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Olearius, Adam: Offt begehrte Beschreibung Der Newen Orientalischen Rejse. Schleswig, 1647.

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Ander Theil der Persianischen
Darumb wenn einer des andern Thun oder Reden in Zweiffel ziehet/
verweiset Er jhn alsbald dahin vnd spricht: Schahe Sade Hossein,
pile Mufef?
ist die meinung: Kanstu das bekrefftigen bey dieses hei-
ligen Grabe vnd dem grossen Alcoran?

Mestzid in
Caswin.

Sonst seynd in der Stadt noch bey 50. Mestziden oder Kirchen/
in welche sie täglich zubeten kommen/ vnter denen die fürnembste Tza-
me Mestzid,
nicht weit vom Maidan nach Süden/ in welcher sie sich
des Feirtages versamlen. Man findet auch allhier sehr viel wolge-
bauete Carwansern für die frembden Kauffleute/ wie auch viel allge-
meine Badestuben/ welche täglich gebraucht werden.

Hinter des Königes Palat vnd Garten/ ist eine alte verfallene
Hamam
Charabe.
Badestube/ welche sie auch daher Hamam Charabe nennen/ Von
selbiger wolten sie folgende Historie für gewisse außgeben: Es sol
vorzeiten zu Caswin ein fürtrefflicher Medicus, des Namens Lokh-
man,
von Geburt ein schwartzer Araber/ gewohnet haben/ welchen die
Perser nicht allein der Medicin, worvon er viel Bücher geschrieben/
sondern auch seines fürtrefflichen Verstandes halber nicht gnug zu-
rühmen wissen. Daher sie jhn auch in jhr Kulustahn vnd Sprich-
wörter mitgezogen. Worvon vnter andern dieses:

Lokhman Hakimra Kuftend; Aedeb es ki amuchti?
Kust: es biedbahn. Her tze ischan kerdend, men per-
his kerdem.

Man hat Lochman/ den Medicum gefraget/ woher Er seine
Weißheit bekommen? Er hat geantwortet: Von den vngelerten vnd
vngeschickten. Dann alles was dieselbe gethan/ hette er gemeidet.

Dieser/ sagen sie/ da Er/ als ein alter Mann auff seinem Siech-
Historia von
Lokhman
Medico.
bette gemercket/ daß sein Ende verhanden/ hat seinem Sohne drey Glä-
ser voll köstliches von jhm selbst zugerichtetes Wassers fest verwahret
gegeben/ mit dem Bericht/ daß man durch dasselbe in einen verstorbe-
nen Leib/ so ferne Er nicht bereit zufanlen angefangen/ das Leben wie-
der bringen konte; Wenn man nemblich mit dem ersten Wasser den
Todten begösß/ solte derselbe wieder Ohtem holen vnd sich regen/ mit
dem andern sich auffrichten/ mit dein dritten aber gar auffstehen/ ge-
hen vnd also sein Leben vollig wieder bekommen. Es were zwar Sün-
de/ daß ein Mensche dessen/ was Gott alleine zukomme/ nemblich
Todten aufferwecken/ sich vnterfangen wolte/ darumb Er solch Kunst-
stück nicht offt zu practiciren, sondern Kunsthalber/ vnd im Nothfall
zuerfahren was die Natur in diesem Fall vermöchte/ jhm wolte an-
befohlen haben. Der Sohn wil diß Kunststück an seinem alten ver-
storbenen Vater/ weil der gesaget daß es Sünde were/ nicht probiren/
sondern als Er einsmals selbsten Kranck wird/ befiehlt Er seinem Die-
ner/ den Wunder-Proceß mit jhm/ wenn er wurde gestorben seyn
vor zunehmen/ vnd seinen todten-Cörper in einer warmen Badestuben
mit dem Wasser zubegiessen. Als Lokhman Sade stirbt/ wil der Die-

ner

Ander Theil der Perſianiſchen
Darumb wenn einer des andern Thun oder Reden in Zweiffel ziehet/
verweiſet Er jhn alsbald dahin vnd ſpricht: Schahe Sade Hoſſein,
pile Mufef?
iſt die meinung: Kanſtu das bekrefftigen bey dieſes hei-
ligen Grabe vnd dem groſſen Alcoran?

