Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849.

Bild:
<< vorherige Seite

mit ansehen und zugeben, wie uns durch diesen Johannes
im ganzen Dorf das Oberste zu unterst gestürzt wird?
denn das müßt Jhr doch einsehen, daß es darauf ange-
fangen wird! Keine andere Menschenseele ist aber daran
Schuld als dieser Johannes, mit dem ich schon als Kind
gar nicht umgehen mochte, weil mir der alberne Junge
viel zu gering war -- ein Betteljunge, ein schlechter
Knecht wär' er geworden und Nichts weiter, hätt' nicht
des Herrn Gerichtsdirectors verrückter Bengel einen sol-
chen Narren an ihm gefressen gehabt! Kein Mensch hatte
mehr an den verlaufnen Kerl gedacht und nun muß er
auf einmal wieder herkommen, zu unsrer Aller Aerger.
Thut nun wichtig, wenn es gleich nicht so heißen soll,
aber es muß doch Alles nach ihm gehn und nach seiner
Pfeife tanzen, just so wie er's haben will. Da ruhig
zusehen mag ein And'rer wie ich -- ich will doch sehen,
ob ich's nicht mit so einem verlaufnen Burschen noch
aufnehme! Und was wird denn groß sein mit seiner
Schreiberei? Das bringt auch den Teufel wenig ein
und ich habe mir in der Stadt sagen lassen, daß die Fe-
derfuchser verdammt lumpige Kerle sind, die nur zum
Schreiben greifen, weil sie nichts Anderes, Ordentliches
gelernt, weil sie Nichts haben und nur immer in der
Welt herumziehen wollen als Brüder Lüderlich. Das
sind dann Menschen, denen Nichts auf Gottes Erdboden

mit anſehen und zugeben, wie uns durch dieſen Johannes
im ganzen Dorf das Oberſte zu unterſt geſtuͤrzt wird?
denn das muͤßt Jhr doch einſehen, daß es darauf ange-
fangen wird! Keine andere Menſchenſeele iſt aber daran
Schuld als dieſer Johannes, mit dem ich ſchon als Kind
gar nicht umgehen mochte, weil mir der alberne Junge
viel zu gering war — ein Betteljunge, ein ſchlechter
Knecht waͤr’ er geworden und Nichts weiter, haͤtt’ nicht
des Herrn Gerichtsdirectors verruͤckter Bengel einen ſol-
chen Narren an ihm gefreſſen gehabt! Kein Menſch hatte
mehr an den verlaufnen Kerl gedacht und nun muß er
auf einmal wieder herkommen, zu unſrer Aller Aerger.
Thut nun wichtig, wenn es gleich nicht ſo heißen ſoll,
aber es muß doch Alles nach ihm gehn und nach ſeiner
Pfeife tanzen, juſt ſo wie er’s haben will. Da ruhig
zuſehen mag ein And’rer wie ich — ich will doch ſehen,
ob ich’s nicht mit ſo einem verlaufnen Burſchen noch
aufnehme! Und was wird denn groß ſein mit ſeiner
Schreiberei? Das bringt auch den Teufel wenig ein
und ich habe mir in der Stadt ſagen laſſen, daß die Fe-
derfuchſer verdammt lumpige Kerle ſind, die nur zum
Schreiben greifen, weil ſie nichts Anderes, Ordentliches
gelernt, weil ſie Nichts haben und nur immer in der
Welt herumziehen wollen als Bruͤder Luͤderlich. Das
ſind dann Menſchen, denen Nichts auf Gottes Erdboden

