Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849.

Bild:
<< vorherige Seite

recht ist und die Alles nach ihrem eignen dummen Kopfe
einrichten wollen. So ein Mensch ist nun der Johan-
nes geworden -- da ist's ihm nun eingefallen, herzukom-
men und das ganze Dorf nach seiner Pfeife tanzen zu
lassen -- und da sind die Leute auch so dumm und tan-
zen danach!"

"Jhr dürft es nicht auf den Johannes allein schie-
ben," sagte der Bote Martin bedächtig, "der Schulmeister
ist gerade so schlimm, der mengt sich auch in Alles, statt
nur um seine Schulkinder sich zu bekümmern, und ist auch
so Einer, der sonst in der Stadt das ganze dumme
Zeug mitgemacht hat, mit dem sie nun unsern Burschen
hier die Köpfe verdrehen, Chorsingen, Turnen -- und dies
Zusammenkommen und Redenhalten."

"Ach geht!" fiel ihm Christlieb in's Wort, "wenn das
auch schon wahr ist, was Jhr da von dem Schulmeister
sagt, so bleibt es doch dabei, daß der Johannes ganz al-
lein an Allem Schuld ist. Der Schulmeister wagte doch
nicht, so mit seinem verrückten Zeuge herauszugucken, er
that's höchstens nur in Sachen, wo er den Pfarrer zum
Rückenhalt hatte und wie mir schien, war der am Jo-
hannistag, wie die Fremden hier waren, eben nicht so
sehr auf Laune; ich sah ihn ein ganz bedenkliches, miß-
muthiges Gesicht machen, wie er nach Hause ging. Nein,
den Schulmeister, den hätten wir schon unterdrücken und

recht iſt und die Alles nach ihrem eignen dummen Kopfe
einrichten wollen. So ein Menſch iſt nun der Johan-
nes geworden — da iſt’s ihm nun eingefallen, herzukom-
men und das ganze Dorf nach ſeiner Pfeife tanzen zu
laſſen — und da ſind die Leute auch ſo dumm und tan-
zen danach!“

„Jhr duͤrft es nicht auf den Johannes allein ſchie-
ben,“ ſagte der Bote Martin bedaͤchtig, „der Schulmeiſter
iſt gerade ſo ſchlimm, der mengt ſich auch in Alles, ſtatt
nur um ſeine Schulkinder ſich zu bekuͤmmern, und iſt auch
ſo Einer, der ſonſt in der Stadt das ganze dumme
Zeug mitgemacht hat, mit dem ſie nun unſern Burſchen
hier die Koͤpfe verdrehen, Chorſingen, Turnen — und dies
Zuſammenkommen und Redenhalten.“