Mestzid in
Caswin.

Sonſt ſeynd in der Stadt noch bey 50. Mestziden oder Kirchen/
in welche ſie taͤglich zubeten kommen/ vnter denen die fuͤrnembſte Tza-
me Mestzid,
nicht weit vom Maidan nach Suͤden/ in welcher ſie ſich
des Feirtages verſamlen. Man findet auch allhier ſehr viel wolge-
bauete Carwanſern fuͤr die frembden Kauffleute/ wie auch viel allge-
meine Badeſtuben/ welche taͤglich gebraucht werden.

Hinter des Koͤniges Palat vnd Garten/ iſt eine alte verfallene
Hamam
Charabe.
Badeſtube/ welche ſie auch daher Hamam Charabe nennen/ Von
ſelbiger wolten ſie folgende Hiſtorie fuͤr gewiſſe außgeben: Es ſol
vorzeiten zu Caswin ein fuͤrtrefflicher Medicus, des Namens Lokh-
man,
von Geburt ein ſchwartzer Araber/ gewohnet haben/ welchen die
Perſer nicht allein der Medicin, worvon er viel Buͤcher geſchrieben/
ſondern auch ſeines fuͤrtrefflichen Verſtandes halber nicht gnug zu-
ruͤhmen wiſſen. Daher ſie jhn auch in jhr Kuluſtahn vnd Sprich-
woͤrter mitgezogen. Worvon vnter andern dieſes:

Lokhman Hakimra Kuftend; Aedeb es ki amuchti?
Kuſt: es biedbahn. Her tze iſchan kerdend, men per-
his kerdem.

Man hat Lochman/ den Medicum gefraget/ woher Er ſeine
Weißheit bekommen? Er hat geantwortet: Von den vngelerten vnd
vngeſchickten. Dann alles was dieſelbe gethan/ hette er gemeidet.

