Bäumen ganze Ehrenpforten und Laubgänge für die Fremden habe bauen wollen, und Jhr, Herr Damme, hät- tet recht absichtlich nur deshalb welche gesetzt, weil die Fremden nicht durch Eure Gasse weiter ziehen wür- den und sie sehen sollten: es gäbe wohl noch Maien am Johannistag und im Dorf -- nur gerade für sie nicht. Wer hat mir's doch gleich so erzählt?"
"Da seid Jhr schlecht berichtet," sagte der Schenken- wirth, der eben jetzt hinzu getreten war, "denn was wahr ist, muß man sagen: Johannes ist zuerst wider das Maiensetzen gewesen und dann hat es der Schulmeister in der Schule verboten. Das ist die Wahrheit. Es ist viel Gerede um die Sache gewesen, mehr als der Bettel eigentlich werth ist; mir war's sehr egal, ob ich eine Maie vor der Thür hatte oder nicht, und so macht' ich mit, was die Meisten zusammen verabredet hatten."
"Oho!" sagte der Förster, "Maien sind kein Bettel! Jhr wißt aber Alle nicht, was das heißt, einen Wald be- stellen, und denkt, das wächst Alles nur so wild heraus und auf, daß keine Menschenseele sich darum zu kümmern braucht. Also der Johannes einzig und allein hat den gescheidten Einfall gehabt, wider das Birkensetzen zu eifern? Wer hat mich nur gleich so verkehrt berichtet? So sagt's doch nur, wirklich der Johannes hat die Bäume in Schutz genommen?"
Baͤumen ganze Ehrenpforten und Laubgaͤnge fuͤr die Fremden habe bauen wollen, und Jhr, Herr Damme, haͤt- tet recht abſichtlich nur deshalb welche geſetzt, weil die Fremden nicht durch Eure Gaſſe weiter ziehen wuͤr- den und ſie ſehen ſollten: es gaͤbe wohl noch Maien am Johannistag und im Dorf — nur gerade fuͤr ſie nicht. Wer hat mir’s doch gleich ſo erzaͤhlt?“
„Da ſeid Jhr ſchlecht berichtet,“ ſagte der Schenken- wirth, der eben jetzt hinzu getreten war, „denn was wahr iſt, muß man ſagen: Johannes iſt zuerſt wider das Maienſetzen geweſen und dann hat es der Schulmeiſter in der Schule verboten. Das iſt die Wahrheit. Es iſt viel Gerede um die Sache geweſen, mehr als der Bettel eigentlich werth iſt; mir war’s ſehr egal, ob ich eine Maie vor der Thuͤr hatte oder nicht, und ſo macht’ ich mit, was die Meiſten zuſammen verabredet hatten.“
„Oho!“ ſagte der Foͤrſter, „Maien ſind kein Bettel! Jhr wißt aber Alle nicht, was das heißt, einen Wald be- ſtellen, und denkt, das waͤchſt Alles nur ſo wild heraus und auf, daß keine Menſchenſeele ſich darum zu kuͤmmern braucht. Alſo der Johannes einzig und allein hat den geſcheidten Einfall gehabt, wider das Birkenſetzen zu eifern? Wer hat mich nur gleich ſo verkehrt berichtet? So ſagt’s doch nur, wirklich der Johannes hat die Baͤume in Schutz genommen?“
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0230"n="222"/>
Baͤumen ganze Ehrenpforten und Laubgaͤnge fuͤr die<lb/>
Fremden habe bauen wollen, und Jhr, Herr Damme, haͤt-<lb/>
tet recht abſichtlich nur deshalb welche geſetzt, weil die<lb/>
Fremden nicht durch Eure Gaſſe weiter ziehen wuͤr-<lb/>
den und ſie ſehen ſollten: es gaͤbe wohl noch Maien<lb/>
am Johannistag und im Dorf — nur gerade fuͤr ſie<lb/>
nicht. Wer hat mir’s doch gleich ſo erzaͤhlt?“</p><lb/><p>„Da ſeid Jhr ſchlecht berichtet,“ſagte der Schenken-<lb/>
wirth, der eben jetzt hinzu getreten war, „denn was wahr<lb/>
iſt, muß man ſagen: Johannes iſt zuerſt wider das<lb/>
Maienſetzen geweſen und dann hat es der Schulmeiſter<lb/>
in der Schule verboten. Das iſt die Wahrheit. Es iſt<lb/>
viel Gerede um die Sache geweſen, mehr als der Bettel<lb/>
eigentlich werth iſt; mir war’s ſehr egal, ob ich eine Maie<lb/>
vor der Thuͤr hatte oder nicht, und ſo macht’ ich mit,<lb/>
was die Meiſten zuſammen verabredet hatten.“</p><lb/><p>„Oho!“ſagte der Foͤrſter, „Maien ſind kein Bettel!<lb/>
Jhr wißt aber Alle nicht, was das heißt, einen Wald be-<lb/>ſtellen, und denkt, das waͤchſt Alles nur ſo wild heraus<lb/>
und auf, daß keine Menſchenſeele ſich darum zu kuͤmmern<lb/>
braucht. Alſo der Johannes einzig und allein hat den<lb/>
geſcheidten Einfall gehabt, wider das Birkenſetzen zu eifern?<lb/>
Wer hat mich nur gleich ſo verkehrt berichtet? So ſagt’s<lb/>
doch nur, wirklich der Johannes hat die Baͤume in Schutz<lb/>
genommen?“</p><lb/></div></body></text></TEI>
[222/0230]
Baͤumen ganze Ehrenpforten und Laubgaͤnge fuͤr die
Fremden habe bauen wollen, und Jhr, Herr Damme, haͤt-
tet recht abſichtlich nur deshalb welche geſetzt, weil die
Fremden nicht durch Eure Gaſſe weiter ziehen wuͤr-
den und ſie ſehen ſollten: es gaͤbe wohl noch Maien
am Johannistag und im Dorf — nur gerade fuͤr ſie
nicht. Wer hat mir’s doch gleich ſo erzaͤhlt?“
„Da ſeid Jhr ſchlecht berichtet,“ ſagte der Schenken-
wirth, der eben jetzt hinzu getreten war, „denn was wahr
iſt, muß man ſagen: Johannes iſt zuerſt wider das
Maienſetzen geweſen und dann hat es der Schulmeiſter
in der Schule verboten. Das iſt die Wahrheit. Es iſt
viel Gerede um die Sache geweſen, mehr als der Bettel
eigentlich werth iſt; mir war’s ſehr egal, ob ich eine Maie
vor der Thuͤr hatte oder nicht, und ſo macht’ ich mit,
was die Meiſten zuſammen verabredet hatten.“
„Oho!“ ſagte der Foͤrſter, „Maien ſind kein Bettel!
Jhr wißt aber Alle nicht, was das heißt, einen Wald be-
ſtellen, und denkt, das waͤchſt Alles nur ſo wild heraus
und auf, daß keine Menſchenſeele ſich darum zu kuͤmmern
braucht. Alſo der Johannes einzig und allein hat den
geſcheidten Einfall gehabt, wider das Birkenſetzen zu eifern?
Wer hat mich nur gleich ſo verkehrt berichtet? So ſagt’s
doch nur, wirklich der Johannes hat die Baͤume in Schutz
genommen?“
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/230>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.