Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849.

Bild:
<< vorherige Seite

man müsse bedächtig zu Werke gehen, nicht zu viel ver-
langen und zu erstreben suchen wenn man wirken wolle;
da dacht' ich nun, es sei besser auf den Rath dieser er-
fahrenen Leute zu hören, als meinen eigenen Gefühlen
blindlings zu vertrauen -- und ich meinte recht zu han-
deln, wenn ich sie niederkämpfte, es ist mir oft schwer
genug geworden!"

"Nein und tausendmal nein!" rief Johannes, "nur
keinen Kampf mit dem Feuer unsrer eignen Jugend, das
für das Edelste glüht in der Liebe zur Menschheit! --
Ehren wir die Erfahrung und Bedachtsamkeit des Al-
ters -- aber sollten alle Menschen so sein, so würden sie
alt geboren! Das wußte der Schöpfer wohl so einzurich-
ten. Er hat uns diese Jugendgluth gegeben, wir wollen
sie verwenden in seinem Dienst, indem wir sie seinen Ge-
schöpfen, den Menschen widmen. Wir lassen dem Alter
sein Alter, mag es auch der Jugend ihre Jugend lassen!
-- Nun ich denke wir sind einig", fügte er ruhiger hinzu,
indem er die Hand des Schullehrers schüttelte "und um
ein einiges thatkräftiges Wirken für unsre Brüder, für
diese ganze Gemeinde!"

Eben begann es Abend zu läuten, wie die beiden jun-
gen Männer so da standen -- es war als wollten ih-
rem Bund auch die feierlichen Glocken ihre Weihe geben.

Laura war auch in den Garten gekommen, die Bei-

man muͤſſe bedaͤchtig zu Werke gehen, nicht zu viel ver-
langen und zu erſtreben ſuchen wenn man wirken wolle;
da dacht’ ich nun, es ſei beſſer auf den Rath dieſer er-
fahrenen Leute zu hoͤren, als meinen eigenen Gefuͤhlen
blindlings zu vertrauen — und ich meinte recht zu han-
deln, wenn ich ſie niederkaͤmpfte, es iſt mir oft ſchwer
genug geworden!“

„Nein und tauſendmal nein!“ rief Johannes, „nur
keinen Kampf mit dem Feuer unſrer eignen Jugend, das
fuͤr das Edelſte gluͤht in der Liebe zur Menſchheit! —
Ehren wir die Erfahrung und Bedachtſamkeit des Al-
ters — aber ſollten alle Menſchen ſo ſein, ſo wuͤrden ſie
alt geboren! Das wußte der Schoͤpfer wohl ſo einzurich-
ten. Er hat uns dieſe Jugendgluth gegeben, wir wollen
ſie verwenden in ſeinem Dienſt, indem wir ſie ſeinen Ge-
ſchoͤpfen, den Menſchen widmen. Wir laſſen dem Alter
ſein Alter, mag es auch der Jugend ihre Jugend laſſen!
— Nun ich denke wir ſind einig“, fuͤgte er ruhiger hinzu,
indem er die Hand des Schullehrers ſchuͤttelte „und um
ein einiges thatkraͤftiges Wirken fuͤr unſre Bruͤder, fuͤr
dieſe ganze Gemeinde!“

Eben begann es Abend zu laͤuten, wie die beiden jun-
gen Maͤnner ſo da ſtanden — es war als wollten ih-
rem Bund auch die feierlichen Glocken ihre Weihe geben.

