die Graͤber geſtrecket/ heulten vnd ſchrien mit
vollem Halſe/ vnd zwar einen gewiſſen Thon: Sie kunten ſich ſo
klaͤglich anſtellen/ als wenn der Todte denſelben Tag erſt wehre be-
graben worden. Weil aber ſolch Trauren/ vnd Weheklagen nicht
auß ſeinem rechten Brunnen herfloſſe/ ſondern nur im Munde gewach-
ſen vnd in euſſerlichen Geberden beſtunde/ kunte es von einem jeglichen
objecto leicht interrumpiret vnd zerſtoͤret werden. Dann wenn ſie
die fuͤruͤber-gehende anſahen/ vergaſſen Sie das Klagen/ redeten
froͤlich vnd lacheten jhnen bißweilen zu; fiengen darauff wieder an ſich
klaͤglich zuerheben. Eine junge Fraw ſol damals/ wie vns andere be-
richteten/ vnter andeꝛn klagen uͤber jhren verſtorbenen Mann auch dieſe
gefuͤhret haben: Ach! biſtu etwa darumb geſtorben/ daß ich dir nicht
ſchoͤn genug war? Jch hatte mich ja alle Tage geſchmincket. Dann
das ſchmincken geſchiehet bey jhnen oͤffentlich/ vnd faſt bey allen/ wie
p. 137. geſaget worden. Der Pope gieng mit zweyen Dienern/ hatte
eiu
Das bewei-
nen der Tod-
ten zur Naꝛve.
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