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0226" n="218"/>
mit an&#x017F;ehen und zugeben, wie uns durch die&#x017F;en Johannes<lb/>
im ganzen Dorf das Ober&#x017F;te zu unter&#x017F;t ge&#x017F;tu&#x0364;rzt wird?<lb/>
denn das mu&#x0364;ßt Jhr doch ein&#x017F;ehen, daß es darauf ange-<lb/>
fangen wird! Keine andere Men&#x017F;chen&#x017F;eele i&#x017F;t aber daran<lb/>
Schuld als die&#x017F;er Johannes, mit dem ich &#x017F;chon als Kind<lb/>
gar nicht umgehen mochte, weil mir der alberne Junge<lb/>
viel zu gering war &#x2014; ein Betteljunge, ein &#x017F;chlechter<lb/>
Knecht wa&#x0364;r&#x2019; er geworden und Nichts weiter, ha&#x0364;tt&#x2019; nicht<lb/>
des Herrn Gerichtsdirectors verru&#x0364;ckter Bengel einen &#x017F;ol-<lb/>
chen Narren an ihm gefre&#x017F;&#x017F;en gehabt! Kein Men&#x017F;ch hatte<lb/>
mehr an den verlaufnen Kerl gedacht und nun muß er<lb/>
auf einmal wieder herkommen, zu un&#x017F;rer Aller Aerger.<lb/>
Thut nun wichtig, wenn es gleich nicht &#x017F;o heißen &#x017F;oll,<lb/>
aber es muß doch Alles nach ihm gehn und nach &#x017F;einer<lb/>
Pfeife tanzen, ju&#x017F;t &#x017F;o wie er&#x2019;s haben will. Da ruhig<lb/>
zu&#x017F;ehen mag ein And&#x2019;rer wie ich &#x2014; ich will doch &#x017F;ehen,<lb/>
ob ich&#x2019;s nicht mit &#x017F;o einem verlaufnen Bur&#x017F;chen noch<lb/>
aufnehme! Und was wird denn groß &#x017F;ein mit &#x017F;einer<lb/>
Schreiberei? Das bringt auch den Teufel wenig ein<lb/>
und ich habe mir in der Stadt &#x017F;agen la&#x017F;&#x017F;en, daß die Fe-<lb/>
derfuch&#x017F;er verdammt lumpige Kerle &#x017F;ind, die nur zum<lb/>
Schreiben greifen, weil &#x017F;ie nichts Anderes, Ordentliches<lb/>
gelernt, weil &#x017F;ie Nichts haben und nur immer in der<lb/>
Welt herumziehen wollen als Bru&#x0364;der Lu&#x0364;derlich. Das<lb/>
&#x017F;ind dann Men&#x017F;chen, denen Nichts auf Gottes Erdboden<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[218/0226] mit anſehen und zugeben, wie uns durch dieſen Johannes im ganzen Dorf das Oberſte zu unterſt geſtuͤrzt wird? denn das muͤßt Jhr doch einſehen, daß es darauf ange- fangen wird! Keine andere Menſchenſeele iſt aber daran Schuld als dieſer Johannes, mit dem ich ſchon als Kind gar nicht umgehen mochte, weil mir der alberne Junge viel zu gering war — ein Betteljunge, ein ſchlechter Knecht waͤr’ er geworden und Nichts weiter, haͤtt’ nicht des Herrn Gerichtsdirectors verruͤckter Bengel einen ſol- chen Narren an ihm gefreſſen gehabt! Kein Menſch hatte mehr an den verlaufnen Kerl gedacht und nun muß er auf einmal wieder herkommen, zu unſrer Aller Aerger. Thut nun wichtig, wenn es gleich nicht ſo heißen ſoll, aber es muß doch Alles nach ihm gehn und nach ſeiner Pfeife tanzen, juſt ſo wie er’s haben will. Da ruhig zuſehen mag ein And’rer wie ich — ich will doch ſehen, ob ich’s nicht mit ſo einem verlaufnen Burſchen noch aufnehme! Und was wird denn groß ſein mit ſeiner Schreiberei? Das bringt auch den Teufel wenig ein und ich habe mir in der Stadt ſagen laſſen, daß die Fe- derfuchſer verdammt lumpige Kerle ſind, die nur zum Schreiben greifen, weil ſie nichts Anderes, Ordentliches gelernt, weil ſie Nichts haben und nur immer in der Welt herumziehen wollen als Bruͤder Luͤderlich. Das ſind dann Menſchen, denen Nichts auf Gottes Erdboden

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/226
Zitationshilfe: Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/226>, abgerufen am 27.11.2024.