Laura war auch in den Garten gekommen, die Bei-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0118" n="110"/>
man mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e beda&#x0364;chtig zu Werke gehen, nicht zu viel ver-<lb/>
langen und zu er&#x017F;treben &#x017F;uchen wenn man wirken wolle;<lb/>
da dacht&#x2019; ich nun, es &#x017F;ei be&#x017F;&#x017F;er auf den Rath die&#x017F;er er-<lb/>
fahrenen Leute zu ho&#x0364;ren, als meinen eigenen Gefu&#x0364;hlen<lb/>
blindlings zu vertrauen &#x2014; und ich meinte recht zu han-<lb/>
deln, wenn ich &#x017F;ie niederka&#x0364;mpfte, es i&#x017F;t mir oft &#x017F;chwer<lb/>
genug geworden!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nein und tau&#x017F;endmal nein!&#x201C; rief Johannes, &#x201E;nur<lb/>
keinen Kampf mit dem Feuer un&#x017F;rer eignen Jugend, das<lb/>
fu&#x0364;r das Edel&#x017F;te glu&#x0364;ht in der Liebe zur Men&#x017F;chheit! &#x2014;<lb/>
Ehren wir die Erfahrung und Bedacht&#x017F;amkeit des Al-<lb/>
ters &#x2014; aber &#x017F;ollten alle Men&#x017F;chen &#x017F;o &#x017F;ein, &#x017F;o wu&#x0364;rden &#x017F;ie<lb/>
alt geboren! Das wußte der Scho&#x0364;pfer wohl &#x017F;o einzurich-<lb/>
ten. Er hat uns die&#x017F;e Jugendgluth gegeben, wir wollen<lb/>
&#x017F;ie verwenden in &#x017F;einem Dien&#x017F;t, indem wir &#x017F;ie &#x017F;einen Ge-<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;pfen, den Men&#x017F;chen widmen. Wir la&#x017F;&#x017F;en dem Alter<lb/>
&#x017F;ein Alter, mag es auch der Jugend ihre Jugend la&#x017F;&#x017F;en!<lb/>
&#x2014; Nun ich denke wir &#x017F;ind einig&#x201C;, fu&#x0364;gte er ruhiger hinzu,<lb/>
indem er die Hand des Schullehrers &#x017F;chu&#x0364;ttelte &#x201E;und um<lb/>
ein einiges thatkra&#x0364;ftiges Wirken fu&#x0364;r un&#x017F;re Bru&#x0364;der, fu&#x0364;r<lb/>
die&#x017F;e ganze Gemeinde!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Eben begann es Abend zu la&#x0364;uten, wie die beiden jun-<lb/>
gen Ma&#x0364;nner &#x017F;o da &#x017F;tanden &#x2014; es war als wollten ih-<lb/>
rem Bund auch die feierlichen Glocken ihre Weihe geben.</p><lb/>
        <p>Laura war auch in den Garten gekommen, die Bei-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[110/0118] man muͤſſe bedaͤchtig zu Werke gehen, nicht zu viel ver- langen und zu erſtreben ſuchen wenn man wirken wolle; da dacht’ ich nun, es ſei beſſer auf den Rath dieſer er- fahrenen Leute zu hoͤren, als meinen eigenen Gefuͤhlen blindlings zu vertrauen — und ich meinte recht zu han- deln, wenn ich ſie niederkaͤmpfte, es iſt mir oft ſchwer genug geworden!“ „Nein und tauſendmal nein!“ rief Johannes, „nur keinen Kampf mit dem Feuer unſrer eignen Jugend, das fuͤr das Edelſte gluͤht in der Liebe zur Menſchheit! — Ehren wir die Erfahrung und Bedachtſamkeit des Al- ters — aber ſollten alle Menſchen ſo ſein, ſo wuͤrden ſie alt geboren! Das wußte der Schoͤpfer wohl ſo einzurich- ten. Er hat uns dieſe Jugendgluth gegeben, wir wollen ſie verwenden in ſeinem Dienſt, indem wir ſie ſeinen Ge- ſchoͤpfen, den Menſchen widmen. Wir laſſen dem Alter ſein Alter, mag es auch der Jugend ihre Jugend laſſen! — Nun ich denke wir ſind einig“, fuͤgte er ruhiger hinzu, indem er die Hand des Schullehrers ſchuͤttelte „und um ein einiges thatkraͤftiges Wirken fuͤr unſre Bruͤder, fuͤr dieſe ganze Gemeinde!“ Eben begann es Abend zu laͤuten, wie die beiden jun- gen Maͤnner ſo da ſtanden — es war als wollten ih- rem Bund auch die feierlichen Glocken ihre Weihe geben. Laura war auch in den Garten gekommen, die Bei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/118
Zitationshilfe: Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/118>, abgerufen am 04.12.2024.