„Ach geht!“ fiel ihm Chriſtlieb in’s Wort, „wenn das
auch ſchon wahr iſt, was Jhr da von dem Schulmeiſter
ſagt, ſo bleibt es doch dabei, daß der Johannes ganz al-
lein an Allem Schuld iſt. Der Schulmeiſter wagte doch
nicht, ſo mit ſeinem verruͤckten Zeuge herauszugucken, er
that’s hoͤchſtens nur in Sachen, wo er den Pfarrer zum
Ruͤckenhalt hatte und wie mir ſchien, war der am Jo-
hannistag, wie die Fremden hier waren, eben nicht ſo
ſehr auf Laune; ich ſah ihn ein ganz bedenkliches, miß-
muthiges Geſicht machen, wie er nach Hauſe ging. Nein,
den Schulmeiſter, den haͤtten wir ſchon unterdruͤcken und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0227" n="219"/>
recht i&#x017F;t und die Alles nach ihrem eignen dummen Kopfe<lb/>
einrichten wollen. So ein Men&#x017F;ch i&#x017F;t nun der Johan-<lb/>
nes geworden &#x2014; da i&#x017F;t&#x2019;s ihm nun eingefallen, herzukom-<lb/>
men und das ganze Dorf nach &#x017F;einer Pfeife tanzen zu<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en &#x2014; und da &#x017F;ind die Leute auch &#x017F;o dumm und tan-<lb/>
zen danach!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Jhr du&#x0364;rft es nicht auf den Johannes allein &#x017F;chie-<lb/>
ben,&#x201C; &#x017F;agte der Bote Martin beda&#x0364;chtig, &#x201E;der Schulmei&#x017F;ter<lb/>
i&#x017F;t gerade &#x017F;o &#x017F;chlimm, der mengt &#x017F;ich auch in Alles, &#x017F;tatt<lb/>
nur um &#x017F;eine Schulkinder &#x017F;ich zu beku&#x0364;mmern, und i&#x017F;t auch<lb/>
&#x017F;o Einer, der &#x017F;on&#x017F;t in der Stadt das ganze dumme<lb/>
Zeug mitgemacht hat, mit dem &#x017F;ie nun un&#x017F;ern Bur&#x017F;chen<lb/>
hier die Ko&#x0364;pfe verdrehen, Chor&#x017F;ingen, Turnen &#x2014; und dies<lb/>
Zu&#x017F;ammenkommen und Redenhalten.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ach geht!&#x201C; fiel ihm Chri&#x017F;tlieb in&#x2019;s Wort, &#x201E;wenn das<lb/>
auch &#x017F;chon wahr i&#x017F;t, was Jhr da von dem Schulmei&#x017F;ter<lb/>
&#x017F;agt, &#x017F;o bleibt es doch dabei, daß der Johannes ganz al-<lb/>
lein an Allem Schuld i&#x017F;t. Der Schulmei&#x017F;ter wagte doch<lb/>
nicht, &#x017F;o mit &#x017F;einem verru&#x0364;ckten Zeuge herauszugucken, er<lb/>
that&#x2019;s ho&#x0364;ch&#x017F;tens nur in Sachen, wo er den Pfarrer zum<lb/>
Ru&#x0364;ckenhalt hatte und wie mir &#x017F;chien, war der am Jo-<lb/>
hannistag, wie die Fremden hier waren, eben nicht &#x017F;o<lb/>
&#x017F;ehr auf Laune; ich &#x017F;ah ihn ein ganz bedenkliches, miß-<lb/>
muthiges Ge&#x017F;icht machen, wie er nach Hau&#x017F;e ging. Nein,<lb/>
den Schulmei&#x017F;ter, den ha&#x0364;tten wir &#x017F;chon unterdru&#x0364;cken und<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[219/0227] recht iſt und die Alles nach ihrem eignen dummen Kopfe einrichten wollen. So ein Menſch iſt nun der Johan- nes geworden — da iſt’s ihm nun eingefallen, herzukom- men und das ganze Dorf nach ſeiner Pfeife tanzen zu laſſen — und da ſind die Leute auch ſo dumm und tan- zen danach!“ „Jhr duͤrft es nicht auf den Johannes allein ſchie- ben,“ ſagte der Bote Martin bedaͤchtig, „der Schulmeiſter iſt gerade ſo ſchlimm, der mengt ſich auch in Alles, ſtatt nur um ſeine Schulkinder ſich zu bekuͤmmern, und iſt auch ſo Einer, der ſonſt in der Stadt das ganze dumme Zeug mitgemacht hat, mit dem ſie nun unſern Burſchen hier die Koͤpfe verdrehen, Chorſingen, Turnen — und dies Zuſammenkommen und Redenhalten.“ „Ach geht!“ fiel ihm Chriſtlieb in’s Wort, „wenn das auch ſchon wahr iſt, was Jhr da von dem Schulmeiſter ſagt, ſo bleibt es doch dabei, daß der Johannes ganz al- lein an Allem Schuld iſt. Der Schulmeiſter wagte doch nicht, ſo mit ſeinem verruͤckten Zeuge herauszugucken, er that’s hoͤchſtens nur in Sachen, wo er den Pfarrer zum Ruͤckenhalt hatte und wie mir ſchien, war der am Jo- hannistag, wie die Fremden hier waren, eben nicht ſo ſehr auf Laune; ich ſah ihn ein ganz bedenkliches, miß- muthiges Geſicht machen, wie er nach Hauſe ging. Nein, den Schulmeiſter, den haͤtten wir ſchon unterdruͤcken und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/227
Zitationshilfe: Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/227>, abgerufen am 23.11.2024.