nicht wissen sollten, was Turnen eigentlich ist, dasselbe zeigen, ihnen Lust machen und wir werden, so Gott will, bald Eure würdigen Turnbrüder sein. Frisch, frei, fröh- lich und fromm! das ist der Spruch der deutschen Tur- ner! er sei heute die Loosung für uns Alle!"
Damit endete Johannes. Die Turner und unser Schulmeister riefen ihm jauchzenden Beifall zu, der Pfar- rer stand in Nachdenken versunken da, Etwas wie eine trübe Ahnung schien seine Seele zu bekümmern, doch sprach er Nichts davon aus. Einige der Bauernbursche lachten vergnügt in sich hinein, andere kratzten sich ver- legen hinter den Ohren und wußten weder, was sie sa- gen, noch was sie denken sollten. Die Mädchen, die auch mit hergekommen waren, steckten neugierig und flü- sternd die Köpfe zusammen. -- Mutter Eva lief auf ih- ren Johannes zu, umarmte ihn mit Thränen in den Augen und wußte doch nicht warum. Sie richtete sich an ihm, wie stolz, hoch auf und fühlte doch ihren gan- zen Körper zittern, wie vor Bangen und Angst um ihren Liebling. --
Aber jetzt eilten die Burschen zu den Stangen und Balken. Jm Nu saßen sie oben auf dem Reck, bau- melten und schwenkten sich daran hin und her und Jo- hannes war wie der Blitz oben auf der höchsten Stange, von der das rothe Fähnlein herunter wehte. Unsrer
14
nicht wiſſen ſollten, was Turnen eigentlich iſt, daſſelbe zeigen, ihnen Luſt machen und wir werden, ſo Gott will, bald Eure wuͤrdigen Turnbruͤder ſein. Friſch, frei, froͤh- lich und fromm! das iſt der Spruch der deutſchen Tur- ner! er ſei heute die Looſung fuͤr uns Alle!“
Damit endete Johannes. Die Turner und unſer Schulmeiſter riefen ihm jauchzenden Beifall zu, der Pfar- rer ſtand in Nachdenken verſunken da, Etwas wie eine truͤbe Ahnung ſchien ſeine Seele zu bekuͤmmern, doch ſprach er Nichts davon aus. Einige der Bauernburſche lachten vergnuͤgt in ſich hinein, andere kratzten ſich ver- legen hinter den Ohren und wußten weder, was ſie ſa- gen, noch was ſie denken ſollten. Die Maͤdchen, die auch mit hergekommen waren, ſteckten neugierig und fluͤ- ſternd die Koͤpfe zuſammen. — Mutter Eva lief auf ih- ren Johannes zu, umarmte ihn mit Thraͤnen in den Augen und wußte doch nicht warum. Sie richtete ſich an ihm, wie ſtolz, hoch auf und fuͤhlte doch ihren gan- zen Koͤrper zittern, wie vor Bangen und Angſt um ihren Liebling. —
Aber jetzt eilten die Burſchen zu den Stangen und Balken. Jm Nu ſaßen ſie oben auf dem Reck, bau- melten und ſchwenkten ſich daran hin und her und Jo- hannes war wie der Blitz oben auf der hoͤchſten Stange, von der das rothe Faͤhnlein herunter wehte. Unſrer
14
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0217"n="209"/>
nicht wiſſen ſollten, was Turnen eigentlich iſt, daſſelbe<lb/>
zeigen, ihnen Luſt machen und wir werden, ſo Gott will,<lb/>
bald Eure wuͤrdigen Turnbruͤder ſein. Friſch, frei, froͤh-<lb/>
lich und fromm! das iſt der Spruch der deutſchen Tur-<lb/>
ner! er ſei heute die Looſung fuͤr uns Alle!“</p><lb/><p>Damit endete Johannes. Die Turner und unſer<lb/>
Schulmeiſter riefen ihm jauchzenden Beifall zu, der Pfar-<lb/>
rer ſtand in Nachdenken verſunken da, Etwas wie eine<lb/>
truͤbe Ahnung ſchien ſeine Seele zu bekuͤmmern, doch<lb/>ſprach er Nichts davon aus. Einige der Bauernburſche<lb/>
lachten vergnuͤgt in ſich hinein, andere kratzten ſich ver-<lb/>
legen hinter den Ohren und wußten weder, was ſie ſa-<lb/>
gen, noch was ſie denken ſollten. Die Maͤdchen, die<lb/>
auch mit hergekommen waren, ſteckten neugierig und fluͤ-<lb/>ſternd die Koͤpfe zuſammen. — Mutter Eva lief auf ih-<lb/>
ren Johannes zu, umarmte ihn mit Thraͤnen in den<lb/>
Augen und wußte doch nicht warum. Sie richtete ſich<lb/>
an ihm, wie ſtolz, hoch auf und fuͤhlte doch ihren gan-<lb/>
zen Koͤrper zittern, wie vor Bangen und Angſt um ihren<lb/>
Liebling. —</p><lb/><p>Aber jetzt eilten die Burſchen zu den Stangen und<lb/>
Balken. Jm Nu ſaßen ſie oben auf dem Reck, bau-<lb/>
melten und ſchwenkten ſich daran hin und her und Jo-<lb/>
hannes war wie der Blitz oben auf der hoͤchſten Stange,<lb/>
von der das rothe Faͤhnlein herunter wehte. Unſrer<lb/><fwplace="bottom"type="sig">14</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[209/0217]
nicht wiſſen ſollten, was Turnen eigentlich iſt, daſſelbe
zeigen, ihnen Luſt machen und wir werden, ſo Gott will,
bald Eure wuͤrdigen Turnbruͤder ſein. Friſch, frei, froͤh-
lich und fromm! das iſt der Spruch der deutſchen Tur-
ner! er ſei heute die Looſung fuͤr uns Alle!“
Damit endete Johannes. Die Turner und unſer
Schulmeiſter riefen ihm jauchzenden Beifall zu, der Pfar-
rer ſtand in Nachdenken verſunken da, Etwas wie eine
truͤbe Ahnung ſchien ſeine Seele zu bekuͤmmern, doch
ſprach er Nichts davon aus. Einige der Bauernburſche
lachten vergnuͤgt in ſich hinein, andere kratzten ſich ver-
legen hinter den Ohren und wußten weder, was ſie ſa-
gen, noch was ſie denken ſollten. Die Maͤdchen, die
auch mit hergekommen waren, ſteckten neugierig und fluͤ-
ſternd die Koͤpfe zuſammen. — Mutter Eva lief auf ih-
ren Johannes zu, umarmte ihn mit Thraͤnen in den
Augen und wußte doch nicht warum. Sie richtete ſich
an ihm, wie ſtolz, hoch auf und fuͤhlte doch ihren gan-
zen Koͤrper zittern, wie vor Bangen und Angſt um ihren
Liebling. —
Aber jetzt eilten die Burſchen zu den Stangen und
Balken. Jm Nu ſaßen ſie oben auf dem Reck, bau-
melten und ſchwenkten ſich daran hin und her und Jo-
hannes war wie der Blitz oben auf der hoͤchſten Stange,
von der das rothe Faͤhnlein herunter wehte. Unſrer
14
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/217>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.