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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849.

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Nichts auf seine Worte geben. Da war er auch zu
stolz dazu.

Warum aber weinte denn auch Suschen und ging
jetzt immer an das Grab ihrer Mutter, die sie wohl im-
mer in Ehren gehalten und ihr Andenken in treuer Liebe
bewahrt hatte, die aber doch schon lange unter diesem
Hügel schlief, an dem die Tochter trauernd stand, wie
wenn's eben ein ganz frischer wäre? Suschen wußt' es
selbst nicht recht, sie konnt's nicht sagen -- darum gerade
ging sie hierher, weil sie dachte, ihre selige Mutter werde
sie auch schon ohne Worte verstehen und sie könne sich
hier still ausweinen, ohne erst auf die quälende Frage:
was fehlt Dir? Rechenschaft von Etwas geben zu müs-
sen, wofür sie gleichwohl keine Worte hatte. Die Gräber
an diesem Morgen zu bekränzen, war ihr ohnehin eine
fromme Pflicht, wo jedem Lebenden sein Kranz gewunden
ward, da mußten auch die Todten, die noch im treuen
Gedächtniß fortlebten, ihr Blumenopfer auf dem Gräber-
altar erhalten. -- Jetzt krähte der Hahn vergnügt die
aufgehende Sonne an -- er war Suschen ein Zeichen,
nun die Träumereien zu lassen und zum gewohnten Wir-
ken in das Haus zurückzugehen. Wie sie sich nun auf-
richtete und umkehrte, stand plötzlich unser Schulmeister
ziemlich nahe vor ihr und grüßte sie leise. Sie fuhr ein
Wenig zusammen, ward purpurroth, schlug die Augen

Nichts auf ſeine Worte geben. Da war er auch zu
ſtolz dazu.

Warum aber weinte denn auch Suschen und ging
jetzt immer an das Grab ihrer Mutter, die ſie wohl im-
mer in Ehren gehalten und ihr Andenken in treuer Liebe
bewahrt hatte, die aber doch ſchon lange unter dieſem
Huͤgel ſchlief, an dem die Tochter trauernd ſtand, wie
wenn’s eben ein ganz friſcher waͤre? Suschen wußt’ es
ſelbſt nicht recht, ſie konnt’s nicht ſagen — darum gerade
ging ſie hierher, weil ſie dachte, ihre ſelige Mutter werde
ſie auch ſchon ohne Worte verſtehen und ſie koͤnne ſich
hier ſtill ausweinen, ohne erſt auf die quaͤlende Frage:
was fehlt Dir? Rechenſchaft von Etwas geben zu muͤſ-
ſen, wofuͤr ſie gleichwohl keine Worte hatte. Die Graͤber
an dieſem Morgen zu bekraͤnzen, war ihr ohnehin eine
fromme Pflicht, wo jedem Lebenden ſein Kranz gewunden
ward, da mußten auch die Todten, die noch im treuen
Gedaͤchtniß fortlebten, ihr Blumenopfer auf dem Graͤber-
altar erhalten. — Jetzt kraͤhte der Hahn vergnuͤgt die
aufgehende Sonne an — er war Suschen ein Zeichen,
nun die Traͤumereien zu laſſen und zum gewohnten Wir-
ken in das Haus zuruͤckzugehen. Wie ſie ſich nun auf-
richtete und umkehrte, ſtand ploͤtzlich unſer Schulmeiſter
ziemlich nahe vor ihr und gruͤßte ſie leiſe. Sie fuhr ein
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[197/0205] Nichts auf ſeine Worte geben. Da war er auch zu ſtolz dazu. Warum aber weinte denn auch Suschen und ging jetzt immer an das Grab ihrer Mutter, die ſie wohl im- mer in Ehren gehalten und ihr Andenken in treuer Liebe bewahrt hatte, die aber doch ſchon lange unter dieſem Huͤgel ſchlief, an dem die Tochter trauernd ſtand, wie wenn’s eben ein ganz friſcher waͤre? Suschen wußt’ es ſelbſt nicht recht, ſie konnt’s nicht ſagen — darum gerade ging ſie hierher, weil ſie dachte, ihre ſelige Mutter werde ſie auch ſchon ohne Worte verſtehen und ſie koͤnne ſich hier ſtill ausweinen, ohne erſt auf die quaͤlende Frage: was fehlt Dir? Rechenſchaft von Etwas geben zu muͤſ- ſen, wofuͤr ſie gleichwohl keine Worte hatte. Die Graͤber an dieſem Morgen zu bekraͤnzen, war ihr ohnehin eine fromme Pflicht, wo jedem Lebenden ſein Kranz gewunden ward, da mußten auch die Todten, die noch im treuen Gedaͤchtniß fortlebten, ihr Blumenopfer auf dem Graͤber- altar erhalten. — Jetzt kraͤhte der Hahn vergnuͤgt die aufgehende Sonne an — er war Suschen ein Zeichen, nun die Traͤumereien zu laſſen und zum gewohnten Wir- ken in das Haus zuruͤckzugehen. Wie ſie ſich nun auf- richtete und umkehrte, ſtand ploͤtzlich unſer Schulmeiſter ziemlich nahe vor ihr und gruͤßte ſie leiſe. Sie fuhr ein Wenig zuſammen, ward purpurroth, ſchlug die Augen

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Zitationshilfe: Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/205>, abgerufen am 27.11.2024.