Dieſer/ ſagen ſie/ da Er/ als ein alter Mann auff ſeinem Siech-
Hiſtoria von
Lokhman
Medico.
bette gemercket/ daß ſein Ende verhanden/ hat ſeinem Sohne drey Glaͤ-
ſer voll koͤſtliches von jhm ſelbſt zugerichtetes Waſſers feſt verwahret
gegeben/ mit dem Bericht/ daß man durch daſſelbe in einen verſtorbe-
nen Leib/ ſo ferne Er nicht bereit zufanlen angefangen/ das Leben wie-
der bringen konte; Wenn man nemblich mit dem erſten Waſſer den
Todten begoͤſß/ ſolte derſelbe wieder Ohtem holen vnd ſich regen/ mit
dem andern ſich auffrichten/ mit dein dritten aber gar auffſtehen/ ge-
hen vnd alſo ſein Leben vollig wieder bekommen. Es were zwar Suͤn-
de/ daß ein Menſche deſſen/ was Gott alleine zukomme/ nemblich
Todten aufferwecken/ ſich vnterfangen wolte/ darumb Er ſolch Kunſt-
ſtuͤck nicht offt zu practiciren, ſondern Kunſthalber/ vnd im Nothfall
zuerfahren was die Natur in dieſem Fall vermoͤchte/ jhm wolte an-
befohlen haben. Der Sohn wil diß Kunſtſtuͤck an ſeinem alten ver-
ſtorbenen Vater/ weil der geſaget daß es Suͤnde were/ nicht probiren/
ſondern als Er einsmals ſelbſten Kranck wird/ befiehlt Er ſeinem Die-
ner/ den Wunder-Proceß mit jhm/ wenn er wurde geſtorben ſeyn
vor zunehmen/ vnd ſeinen todten-Coͤrper in einer warmen Badeſtuben
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[360/0406] Ander Theil der Perſianiſchen Darumb wenn einer des andern Thun oder Reden in Zweiffel ziehet/ verweiſet Er jhn alsbald dahin vnd ſpricht: Schahe Sade Hoſſein, pile Mufef? iſt die meinung: Kanſtu das bekrefftigen bey dieſes hei- ligen Grabe vnd dem groſſen Alcoran? Sonſt ſeynd in der Stadt noch bey 50. Mestziden oder Kirchen/ in welche ſie taͤglich zubeten kommen/ vnter denen die fuͤrnembſte Tza- me Mestzid, nicht weit vom Maidan nach Suͤden/ in welcher ſie ſich des Feirtages verſamlen. Man findet auch allhier ſehr viel wolge- bauete Carwanſern fuͤr die frembden Kauffleute/ wie auch viel allge- meine Badeſtuben/ welche taͤglich gebraucht werden. Hinter des Koͤniges Palat vnd Garten/ iſt eine alte verfallene Badeſtube/ welche ſie auch daher Hamam Charabe nennen/ Von ſelbiger wolten ſie folgende Hiſtorie fuͤr gewiſſe außgeben: Es ſol vorzeiten zu Caswin ein fuͤrtrefflicher Medicus, des Namens Lokh- man, von Geburt ein ſchwartzer Araber/ gewohnet haben/ welchen die Perſer nicht allein der Medicin, worvon er viel Buͤcher geſchrieben/ ſondern auch ſeines fuͤrtrefflichen Verſtandes halber nicht gnug zu- ruͤhmen wiſſen. Daher ſie jhn auch in jhr Kuluſtahn vnd Sprich- woͤrter mitgezogen. Worvon vnter andern dieſes: Hamam Charabe. Lokhman Hakimra Kuftend; Aedeb es ki amuchti? Kuſt: es biedbahn. Her tze iſchan kerdend, men per- his kerdem. Man hat Lochman/ den Medicum gefraget/ woher Er ſeine Weißheit bekommen? Er hat geantwortet: Von den vngelerten vnd vngeſchickten. Dann alles was dieſelbe gethan/ hette er gemeidet. Dieſer/ ſagen ſie/ da Er/ als ein alter Mann auff ſeinem Siech- bette gemercket/ daß ſein Ende verhanden/ hat ſeinem Sohne drey Glaͤ- ſer voll koͤſtliches von jhm ſelbſt zugerichtetes Waſſers feſt verwahret gegeben/ mit dem Bericht/ daß man durch daſſelbe in einen verſtorbe- nen Leib/ ſo ferne Er nicht bereit zufanlen angefangen/ das Leben wie- der bringen konte; Wenn man nemblich mit dem erſten Waſſer den Todten begoͤſß/ ſolte derſelbe wieder Ohtem holen vnd ſich regen/ mit dem andern ſich auffrichten/ mit dein dritten aber gar auffſtehen/ ge- hen vnd alſo ſein Leben vollig wieder bekommen. Es were zwar Suͤn- de/ daß ein Menſche deſſen/ was Gott alleine zukomme/ nemblich Todten aufferwecken/ ſich vnterfangen wolte/ darumb Er ſolch Kunſt- ſtuͤck nicht offt zu practiciren, ſondern Kunſthalber/ vnd im Nothfall zuerfahren was die Natur in dieſem Fall vermoͤchte/ jhm wolte an- befohlen haben. Der Sohn wil diß Kunſtſtuͤck an ſeinem alten ver- ſtorbenen Vater/ weil der geſaget daß es Suͤnde were/ nicht probiren/ ſondern als Er einsmals ſelbſten Kranck wird/ befiehlt Er ſeinem Die- ner/ den Wunder-Proceß mit jhm/ wenn er wurde geſtorben ſeyn vor zunehmen/ vnd ſeinen todten-Coͤrper in einer warmen Badeſtuben mit dem Waſſer zubegieſſen. Als Lokhman Sade ſtirbt/ wil der Die- ner Hiſtoria von Lokhman Medico.

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Zitationshilfe: Olearius, Adam: Offt begehrte Beschreibung Der Newen Orientalischen Rejse. Schleswig, 1647. , S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/olearius_reise_1647/406>, abgerufen am 22.11.2024.